Nr. 13
Die Gleichheit
abonnenten gewonnen. Zum erstenmal leitete in Warin eine junge Genossin die Versammlung und richtete einige anfeuernde Worte an die anwesenden Frauen. In Grewsmühlen tagte zwei Stunden nach unserer Versammlung eine solche des Reichsverbandes. Ein Herr Dr. Heims aus Berlin sollte über das Thema referieren: Was will der Reichsverband, was wollen die Sozialdemokraten?" Sämtliche Teilnehmer an unserer Versammlung suchten nach deren Schluß die gegnerische Veranstaltung auf. Dort bewiesen die Ge nossen und Genossinnen, daß sie nicht mehr unaufgeklärte geistige und politische Hörige der ausbeutenden Herren sind, und daß sie sich nicht länger vom Reichslügenverband nasführen lassen. Offen hatten sie bekundet, daß sie die gegnerischen Märchen nicht glauben, sondern fest zur Sozialdemokratie stehen. Mit einem Hoch auf die Sozialdemokratie und den Genossen Bebel , den jener Dr. Heims in der bekannten Manier des Reichsverbandes angegriffen und vers dächtigt haben soll, war die gegnerische Versammlung geschlossen worden. Auch in Mecklenburg wächst das Heer der aufgeklärten Proletarier, dem die rote Fahne des Sozialismus stolz vorausweht. Agnes Fahrenwald.
In der Zeit vom 27. Januar bis 6. Februar fanden im Zwickauer Revier und im Vogtland Frauenversammlungen statt, in denen Genossin Weyl- Berlin über„ Die Notwendigkeit des politischen Rampfes" sprach. Die Agitation erfaßte folgende Drte: Schede wig, Planit, Lengenfeld , Rodowisch, Auerbach , Elle feld, Falkenstein , Olsnig, Elsterberg , Reichenbach und Plauen . Sämtliche Versammlungen waren gut besucht, einige sogar überfüllt. Die Frauen zeigten ihr reges Interesse durch zahlreichen Beitritt zur Parteiorganisation und Abonnement auf die „ Gleichheit". Im Vogtland bleibt noch viel zu tun. Es ist schwer, an die Heimarbeiterinnen heranzukommen, darum ist die Organi sationsarbeit für die dortigen Genossen und Genofüinnen sehr mühe voll. Daß sie trotzdem nicht vergeblich bleibt, erweisen die Forts schritte der sozialdemokratischen Bewegung.
K. W.
In Spremberg ( Lausig) tagte eine Frauenversammlung, in der Genoffin Lungwig- Berlin das Thema behandelte:„ Die Frauen im politischen Kampfe". Die Rednerin beleuchtete treffend die Lage und Rechtlosigkeit der Proletarierin im tapitalistischen Klassenstaat und begründete die Notwendigkeit, dem weiblichen Geschlecht gleiches politisches Recht mit dem männlichen zu verleihen. In diesem Zusammenhang befaßte sie sich auch mit dem Wahlrechtskampf und den Willenskundgebungen der Massen durch Demonstrationen, an denen sich viele Tausende Frauen beteiligten. Die Referentin schloß ihren Vortrag unter lebhaftem Beifall mit der Aufforderung, daß auch die Spremberger Frauen Anteil am politischen Kampfe nehmen möchten. Der Wahlverein gewann 39 weibliche Mitglieder. Die Ideensaat war also auf guten Boden gefallen. August Krüger.
