10

Die Gleichheit

c. Festsetzung der Unterstützung für Schwangere, Wöchnerinnen und Stillende auf die Höhe des vollen durchschnittlichen Tage­lohnes.

d. Gewährung der Hebammendienste, der ärztlichen Behandlung von Schwangeren und Wöchnerinnen und von Hauspflege für Wöchnerinnen.

-

e. Ausdehnung dieser Fürsorgemaßregeln auf alle lohnarbeitenden Frauen Landarbeiterinen, Heimarbeiterinnen und Dienst­mädchen inbegriffen sowie auf alle Frauen, deren Familien­einkommen 5000 Mt. nicht übersteigt.

3. Von der Gemeinde:

Errichtung von Entbindungsanstalten, von Schwangeren, Wöchnerinnen- und Säuglingsheimen; Organisation der Wöchne­rinnenhauspflege; Gewährung von Stillprämien, solange die Mütter während der Stillperiode feine Unterstützung erhalten; Beschaffung guter, feimfreier Säuglingsmilch.

4. Vom Staate:

a. Zuschüsse an die Kranken- und Mutterschaftsversicherung und die Gemeinden, damit sie den vorstehenden Forderungen ge­recht werden können.

b. Aufklärung der Frauen über die richtige Erfüllung ihrer Mutter­pflichten durch Aufnahme der Säuglingspflege in den Lehrplan obligatorischer Fortbildungsschulen. Verteilung von Merk­blättern über die Pflege der Wöchnerin, die Pflege und Er­nährung des Säuglings.

Die Konferenz fordert an sozialer Fürsorge für das Kind außer der Gewährung eines einheitlichen, unentgeltlichen, weltlichen Unter­richts, dessen Grundlage die harmonisch erziehende Arbeitsschule ist: a. Errichtung von Pflege- und Erziehungsanstalten weltlichen Charakters für das vorschulpflichtige Alter.

b. Einführung der obligatorischen, unentgeltlichen Schülerspeisung, die sich für unversorgte Kinder auch auf die schulfreien Tage und Ferien erstrecken muß.

c. Errichtung von Schulheimen, in denen unversorgte Kinder in der schulfreien Zeit die Ferien inbegriffen leibliche und geistige Fürsorge erhalten.

-

d. Einrichtung von Ferienspielen und Ferienkolonien.

e. Errichtung von Bädern, Schwimm- und Turnhallen, sowie von Schulgärten.

f. Anstellung von Schulärzten und Errichtung von Schulzahn­kliniken.

g. Gründung von Sanatorien und Waldschulen für kränkliche und schwächliche Kinder.

V. Verschiedenes.

1. Resolution zum Kampfe gegen die Verteuerung der Lebensmittel. Die Macht und der Egoismus der herrschenden Klassen unter der kapitalistischen Gesellschaftsordnung kommt in fast allen Staaten auch durch die unausgesetzte Verteuerung des Lebensbedarfs zum Ausdruck. Es steigen die Preise für alles, was die Arbeiterfamilie braucht, und die Lohnerhöhungen halten mit dieser Steigerung nicht Schritt. Es ist deshalb den arbeitenden Schichten der Bevölkerung nicht möglich, mit ihren bescheidenen Einnahmen auszukommen, und der Kampf ums Dasein nimmt für sie immer härtere und schroffere Formen an. Von der Erwägung ausgehend, daß unter der allgemeinen Teuerung vor allem die Frauen zu leiden haben, da der größte Teil der häuslichen Sorgen auf ihnen ruht, ver­pflichtet die Internationale Sozialistische Frauenkonferenz alle Genossinnen, überall und unausgesetzt gegen die Teuerung zu kämpfen und die Frauen der arbeitenden Klassen über ihre Ursachen aufzuklären.

-

Die Sozialistische Frauenkonferenz fordert vor allem, daß den Frauen immer wieder gezeigt werde, daß die Verteuerung der Lebenshaltung die Steigerung der Mietpreise inbegriffen aufs engste mit der kapitalistischen Gesellschaftsordnung zusammenhängt. Allen politisch und gewerkschaftlich organisierten Frauen, die auf dem Boden des Klassentampfes stehen, wird es zur Pflicht gemacht, die kapitalistischen Tendenzen der Steuerpolitik in Staat und Ges meinde den noch unaufgeklärteu Proletarierinnen zu zeigen, ebenso die Ursachen und Folgen des Bodenwuchers und der Trusts. Die Erkenntnis, daß nur die Sozialdemokratie energisch und mit aller Kraft gegen die Teuerung fämpft, macht es den Frauen zur Pflicht, sich dieser Partei anzuschließen und sie in ihrem Kampfe zu unter­stützen.

Von der Erwägung ausgehend, daß durch eine ausgiebige Er­höhung des Einkommens dem verheerenden Einfluß der Teuerung entgegengewirkt werden muß, empfiehlt die Konferenz, die dazu notwendigen schweren und opferreichen Lohnkämpfe der Männer zu unterstützen.

