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Die Gleichheit
und zwar zunächst in folgenden Erwerbszweigen: Schneiderei, Fabrikation von Hemden, Unterwäsche, Kinderwäsche und für die Endprozesse der Maschinenspitzenstickerei. Der Minister des Innern soll die Befugnis erhalten, Lohnämter"( Wages Boards) für Heimarbeiter in irgendwelchem Bezirk für die genannten und ähnliche Erwerbszweige zu ernennen.( Schluß folgt.)
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Frauenkonferenzen in Desterreich.
I. K. Anfangs Dezember v. J. wurde in der„ Gleichheit" über die Frauenkonferenz in Niederösterreich berichtet; seither haben Frauen fonferenzen in Oberösterreich , Salzburg und Steiermart stattgefunden. Es existieren nun auch in diesen Ländern politische Frauenorganisationen. In Oberösterreich und Steiermark haben die Landesparteitage nach einem Referat der Unterzeichneten die Gründung solcher Organisationen beschloffen, und in Salzburg hat der Parteisekretär die Anregung dazu gegeben. Wenn in den drei Ländern die Entwicklung so anhalten würde, wie sie begonnen hat, so wären wir zu den schönsten Hoffnungen berechtigt. Mit glühender Begeisterung sind die Genosfinnen an die Arbeit gegangen, aus Liebe zur Sache, aber auch beeinflußt von dem Ge banken, zu zeigen, was sie können. Gewiß ein begrüßenswerter, schöner Ehrgeiz. Alle drei Frauenkonferenzen, über die hier zu bes richten ist, haben ein Statut nach den Vorschlägen des Frauen reichskomitees angenommen. Überall wurden Landeskomitees mit einer Borsitzenden an der Spitze eingesetzt. Die Konferenz für Oberöster reich fand am 31. Januar in Linz statt und war von acht Orten beschickt. Auch Telegierte der Tabat, Papier- und Textilarbeiterinnen nahmen an der Konferenz teil. Die Klagen über die Wirkungen der Klerikalen Agitation waren hier am stärksten, jedoch verlieren die Klerikalen immer sichtbarer ihren absoluten Einfluß auf die Frauen. Die in das Landeskomitee gewählten Genoffinnen arbeiten mit außerordentlichem Fleiß und haben binnen furzem 300 Frauen für die politische Organisation gewonnen. Dieser Erfolg ist um so erfreulicher, da in Linz seit vielen Jahren ein Arbeiterinnenbildungsverein bestand, der in einigen oberöster reichischen Orten Gruppen hatte. Zwei Frauenorganisationen nebeneinander hätten nicht gut gedeihen können. Da aber die Zugehörig feit zur politischen Frauenorganisation auch die Zugehörigkeit zur Partei bedeutet, haben die Genossinnen vom Bildungsverein in selbstloser Weise dessen Auflösung beschlossen und ihre Mitglieder der politischen Organisation zugeführt.
In Salzburg tagte die Frauenkonferenz am Ostersonntag. Aus zehn Orten waren Delegierte anwesend, die sich ebenso wie die Genossinnen in Oberösterreich recht rege an der Debatte beteiligten. Von Industriearbeiterinnen kommen hier vor allem die Halleiner Tabatarbeiterinnen in Betracht, die durch ihre Delegierten erklärten, daß sie unermüdlich arbeiten werden, um ihre Kolleginnen für die politische Organisation zu gewinnen. Auch in der Zelluloidindustrie arbeiten Frauen, die ebenfalls das für eintraten, daß die Arbeiterinnen neben der gewerkschaftlichen auch der politischen Organisation angehören. Besonders tätig für bie Partei sind im Lande Salzburg die Frauen der Eisenbahnbediensteten. Genossin Aloisia Franeck arbeitet schon seit längerer Zeit für die Ausbreitung der Partei, sie ist auch zur Leiterin der politischen Frauenagitation bestimmt worden und steht an der Spitze des Landeskomitees. In Salzburg war zu einer Zeit, wo die freie politische Frauenorganisation noch nicht vom Parteitag genehmigt war, vom Zentralverein der Heimarbeiterinnen eine Ortsgruppe in Igling gegründet wor den, einem Vorort der Stadt Salzburg . In Betracht kommen nur die im Haushalt tätigen Frauen. Dem Verein traten demnach in furzer Beit über 200 Mitglieder bei, ein Beweis dafür, daß der Organisationsgedanke in der Luft lag. Da aber ein Verein der Heimarbeiterinnen nicht alle organisationsfähigen Frauen erfassen kann, so erklärten sich die Leiterinnen der Heimarbeiterinnen bereit, auch für den Ausbau der politischen Frauenorganisation zu arbeiten. Die Konferenz beschloß, in allen Orten sofort an die Arbeit zu gehen.
