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Die Gleichheit

von der geschichtlichen Entwicklung der Frauenbewegung aus und sprach sehr eindringlich über die Ungleichheit der Kosten für Knaben und Mädchenerziehung; sie wies auf die großen, oft un­nötigen Ausgaben hin, die die Männer für sich nicht scheuen, während für die Frau an den kleinsten Summen noch gespart werden müsse. Miß Ecksteins Rede zielte vor allem auf ihre Welt­petition und sie sprach von den vielen Berührungspunkten zwischen Friedens- und Stimmrechtsbestrebungen. Am Schlusse der Vers sammlung wollte der Beifall kein Ende nehmen. Die Versammlung war wohl eine der glänzendsten in der Bewegung der schwedischen Frauen für das Stimmrecht. Nini Kohnberger.

Sozialistische Frauenbewegung im Ausland.

Die Liga für die Interessen der Frauenarbeit in England. Die Liga für die Interessen der Frauenarbeit wurde in England 1906 gegründet, kurz nach den Wahlen, die 30 Arbeiterabgeordnete ins Parlament gebracht hatten. Sie erstrebt die Organisierung der erwerbstätigen Frauen, eine selbständige Vertretung der Ar­beiterklasse durch eine Arbeiterpartei, die von allen bürgerlichen Parteien unabhängig ist, und die direkte Vertretung des weiblichen Geschlechts im Parlament. Die Leitung der Organisation ruht in den Händen eines zehngliedrigen Vorstandes, dem gegenwärtig die bekannten Genossinnen Bondfield, Macarthur, Ramsay= Mac Donald, Fenton- Macpherson angehören.

Die Zweigvereine im Nordosten des Landes halten viertel­jährliche Delegiertenversammlungen ab, auf denen Stellung zu Tagesfragen genommen und über die Organisationsarbeit beraten wird. Diese Zusammenkünfte tragen merklich zur Stärkung der be­stehenden und zur Gründung neuer Vereine bei. In Lancashire , wo die Organisation erstarkt ist, sollen daher nun ebenfalls solche vierteljährliche Delegiertenversammlungen stattfinden. Die Liga unterhält Beziehungen zu der Arbeiterpartei, der Unabhängigen Arbeiterpartei wie der Frauengenossenschaftsgilde und hat zu ihren Kongressen Delegierte entsandt. Die erschreckende Arbeitslosigkeit infolge der Krise gab Veranlassung zu einer Demonstrationsver­fammlung in London , die großen Erfolg hatte. Die weite Memorial­halle war bis auf den letzten Platz gefüllt, und zwar überwiegend von brotlosen Arbeiterinnen. So kam es zu einem eindrucksvollen Protest dagegen, daß die Regierung nicht bedacht ist, den arbeits­losen Frauen Beschäftigung und Hilfe zu sichern, und zur Forde­rung entsprechender Maßregeln. Die Liga beteiligte sich an der Entsendung von zwei Deputationen an den Premierminister, welche die staatliche Registrierung für Krankenwärterinnen und eine gesetz­liche Regelung der Heimarbeit forderten. Zu der ersten Forderung verhielt sich der Minister ablehnend, die zweite hat dagegen zum Teil ihre Verwirklichung gefunden: das Minimallohngesetz für Heimarbeit ist im Parlament zur Annahme gelangt. Auch an der großen Demonstration im Hydepark für Bodenreform hat sich die Liga beteiligt. Sie entsandte als Rednerinnen die Genossinnen Bondfield und Mac Donald. Die erstere und Genossin Macpherson vertraten die Organisation bei dem großen Meeting der Arbeiter­partei gegen den 3arenbesuch. Kurz, die Liga hat gezeigt, daß sie die erwerbstätigen Frauen zu einer Kraft im öffentlichen Leben machen will, die Beachtung heischt und finden muß. Die dies­jährige Konferenz der Liga ließ das nämliche Streben erkennen. Genossin Macarthur umriß die Ziele der Organisation, die im Zeichen eines gefühlsmäßigen Sozialismus stehen. Die Liga er­strebt danach für jedermann Lebensunterhalt, ein Heim und An­teil an den Kulturgütern, günstigere Entwicklungsbedingungen für die Kinder, für Frauen und Männer Zeit zum Denken, zum Träu­men, zur Freude und geselligem Verkehr. Die Hebung der Lage der erwerbstätigen Frauen und die Anteilnahme dieser am Leben der Allgemeinheit soll diesem Ziele dienen. Genossin Macarthur beleuchtete auch die Meinungsverschiedenheiten, die betreffs der Frauenarbeit zutage treten. Die einen fordern das Verbot der Frauenarbeit überhaupt, die anderen dagegen bekämpfen sogar den gesetzlichen Schutz der Arbeiterin als eine Beschränkung ihrer per­sönlichen Freiheit. Zwischen diesen beiden Gegenfäßen sucht die Liga einen Ausgleich zu finden. Sie vertritt die Ansicht, daß die Fabritarbeiterin während der Schwangerschaft und des Wochen­bettes notwendig des gesetzlichen Schutzes bedarf. Doch genügt es ihrer Ansicht nach nicht, die Frauenarbeit während dieser Zeit zu verbieten, es muß auch seitens der Gesellschaft für den Unterhalt der Schwangeren und Wöchnerinnen gesorgt werden. Der Gedanke beginnt sich auch in England Bahn zu brechen. Im letzten Jahre ist im Parlament ein Gefeßzentwurf eingebracht worden, welcher bedürftigen Müttern soziale Fürsorge sichert. Zwar sind seine Be­

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stimmungen keineswegs weitgehend, doch anerkennen sie wenigstens die Notwendigkeit des staatlichen Eingreifens. Auch für die An­erkennung des Rechtes auf Arbeit ist die Liga im Verein mit der Arbeiterpartei erfolgreich eingetreten. Die Liga erstrebt im Inter­esse des Proletariers eine grundlegende ünderung der Gesellschaft. Sie weist die Auffassung zurück, die alles Heil von einem Kampfe der Geschlechter erwartet. Denn Mann und Frau der arbeitenden Bevölkerung leiden gleich tief unter den übeln der kapitalistischen Produktion; fie müssen daher auch gemeinsam an ihrer Aufhebung mitarbeiten. Die Sache der Frau ist die des Mannes. Sie stehen und fallen zusammen."

