Nr. 7
Die Gleichheit
listischen Verhältnissen die Notwendigkeit der politischen Betätigung der Frau und der Anteilnahme der Proletarierinnen an dem proletarischen Befreiungskampf entspringt. Allerorts fanden die vor züglichen Ausführungen Zustimmung und Beifall. Die Versammlungen, die in erster Linie für die Frauen bestimmt waren, sind der gesamten Bewegung zugute gekommen. 250 neue Mitglieder gewann der Verein, darunter 159 Frauen, und der Parteipresse wurden neue Leser zugeführt. Den Genossen und Genossinnen in den einzelnen Orten brachten die Versammlungen reiche Belehrung und Anregung.
r. d.
Ende November sprach in Freiburg i. B. Genossin Fried länder aus Berlin vor etwa 400 Personen, zur Hälfte Frauen, über:„ Die Frau im Kampfe gegen die Lebensmittelteuerung". Die Referentin führte den aufmerksamen Zuhörern drastisch die Ursachen und Wirkungen der Zollpolitik und der famosen Reichs finanzreform vor Augen. Sie streifte die verheerenden Wirkungen des Militarismus und erläuterte die Forderung nach einer Mutterschaftsversicherung, wie nach einer vernünftigen Arbeiterversicherung überhaupt. Der reiche Beifall legte Zengnis davon ab, wie sehr die Versammlungsteilnehmer mit der Referentin übereinstimmten. Deren Aufforderung im Schlußwort, der Organisation beizutreten, leisteten 29 Zuhörerinnen Folge. Die Vorsitzende, Genossin Grün feld , ermahnte vor Schluß der Versammlung die Frauen, recht fleißig den Volksfreund" und die„ Gleichheit" zu lesen, besonders die Leitartikel, und sich das, was sie noch nicht verstehen, von ihren Männern erklären zu lassen. Es freut uns, daß es auch in Freiburg vorwärts geht, wo die Arbeit zur Aufklärung der Frauen auf mancherlei Schwierigkeiten stößt. Es gibt hier so gut wie keine industrielle Frauenarbeit, dank der die Proletarierinnen über die Notwendigkeit der Organisation aufgeklärt würden, und außerdem ist Freiburg eine erzbischöfliche Stadt, in welcher der Klerifalismus danach strebt, gerade die Frauen im dunkeln zu halten. Aber wir kommen trotzdem weiter. Hat doch unsere junge Organisation, die 1908 mit 24 Genossinnen gegründet wurde, jetzt gegen 100 Mitglieder. Wir hoffen, daß uns auch das neue Jahr neue Anhängerinnen unserer Sache zuführen wird. Joh. Grünfeld.
Am 30. November hielt in Offenbach Genossin Wartenberg einen Lichtbildervortrag über Frauentrantheiten. Der große Saal war bis auf den letzten Platz von mehr als 1300 Frauen besetzt. Es war sicher das erstemal, daß eine Frauenversammlung in Offen bach eine solche Besucherzahl erreichte, die das große Interesse der Proletarierinnen an dem Thema anzeigt. Genossin Wartenberg führte die Zuhörerinnen vortrefflich in die wichtige Materie ein. Sie legte die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse dar, die die letzten Ursachen der meisten Frauenkrankheiten sind oder den Boden schaffen, auf denen diese bösartig gedeihen, und betonte, daß nur die Befreiung aus den Fesseln der tapitalistischen Ordnung gründe lichen Schutz vor solchen Leiden bringen fann. Im Anschluß daran erklärte sie ihren Zuhörerinnen, was eine aufgeklärte Frau schon heute tun kann, um die schlimmsten Gefahren von sich und damit von ihrem Nachwuchs und dem Volfe fernzuhalten. Die Anwesenden folgten den zweieinhalbstündigen Ausführungen mit feltener Aufmerksamkeit.
Fr. St.
Die Unterzeichnete sprach in Nordhausen über„ Die Stellung der Frauen zur Kaiserrede" und in Salza über" Politik und Koch topf". Beide Versammlungen waren von Frauen gut besucht und hatten den Erfolg, daß 35 neue weibliche Mitglieder und 55 Abonnenten für die„ Gleichheit" gewonnen wurden. Damit ist der Anfang für die Wiedereinführung der„ Gleichheit" gemacht worden, die schon früher, als ein Frauenbildungsverein bestand, von dessen Mitgliedern bezogen wurde. Mögen alle Abonnentinnen fleißige Leserinnen und treue Kämpferinnen für die sozialistischen Ziele Linchen Baumann.
werden.
