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Die Gleichheit
Häufung der Eigentumsstimmen entstehen würde, während dem arbeitenden Volfe feine solche Möglichkeit offenstände.... Ich kann einen Mann verstehen, der erklärt, daß er für das Frauenstimmrecht ist, und auch den, der sagt, daß er dagegen ist. Was aber soll man von einem Mann denken, der für das Stimmrecht der Frauen, aber nicht für das der Mütter und Hausfrauen ist? Ein junges, unerfahrenes Mädchen von 21 Jahren fönnte das Wahl recht ausüben, von seinem Genuß wäre dagegen die Mutter von fieben bis acht Kindern ausgeschlossen, die während 25 Jahren den Haushalt geführt und beaufsichtigt hat. Die Bestimmungen der Vorlage find absurd. Es ist möglich, daß das Wahlrecht einem Mädchen zusteht, das sich durch Prostitution ernährt. Heiratet die Betreffende aber und wird eine anständige Frau, so verliert sie ihr politisches Recht, das sie erst zurück erhält, wenn sie sich scheiden läßt." Nach Churchills Rede herrschte allgemein die Empfindung, daß der Antrag Shakleton den Todesstoß empfangen habe.
Wo waren die Mitglieder der Arbeiterpartei bei dieser Schlacht, die nicht mehr um das Recht des Weibes als Mensch, als Persön lichkeit ging, sondern um die Macht des Eigentums? Standen sie nicht in den vordersten Reihen der Parlamentarier, die sich gegen die Erweiterung und Befestigung der Geldsacksterrschaft erhoben; mußten nicht gerade sie in den vordersten Reihen kämpfen, um einer schweren politischen Schädigung der arbeitenden Massen in der Gegenwart vorzubeugen, Schlimmerem noch: ihrer sesteren und längeren politischen Fesselung in der Zukunft? Der Konservative Balfour und andere seinesgleichen hatten es unumwunden und ausdrücklich ausgesprochen, daß sie das Damenwahlrecht erstrebten, weil es undemokratisch sei und den späteren Sieg des allgemeinen Wahlrechts aufhalte. Trotz alledem haben 30 Arbeiterparteiler der Bill Shackleton zugestimmt, mit anderen Worten: sie sind nicht davor zurückgescheut, einen Vorstoß zu unterstützen, dessen Erfolg dem Proletariat ohne Unterschied des Geschlechts den Weg zur vollen politischen Gleichberechtigung verrammeln mußte. Und drei ihrer Führer Shackleton , Keir Hardie und Snowden sind mit Reden ohne jeden Vorbehalt für das politische Unrecht eingetreten. Das alles geschah im Gegensatz zu dem Beschluß des Internationalen Sozialistischen Kongresses zu Stuttgart , im Gegensatz zu den wiederholten Beschlüssen von Kongressen der Arbeiterpartei selbst, welche das Damenwahlrecht entschieden verurteilt und das Eintreten für das Wahlrecht aller Großjährigen gefordert hatten.
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Darf es irgendwelche Bedeutung beanspruchen auch nur die ernster Illusion, wenn Shackleton erklärte, daß die Bill nur das spite Ende eines Keils und die Vorläuferin des allgemeinen Wahlrechts sei? Diese Erklärung entbehrt jeder tatsächlichen Grundlage, benn die in ihr bekundete Auffassung der Dinge wird von der er brückenden Mehrzahl der weiblichen wie männlichen Verfechter des
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Nr. 23
Stellung gegen das beschränkte Frauenwahlrecht nahm. Es wurde ihr darauf zum Vorwurf gemacht, daß sie Prinzipienreiterei" und Seftiererei" treibe und nicht dahin gehe, wo die größten Kanonen" seien. Die Erfahrung hat leider gezeigt, daß diese„ größten Kanonen" nicht gegen das Vorrecht des Besitzes, sondern gegen das Recht der Arbeiterklasse losgegangen sind. Der„ Verband" beschloß vor der zweiten Lesung der Bill Shackleton, diese mit allen Mitteln zu unterstützen. Er hat also den Suffragettes und ihrem antidemofratischen Antrag Vorspanndienste geleistet und damit wie die Arbeiterparteiler am Strang der Reaktion gezogen. In der„ Justice", dem Organ der Sozialdemokratischen Partei", schreibt Genossin Montefiore zu diesem traurigen, beschämenden Kapitel in der Geschichte der englischen Arbeiterbewegung:„ Ein solches Verhalten tann schon nicht mehr Opportunismus genannt werden. Von seiten der 30 Arbeiterabgeordneten, die für die Bill stimmten, nachdem fie sich auf der Jahreskonferenz der Arbeiterpartei verpflichtet hatten, einzig und allein das Wahlrecht für alle großjährigen Männer und Frauen zu fordern, war es einfach Verrat an den Arbeitern, die sie in das Parlament entsendet haben, um die Interessen des Proletariats zu vertreten. Diese Interessenvertretung kann nicht in der Richtung liegen, in der die Macht des Besitzes gestärkt wird."
