Nr. 5

Die Gleichheit

das haben die Sticker, die zwar noch nicht lange, aber bereits start in der Organisation vertreten find, mit Hilfe ihres Verbandes durch gefeßt. Jener Zentralverband versuchte durch Einführung eines Minimallohns und einer Maximalarbeitszeit die Lohnschwankungen auf ein Minimum zu reduzieren. Es zeigte sich, daß wenn nicht die organisierten Arbeiter hinter der Durchführung der Beschlüsse stehen, die Beschlüsse selbst für die Katze sind. Die Arbeiter werden zweifellos auch den Betrügereien bei der Stichzählung mit Hilfe der Organisation ein Ende machen. Die Kämpfe und Plänkeleien in der Stickerei werden weitergehen, und im Kampfe, in der Ar­beit innerhalb der Organisation werden die Sticker ihre Kräfte stählen und zu kämpfern werden. Der Tarifvertrag und der Kampf um die Einführung des Stichzählapparats wird im Vordergrund des Interesses stehen. Dazu kommen noch bevorstehende Umwäl­zungen der Industrie, welche die Arbeiter aufzupeitschen geeignet find. Der Automat" ersetzt den Pantographen, und mit den ,, Automaten" tritt der eiserne Sticker" an Stelle des, Stickers von Fleisch und Blut. Aus dem Sticker wird ein Vorarbeiter. Der Ronkurrenzfampf des Maschinenbesitzers mit den Automaten" fabri­fanten wird scharf entbrennen. Der Automat wird siegen. Nur im Großbetrieb fann er rentabel sein. Die Schiffchenmaschine lieferte bas Zehnfache der Handstickmaschine und die Automatenmaschine liefert doppelt soviel als die Schiffchenmaschine. Schon laufen im Fabritbetrieb der Schweiz 600 Automaten und in Plauen baut eine Attiengesellschaft eine Fabrit mit 300 Automaten. Mit der alten beschaulichen Ruhe wird es vorbei sein. Auch die Nachfrage nach weiblichen Arbeitskräften dürfte zunehmen, eine Mahnung, der Arbeiterinnenfrage die gebührende Aufmerksamkeit zuzuwenden. Vor allen Dingen heißt es unablässig am Ausbau der Organisation ar beiten. Viele stehen noch außerhalb ihrer Reihen. In Plauen selbst gewinnt sie ziemlich rasch an Ausdehnung. Schon sind vom vierten Tausend einige hundert geholt. Ein Rückgang ist hier zunächst ausgeschlossen. Aber auch das übrige Vogtland muß mehr Kraft entwickeln. Faltenberg, Ellefeld , Lengenfeld , Auerberg, Treunen und die Ortschaften oberhalb Plauens müssen stärker als bisher hereingezogen werden. Wir dürfen nicht auf dem Errungenen ausruhen, sondern müssen weiterbauen.

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Eine internationale Stickerfonferenz tagte am 19. und 20. November in St. Gallen . Vertreten waren Deutschland , Schweiz , Österreich und Frankreich . Die Konferenz sprach sich gegen die bisherige Methode der Stichzählung und Stichzeichnung und für die Feststellung der gemachten Stiche durch den Stichzähl­apparat aus. Sie empfahl weiter Abschluß von Tarifverträgen und forderte gesetzliche Regelung der Arbeitszeit in der haus­industriellen Schiffchenstickerei. In der Automatenmaschine erblickte die Konferenz eine technische Errungenschaft von höchster Be deutung". Ste sprach aber auch aus, daß die Erfindung die all­mähliche Einbuße der Existenz" des Stickers bedeutet, und verlangte Achtstundentag, Abschluß von Minimaltarifen und während der Beit des Übergangs Einstellung gelernten Personals.

Notizenteil.

Dienstbotenfrage.

h. j.

Hansangestellte und gewerbsmäßige Stellenvermittlung. Eine Versammlung der Nürnberger Hausaugestellten befaßte sich mit den Gebührenfäten der gewerbsmäßigen Stellenvermittler in der Stadt. Das Referat hierüber hielt Genossin Grünberg. Sie wies im Eingang ihrer Rede darauf hin, daß das neue Stellen­vermittlungsgesetz zustande fam, nachdem dem Reichstag ein ers die unverschämte

brückendes Material vorgelegt worden war über

Ausbeutung, die die Stellenvermittler betreiben. Die Gewinne der gewerbsmäßigen Stellenvermittler sind überaus groß. So haben fie in Nürnberg 1909 zusammen eine Jahreseinnahme von 86 000 Mark gehabt. Manche der Vermittler verdienten 3000 bis 8000 Mt. Die hohen Gebührensätze, die die Herrschaften bislang zahlten, rechneten diese natürlich den Dienstmädchen an. Das tam in deren niederen Monatslöhnen zum Ausdruck. So haben die armen Mäd­chen indirekt die Tausende von Mark gezahlt, die die gewerbs mäßigen Stellen vermittler einsteckten. Dem neuen Gesetz liegt die Absicht zugrunde, dem Unwesen der hohen Vermittlungsgebühren zu steuern. Die Gesetzgebung hat zwar den Krebsschaden der ge werbsmäßigen Stellenvermittlung leider nicht ganz aus der Welt geschafft, aber immerhin ist als Fortschritt zu verzeichnen, daß sie der wucherischen Ausbeutung etwas entgegentritt. Der§ 5 des neuen Stellenvermittlungsgesehes bestimmt, daß nach Anhören der Vertreter des städtischen Arbeitsnachweises, der Stellenvermittler, der Herrschaften und der Hausangestellten Gebührensätze festgesetzt

