Nr. 12

Die Gleichheit

In Gülzow   ließen sich von 50 anwesenden Frauen 24 in die Partei aufnehmen. Den Versammlungen soll allerorts eine Hausagitation folgen, um der Partei auch die zuzuführen, die nicht wagten, ihr öffentlich beizutreten aus Furcht vor dem agrarischen Herrn, bei dem sie meift fronden. Mit dem fargen Lohne   glaubt dieser nicht allein die Arbeitskraft, sondern auch die politische Gesinnung und Betätigung der Proletarier gekauft zu haben. Gewissensfreiheit fennt er nicht. In Sülze   war der Gutsinspektor in der Versammlung, um zu kontrollieren, wer von den Lohnsllaven hier anwesend wäre. Der Umstand hatte genügt, um sie alle fernzuhalten. Nur dant solchem Terrorismus halten die Junter ihre Macht aufrecht. Daß diese Macht recht bald ins Wanten tommt, dafür sorgt die Sozialdemo fratie allenthalben.

R.

Agitation im Mansfeldischen. Der große, mit seltener Bravour geführte Streit der seit Jahrhunderten aufs härteste gefnechteten Mansfelder Grubenstlaven hat im ganzen Berggebiet einen außer­ordentlich lebhaften Aufschwung der Arbeiterbewegung zur Folge gehabt. Es ist ein so starkes Bedürfnis nach aufklärenden und be­lehrenden Vorträgen ausgelöst worden, daß den Ansprüchen nur allzuoft durch die vorhandenen rednerischen Kräfte des Agitations gebiets taum genügt werden konnte. Besonders rührig sind die Mansfelder Frauen, die einen Eifer entwickeln, der wahrhaft herz­erfrischend wirkt. Ge ist, als ob sie alle ein Heißhunger nach Auf­flärung ergriffen hätte. Die Unterzeichnete hat im verflossenen Jahre einen guten Teil ihrer Agitationsarbeit den Mansfelder Frauen ge­widmet; sie sprach wiederholt in Eisleben  , Helbra   und Helfta  , des weiteren in Hettstedt  , Schraplau  , Ahlsleben, Erdeborn  , Kloster Mansfeld  , Wolferode   und anderen Orten. Immer hatte fie volle, prächtig verlaufene und erfolgreiche Versammlungen. Ent­weder stellten die Frauen einen großen Teil der Besucher oder aber fie bildeten überhaupt die gesamte Zuhörerschaft. Stundenweit tamen fie herbei, um die Gelegenheit zur Aufklärung wahrzunehmen. Und immer bereitete es ein wahres Vergnügen, zu diesen aufhorchenden, gespannten, frohbegeisterten Genoffinnen sprechen zu können, denen die Freude der Erkenntnis und das Glück des Erwachtseins aus den Augen strahlten. Viele Mitglieder für die Partei sind in diesen Versammlungen gewonnen worden, und erfreulich groß ist jetzt das Heer der Kämpferinnen, die in Reih und Glied stehen, Schulter an Schulter mit den Männern, um in den politischen und wirtschaft­lichen Stämpfen ihren Platz auszufüllen. Auch in den cubegonnenen Jahre wird im Geiste der bisherigen Aufatungs- und Werbetätig­feit weitergearbeitet werden. Die Frauen werden wie bisher tüchtig auf dem Posten fein. Johanna Rühle.

