Nr. 13 Die Gleichheit 205 Vorsitzenden zur Unterlassung der Behauptung sür die Zukunft. Mehrere Zeugen hatten vom Abortreinigen nicht? bemerkt. Ein« Zeugin bewies aber, daß sie wiederholt, wenn auch nicht wöch ent« lich, eine gründliche Reinigung vorgenommen habe. Der Beklagte wurde deshalb unter Strafandrohung verurteilt, künstig sein« Be- hauptung zu unterlassen, die Aborte seien seit ISOS nicht gereinigt worden. Hoffentlich werden nun die Abtritte in Ohorn noch gründ« licher als bisher gescheuert. ds. Der Deutsche Holzarbriterverband beruft seinen achten ordent- lichen Verbandslag auf die Woche vom IS. bis 25. Juni 1S10 nach München ein. Gewohnheitsgemäß gehen dem Verbandstag auch diesmal die Konferenzen der einzelnen Gaue voraus, von denen die ersten bereits am 20. März stattgefunden haben. Um diesen Gautagen Gelegenheit zu geben, zum Verbandstag Stellung zu nehmen, gibt der Verbandsvorstand schon jetzt zwei wichtige An- träge aus Änderung der Statuten bekannt. Ter erste fordert die Erhöhung des ordentlichen Beitrags der männlichen Mitglieder von 50 auf KO Pf. Es wird jedoch die folgende Einschränkung vorgeschlagen. Dem Vorstand soll das Recht zustehen, die Beitragserhöhung für die schlecht entlohnten Branchen in denjenigen Zahlstellen auszusetzen und auf«inen späteren, günstige- ren Zeitpunkt zu verschieben, in denen die Löhn« infolge der Krise oder wegen der Rückständigkeit der Industrie jetzt noch sehr gedrückt sind und wo infolgedessen eine Beitragserhöhung zurzeit mit größeren Schwierigkeiten verbunden ist. Eine Änderung der Unterstützungen soll deshalb in diesen Orten nicht eintreten. Dieser Vorschlag er« scheint außerordentlich glücklich. Zahl und Umfang der Orte, bei denen sich diese Ausnahmen als notwendig erweisen, dürsten nicht allzu groß sein. Es wird aber dadurch der Gewerkschaft die Mög- lichkeit gelassen, auch in den Elendsbezirken weiter vorzudringen. Zudem entspricht es durchaus dem sozialen Empfinden, daß die Arbeiter der vorgeschrittenen Ort« alles aufwenden, um die schlecht entlohnten Bcrufsangehörigen an den Wohltaten und Erfolgen der Gewerkschaften teilnehmen zu lassen, um so mehr, als diese größeren Orte auch seither stets erhebliche Ansprüche an die Verbandskasse stellten. Andere Gewerkschaften sind aus diesen Rücksichten zu Ctaffelbeiträgen gelangt. Es ist jedoch nicht zu verkennen, daß die damit verbundene Staffelung der Unterstützungen nach der Bei- tragshöhe neben der vielfach festgelegten Staffelung nach der Dauer der Mitgliedschaft wesentliche verwaltungstechnische Schwierigkeiten in sich birgt. Im Holzarbeiterverband besteht die Einrichtung, daß jede Zahlstell« die Höhe ihres lokalen Beitrags selbst bestimmt und damit je nach dem örtlichen Bedürfnis Zuschüsse zu den Unterstützungen leistet. Diese Selbsteinschätzung des einzelnen Ortes hat sich seither durchaus bewährt und bleibt nach dem jetzigen Vorstandsantrag bestehen. Uber die Frage der Bei« tragserhöhung soll sich vor dem Verbandstag noch eine Urabstim- mung der Mitglieder äußern. Der zweite Antrag des Verbandsvorstandes an den Verband?