Von den Organisationen. In Hamburg fand am 9. Des zember ein Frauenbildungsabend statt, zu dem 91 Personen erschienen waren. ,, Genosse Kalnbach sprach recht anschaulich über„ Christentum, Sozialismus und die schwarze Gefahr". Er be tonte, wie notwendig es für den Klassenkampf sei, die breite, un aufgeklärte Masse des Volkes vom firchlichen Dogma und Aberglauben zu befreien. Bei dieser Auftlärungsarbeit müsse uns Bebels Ausspruch als Parole dienen:„ Christentum und Sozialis mus vertragen sich wie Feuer und Wasser." Der Programmpunkt, der die Religion als Privatsache erkläre, verpflichte uns, mit aller Kraft dafür zu kämpfen, daß die Schule von der firchlichen Herrschaft frei werde. Und gerade die Volksschule werde von der Kirche beherrscht, während in den höheren Schulen durch den naturwissenschaftlichen Unterricht die Erkenntnis von der Halts losigkeit der mosaischen Schöpfungsgeschichte und das Verständnis für eine natürliche Auffassung der Welt gefördert würde. Alle, die
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innerlich mit der Kirche gebrochen hätten, müßten auch ihren Austritt aus der Landeskirche in aller Form erklären. Diese Aufforderung fand in der Diskussion nachdrückliche Zustimmung. Unter ,, Verschiedenem" gelangte folgende Resolution zur Annahme, die der örtlichen Parteileitung übermittelt werden soll:„ Die am Frauenbildungsabend am 9. Dezember im Gewerkschaftshaus anwesenden Genossinnen bedauern sehr, daß keine öffentlichen Frauenversammlungen als Demonstration gegen den Lebensmittelwucher und die Fleischnot von der hiesigen Parteileitung gleich wie im übrigen Deutschland veranstaltet wurden. Sie ersuchen den Vorstand, Mitte Januar öffentliche Frauenversammlungen in Hamburg , Altona , Ottensen und Wandsbeck an einem Tage zu veranstalten, um möglichst demonstrativ zu wirken." Der am vorigen Frauenbildungsabend gestellte Antrag der Genossin Brandenburg , Vortragszyklen auch in den Vororten Hamburgs zu veranstalten, hat 385 weibliche Mitglieder veranlaßt, sich schriftlich zu dem Besuch dieser Vorträge zu verpflichten.
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-e-g.
Eine Weihnachtsfeier im Bau der ,, Produktion", Ham burg - Barmbeck . Wem wird das Herz nicht warm beim Anblick vieler glücklicher Kinder, deren Augen vor Freude leuchten? Denken wir dabei nicht unwillkürlich an unsere eigene Kindheit zurück? Das Erinnern an gleich glückliche Stunden wird lebendig, die Sehnsucht nach entschwundenem Jugendglück, bei manch einem wohl auch das Gedenken an eine freudlose, entbehrungsreiche Kindheit. Aber jeder gönnt den lieben Kleinen von ganzem Herzen die Freude. Ein Glückstag für jung und alt ist die gemeinsame Weihnachtsfeier im Häuserblock Barmbeck der Produktion". Sie findet regelmäßig am Sonntag vor Weihnachten statt. Schon zum fünftenmal wurde das Weihnachtsfest zusammen von den mehr als 500 Proletarierkindern gefeiert, deren Eltern den Häuserblock bewohnen. Diese Kinder haben dank der Genossenschaft vor anderen fleinen Proletariern der Großstadt so manches voraus, so auch diese Feier. Die Hauspflegekommission, die mancherlei gemeinsame Interessen der Bewohner wahrnimmt, ist auch mit der Veranstaltung des Weihnachtsfestes betraut und hat sich ihrer Aufgabe in trefflicher Weise erledigt. Am Nachmittag haben die Kleinen ihr Fest, die noch nicht in die Schule gehen, die größeren kommen am Abend an die Reihe. Die eigentliche Leitung der Feier liegt in Herrn Lehrer Lottigs Händen. Er ist der geborene Kinderfreund. Sein freundlicher Blick und seine liebevollen heiteren Worte gewinnen die Herzen der Jugend im Fluge. All die zappelnden, plappernden Kleinen mit ihren fragenden und leuchtenden Auglein lassen sich willig von ihm leiten. Seinem Verkehr mit den größeren Kindern ist schon die richtige Dosis Ernst beigemischt, die erkennen läßt, daß er in ihnen die Erwachsenen von morgen sieht. Herr Lottig begrüßt diejenigen, die schon viermal miteinander diese Feier erlebten und auch die zum erstenmal anwesenden Mühlenkamper". Die letzteren sind in den Wohnungen daheim, die von der Produktion" auf dem Mühlenkamp errichtet worden sind. Dann wird des fast bis an die Decke reichenden Weihnachtsbaumes gedacht, und ein wundervolles Gedicht feiert den Einzug des Waldes in die Stadt. Und nun setzt sich Herr Lottig ans Klavier:„ O Tannenbaum , o Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter" erklingt es aus dem Munde der Kinder. Weihnachtslieder folgen. Wenn sie verklungen sind, ertönt wieder Gesang, aber diesmal von unsichtbaren Sängern. Der Vorhang auf der Bühne öffnet sich, und die Kinderschar schaut in ein Märchenland. " Im Zauberbann der Weihnacht" ist das Stück betitelt, das über die Bretter geht. Kinder haben es unter der Leitung einiger Mitglieder der Kommission einstudiert und sich gut in ihre Rollen eingelebt. Die Feen, die Gnomen, die Puppen, die Märchen, die von ihnen dargestellt werden, die gehören ja einer Welt an, die sie verstehen und lieben. Und ein dankbares Publikum haben sie wie kaum je die besten Schauspieler, und Applaus gibt es auch. Der Weihnachtsmann, dem sie alle dienen, durste natürlich in dem Stücke nicht fehlen. Dem gespielten Märchen folgte ein erzähltes. Herr Lottig trug es vor, und er kann Märchen erzählen! Die kleinen Zuhörer erlebten alles mit. Sie sperrten mit den Märchenkindern zusammen den Mund auf und steckten mit ihnen die Zunge heran, sie lachten und weinten mit ihnen, wenn Herr Lottig erzählt. Nachdem die Geschichte vom Zäpfel Kern zu Ende war, öffnete sich nochmals der Vorhang: einige größere Mädchen führten einen Reigen auf. Dann noch das Lied:" Stille Nacht, heilige Nacht!" und die Feier war aus. Am Ausgang erhielt jedes Kind eine Tüte mit Näschereien. Linchen Baumann.
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