über Die sosiale Stellung der Frau in Vergangen heit, Gegenwart und Zukunft" referierte Genossin M. Wurm in Zwöhen und Köstritz  ( Neuß i. 2.) in zwei gutbesuchten Frauenversammlungen. In 3 wößen waren es zumeist Textil­arbeiterinnen, die den Ausführungen der Referentin über die Wandelbarkeit aller gesellschaftlichen Einrichtungen aufmerksam folgten und nach Schluß der Versammlung durch zahlreichen Bei­tritt in den Wahlverein bewiesen, daß die Worte der Referentin auf fruchtbaren Boden gefallen waren. Ju Köstriz fand über­haupt zum erstenmal eine Frauenversammlung statt. Da uns an diesem Orte ein größeres Lotal vorläufig noch nicht zur Verfügung steht, mußte die Versammlung in einer Gaststube stattfinden, in der leider nicht alle Erschienenen Platz finden konnten. Küche und Hausflur waren gedrängt voll Menschen, die bis auf die Straße hinaus standen. Trotz der drangvoll fürchterlichen Enge herrschte gespannte Aufmerksamkeit bei den zahlreichen Frauen, die als Land­arbeiterinnen auf fürstlichen Gütern oder großen Gärtnereien noch nicht einmal des geringen geschlichen Schuhes teilhaftig werden, der der gewerblichen Arbeiterin zugute tommt. 12 Stunden tägliche Arbeitszeit und dafür 1 Mt. Taglohn! Die Kinder wissen ebenfalls nicht anders, als daß sie täglich von 1 bis 7 Uhr Landarbeit für erbärmlichen Lohn verrichten müssen. Infolge dieser ungeheuren Ausbeutung war es bisher recht schwierig, die Frauen für die Organisation zu gewinnen. Die Furcht, selbst diesen geringen Ver­dienst zu verlieren, trieb sie in die Kirche, betend und hoffend, daß bessere Zeiten kommen möchten. Dank unermüdlicher Aufklärungs­arbeit war es gelungen, nicht nur diese glänzend besuchte Frauen­versammlung zu veranstalten, sondern auch 27 neue Mitglieder in die Parteiorganisation aufzunehmen.

m. w.

Mit der Frage der Witwen- und Waisenversicherung be schäftigten sich in letzter Zeit auch zwei Versammlungen, von denen die eine im zweiten Berliner   Wahliveis, die andere in Leipzig  tagte. In der letzteren referierte Genoffin Baader vor einer zahl­reichen Buhörerschaft, welche die Darlegungen mit lebhaftem Bei­fall aufnahm, die der bereits mitgeteilten Resolution entsprachen. Genossin Ziez sprach in der sehr stark besuchten Frauenversamm

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lung zu Berlin  , die die Resolution einstimmig annahm und der Partei 60 neue weibliche Mitglieder zuführte. L. Z.

Einen schönen Erfolg können die Genoffinnen Eisenbergs i. Th. verzeichnen. Unter ihrer Führung gelang es den Arbeiterfrauen, eine Verteuerung der Milch und damit eine weitere Verschlechte­rung der Lebenshaltung der arbeitenden Klasse abzuwehren. Ende letzten Jahres faßten die Agrarier in ihrer Bescheidenheit den menschenfreundlichen Beschluß, vom 1. Dezember ab den Preis des Liters Milch von 18 auf 20 Pf. zu erhöhen. Die Milchproduzenten hatten für ihr Vorgehen den günstigen Zeitpunkt vor Weihnachten  gewählt, wo infolge der Vorbereitungen aufs Fest- und auch so manche Arbeiterfrau bäckt, wenn sie es irgendwie ermöglichen fann, einige Stollen für ihre Kinder eine starke Nachfrage nach Milch herrscht. Die Herren glaubten sich wohl auch ihrer Beute schon ziemlich sicher. Als ihr wucherisches Gebaren in der Altenburger Volkszeitung" gebührend gelennzeichnet wurde, suchte einer der Haupttreiber unter den Agrariern im Eisenberger Nachrichtenblatt" die Preiserhöhung zu rechtfertigen. Die Milchproduktion sei mit überaus großen Mühen und Sorgen verbunden, schon seit Jahren rentiere sie sich nicht mehr, da die Produzenten unter dem Selbst­fostenpreis verfauft hätten. Dagegen hätten alle Arbeiter und Beamten ohne weiteres Zulagen erhalten und erfreuten sich der Pensionsberechtigung. Der Herr mag in der Viehzucht start sein, aber im politischen Kampfe werden ihm nicht viel Lorbeeren blühen, wenn er glaubt, derartigen Unsinn öffentlich verzapfen zu dürfen. Gerade in Eisenberg wissen die, pensionsberechtigten" Arbeiter ein Lied zu singen von den Zulagen, die sie willig" erhielten. Standen doch hier die Etuisarbeiter, unter ihnen mehr als 100 Arbeite­rinnen, wegen einer geringfügigen Lohnerhöhung über 20 Wochen im Kampfe, ohne daß die Kapitalisten auch nur einen Pfennig mehr be­willigen wollten. Die Bekanntgabe des Beschlusses der Agrarier er: regte heftige Empörung unter den Arbeiterfrauen. Eine öffentliche Frauenversammlung, in der Genoffin Nemiz- Bochum vor weit über 300 Frauen sprach, beschloß einstimmig, alle verteuerte Milch zu boykottieren. Ferner griff die Konsumgenossenschaft sofort energisch in den Kampf ein. Und so wurde erreicht, daß schon nach wenigen Wochen wieder die Milch zum alten Preis verkauft werden mußte. An den Frauen liegt es nun, die Lehren aus dieser erfolgreichen Bewegung zu ziehen. Sie haben gesehen, daß sie auf sich allein angewiesen sind, wenn es gilt, Verteuerungen der Lebenshaltung zu bekämpfen. Die bürgerlichen Damen stecken wohl gern den Er­folg des Widerstands gegen die agrarische Begehrlichkeit mit ein, aber sie tönnen sich nicht dazu aufschwingen, während des Kampfes auf die Seite der Proletarier zu treten. Um so notwendiger ist es daher für die Arbeiterfrauen, sich politisch, gewerkschaftlich und genossenschaftlich zu organisieren. Denn nur dadurch erhalten sie die Kraft, sofort und entscheidend Beutezüge auf ihr kärgliches Ein­tommen abzuschlagen, die auch in Zukunft nicht fehlen werden. B. F.