- tag bezweckt die Erhöhung der Streikunterstützung. Er dürste daher wohl ebenso wie der vorgenannte auf die Sympathie der Mitglieder rechnen können. Vorgeschlagen wird, auch diese Unter- stützung nach der Dauer der Mitgliedschaft abzustufen, und zwar soll sie nach einem halben Jahr« 9 Mk., nach einem Jahre 12 Mk., nach drei Jahren 13 Mk. und nach fünf Jahren 14 Mk. pro Woche betragen. In allen Fällen wird dazu noch pro Kind unter 14 Jahren 1 Mk., höchstens aber 6 Mk.(bisher 3 Mk.) ge- zahlt werden. Der Höchstsatz der Streikunterstützung soll also künstig 15 Mk. in der untersten und 20 Mk. in der höchsten Stuf« aus- machen. Da die weiblichen Mitglieder des Verbandes bei allen Unterstützungen die halben Sätze beziehen, würden sie an dieser Erhöhung«benfallS teilhaben, ohne daß jedoch eine Erhöhung ihrer Beiträge beantragt ist. Di« sesther mit 20 Pf. pro Woche erhobenen Extrabeiträg« hat der Vorstand nunmehr ab 1. April auf 10 Pf. herabgesetzt. Einerseits möchte nämlich eine große Anzahl nicht tariflich ge- bundener Orte jetzt an die Verbesserung der Arbeitsbedingungen herantreten, andererseits besteht die Gefahr eines großen Kampfe? aus der allgemeinen Tarisbewegung jetzt nicht mehr. Die zen - traten Verhandlungen in Berlin haben sür die meisten Tarisorte, die zusammen etwa 84000 Arbeiter beschäftigen,«ine Einigung über Lohn- und Arbeitszeit herbeigeführt. An vielen Orten haben bereits Arbeiter« wie Arbeitgeberversammlungen diese» Verein- barungen zugestimmt. Beim Erscheinen dieser Zeitung dürfte vieler- orts bereits nach den neuen Sätzen bezahlt werden. Die im Laufe der drei Vertragsjahre eintretenden Verbesserungen schwanlen zwischen 1 bis 3 Stunden Arbeitszeitverkürzung pro Woche und 3 bis 3 Pf. Lohnerhöhung pro Stunde. Für Posen, München , Bernau und Kray bei Essen steht die Verständigung noch aus, da diese Ort« keine Vertreter nach Berlin sandten, sondern am Ort« ab- schließen wollten. Ebenso bestehen hier und da noch über neben- sächlich« Punkt« des neu abzuschließenden Tarifvertrags Meinungs- Verschiedenheiten. tk. Notizenteil. Dleustbotenfrage. Sonderabteilungen für Dienstbotensachen an den Gewerbe- gerichten forderten die Hausangestellten in Nürnberg kürzlich in einer Versammlung. Die Referentin Genossin Grünberg legte eingehend dar, daß schnelle Rechtsprechung in Dienstboten- streitigkeiten notwendig ist. Das Amtsgericht, daS heute leider da- für in Betracht kommt, arbeitet zu schwerfällig, zu langsam. Ein großer Teil der Hausangestellten verzichtet lieber auf sein Recht, als den umständlichen Klageweg zu beschreiten. Außerdem herrscht aber auch am Amtsgericht Anwaltszwang, und wie manche Herren Advokaten sich der Mädchen annehmen, hat der Fall Lesstng ge- zeigt, wo der Rechtsanwalt des Dienstmädchens mehr im Interesse der Herrschaft handelte. Rechtsanwalt und Herrschast halten in der Regel zusammen, da beide von der bürgerlichen Weltanschan- ung durchdrungen sind und die Dienenden als Sklavinnen be- trachten. Des weiteren ist aber auch der Klageweg am Amts- gericht mit Kosten verknüpft. Ehe die Klag« aufgenommen wird, muß Geld gezahlt werden, ebenso läßt der Rechtsanwalt sich erst zahlen, ehe der Prozeß beginnt. Aus all diesen Gründen muß ein anderer Weg erschlossen werden, der den Dienenden ermöglicht, ihr Recht zu suchen. Sonderabteilungen an den Gewerbegerichten bieten sich als solch