Nr. 21
Die Gleichheit
hat daraus einen Beitrag zur Bestreitung des ehelichen Auf wandes zu leisten, wenn der Mann nicht schon durch die Nutzungen des eingebrachten Gutes einen angemessenen Beitrag dazu erhält. Vorbehaltsgut entsteht durch Gesetz, durch Ehe vertrag und durch Zuwendung Dritter. Kraft Gesetzes gehören zum Vorbehaltsgut die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch der Frau bestimmten Sachen, insbe sondere Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräte; ferner was die Frau durch ihre Arbeit oder durch den selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes erwirbt. Mit hin sind der Verdienst einer Taglöhnerin, die Trinkgelder einer Kellnerin, der Lohn einer Fabrikarbeiterin, der Erwerb einer Modistin, einer Damenschneiderin oder Künstlerin Vorbehaltsgut. Daraus ergeben sich beispielsweise die Wirkungen, daß der Mann sich nicht den Lohn der Frau kann auszahlen lassen, und daß Forderungen gegen den Mann nicht mit Lohnguthaben der Frau verrechnet werden können. Es ist aber wohl zu beachten, daß das, was durch gemeinsame Arbeit der Ehegatten erworben wird, nicht Vorbehaltsgut ist, sondern allei niges Eigentum des Ehemannes wird, sofern nicht durch Vertrag das Gegenteil vereinbart ist. Ebenfalls kraft Gesetzes ist Vorbehaltsgut, was die Frau auf Grund eines Rechtes erwirbt, das zu ihrem Vorbehaltsgut gehört, oder was sie als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Gegenstandes erhält, der zu dem Vorbehaltsgut gehört, oder was sie durch ein Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das Vorbehaltsgut bezieht. Hierher zählen zum Beispiel die Früchte eines Obstgartens, der Vorbehaltsgut ist; der Schadenersatzanspruch wegen Enteignung eines zu diesem gehörenden Gegenstandes, der Gewinn aus einer Lotterie, wenn das Los mit Geld aus dem Vorbehaltsgut angeschafft wurde. Das Vorbehaltsgut haftet den Gläubigern der Frau unterschiedslos, dagegen den Gläubigern des Mannes überhaupt nicht.
Die Begründung von Vorbehaltsgut durch Zuwendung Dritter hat zur Voraussetzung, daß die Dritten ausdrücklich bestimmen, das Zugewendete solle Vorbehaltsgut sein. Soll demnach das, was die Frau durch Erbfolge, durch Vermächtnis oder als Pflichtteil erhält, Vorbehaltsgut sein, so muß der Erblasser durch letztwillige Verfügung diese Zweck bestimmung ausgesprochen haben. Ebenso muß der Dritte, der der Frau zu seinen Lebzeiten etwas unentgeltlich zuwendet, etwas schenkt, jene Zweckbestimmung treffen, sonst gehört das Zugewendete nicht zum Vorbehaltsgut.
Als eingebrachtes Gut gilt alles Frauengut, das nicht als Vorbehaltsgut ausgewiesen werden kann. An ihm steht dem Manne die Verwaltung und Nuznießung zu. Der Mann hat das Recht, es in seinen Besitz zu nehmen; verfügen kann er darüber in der Regel nur mit Zustimmung der Frau. Nicht erforderlich ist diese Zustimmung bei Verfügungen über Geld und andere verbrauchbare Sachen der Frau zum Zwecke ordnungsmäßiger Verwaltung des eingebrachten Gutes.
Der Mann hat den ehelichen Aufwand zu tragen. Das ist gewissermaßen seine Gegenleistung für das Verwaltungsund Nuznießungsrecht. Die Nutzungen des eingebrachten Gutes gelten, sofern sie eine angemessene Höhe erreichen, als Beitrag der Frau zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes. Machen aber jene Nutzungen keinen angemessenen Beitrag aus, so hat die Frau, wie wir bereits gesehen haben, aus ihrem Vorbe haltsgut zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes beizusteuern. Um die Verwendung des Reinertrags des eingebrachten Gutes zum Unterhalt der Familie zu sichern, gibt das Gesetz der Frau das Recht, zu verlangen, daß der Mann dieser Verwendung ohne Rücksicht auf seine sonstigen Verpflichtungen gerecht werde. Durch die Verlegung dieser Pflicht des Ehemannes wird die Frau berechtigt, auf Aufhebung des Verwaltungs- und Nuznießungsrechtes des Ehemannes zu flagen. Ein Verfügungsrecht über das eingebrachte Gut steht der Frau ohne Einwilligung des Mannes nicht zu, trohdem sie rechtlich Eigentümerin desselben bleibt. Ja sie bedarf
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der Zustimmung des Mannes selbst dann, wenn sie zur ordnungsmäßigen Besorgung der eigenen persönlichen Angelegenheiten vermögensrechtliche Aufwendungen zu machen hat. In diesem Falle kann allerdings die Zustimmung, wenn sie der Mann grundlos verweigert, auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Aber wie verkehrt ist diese Ordnung der Dinge wiederum! Den Mann, der nicht einwilligen will, daß die Frau ihr eigenes eingebrachtes Gut insoweit verwendet, als es zur Besorgung ihrer persönlichen Angelegenheiten notwendig ist, hält das Gesetz nicht zur Anrufung des Vormundschaftsgerichts an, statt dessen drängt es die Frau auf den peinlichen Weg der Klage.