Der Jahresbericht ergab eine Einnahme und entsprechende Aus­gabe von 766 Mt. Außer dem allgemeinen Fonds hat die Liga besondere Einnahmen und Ausgaben, die lediglich den Zwecken der Agitations- und Organisationsarbeit dienen, für die im vergangenen Jahre 1752 Mt. verausgabt wurden. Der betreffende Fonds ist durchweg durch Schenkungen begüterter Mitglieder gespeist worden. Die Konferenz erhob in Resolutionen folgende Forderungen: Die von der Regierung verheißene Wahlrechtsreform muß das staats­bürgerliche Recht der Frau zur Mitwirkung an der Gesetzgebung anerkennen. In der Begründung der entsprechenden Resolution verlangte Genossin Bondfield dringend, die Liga möge bestimmt erklären, wie weit das politische Recht des weiblichen Geschlechts ausgedehnt werden solle. Die Konferenz sprach sich des weiteren für die Beseitigung besonders schreiender Mißstände des Wahlver­fahrens aus, die den besitzenden Klassen zum Vorteil gereichen. Sie erhob Einspruch gegen die Ausbeutung der jugendlichen Ar­beiter, sowohl im Interesse der jungen Leute selbst, deren förper­liche und geistige Entwicklung darunter leidet, als im Interesse der Erwachsenen, deren Löhne durch die Schmutzkonkurrenz der jugendlichen Arbeitskräfte vermindert werden. Die Beschäftigung junger Leute zwischen 14 und 18 Jahren dürfte in der Woche nur 30 Stunden dauern, 25 bis 30 Stunden müßten für den Be­such von technischen Schulen und die allgemeine Weiterbildung frei bleiben. Die Genossinnen forderten ferner auf der Tagung die Errichtung von Schulkliniken. Die Arbeiterpartei wurde er= sucht, dahin zu wirken, daß durch das Gesetz die fakultative Schul­speisung in eine obligatorische verwandelt und auch auf die Ferien ausgedehnt werde. Sodann verlangte die Konferenz von der Re­gierung, daß sie die Schuhfrist für Wöchnerinnen, die in Fabriken und Werkstätten tätig sind, von vier Wochen auf sechs Monate ausdehne. Dagegen trat sie dem Antrag des Zweigvereins Leicester nicht bei, der eine gesetzliche Verkürzung der Arbeitszeit für ver­heiratete Arbeiterinnen allein festgelegt wissen wollte. Ebenfalls abgelehnt wurde eine Resolution, welche den Anschluß der Liga an den Volksverband für das allgemeine Stimmrecht aller Er­wachsenen" forderte. Verschiedene Rednerinnen erklärten zwar, daß sicherlich alle Mitglieder für das allgemeine Stimmrecht seien, daß aber manche es für flüger hielten, sich zunächst nur mit dem beschränkten Frauenstimmrecht zu begnügen. Um feinen Streit über die Taktik in die Liga zu tragen, möge daher die Konferenz von einer Stellungnahme in der Frage absehen.

Die 69 Zweigvereine der Liga, von denen 32 erst im letzten Jahre gegründet worden sind, zählen meist nur wenig Mitglieder. Trotzdem entfalten sie eine rege Tätigkeit. Sie veranstalten Bil dungsabende mit wissenschaftlichen Vorträgen, Vorlesungen und musikalischen Aufführungen. In den Häusern einzelner Mitglieder finden Zusammenkünfte statt, die vornehmlich Agitationszwecken dienen. Auch größere gesellige Veranstaltungen mit Tanz sind nicht selten und sollen teils weitere Sympathien und Mitglieder ge­winnen, teils Einnahmen zuführen. Zur Hebung der finanziellen Lage der Liga wurden auch in einzelnen Vereinen Basare veran staltet. Der Zweigverein Gateshead hat im Hause eines Mitglieds eine Kinderküche eingerichtet, in der 70 bis 80 Kinder einmal in der Woche mit Suppe gespeist werden. Auch Nähkurse und Näh­abende sind in einzelnen Zweigen der Liga eingerichtet worden. Die angefertigten Kleidungs- und Wäschestücke werden entweder an bedürftige Schulkinder verteilt oder zum Besten der Organi­fation verkauft. Die einzelnen Zweige betätigen sich auch politisch. Sie beteiligen sich an Demonstrationen und vor allem eifrig an der Agitation zu den verschiedenen kommunalen Wahlen wie zu den Parlamentswahlen. In London wurde ein Mitglied der Liga in den Bezirksrat gewählt. Die Zweigvereine Remington und Wool­wich wollen zwei Kandidatinnen für die nächste Wahl zum Lon doner Grafschafterat aufstellen: die Genossinnen Bentham und Bondfield.

Berantwortlich für die Redaktion: Frau Klara Zetkin ( Bundel), Wilhelmhöhe, Post Degerloch bet Stuttgart .

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