Nr. 24

Die Gleichheit

Metallarbeiterverband wird eigen, daß die mächtigen Kräfte, über die er verfügt, nicht Prunkstücke der Statistit, sondern Kampfwaffen sind.

In der Breslauer Herren und Knabenkonfektion find etwa 1200 Arbeiter und Arbeiterinnen aufständig. Durch 25000 Flugblätter wurde die Breslauer Arbeiterschaft ersucht, dafür zit sorgen, daß ihre als Näherinnen tätigen Frauen und Töchter für die zum Teil arbeitswilligen Zwischenmeister nicht weiterschaffen. - In der Oberlausitzer   Konfektionsindustrie ist eine Tarifbewegung im Gange.

Der Streit im Zeiger Braunkohlenrevier ist durch Bes schluß der Vertrauensleute nach vierzehnwöchiger Dauer für beendet erklärt worden. Einzelne Grubenverwaltungen machten Kleine Zugeständnisse. In der Oberlausit wurde der Streik nach einer Dauer von achtzehn Wochen ebenfalls abgebrochen.

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Die Sehnsucht der christlichen Gewertschaftsführer nach einem neuen Zuchthausgesetz, das ihnen die Konkurrenz der freien Gewerkschaften vom Halse schaffen soll, wird durch den folgenden Vorgang beleuchtet. Der Syndikus der deutschen Arbeit geberverbände, Dr. Tänzler, fonnte auf einer Generalversamm lung deutscher Papierfabrikanten erzählen, christliche Gewerkschafts führer hätten ihm persönlich eine geradezu unglaublich erscheinende Menge der bösartigsten Fälle von Terrorismus der Zentralver bändler mitgeteilt. Welch holdfeliges Bild! Gewerkschaftsführer brängen sich jammernd vor einen Vertreter des ausbeutenden Unternehmertums, um ihm Märchen über die schlimmen freien Gewerkschaften vorzuplaudern. Und das gibt vor, Arbeiterinter. effen zu wahren!

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Ju der Nürnberger   Specksteinindustrie, die vorwiegend weibliche Arbeitskräfte verwendet, ist eine Lohnbewegung in ber Hauptsache mit Erfolg durchgeführt worden. Annähernd 500 Ar beiterinnen hatten dabei im Streit gestanden. Mit der größten Firma in dieser Industrie, die allein 480 Personen beschäftigt, ist nunmehr von den Verbänden der Holzarbeiter und der Fabriks arbeiter ein Tarifvertrag auf vier Jahre abgeschlossen worden. Er fetzt die wöchentliche Arbeitszeit auf 54 Stunden feft; an Sonn­abenden und den Tagen vor hohen Festen ist 12 Uhr mittags Arbeitsschluß. Ferner wurden Mindesteinstellöhne für Arbeiterinnen vereinbart, die je nach der Altersstufe 17, 21 und 26 Pf. pro Stunde betragen. Diese Mindestlöhne werden alljährlich um 1 bis 2 Pf. erhöht, so daß sie ab 1. Juli 1914 21 bezw. 29 Pf. betragen werden. Die Arbeiter erhalten Mindestſtundenlöhne von 28 bis 43 Pf. je nach dem Alter, die Drechsler von 31 bis 46 Pf. Diese Sätze steigen während der Vertragsdauer um 3 bis 4 Pf. Außerdem werden die Stundenlöhne aller im Betrieb Beschäftigten sofort um 3 Pf., 1912 und 1914 je um 1 Pf. und 1913 um 2 Pf, zusammen also um 7 Pf. aufgebessert. Überstunden werden mit 25 Prozent Aufschlag vergütet. Diese Lohnerhöhung bringt den Arbeiterinnen des Bes triebs schon im ersten Vertragsjahr eine Mehreinnahme von 1,62 Mt. pro Woche oder rund 80 Mt. im Jahre. Jm vierten Vertragsjahr beträgt ihr Mehrverdienst gegen heute 3,78 Mt. in der Woche oder rund 190 Mt. im Jahre. Diesen schönen Erfolg verdanken die Nürnberger   Arbeiterinnen in erster Linie ihrer guten Organisation. In einigen fleineren Betrieben sind noch Verhandlungen im Gange, boch ist auch dort der befriedigende Abschluß des Lohnkampfes zu

erwarten.