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Trotz des völligen Versagens der parlamentarischen Arbeiterpartei" bei dieser Gelegenheit, ungeachtet auch der Passivität der ,, Sozialdemokratischen Partei" und der Gewerkschaften in der Wahlrechtsfrage marschiert in England der Gedanke des allgemeinen Wahlrechts für alle Großjährigen. Er ist durch den Vorstoß zur Einführung des verhüllten, heimtückischen Pluralwahlrechts der Besitzenden kräftig gefördert worden. Die Auseinandersetzungen im Parlament über deren Ausgang wir bereits in letter Nummer berichtet haben sicherten der Forderung die Aufmerksamkeit großer Massen, die bisher der notwendigen weiteren Demokratisierung der politischen Rechte mit stumpfem Geist gegenüberstanden. Aus der Schlacht um das volksfeindliche Damenwahlrecht ist der Gedanke des Wahlrechts für alle Großjährigen ohne Unterschied des Geschlechts als Sieger hervorgegangen. Diesem Sieger die Bahn zu bereiten, wird nach wie vor die vornehmste Aufgabe der„ Adult Suffrage Society" sein. Kampf gegen die Feinde des demokratischen Wahlrechts, Klärung und Festigung der grundsätzlichen Auffassung von diesem Recht innerhalb der sozialistischen und gewerkschaftlichen Organisationen, Aufrüttelung der Massen zum Kampfe: das bleiben die Wege, auf denen sie ihrem Ziel zustrebt. Die Stunde ist diesem freundlicher als je, möchten die Menschen nicht hinter ihrer Gunst zurückbleiben.
Damenwahlrechts nicht geteilt, ja mit aller Entschiedenheit bekämpft. Vom Spinnen und Weben in alter Zeit.
Das geht nicht nur aus der angeführten Außerung Balfours und den Reden anderer Konfervativen hervor. Nachdrücklichst haben es die Suffragettes selbst wiederholt bekräftigt. Am Abend desselben Tages, an dem Shackletons Ausspruch gefallen war, wendete sich Lord Cromer in der Queens Hall gegen die Bill, die er bekämpfte, weil sie seiner Ansicht nach dem allgemeinen Wahlrecht vorarbeite.
Daraufhin bezeichneten führende Suffragettes in aller Offentlichkeit
Lord Cromer als einen Lügner. Diese Abschüttelung des allgemeinen Wahlrechts genügte den Damen noch nicht. Am zweiten Tage der Debatten über die Bill Shackleton äußerte sich der Liberale Mac Laren wie folgt:„ Ich erkläre mit Vorbedacht, daß die Frauen bereit sind, diese Vorlage als eine befriedigende Begleichung der Ansprüche anzunehmen, die sie jetzt erheben." Da dieser Abgeord: nete ein eifriger Parteigänger der Suffragettes ist und in dem Rufe steht, am längsten und besten mit ihrer Bewegung vertraut zu sein, tommt seiner Erklärung besondere Bedeutung zu.
Die parlamentarische Stäupung des beschränkten Frauenwahl rechts hat übrigens auch die Hoffnungen und Jalusionen gründlich zerstört, die nicht wenige auf den Verband für Volkswahlrecht" ( People's Suffrage Federation) gesetzt hatten. Diese Organisation hatte wohl das Wahlrecht für alle Großjährigen auf ihre Fahne geschrieben, trat aber von vornherein als eine Zersplitterin der Kräfte auf, welche die Forderung durchsetzen müssen. Sie entzog der länger bestehenden, rührigen Vereinigung für das Wahlrecht aller Großjährigen"( Adult Suffrage Society) manche ihrer tüchtigsten Anhänger und brachte breitere Massen vom Anschluß an sie ab. Dem Beispiel bekannter Genossen und Genossinnen folgend be sonders von der" Unabhängigen Arbeiterpartei" traten dem Verband Sektionen dieser sozialistischen Frattion bei, ferner Ausschüsse und Zweigvereine von Arbeiterinnenorganisationen, Gewert schaften usw. Die„ Adult Suffrage Society" lehnte es dagegen ab, fich ihm anzugliedern, da der Verband" nicht flipp und flar
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III.
Die ersten Errungenschaften der Fasernbearbeitung, welche schließlich zur textilen Kunst führten, sind zweifellos dem Wirken der Frau zuzuschreiben. Lange bevor der Mensch durch die Erfindung der Schrift die Möglichkeit hatte, die Namen großer
Entdecker und Erfinder den kommenden Geschlechtern zu übermitteln, haben gerade Frauen kulturgeschichtlich Bedeutendes auf den Gebieten jener Tätigkeiten geleistet, die wir heute als gewerbliche bezeichnen. Der Mann konnte ungehindert durch im Geschlecht begründete Unterbrechungen, Störungen und Rück fichten ausziehen auf Beute oder in langen Jagden den Spuren des Wildes folgen. Die Frau war hieran gehindert. Die Zeit der Schwangerschaft, die lange dauernden Perioden der Säugung. machten ihr jene, den Mann auszeichnende leichte Beweglichfeit unmöglich. Ihr Nahrungserwerb wurde ein anderer. Vegetabilien hatten für sie höhere Bedeutung als für den Mann. Sie lernte Samen stecken und Pflanzen ziehen. Der erste Pflanzenanbau war das Werk der Frau. In diesem Umstand liegt es begründet, daß es auch die Frau war, welche die Pflanzenfasern verarbeitete. Bei vielen primitiven Völkern finden wir heute noch, daß das Spinnen, Flechten und Weben ausschließlich Frauenarbeit ist. Das aber unter sehr verschiedenartigen gesellschaftlichen Verhältnissen, sowohl dort, wo die Frau gesellschaftlich frei, wie dort, wo sie verstlavt ist. In den Staaten des Altertums, die den alten einfachen Formen des Wirtschaftsund Gesellschaftslebens entwachſen waren, wurde das Spinnen und Weben von Frauen, von Sklaven und Stlavinnen und von wenig geachteten Handwerkern verrichtet.