Die erste Frauenversammlung, die in Ehrenfriedersdorf abgehalten wurde, erfreute sich eines sehr zahlreichen Besuches. Die Frauen und Mädchen stellten zwei Drittel der Anwesenden, eine besonders erfreuliche Tatsache. Mit der größten Aufmerksamkeit folgte die Versammlung den Ausführungen der Genossin GewehrMannheim. Die Referentin verstand es, den anwesenden Prole= tarierinnen in zündenden und überzeugenden Worten zu zeigen, welche Intereffen sie an den politischen Ereignissen und Einrich tungen haben. Den Frauen und Mädchen, die im Dienste des Kapitals fronen müssen, fann es nicht gleichgültig sein, wer in ben gesetzgebenden Körperschaften fizt, wo über den gesetzlichen Arbeiterschutz und viele andere wichtige Dinge entschieden wird, über die Besteuerung usw. Ihr Interesse erfordert, daß fie durch Klassengenossen vertreten werden. Um dies zu erreichen, müssen sich die Arbeiterinnen und Arbeiterfrauen in den sozialdemokratischen Organisationen zusammenschließen und gemeinsam mit den Männern volles politisches Recht für die Massen und damit auch das Frauenstimmrecht erringen. Die Frauen müssen mittels der Organisationen auch gegen die indirekten Steuern tämpfen, sowie gegen das volksfeindliche Zwillingspaar Militarismus und Marinismus, das enorme Summen verschlingt, die Kulturaufgaben nutzbar gemacht werden könnten. Die Referentin wies dann nach, daß in jeder Beziehung die Sozialdemokratie die treue Verteidigerin der Interessen und Forderungen aller Ausgebeuteten und Geknechteten sei, daß sie mithin auch das Recht der Frauen verfechte. Sie schloß mit der Mahnung, es sei die höchste Zeit, daß sich auch die Proletarierinnen des oberen Erzgebirges ihrer Klaffenlage bewußt werden, sich der politischen Organisation anschließen und für die Befreiung vom Joche des Kapitals kämpfen. Daß die Refe rentin den Anwesenden aus dem Herzen gesprochen hatte, bewies reicher Beifall. Während der Pause ging Genoffin Gewehr mit einigen Genoffen von Tisch zu Tisch, um Mitglieder für die poli
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tische Organisation und Abonnenten für die Gleichheit" zu werben. Für die erstere wurden 29 Kämpfer und Kampfgenossinnen gewonnen, für die Gleichheit" 22 Abonnenten. Möge es gelingen, in Ehrenfriedersdorf der Sozialdemokratie immer mehr neue Streiter zuzuführen, damit die arbeitende Bevölkerung auch im zwanzigsten sächsischen Wahlkreis der herrschenden Gesellschaft geschlossen gegen übersteht. Dazu gehört, daß die Frauen ebenfalls an der Seite ihrer fämpfenden Männer zu finden sind. Geschlossenheit und Zielflarheit der Ausgebeuteten wird bald dafür sorgen, daß unser Wahlkreis nicht länger durch einen Antisemiten im Reichstag ver treten ist, sondern durch einen arbeitsfreudigen Sozialdemokraten. Auch in dem oberen Erzgebirge muß die Losung sein: Ausgesogene, Gebüttelte, schart euch um das Banner der Sozialdemokratie. P. U.