Eine etwas größere Verfügungsfähigkeit räumt das Gesetz der Frau ein, die selbständig ein Erwerbsgeschäft betreibt. Wenn es sich um solche Rechtsgeschäfte und Rechtsstreitigkeiten handelt, die der Geschäftsbetrieb der Frau mit sich bringt, so kann diese über eingebrachtes Gut ohne Zustimmung des Mannes verfügen, vorausgesetzt, daß sie ihr Erwerbsgeschäft mit Einwilligung oder mit Wissen und ohne Einspruch des Mannes betreibt. Diese günstigere Rechtsstellung der selbständigen erwerbstätigen Frau hört jedoch auf, wenn der Mann gegen den Geschäftsbetrieb Einspruch erhebt oder seine Einwilligung widerruft. Das Recht zur Betreibung eines selb= ständigen Erwerbsgeschäftes bleibt aber durch solchen Einspruch oder Widerruf unberührt; nur die günstigere Stellung in bezug auf die Verfügungsfähigkeit fällt dahin.
Das frasseste Opfer, welches das Bürgerliche Gesetzbuch dem Mannesegoismus bringt, ist wohl, daß Verwaltung und Nuznießung des eingebrachten Gutes nicht auf die Ehefrau übergehen, wenn der Mann unter Vormundschaft steht, daß vielmehr der Vormund den Mann in den Rechten und Pflichten zu vertreten hat, die sich aus der Verwaltung und Nußnießung ergeben. Dabei besteht nicht einmal eine direkte Verantwortlichkeit des Vertreters gegenüber der Frau; der Vertreter ist dem Manne verantwortlich, und die Frau muß sich gegebenenfalls die Ansprüche des Mannes gegen den Vertreter im Wege der Zwangsvollstreckung überweisen lassen. Ist die Frau Vormund des Mannes, so übt sie Verwaltung und Nutznießung ihres eingebrachten Gutes nicht für sich, sondern nur als Vertreterin des Mannes aus. Um aus diesen unsinnigen Verhältnissen herauszukommen, muß die Frau erst auf Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung wegen Entmündigung des Mannes flagen. Sie hat aber das Recht zu dieser Klage nicht schon dann, wenn der Mann unter vorläufige Vormundschaft gestellt ist.
Das eingebrachte Gut haftet für die Schulden des Mannes ebensowenig wie das Vorbehaltsgut. Hingegen können natürlich die Gläubiger der Frau ohne Rücksicht auf die Verwaltung und Nutznießung des Mannes Befriedi gung aus dem eingebrachten Gut verlangen. Für die vor Eingehung der Ehe entstandenen Verbindlichkeiten der Frau gilt dieser Grundsatz ausnahmslos. Hinsichtlich der nach Eingehung der Ehe entstandenen Verbindlichkeiten jedoch tritt die Haftung des eingebrachten Gutes nur ein, wenn der Mann seine Zustimmung zum Rechtsgeschäft erteilt hat, oder wenn das Rechtsgeschäft ohne seine Zustimmung ihm gegenüber wirksam ist. Ferner haftet das eingebrachte Gut für die Kosten eines Rechtsstreites der Frau, mag das Urteil dem Manne gegenüber wirksam sein oder nicht. Ernst Oberholzer, Zürich .
I.
" Die Zeit der Dichtung ist vorbet Die Wirklichkeit ist angekommen."
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„ Es ist gar nicht nötig, daß ich Glück mache, nicht einmal nötig, daß ich lebe; aber wenn ich lebe, ist es höchst nötig, daß ich ein ehrlicher, offener, freier Mann sei und diesen Stempel nie verleugne." So schrieb Seume einmal an seinen väterlichen Freund, den Dichter Gleim. Der Satz steht alltäg