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werden sollen. Diese Gebühren sind je zur Hälfte von den Herr schaften und den Dienstmädchen zu tragen. Alle Abmachungen, die diese Vorschrift umgehen wollen, sind strafbar, und den Stellen­vermittlern, die solche Abmachungen treffen, tann sofort die Kons zession entzogen werden. Die Stellenvermittler in Nürnberg haben geglaubt, trotz alledem noch einen ansehnlichen Profit herauszu holen. Sie setzten erstaunliche Gebührensätze auf die Vorschlags­lifte. So verlangten sie für Waschfrauen 6 Mt., für Kindermäd­achen 10 Mt. und für Köchinnen 20 Mt. Vermittlungsgebühr. Der Hausangestelltenverband beantragte Beseitigung der gewerbsmäßigen Stellenvermittlung, und falls das zurzeit noch nicht durchführbar wäre, Gebührensäge von 20 Pf. für Aushilfen wie Waschfrauen usw., 2 Mt. für ungelernte Arbeitskräfte wie Kindermädchen usw. und 3 Mt. für gelernte wie Röchinnen usw. Diesem Vorschlag stimmten auch die Herrschaften zu sowie die Vertreter des städtischen Arbeitsamtes. Die Gebührensätze, die nun laut Bekanntmachung des Stadtmagistrats festgesetzt sind, betragen:

1. Für gelerntes häusliches Dienstpersonal( umfassend nament lich Köchin, Kindergärtnerin, Gouvernante, Erzieherin, Französin, Haushälterin, Beschließerin und Herrschaftsdiener) 5 Mt.; 2. für ungelerntes häusliches Dienstperfonal( umfassend namentlich Haus­mägde, Mädchen für Küche und Haus, Stütze, Zimmermädchen, Kindermädchen, Kinderfräulein, Kinderfrau, Gesellschafterin, Haus dame, Repräsentantin, Wärterin, Pflegerin und Stillamme) 3 Mt.; 3. für Aushilfen aller Act( Waschfrauen usw.) 20 Pf., dauert die Aus hilfe länger als 5 Tage 1 Mt. Die Aushilfsdauer beträgt 4 Wochen.

Den gewerbsmäßigen Stellenvermittlern ist damit ein grober Strich durch die Rechnung gemacht worden. Natürlich ist ihre Wut über den Hausangestelltenverband grenzenlos. Der Verband der Hausangestellten fürchtet den Zorn der Stellenvermittler aber nicht im geringsten. Er fordert vielmehr aufs neue alle Haus­angestellten auf, nur den städtischen Arbeitsnachweis am Marplatz aufzusuchen, bei dem die Vermittlung kostenlos ist. Auch verlangen wir, daß das Geld, das bisher die Herrschaften den Vermittle­rinnen zahlen mußten, als Lohnzulage den Hausangestellten zugute tommt. Im Interesse aller Dienstmädchen liegt es somit, die ge­werbsmäßigen Stellenvermittlerinnen zu meiden. In der Dis fussion wurde mitgeteilt, daß die Stellenvermittlerinnen Gebühren­sähe von 25 Mt. erhoben, außerdem auch die Mädchen aus Stellungen fortgelockt haben, um sie anderwärts zu verdingen und dadurch wieder die hohen Gebührensäße zu verdienen. Im Schlußwort setzte Genossin Grünberg auseinander, daß den gewerbsmäßigen Stellenvermittlern durch das neue Stellenvermittlungsgesetz auch hier ein Riegel vorgeschoben ist. Denn wenn festgestellt wird, daß Stellenvermittler Dienstmädchen auffordern, die Stellung zu fündigen, oder Herrschaften auffordern, mit dem Hauspersonal zu wechseln, so wird ihnen die Konzession entzogen. Helene Grünberg.

Sozialistische Frauenbewegung im Ausland.

I. K. Von der Arbeit der Genoffinnen in Niederöster­ reich . Auf dem Landesparteitag der niederösterreichischen Sozialdemokratie waren diesmal neben 170 Genossen 21 Ge­nossinnen als Delegierte anwesend. Diese starke Beteiligung der Frauen rührt davon her, daß der vorjährige Landesparteitag statu­tarisch festgesetzt hatte, in jedem Bezirk, wo eine Frauenorganisation besteht, habe diese das Recht, zum Parteitag zu delegieren. Obwohl demgemäß die Genossinnen ganz selbständig Vertreterinnen wählen können, haben doch viele Bezirke, die einen besonderen Wert auf die Frauenorganisation legen, die Entsendung der Genossinnen auch vom Bezirk aus vorgenommen.

Genossin Pölzer, die für Niederösterreich das Amt der Landes­vertrauensperson versieht, hatte dem Parteitag einen schrift­lichen Bericht über die Tätigkeit und über den Stand der Organi­sation erstattet. In der Debatte über die Organisation traten die Genossen Reumann und Staret besonders lebhaft für die Frauen­organisation ein, und der erstere erklärte es für die Pflicht jedes Parteigenossen, seine Frau der Organisation zuzuführen. Die Ge­nossinnen spendeten begreiflicherweise diesen Worten besonders leb­haften Beifall. Genossin Popp bemerkte in der Debatte dazu, daß dieser Standpuntt eines so angesehenen Parteigenossen, wie Reus mann es ist, gewiß nüßlich und zu begrüßen sei, jedoch sei wohl zu erwägen, daß nicht alle Frauen für die Sozialdemokratie auf so einfache Weise zu gewinnen seien, und der Beitrag, den der Mann für die Frau entrichte, würde seinem Zwecke nicht entsprechen, wenn nicht Gelegenheit geboten sei, die Frau zur Sozialistin zu erziehen. Nach dem Parteitag tagte die Konferenz der Genossinnen Niederösterreichs . Diese war von 60 Genofsinnen beschickt, davon 19 aus der Provinz. Von Wien hatten außer den Frauenorgani­