Sitnationsbericht aus Mecklenburg . Auch in dem Lande, wo noch die„ Ritter" regieren und das einen Ochsenkopf im Wappen hat, beginnt die sozialistische Frauenbewegung Fuß zu fassen und vorwärts zu schreiten. Das zeigte der letzte sozialdemokratische Parteitag für beide Mecklenburg , der in Schwerin stattfand. Erst seit dem Inkrafttreten des neuen Vereinsgesetzes ist es den mecklenburgischen Genossen möglich, in solchen öffentlichen Tagungen ihre Angelegenheiten und politische Fragen zu erörtern. Der Parteitag war denn erst der zweite seiner Art. Unter den 44 Delegierten, die 30 Orte vertraten, befand sich eine Genossin. Der Parteivorstand hatte als seine Beauftragte Genossin Zieg entfendet, die in einer schwungvollen Ansprache an den Parteitag treffend die politische Lage schilderte, auf die sozialdemokratischen Wahlerfolge hinwies, aber auch an eifrige weitere Arbeit, besonders unter den Frauen, mahnte. Es genüge nicht, daß die Frauen sich organisierten, sie müßten auch immer tiefer in die sozialistischen Ideen eindringen, damit sie als zielbewußte Kämpferinnen im öffentlichen Leben ihre ganze Pflicht tun und als tüchtige Erzieherinnen der neuen Generation diese mit dem Geiste des Sozialis mus erfüllen könnten, so daß eine tatkräftige, siegessichere Jugend das Werk der Altvordern zum Ziele zu führen vermöchte. Auch die Notwendigkeit, die ländlichen Proletarier zum Befreiungskampf aufzurütteln, hob Genossin Ziet lichtvoll hervor und nahm dabei auf die nichts weniger als glänzenden Verhältnisse Bezug, in der fie in Mecklenburg leben. Die Ausführungen über die Organi sierung der Frauen und der Landarbeiter in Mecklenburg hatten unsere Gegner arg verschnupft. Sie konnten in ihren Berichten über den Parteitag nicht genug über Genossin Zietz' begeisterte Aufrufe zur frisch- fröhlichen Arbeit wettern, trösteten sich aber damit, daß wie bisher, so auch weiterhin an der Einsicht(!!) der Landarbeiter alle Versuche zu ihrer Zusammenfassung scheitern würden. Weidlich bedauerten die bürgerlichen Blätter die armen Frauen, denen durch das Gift des Sozialismus" mehr noch als so wie so schon der Frieden ihres Heims gestört werden solle. Arm selige Kreaturen, unsere Gegner! Wie wenig wissen sie von diesem ,, Gifte", das die fleißigen, arbeitenden Frauen, die dank der Ausbeutungsordnung nur harte Arbeit kannten und zehrende Sorge, mit Kraft erfüllt und in ihnen lodernde Begeisterung schafft, die sie zu einer Betätigung anfeuert, wie sie jedenfalls die Damen der Bourgeoisie trotz aller Wohltätigkeitsessen und bälle nicht aufzu weisen vermögen. Daß die arbeitenden Frauen Mecklenburgs sich tampfesmutig in den Dienst der sozialdemokratischen Partei stellen, ließen die Berichte erkennen, die der Landesvorstand, die Pressevertreter und die einzelnen Kreisvertreter erstatteten. Das erste Vereinsjahr hat der Parteiorganisation rund 600 weibliche Mit glieder gebracht; der gesamte Mitgliederstand beträgt 7523. Die Delegierten betonten ganz besonders, daß die Frauen überall eifrig an der Arbeit sind, ja, daß sie den Männern vorangehen. In einem fleinen Orte waren es zwei Frauen, die als erste der poli tischen Organisation beitraten und durch Wort und Tat eifrig weitere Mitglieder warben, Frauen und Männer. Der Versammlungsbesuch seitens der Frauen war nach den Berichten zufrieden stellend; die medlenburgischen Genofsinnen beteiligen sich rege an Flugblattverteilungen und ähnlichen Arbeiten. Im Laufe der Berichtszeit fanden 40 öffentliche Frauenversammlungen statt, in denen die Genofsinnen Baumann, Baader, Fahrenwald und Wackwit referierten. Die Frauen waren auch zahlreich zu den allge meinen Versammlungen erschienen, in denen die Reichsfinanzreform, das persönliche Regiment, die Novelle zur Gewerbeordnung, die Verfassungsreform usw. auf der Tagesordnung standen. Auch bei der Agitation durch das gedruckte Wort berücksichtigten die Genossen die Frauen. So wurden außer dem Mecklenburgischen Boltskalender und drei Flugblättern die, Gleichheit" in 1500 Crem plaren verbreitet. Aufgabe der Genofsinnen muß es sein, die Aufflärungsarbeit der Partei unter den Frauen im besonderen, unter der arbeitenden Bevölkerung im allgemeinen kräftig zu fördern.