Nr. 13
Die Gleichheit
gemacht haben. Es fonnten 31 Mitglieder für die Organisation gewonnen werden. In Reichenbach fand eine sehr gut besuchte Versammlung statt, in der 300 Personen anwesend waren und für die Partei 40 neue Mitglieder geworben wurden. Frauen und Mädchen sind am Orte hauptsächlich in den Spinnereien, Webereien und Appreturanstalten beschäftigt, viele mühen sich auch in der Heimindustrie. In Falkenstein, wo in der Spigenindustrie annähernd 4000 Arbeiterinnen tätig sind, war unsere Versammlung verhältnismäßig schwach besucht, 12 neue Mitglieder waren hier ihr unmittelbarer Erfolg. Es wäre gut, wenn die fortgeschritteneren Genossen und Genossinnen Falkensteins jede Gelegenheit und jede freie Minute ausnüßen würden, um die uns fernstehenden Proletarierinnen aufzurütteln. Das kleine Rebesgrün mit 1700 Ein wohnern wies einen erfreulichen Versammlungsbesuch auf; mit großer Aufmerksamkeit folgten die Anwesenden den Ausführungen der Rednerin, die es ausgezeichnet verstand, ihnen die Fragen nahes zubringen, die ihr eigenes Leben so eng berühren. Der Wahlverein buchte 37 neue Anmeldungen. Mäßig besucht war die Verfammlung in Neumark, vor allem waren wenig Frauen und Mädchen erschienen. Obwohl die Arbeitsverhältnisse in Neumark alles andere als rosig sind, wie so mancher Artikel in unserer Presse beweist, sind die Arbeiterinnen immer noch nicht zum Klassenbewußts fein erwacht. 12 Mitglieder traten hier der Partei bei. Für Lengenfeld fand eine überfüllte Versammlung im Nachborort Grün statt, und zwar deshalb, weil den Lengenfelder Genossen kein Verfammlungslokal zur Verfügung steht. 3war sehen es die Herren Wirte sehr gern, wenn der Arbeiter sein Geld bei ihnen verzehrt, wenn er aber ein Lokal braucht, um über seine Interessen zu beraten, da winken sie ab. Die Unternehmer könnten es übel vermerken, wenn die Arbeiter dazu ein Lokal erhielten. Aber nur so lange wird man den Proletariern eine solche Behandlung zu bieten wagen, als diese sich ihrer Macht noch nicht bewußt sind. Hoffent lich raffen sich die Arbeiter und Arbeiterinnen von Lengenfeld auf und machen den Wirten gegenüber Gebrauch von ihrer Macht. Die Unterzeichnete machte in allen Versammlungen auf den am 19. März stattfindenden Frauentag aufmerksam. Es werden in etwa zehn Orten des Kreises Versammlungen stattfinden, in denen das Frauenwahlrecht gefordert wird. Pauline Ludwig.
„ Der Kampf des Volkes um Freiheit und Brot" lautete die Tagesordnung in 17 Agitationsversammlungen in Elsaß- Lothringen , in denen die Unterzeichnete referierte. Die Versammlungen fanden in folgenden Orten statt: Meß, Merlenbach, Bischweiler, Straß burg , Schiltigheim , Erstein , Martirch, Barr , Kestenholz, Münster , Kolmar , Sulz, Gebweiler, Mülhausen , Hünin gen, Righeim und Dornach. Mit Ausnahme der Versammlungen in Metz und Erstein waren alle gut besucht. In Straßburg , Mülhausen und Kestenholz waren die Versammlungssäle viel zu klein, die Menschen standen dicht gedrängt wie die Mauern; in den beiden erstgenannten Orten wurden die überfüllten Lokale polizeilich abgesperrt. Erfreulich war die zahlreiche Beteiligung der Frauen an den Versammlungen. In manchen Orten war es zum erstenmal, daß sie in das politische Leben hinaustraten. Überall folgten die Massen den Ausführungen der Rednerin mit gespann tester Aufmerksamkeit, und der Erfolg zeigte sich in dem starken Beifall und allerorts in den Beitrittserklärungen zur Partei und dem Abonnement auf die Parteipresse. Da an manchen Orten die Organisationen noch sehr schwach sind, oder die Angst vor Maßregelung die Genossen abhält, die nötige Werbearbeit zu entfalten, so hatte Parteisekretär Genosse Hueber mehrere der Versammlungen selbst auf das sorgfältigste vorbereitet. Er leitete auch einige diefer Versammlungen und sprach als Diskussionsredner. Daher wurde Ge nosse Hueber zusammen mit der, bösen Frau", das heißt der Re ferentin, den Kindern des Ortes Restenholz als ein Frevler an der geheiligten Religion geschildert. Mit Hilfe der Religion die Ausgebeuteten in Demut zu erhalten, ist gerade in Elsaß- Lothringen nötig, mit seinen ungeheuer niedrigen Löhnen in der ausgedehnten Textilindustrie. Die reichen Fabrikanten zahlen ihren Arbeitern wahre Hungergroschen, so daß neben dem Manne auch die Frau und die Kinder in das Joch der kapitalistischen Ausbeutung gezwungen werden. Gelegentliche Bettelsuppen" und sonstige Wohlfahrtseinrichtungen" sollen die Lohnsflaven über ihre furchtbare Ausbeutung hinwegtäuschen. Daß das aber auf die Dauer nicht gelingt, das zeigt die hier zwar langfam, aber sicher vorwärtsschreitende Organisierung der Proletarier. Weder die Scheinheiligkeit der Pfaffen, noch die Brutalität und heuchlerische Fürsorge der Industriebarone, oder die nationalistische Heze werden die Ausbreitung des Klaffenbewußtseins unter den Arbeitern aufhalten. Auch in Elsaß Lothringen erkennen die Proletarier, daß die politische und ge= wertschaftliche Organisation die Waffen sind, deren sie sich im
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Kampfe um Freiheit und Brot bedienen müssen, wenn sie den Linchen Baumann. Kapitalismus überwinden wollen.
