Nr. 17

Aus der Bewegung.

Die Gleichheit

Zur Frauenkonferenz nahmen die Genossinnen des Wahlver eins Randow- Greifenhagen Stellung. Die letzte fombinierte Ver sammlung der weiblichen Mitglieder des Kreises, der eine Kon­ferenz der Vertrauenspersonen voraufgegangen war, beschäftigte fich damit. Genoffin 3yliegan befprach eingehend die früheren Konferenzen, ihre Arbeiten und Beschlüsse und teilte auch die Gründe mit, die für die Abhaltung der Konferenz ins Feld ge­führt wurden. Trotz der Sympathie für die Konferenz, zu der Material genügend vorliege, hielt sie die Entscheidung des Parteis vorstandes mit der Zustimmung der Frauenzentrale und deren Gründe gegen die Abhaltung der Konferenz in diesem Jahre für maßgebend und für bindend. Nach kurzer Diskussion wurde fol­gende, von den Vertrauenspersonen des Kreises gestellte Resolution einstimmig angenommen: Die fombinierte Versammlung der weib lichen Mitglieder des Kreiswahlvereins Randow- Greifenhagen tritt bezüglich ihrer Stellungnahme zur Abhaltung einer diesjährigen Frauenkonferenz dem Beschluffe des Parteivorstandes mit der Zus stimmung der Frauenzentrale bei. Die Versammlung ist mit der Begründung obiger Instanzen für Nichtabhaltung der Konferenz in diesem Jahre und Verlegung derselben auf 1911 voll und ganz einverstanden. Die Versammlung erwartet ferner, daß die Parteigenossinnen aller Orte den Beschluß der höchsten Instanz respektieren und den zum Teil persönlichen Streit nunmehr bes enden." Hierauf wurde Klage geführt, daß es selbst noch Partei funktionäre gibt, die nicht nur der Frauenbewegung unsympathisch gegenüberstehen, sondern ihren Frauen den Eintritt in die Organis sation sogar noch verbieten. Mit einem Appell zu fleißiger Agi­tation fand die verhältnismäßig gut besuchte Versammlung ihr Ende. Frida Zyliegan.

Mit der Frage der Frauenkonferenz beschäftigte sich eine Frauenversammlung in Remscheid . Nach längerer Debatte wurde beschlossen, es sei von einer Konferenz in diesem Jahre abzusehen. Borangegangen war ein Referat des Genossen Braß über Die M. Böttcher. Frau im Wahlrechtskampf".

Mit der Frage der Frauenkonferenz beschäftigte sich eine Frauenversammlung in Ki .. Nach eingehender Debatte wurde die Unterzeichnete beauftragt, folgende Erklärung in der Gleichheit" zu veröffentlichen: Die in der am 15. April tagenden Versammlung für weibliche Mitglieder zahlreich anwesenden Genossinnen nehmen mit Bedauern Kenntnis von dem Beschluß des Parteivorstandes, die Frauenkonferenz erst im nächsten Jahre stattfinden zu lassen. Die Genossinnen halten die von der Genossin Zieß angeführten Gründe für nicht stichhaltig genug, um ein Hinausschieben der Frauenkonferenz zu rechtfertigen. Sie sind im Gegenteil der Meinung, daß nationale Frauenkonferenzen wie bisher alle zwei Jahre statt­finden sollten. Ferner sind die Genossinnen der Ansicht, daß es wohl zweckmäßig gewesen wäre, wenn bei Beginn der Distusfion über die Frauenfonferenz die Genossinnen im Frauenbureau eben­falls in der Gleichheit" Stellung zu dieser Frage genommen hätten. Dursten Berliner Genossinnen und eine kleine Anzahl Delegierte zum preußischen Parteitag die Gründe erfahren, die gegen eine Konferenz in diesem Jahre sprechen, warum nicht auch die anderen Genossinnen im Lande, die doch dasselbe Interesse an der Frage hatten. Die Genofsinnen geben sich der Hoffnung hin, daß vom nächsten Jahre ab die bisher geltende Regel bei Einberufung der Elise Jensen. Frauenkonferenzen innegehalten wird."

Von der Agitation. In einer Versammlung zu Magdeburg sprach Genossin Wadwig- Dresden über das Thema Die Frau als Arbeiterin, Mutter, Steuerzahlerin und Staatsbürgerin". In ihren anregenden Ausführungen schilderte die Referentin besonders das Elend der Frau in ihrer Eigenschaft als Mutter vortrefflich, die zum Erwerb gezwungen ist, weil der Mann und Vater arbeitslos ist oder zu wenig verdient. Ebenso packend zeichnete sie ein Bild von den Mißständen in der Hausindustrie, wo Kinder schon vom zartesten Alter an die Hände regen müssen, um mit zu verdienen. Sie bezeichnete es als eine Schande, daß Frauen beim Bahnbau, im Baugewerbe und in der chemischen Industrie beschäftigt werden, wo die Arbeitsbedingungen dem weiblichen Organismus besonders verderblich werden und durch die Zerrüttung der mütterlichen Ge sundheit das tommende Geschlecht bedrohen und verfümmern machen. Der Vortrag wurde von den zahlreichen Anwesenden mit Berta Strunt. großem Beifall aufgenommen.

