Nr. 11
Die Gleichheit
menschlichen Körpers. Die Frage des Arbeiterheims füllt auch ein Abend wertvoll aus. Wie gestalten wir unsere Arbeiter wohnung zweckmäßig und künstlerisch?" dies Thema gibt Gelegenheit zu manch praktischem Hinweis und lenkt die Gedanken unserer Frauen auf die Fragen der Gemeindepolitit, auf die Aufgaben unserer Genossenschaften, die sich gewiß in Zukunft neben den Fragen des Konsums auch der Wohnungsfrage werden zuwenden müssen. So ließen sich noch eine Menge Hin weise auf passende Behandlungsgegenstände geben, doch mögen diese wenigen Anregungen heute genügen.
Nicht unterlassen kann ich jedoch die Mitteilung, daß ich mit dem Vorlesen von Büchern und Broschüren politischen Inhaltes feine guten Erfahrungen gemacht habe, auch dann nicht, wenn ich nur fapitelweise vorgelesen und dann darüber diskutieren ließ. Ich kann Vorlesen nur in den seltensten Ausnahmefällen empfehlen und auch dann nur, wenn der Vortragende vorher knapp und präzis den Inhalt des Vorzulesenden wiedergibt. Einer Vorlesung gut folgen zu können, setzt frischen Geist und eine größere geistige Schulung voraus.
Hin und wieder auch die Geselligkeit zu ihrem Rechte kommen zu lassen, halte ich bei den Frauenabenden für ganz angebracht. Warum denn auch nicht? Lassen wir unsere Geyossinnen ruhig einmal bei uns herzlich lachen über gute dichterische Erzeugnisse, voll frischen Humors; ich denke dabei besonders an Novellen von Anzengruber, Rosegger und einzelne Fabeln von Multatuli . Verlernen wir ja nicht das gesunde Lachen und den kraftvollen Humor, sie sind für unseren Kampf notwendiger, als man vielleicht manchmal glaubt. Einige Rundgefänge, Freiheits- und Volkslieder können die Darbietungen des Abends vervollständigen, der das Gefühl hinterlassen soll, Freude und Kraft gegeben zu haben.
Wenn in der aufgezeigten Weise nach einem festen Plane gute Aufklärungsarbeit unter den Genossinnen geleistet wird, bleibt auch eine befriedigende Antwort auf die Frage nach den Mitteln nicht aus, die zur Verfügung gestellt werden müssen. Unsere Genossen selbst werden die richtige Antwort geben. Ist die Aufklärungsarbeit unserer Genofsinnen notwendig und das ist sie ohne Zweifel, so wird die Frage nach den Mit teln und Kosten entschieden werden müssen nach denselben Gesichtspunkten, die für alle Bildungsveranstaltungen der Partei Anna Gradnauer. maßgebend sind.
Die Rechtsstellung
der außerehelichen Mutter.
I.
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Die Rechtsstellung der außerehelichen Mutter ist aufs innigste verknüpft mit der Rechtsstellung des außerehelichen Kindes. Wir müssen uns deshalb hier auch mit der letzteren befassen.
Die Ordnung der Rechtsverhältnisse der unehelichen Kinder bildet für eine Rechtsordnung, deren Grundlagen Privateigen tum und Familie sind, eines der schwierigsten Probleme. Die Schwierigkeit beruht darin, das Gleichgewicht herzustellen zwischen den sich widerstreitenden Interessen des Kindes und dessen Mutter einerseits und der auf die Ehe gegründeten Familie andererseits. Läßt sich die Rechtsordnung den unbeschränkten Schutz des unehelichen Kindes angelegen sein, so gefährdet sie die Interessen und die Integrität der Familie, und schützt sie rücksichtslos die Interessen der Familie, so verfehlt sie sich gegen schuldlose Kinder. Über diese Schwierigkeiten mußten immer Kompromisse hinweghelfen.