Jm Agitationsbezirk Hessen- Darmstadt sprach die Unterzeich nete in 13 öffentlichen Versammlungen, die in folgenden Orten stattfanden: Mainz , Waisenau , Alzey , Nieder- Ingel, heim, Budenheim , Mombach , Gonsenheim , Worms , Rüsselsheim , Rönigsstädten, Klein- Gerau , Ostheim und Mörfelden . Das Thema in den Versammlungen des Kreises Mainz lautete:„ Die Frau und der Sozialismus", in den übrigen Orten:„ Die fünstliche Verteuerung der Lebensmittel und die Aufgaben der Frauen bei der nächsten Reichstagswahl". Abgesehen von Mainz , wo die nahe Fastnacht das Interesse am politischen Leben schwächte, waren die Versammlungen gut besucht. In manchem Drte gestaltete sich die Versammlung zu einem öffentlichen Ereignis. Daß eine Frau über politische Dinge redet, war doch etwas Neues. In fleinen Orten besitzen die Frauen meist eine große Scheu vor dem Besuch politischer Veranstaltungen. Aber die Teuerung der Lebensmittel hat sie aufgeweckt, sie beginnen ihr Vorurteil fallen zu lassen und wagen sich in die Versammlungen, um an der Erörterung politischer Fragen teilzunehmen. In Nieder- Ingelheim , Königstädten , Ostheim und Mör= felden waren so zum erstenmal Frauen in der Versammlung; sie folgten aufmerksam und mit Verständnis den Worten der Rednerin. Manche Frau zog auch die Lehre aus den Ausführungen und ents schloß sich, der Partei beizutreten. Der Bann ist gebrochen, die Anteilnahme der Frauen am politischen Leben geweckt. Unsere Aufgabe muß es sein, das auffeimende Intereffe lebendig zu halten und die Frauen zu bewußten Kämpferinnen für unsere Sache zu Linchen Baumann." erziehen.
Von den Organisationen. Anfang März veranstaltete die Frauengruppe der Parteiorganisation Gmünd eine Mitgliederversammlung, die von 30 Genofsinnen besucht war. Der von der Partei ausersehene Gruppenleiter hielt einen belehrenden Vortrag über Geschäftsordnung und parlamentarische Leitung unserer Versammlungen. Er zeigte, wie notwendig eine richtig gehandhabte Geschäftsordnung für die sachgemäße Führung der Verhandlungen und damit für einen Erfolg der Veranstaltungen sei. Nach dem Vortrag machte der Gruppenleiter noch Vorschläge zu einer um fassenden Agitation unter den Gmünder Arbeiterinnen, an der sich fast alle anwesenden Genossinnen beteiligen werden. Die Versammlung beschäftigte sich außerdem noch mit dem bevorstehenden Frauentag, für welchen eine eifrige Agitation entfaltet wird. Der Erfolg dieser Werbearbeit wird unter der hiesigen arbeitenden Bevölkerung nicht ausbleiben, obgleich hier der Kleritalismus noch + Trumpf ist.
Jahresbericht über den Stand der Frauenorganisation in Würzburg . Am 8. März war es ein Jahr, daß in Würzburg die erste Versammlung für die Frauen und Mädchen des arbeitenden Volkes stattfand. Vorher hatten viele bürgerliche Frauenversammlungen getagt, die vom Verein für Frauenstimmrecht ausgingen. An ihnen nahmen jedoch nur Damen des Bürger- und Beamtentums teil, und zwar in geringer Zahl; die Proletarierinnen blieben ihnen fern. In der ersten Versammlung, die für diese einberufen wurde, referierte Genossin Zietz. Obgleich die Versammlung nur mäßig besucht war, gelang es, außer einer Anzahl von Männern 21 Frauen für die Partei zu gewinnen und damit den Anfang zur politischen Organisierung der Frauen zu machen. Um die Genossinnen aufzuklären und zu schulen, wurden eigene Vortragsabende für sie abgehalten. Den ersten Abend am 24. Mai besuchten 24 Genossinnen, den zweiten 18. Die Zahl war dadurch gesunken, daß 5 der Genossinnen in dem benachbarten Städtchen Heidingsfeld wohnen, in dem die Organisation von da an eigene Versammlungen für die Frauen veranstaltet. Seit der Einführung der besonderen Vortragsabende für die Genossinnen stieg die Zahl der weiblichen Mitglieder des sozialdemokratischen Vereins ununterbrochen. Die organisierten Genossinnen brachten in jede Versammlung Unorganisierte mit, die dem Verein beitraten. Am Jahresschluß gehörten ihm annähernd 70 Genossinnen an. Einen fräftigen Fortschritt machte die Organisierung der Frauen durch eine öffentliche Versammlung Ende Januar dieses Jahres, in der Genossin ZetkinStuttgart referierte. Die Versammlung, an der über 2000 Personen teilnahmen, darunter viel bürgerliches Publikum, brachte 46 neue weibliche Parteimitglieder, und fast ebensoviel haben sich uns in den darauffolgenden Wochen angeschlossen, so daß jetzt, ein Jahr nach dem Einsetzen einer planmäßigen Arbeit für die Aufklärung und den Zusammenschluß der Frauen, gegen 170 Genossinnen in den Reihen der sozialdemokratischen Partei stehen. Als wir diese Arbeit aufnahmen, prophezeiten uns die älteren Genossen große Enttäuschungen. Unsere Erfolge haben dagegen unsere Erwartungen