In einer Reihe von Versammlungen, die vom Gau 15 des Transportarbeiterverbandes im Saarrevier einberufen worden waren, sprach die Unterzeichnete über das Thema Die Selbsthilfe der Arbeiterschaft unter besonderer Berücksichtigung der Frauen". Der Besuch von seiten der Frauen war fast durchweg

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gut. In einigen Orten hatten sich die Gewerkschaftsmitglieder mit den Parteigenossen in Verbindung gesetzt, um zugleich für die politische Organisation Propaganda zu machen. Ihre Bemühungen waren erfolgreich. Im schwarzen Saarrevier erfaßte die Frauen, deren schwielige Hände von harter Arbeit zeugten, große Begeiste= rung, als ihnen das Evangelium des Sozialismus verkündigt wiede und die Referentin sie aufforderte, auch ihrerseits mitzufämpfen für die Befreiung ihrer Klasse. In verschiedenen Orten traten neue Mitglieder der Partei bei. Jn Neunkirchen, wo bis dahin über­haupt leine Frauen der Partei angehörten, wurden in einer öffent­lichen Fuhrleuteversammlung dem Wahlverein die zehn ersten weib­lichen Mitglieder zugeführt. So tagt es auch im Königreich Stumm". E. Schulze.

ternahm die Frauen für

Eine Agitationstour, welche von Regensburg bi Aschaffen burg durch 17 Ortschaften Nordbayerns führte, Unterzeichnete im März. Sie galt der Gewinnung die sozialdemokratische Partei. Zum Teil ging es du ý Gebiete des Fichtelgebirges, die der Industrie noch nicht lange rschlossen sind oder erst erschlossen werden. In Regensburg war eine der best­besuchtesten und interessantesten Versammlungen; hier dominierten die Frauen und jungen Mädchen, die sehr reges Interesse für die politischen Tagesereignisse bekundeten. Es war durch das örtliche Klatschblatt tags zuvor eine sicherlich ungewollte Propaganda für die Versammlung gemacht worden. Dieses hatte es für nötig ges halten, die unliebfamen Vorgänge im Bunde für Mutterschutz in breitester Weise zu besprechen und daran die Schlußfolgerung zu knüpfen, daß solche Vorgänge aufzeigten, was bei der Emanzipie rung der Frauen herausfomme, wie unweiblich das Heraustreten der Frauen aus ihrem gewohnten Kreise, aus dem geschüßten Hause sei, und daß diese sich vor dem ersten Schritt hüten sollten. Der Redakteur des Blattes war in der Versammlung anwesend, wohl um zu beobachten, ob seine Mahnungen auf guten Boden gefallen feien. Es erfolgte daher eine eingehende Richtigstellung der Vor­gänge in dem bürgerlichen Frauenverein; ihr folgte die gebührende Abfuhr des Stribifar, welche von den Anwesenden mit lebhaftestem Beifall aufgenommen wurde und bewies, daß die Arbeiterinnen der alten Reichsstadt Regensburg feineswegs hinter ihrer Zeit zurückgeblieben sind. Bayreuth das wohl allen Lesern dem Namen nach bekannt ist, als einer der erlesenen Orte, die nur dem Kunstgenuß und dem Vergnügen der zahlungsfähigen Menschheit" zu dienen scheinen hat eine recht umfangreiche Industrie, eine zahlreiche Arbeiterschaft und unter dieser viele weibliche Arbeiter, die sich verteilen auf Spinnereien, Webereien und Zwirnereien, die Zuckerraffinerie, Tonwaren-, Zuckerwarens, Schäfte- und Blechwaren­fabriken. Die Löhne sind im allgemeinen sehr niedrig. Für Ar­beiterinnen betragen sie pro Woche 6 bis 7, höchstens 8 Mr. Es reicht also in dieser Stadt des Luxus und des Genusses der gesamte Wochenlohn einer Arbeiterin bei weitem nicht hin, um einer Aufführung der so berühmten Wagnerfestspiele beiwohnen zu tönnen. Die Beteiligung der Arbeiterinnen an der Versammlung war auch hier eine rege, und der Partei wurden neue Mitglieder gewonnen. Seitwärts vom industriereichen Münchberg , das

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leider noch keine lebhafte Arbeiterbewegung hat, liegt ganz nahe dem Gebirge das Örtchen Schwarzenbach. Seine aufragenden Essen sagen uns von weitem, daß hier ein reges industrielles Leben herrscht, daß die Arbeiter hier dominieren. Überraschend stark war am Abend der verhältnismäßig große Saal gefüllt, und das weib liche Geschlecht stellte wohl zwei Drittel der Versammlungsteilnehmer. Textil- und Porzellanfabriken sind es hauptsächlich, welche die Ar­beiterinnen beschäftigen. Von Bamberg , dem deutschen Rom , ver­mutet man faum, daß hier die moderne Arbeiterbewegung festen Boden gefunden hat. Wie angenehm ist man von der Wirklichkeit überrascht! Am schönsten Play erhebt sich ein prachtvolles Gewerk­schaftshaus, und hier war abends der Saal mit Frauen angefüllt. Der gute Besuch der Versammlung gab Zeugnis von einem regen Partei- und Gewerkschaftsleben. Hier sind die katholischen Arbeiter­vereine zur Bedeutungslosigkeit herabgefunken. Mit ihrem Geld war ein imposantes Gewerkschaftshaus aufgeführt worden, das jedoch pleite wurde. Da der Säckel der katholischen Kirche bei dieser Notlage verschlossen blieb und der Präses der Vereine und Erbauer des Hauses sogar den Offenbarungseid leistete, scheint die starke Glaubensfreudigkeit an die soziale Einsicht der alleinseligmachenden Kirche bei der Arbeiterschaft Bambergs start ins Wanten geraten zu sein. Die Organisationen der freien Gewerkschaften und der Partei sind dagegen beträchtlich gewachsen. Das mittelalterliche Rothenburg o. T. ist recht industriell geworden. Gleich in der Nähe des Bahnhofs find mehrere große Betriebe für Kinderwagenfabrikation. Besonders werden hier die billigeren Wagen hergestellt, welche von den Heim­arbeiterinnen überall zur Lieferung ihrer Arbeiten gebraucht werden.