Von den Organisationen. An drei Frauenbildungs­abenden der Parteiorganisation in Hamburg  , im Januar, Februar und März, behandelte Genosse Döring die Vortragsreihe Eltern und Schule". Sie umschloß die drei Themen: Die heutige Schule ein Instrument des Klassenstaats", Einheitsschule und Arbeitsschule" und Welche Aufgaben erwachsen schon heute den Eltern in Ham burg für die Reformierung der Volksschule in Anbetracht des zu erwartenden neuen Unterrichtsgesetzes?" In vorzüglicher Weise führte Genosse Döring, früher Lehrer, die Genossinnen in das wichtige Ge biet des Schulwesens ein und weckte ihr Interesse für die ein­schlägigen Fragen. Er hob dabei hervor, daß die Schule der plan­mäßigen Ergänzung durch die häusliche Erziehung und des Ver­tehrs zwischen Eltern und Lehrern bedürfe, um ein zweckentsprechendes Erziehungsinstitut zu werden. In der Diskussion wurde unter anderem empfohlen, für jede Schule Elterngemeinschaften zu gründen und die in einigen Stadtteilen bereits bestehenden derartigen Verbindungen zu unterstützen.

Am 20. Februar sprach im Frauenbildungsabend des zweiten Hamburger Wahlkreises Genosse Umlands über " Bolitische Tendenzprozesse". Die Wiederaufnahme des Effener Mein eidsprozesses vom Jahre 1895 und die Freisprechung der unschuldig Verurteilten hat einen marfanten Fall von Klassenjustiz bloßgelegt. Der Redner zeigte nun an geschichtlichen Beispielen, wie die Klassen gegensäge zu jeder Zeit naturnotwendig zu Klassenjuftiz und damit zu Justizmorden führen. In der Geschichte des Sozialismus bezeugen die Hochverratsprozesse gegen Lassalle, gegen den Kommunistenbund und später gegen Bebel, Hepner und Liebknecht, daß die herrschenden Klassen die Justiz ihren politischen Zwecken dienstbar machen. Die willkürliche Auslegung des§ 163 der Gewerbeordnung, der vom Streitpostenstehen handelt, die brutalen Verfolgungen der Redakteure unserer Parteipreffe, die unerhört harten Urteile im Moabiter   Krawall­