Das Kompromiß des Bürgerlichen Gesetzbuchs opfert die Interessen der mütterlichen Familie denjenigen der väterlichen. Das uneheliche Kind hat im Verhältnis zu der Mutter und zu den Verwandten der Mutter die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes; es beerbt die Mutter und die Verwandten und wird von diesen beerbt. Familienrechtliche Beziehungen zwischen dem unehelichen Kinde und dem unehelichen Vater und dessen Verwandten erkennt das
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Bürgerliche Gesetzbuch nicht an; ein Erbrecht ist versagt. An diesem Grundsatz ändert der Umstand nicht das geringste, daß der Vater das Kind anerkennt. In bezug auf die Vaterseite hält das Gesetz hartnäckig am Standpunkt fest, daß die an die eheliche Verwandtschaft, namentlich die an das eheliche Eltern- und Kindesverhältnis getnüpften Rechtswirkungen mur auf die durch die Ehe vermittelte Verbindung gegründet werden können, während in bezug auf die mütterliche Familie dieser Standpunkt über Bord geworfen wird.
Das uneheliche Kind tritt also in die Familie der Mutter ein. Es erhält den Familiennamen der Mutter auch dann, wenn diese infolge Verheiratung der Mutter einen anderen Namen führt. Der Ehemann der Mutter fann aber mit ihrer und des Kindes Einwilligung diesem seinen Namen erteilen.
Nun sollte man erwarten, daß das Gesetz der Mutter konsequenterweise auch, wenigstens in der Regel, die elterliche Gewalt über das uneheliche Kind zugesteht. Dem ist aber nicht so. Das Kind erhält stets einen Vormund. Die Mutter ist nur berechtigt und verpflichtet, für die Person des Kindes zu sorgen; zu dessen Vertretung ist sie nicht befugt. Freilich hat sie das Recht, sich, und zwar von dem Großvater des Kindes, als Vormund bestellen zu lassen. Aber heißt das nicht, das natürliche Verhältnis auf den Kopf stellen, wenn die Mutter sich erst zum Vormund bestellen lassen muß, um die gesetzliche Vertretung des Kindes hinsichtlich seiner Person und seines Vermögens zu erlangen?
Erkennt das Bürgerliche Gesetzbuch familienrechtliche Beziehungen zwischen dem unehelichen Kinde und dessen Vater nicht an, so ist doch die uneheliche Erzeugung für den Vater nicht ganz ohne Einfluß. Das Gesez auferlegt dem Vater eine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kinde und eine Schadenersatzpflicht gegenüber der Mutter. Der vom Vater dem Kinde zu gewährende Unterhalt umfaßt den gesamten Lebensbedarf sowie die Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Berufe. Das Maß des Unterhaltes richtet sich aber auch hier nicht nach der Lebensstellung des Vaters, sondern nach dem Stande der Mutter. Der reiche Vater ist also vor unbescheidenen" Ansprüchen seines unehe lichen Kindes gesetzlich geschützt. Die Unterhaltspflicht des Baters beginnt mit der Geburt und endigt in der Regel mit dem vollendeten 16. Lebensjahr des Kindes, gleichgültig ob in diesem Zeitpunkt dessen berufliche Ausbildung abgeschlossen ist oder nicht. Bis zu diesem Alter ist sie weder durch die Bedürftigkeit des Kindes oder der Mutter noch durch die Leistungsfähigkeit des Vaters bedingt. Sie besteht mithin auch dann, wenn das Kind beziehungsweise die Mutter wohlhabend oder der Vater arm ist. Über jene Altersgrenze hinaus aber besteht die Unterhaltspflicht des Vaters nur weiter, wenn das Kind im Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, und wenn der Vater bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen ohne Gefährdung seines standesmäßigen Unterhaltes der Pflicht genügen kann.
Die Mutter und die mütterlichen Verwandten des unehelichen Kindes sind erst hinter dem Vater zum Unterhalt verpflichtet. Der Vater kann demnach nicht verlangen, daß die Mutter zum Unterhalt des Kindes einen Beitrag leiste; er hat den Unterhalt allein zu tragen. Wenn aber vom Vater nicht der ganze Unterhalt des Kindes erlangt werden kann, so haftet für den Rest zunächst die Mutter, und zwar ist sie verpflichtet, wenn nicht leistungsfähige Eltern vorhanden sind, alle verfüg baren Mittel zu ihrem und des Kindes Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Für Leistungen, die Mutter oder mütterliche Verwandte an Stelle des unehelichen Vaters zum Unterhalt des Kindes aufgewendet haben, steht jenen ein Ersatzanspruch an den Vater zu.
Betreffend die Art der Unterhaltsgewährung schreibt das Gesez die Entrichtung einer für drei Monate vorauszahlbaren Rente vor. Deni Kinde gebührt der volle Vierteljahresbetrag, wenn es den Beginn des Vierteljahres erlebt hat.