Nr. 1

Die sozialdemokratischen Frauen haben ferner die Pflicht, dafür zu sorgen, daß die proletarischen Frauen alle den Kampf der vom Geiste der modernen Arbeiterbewegung geleiteten Konsumvereine gegen die Lebensmittelteuerung unterstüßen und ihnen durch unab lässige Propaganda neue Mitglieder zuführen.

2. Jm Prinzip angenommene Resolutionen und Anträge.

Die Internationale Konferenz nahm im Prinzip zwei Reso lutionen an, von denen die eine die staatliche Witwenversiche= rung fordert, die andere Maßnahmen zugunsten arbeits­loser Frauen. Ferner stimmte sie im Prinzip mehreren Anträgen zu, die sich auf die Agitation unter dem weiblichen Proletariat beziehen, auf die Schulung der Genossinnen, den Anschluß an Partei und Gewerkschaft, die mora­lische und materielle Unterstützung der Frauenzeitungen usw. Sie beschloß die Einsetzung eines Romitees, welches bei der Vorbereitung folgender Konferenzen mitwirken soll.

Im Anschluß an die Internationale Frauenkonferenz traten in Ropenhagen am Sonnabend den 2. September deutsche und österreichische Genossinnen zu einer Besprechung zusammen. Anwesend waren aus Österreich die Genossinnen Popp, Freund­lich, Proft, aus Deutschland die Genossinnen Baader, Baumann, Dunder, Gradnauer, Hanna, Henning, Ihrer, Reitze, Schlomer, Thiede, Zetkin , Zieh. Zweck der Zusammenkunft war, im Sinne des oben angeführten Beschlusses die Vorbereitung der Internatio­nalen Frauenkonferenzen zu unterstützen. Das Resultat eingehender Erörterung waren die folgenden Beschlüsse:

1. Die Internationalen Konferenzen der sozialistischen Frauen sollen drei Monate vor ihrem Stattfinden einberufen werden. 2. An­träge zu den Konferenzen sind spätestens einen Monat vor deren Zusammentreten bei der internationalen Sekretärin einzureichen. 3. Mit den Vorarbeiten zu der nächsten Internationalen Sozia­listischen Frauenkonferenz ist ein fünfgliedriges Arbeitskomitee be traut, welches aus der internationalen Sekretärin, den Sekretärinnen der politisch organisierten Genossinnen in Österreich und Deutsch­ land und den Sekretärinnen der gewerkschaftlich organisierten Ar­beiterinnen dieser Länder besteht. Nach der Einberufung der Inter­nationalen Sozialistischen Frauenkonferenz tritt das Komitee nach Bedarf zusammen. 4. Die Konferenzen sollen in Zukunft als Inter­nationale Konferenzen der Sozialistinnen und Gewerkschaftsvertrete rinnen einberufen werden.

Aus der Bewegung.

In Frankfurt a. M. sprach Genossin Zietz über Mutter­schaftsversicherung" in einer öffentlichen Frauenversammlung. Sie schilderte die verheerenden Wirkungen der Erwerbsarbeit und be­sonders der industriellen für Frauen und Kinder und begründete die Forderung des Verbots der Kinderarbeit und der Beschränkung der Arbeit von Jugendlichen unter 18 Jahren auf sechs Stunden, der erwachsenen Arbeiterinnen auf acht Stunden. Die Referentin führte ferner aus, daß der Schutz des Kindes sich schon auf die Zeit vor der Geburt erstrecken müsse. Sie zeigte an der Hand der Statistik die ungeheuren Schädigungen, welche die Mutter und das werdende Kind in solchen Betrieben erfahren, in denen Giftstoffe verarbeitet werden oder auch ein dem weiblichen Organismus be­sonders schädlicher Maschinenbetrieb herrscht. Als vorläufige Forde rungen zugunsten der Schwangeren und Wöchnerinnen bezeichnete die Referentin: Ausreichende Unterstützung der Schwangeren und Wöchnerinnen durch die Krantentassen acht Wochen vor und acht Wochen nach der Niederkunft, Unentgeltlichkeit der ärztlichen Hilfe und Hebammendienste bei Schwangerschaftsbeschwerden. Zur Be tämpfung der Säuglingssterblichkeit, die zum großen Teil auch dar auf zurückzuführen sei, daß es den Müttern unmöglich gemacht werde, ihre Kinder selbst zu stillen, forderte die Rednerin von seiten der Gemeinde die Errichtung von Entbindungsanstalten, Säug­lingsheimen und Milchküchen, die jedermann unentgeltlich offen stehen sollen. Zum Schlusse wies sie darauf hin, daß alle diese Fragen für die proletarischen Frauen von ungeheurer Wichtigkeit seien und deshalb im Vordergrund ihres Interesses und ihrer Fähigkeit stehen müßten. Die Ausführungen wurden mit großem Beifall aufgenommen. An der anschließenden Diskussion beteiligten sich Genossin Schulze und Genosse Gräf . Dieser betonte, daß eine unabhängige Gewerbeinspektion den Kinderschutz wirksamer gestalten tönnte. Allein die schwachen Ansätze dazu seien durch den Erlaß des Ministers Sydow erstickt worden. Die 24000 Frant furter Dienstboten entbehrten jeden Schutzes. Bestimme doch die