Die bedeutendste Konferenz war die, welche am Sonntag den 8. April in Graz stattfand. Steiermart ist ein weit größeres Land mit einer schon starten, erfolgreichen Arbeiterbewegung. Das tam in der Zahl der belegierenden Orte zum Ausdruck. Sechzehn Orte hatten 36 Genoffinnen zur Konferenz entfendet. Da es derzeit neben beinahe 500 organisierten Heimarbeiterinnen auch schon 500 politisch organisierte Genoffinnen in Steiermark gibt, so waren für die Konferenz ganz andere Vorbedingungen gegeben. Genossin Marie Koch, eine bewährte Wiener Genossin, war ein halbes
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Jahr vorher, der Initiative des Frauenreichskomitees entsprechend, nach Graz übergefiedelt, um für die Organisation tätig zu sein. Es ist ihr gelungen, eine Anzahl begeisterter und arbeitsbereiter Genofsinnen um sich zu sammeln, so daß die vor einem Jahre gegründete erste politische Organisation in Graz, schon befruchtend auf die anderen Orte gewirkt hat. Genossin Koch agitiert überall im Lande, um die Frauen zu gewinnen, und so konnte die Konferenz schon eine Anzahl Funktionärinnen der politischen Organi sation vereinigen. Auch hier wurde ausgesprochen, daß politische Frauenorganisation und Heimarbeiterinnenverein einträchtig mit einander arbeiten müßten, um Erfolge zu erreichen. Das gewählte Landeskomitee wird sich zur Aufgabe machen, auch in den Gewerk schaften für die soziale und politische Aufklärung der Frauen zu arbeiten. Parteivertretung und Gewerkschaftskommission sprachen den Genossinnen ihre Bewunderung für die mustergültige Arbeit aus, die sie bisher geleistet haben, und sagten ihre vollste weitere Unterstützung zu.
Bei allen drei Landesfrauenkonferenzen waren Partei und Ge werkschaften vertreten, und die Parteisekretäre haben bei den Vorbereitungsarbeiten mitgeholfen. Überall wird den Frauenlandes komitees von den Parteibeiträgen der weiblichen Mitglieder ein Teil au Bestreitung der Agitationsfosten überlassen. Überall haben die Genossinnen auch Siz und Stimme in der Landesvertretung. Das Frauenreichskomitee war bei allen Konferenzen vertreten, und überall erstattete die Unterzeichnete ein Referat über den Aus bau der politischen Frauenorganisation. Die, Arbeiterinnen. zeitung" ist für alle Frauen, die nur politisch organisiert sind, obligatorisch, bei einem Mitgliedsbeitrag von 32 Heller im Monat. Gewerkschaftlich organisierte Arbeiterinnen können mit einem Beitrag von 10 bis 14 Heller Mitglieder der politischen Frauenorganisation werden. Die Landeskonferenz in Graz beschloß, daß in allen Orten Frauenversammlungen gegen den Ausschluß der Frauen von poli tischen Vereinen abgehalten werden sollten. über die Ausführung des Beschlusses wurde bereits in letter Nummer berichtet.(§ 80.) Nunmehr fehlt es nur noch in einem Lande, in Kärnten , an der politischen Organisation der Frauen. Der Anfang dazu ist auch dort schon gemacht worden. In der Hauptstadt Klagenfurt ist fle bereits konftituiert. Eine demnächst stattfindende Agitationstour wird das ganze Land bearbeiten. Auch in Vorarlberg , wo in den Städten Dornbirn , Blubenz, Feldkirch und Bregenz Frauenorganisationen bestehen, wurde anfangs Mai eine Agitations tour gemacht, um den Genossinnen ihre schwere Arbeit in dem schwarzen Ländle" zu erleichtern. Tirol hat einen Frauenverein nach dem System der Bildungsvereine, der sehr gut arbeitet und derzeit aus taktischen Gründen noch nicht an eine Umwandlung in eine politische Organisation denken kann. Überall aber, selbst in diesen vom Kieritalismus beherrschten Alpenländern sind Genossinnen unermüdlich tätig und beginnen sich zu Agitatorinnen zu entwickeln. Die Rundgebungen gegen die politische Rechtlosigkeit der Frauen, die für ganz Österreich geplant sind und bereits begonnen haben, werden uns gewiß viele neue Anhängerinnen zuführen. Adelheid Popp , Wien .
Zur Frauenkonferenz.*
I.
„ Ich halte es für selbstverständlich, daß die Frauenkonferenzen auch in Zukunft abgehalten werden, sie haben sich durchaus bewährt, und es geht nicht an, daß der Parteitag der Gesamt partei mit diesen Detailfragen der Frauen befaßt wird, denn sonst würde es dahin kommen, daß wir entweder länger als eine Woche tagen oder aber den ganzen Parteitag nur mit ge schäftlichen Angelegenheiten belasten müßten, und das liegt doch gewiß nicht in dem Interesse der Partei." Mit diesen Worten, die Genosse Müller, Mitglied des Parteivorstandes, auf der Frauenkonferenz und dem Parteitag zu Nürnberg sprach, wird die Frage nach der Notwendigkeit von Frauenkonferenzen wohl zur Genüge bejaht. Sie zeigen zu gleicher Zeit auch deutlich, daß das Stattfinden von solchen Tagungen nicht nur im Inter esse der Genossinnen, sondern auch der Gesamtpartei liegt. Die Fragen, mit welchen sich die Partei und damit die Parteitage zu beschäftigen haben, mehren sich mit der zunehmenden
* Die Einsendung des Genossen Koch war zur Veröffentlichung in Nr. 13 bestimmt, mußte aber Raummangels halber wieder und wieder zurückgestellt werden.