ein Weg dar. Die Zahl der Streitfälle in Dienst- botensachen ist derartig groß, daß die Sonderabteilung des Ge- Werbegerichts ständig zu tun hätte. Wer nur einmal Gelegenheit nimmt, da? Zimmer 112 im Rathaus zu beobachten, wohin sich jetzt die recht- suchenden Mädchen an die Polizei wenden müssen, der wird finden, daß es immer belagert ist. Und doch gehen nur die wenigsten Mädchen dorthin, weil sie wissen, der Beamte ist außerstand«, ihnen zu helfen, da er keine rechtskräftigen Entscheidungen treffen kann. DaS Gewerbegericht könnte durch die nötige Belehrung über die in Be- tracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen manchen Streitpunkt zwischen Herrschaft und Dienstmädchen ohne lange Verhandlungen aus der Welt schaffen. Nur ein Beispiel: Das Mädchen wird fünf Wochen heim zu den Eltern geschickt, weil die Herrschast eine Sommerreise macht. Von Kostgeld zahlen hat sie lein« Ahnung. Im Januar wird dai Mädchen krank; im Krankenhaus erhält es die sofortige Kündigung. Das Mädchen nimmt sie in seiner Un- erfahrenheit an, trotzdem vierteljährig» Kündigung besteht. Ter Dienstbotenverein fordert die Herrschaft nun auf, die fünf Wochen Kostgeld(35 Mk.) für die Zeil ihrer Sommerreis« zu zahlen; er fügt die betreffenden gesetzlichen Bestimmungen hinzu, und inner- halb acht Tagen ist das Mädchen im Besitz der 35 Mk. Der Ver- «in hat durch sein Ausmerksammachen aus die Gesetze schneller ge« arbeitet alS das ordentliche Gericht. Und so könnten am Gewerbe- gericht Tausende von Fällen schnell erledigt werden, wie wir das bei gewerblichen Streitigkeiten ebenfalls beobachten. Soll aber eine Sonderableilung am Gewerbegericht errichtet werden, so ist es notwendig, daß die Hausangestellten der Gewerbeordnung unter- stellt werden, und daß die Abschaffung der Gesiudeordnung erfolgt. Beides wird natürlich erst geschehen, wenn eine starke Organisation der Hausangestellten die Herrschaften und die Gesetzgebung zwingt, auch für die Dienenden dieselben Rechtsverhältnisse zu schaffen wie für die freie Arbeiterschaft. Die Referentin unterbreitete der Ver- sammlung die Resolution, die schon vor zwei Jahren dem Reichs- tag zuging und wegen Sesstonsschluß nicht mehr zur Beratung kam. Ihr ist die präzise Forderung einer Sonderabteilung für Dienstbotensachen am Gewerbegericht hinzugefügt. Die Resolution wurde«instimmig angenommen. Sie lautet: 1. Abschaffung der Gestndeordnungen und Gestndedienstbücher. 2. Unterstellung der Dienenden unter die Gewerbeordnung und Errichtung von Sonderabtetlungen für Dienstbotenstreitigkeiten am Gewerbegericht, Ausdehnung aller Versicherungsgesetze auf sie, Ge- Währung eines gesetzlich gesicherten vollen Koalitionsrechts und Auf« Hebung der Verpflichtung, Hausangehörige mit ansteckender Krank- heit behastet zu pflegen. 8. Sinngemäße Anwendung der Bestimmungen über Arbeitszeit und Arbeitsdauer, Sonntags- und Nachtarbeit usw. auf die Dienen- den; im besonderen und zunächst als Mindestmaß an gesetzlichem Schutz Einführung eines gesetzlich geregelten Arbeitstags, eines vollen freien Sonntagnachmittags alle acht Tage und alle vierzehn
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21 (28.3.1910) 13
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