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Erfolge der gewerkschaftlichen Organisation in Hamburg  . Die im Galopp verabschiedete Reichsversicherungsordnung hat den proletarischen Frauen das wahre Geficht der Volksbeglüder" aller politischen Parteien und Parteichen gezeigt. Sie hat ihnen mit wünschenswertester Klarheit bestätigt, daß für die Arbeiterklasse das alte biblische Wort gilt: Bist du Gottes   Sohn, so hilf dir selber!" Der Kampf für bessere Arbeiterschuh- und Arbeiterversicherungs­gesetze muß weitergehen. Die Arbeit für die Ausdehnung und die Kräftigung unserer Gewerkschaftsverbände muß mit dem größten Eifer getan werden. Wir wissen taum einen Beruf, wo die Lage der Arbeiterschaft nicht dringend einer Verbesserung bedürfte. Ganz besonders gilt dies von den kleinen Wäschereien und Plätte reien, in denen die Arbeiterinnen fast schutzlos endlosen Plackereien und hochgradiger Ausbeutung durch ihre Arbeitgeber preisgegeben sind. Soweit es sich in Hamburg   bei den Wäschereien und Plättereien um Fabritbetriebe handelt, hat sich der Fabrikarbeiter. verband seit Jahren reblich bemüht, die Lage der in Frage kom menden Arbeiterkategorien zu heben, teils mit sehr gutem Erfolg. Es war ihm in einer Reihe von Fällen möglich, recht durchgreifende Verbesserungen der Lohn- und Arbeitsbedingungen zu erzielen.

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Trotzdem setzt sich der Organisationsgedanke unter den Arbeiterinnen des Berufs nur langsam durch. Am schwersten ist die Agitation unter den Wäscherinnen und Plätterinnen der üppig ins Kraut schießenden sogenannten Hauswäschereien, die oft 100 und mehr Personen beschäftigen. Hier liegt ein großes Arbeitsfeld für den Verband, der auch in den letzten Jahren mehrfach versuchte, in diesen Betrieben festen Fuß zu fassen. In einigen Fällen gelang es, fast die gesamte Arbeiterschaft des Betriebs zu organisieren, doch diese Erfolge sind Ausnahmen geblieben. Natürlich veranlaßt das nicht, die Flinte ins Korn zu werfen, sondern spornt zu wei­terem aufklärendem Wirken an. Berechtigte Hoffnung auf Erfolg gibt ein fürzlich abgeschlossener Vertrag mit der Firma G. Welscher, Hauswäscherei in Wandsbe ck. Er ist zwar noch nicht die Er­füllung aller Forderungen, welche erhoben wurden. So wurde die Verkürzung der Arbeitszeit von 912 auf 9 Stunden mit dem Hin­weis darauf abgelehnt, daß in den übrigen Wäschereien am Orte noch der zehn- und elfstündige Arbeitstag gelte. Aber immerhin fichert der Vertrag den Arbeiterinnen und Arbeitern Vorteile. Die Löhne der zurzeit beschäftigten Arbeiter wurden um 57 Pf. bis 1,50 Mt., der Lohn der Arbeiterinnen um 54 Pf. bis 1,60 mt. per Woche erhöht. Der Einstellungslohn für Arbeiter unter 18 Jahren beträgt jezt 32 Pf., für Arbeiter über 18 Jahren 37 Pf. und der Höchstlohn 44 Pf. Wäschereiarbeiter erhalten einen Einstellungs­John von 50 Pf., einen Höchstlohn von 55 Pf.; Arbeiterinnen einen Einstellungslohn von 22 Pf. und einen Höchstlohn von 27 Pf. Arbeiter und Arbeiterinnen, deren Stundenlohn bereits höher ist, bekommen eine Aufbesserung von 1 Pf. pro Stunde. Überstunden werden mit 20 Prozent, Sonn- und Feiertagsarbeit wird mit 40 Pro­zent Aufschlag bezahlt. Nach einjähriger Beschäftigung haben Ar beiter und Arbeiterinnen einen Anspruch auf drei Tage Ferien unter Zahlung des Lohnes. Für 96 Verbandsmitglieder wurde eine Lohn­erhöhung von insgesamt 93,20 Mt. pro Woche erzielt. Dieser Er folg wäre ohne die Verbandszugehörigkeit und Einmütigkeit des Arbeitspersonals dieser Waschanstalt unmöglich gewesen. In den meisten anderen Hauswäschereien trägt das Fernhalten der Arbeiter­schaft von der Organisation die Hauptschuld daran, daß die Arbeits­verhältnisse ungeregelt und schlecht sind, und daß der gesetzlich vor­geschriebene Zehnstundentag für Frauen ständig übertreten wird. Die Verbandsleitung ist in wiederholten Fällen beim Gewerbegericht beswegen flagbar geworden. In einem Falle wurde der Bruch des Gesetzes mit 20 Mt. Geldstrafe(!) geahndet.

Besser haben die Arbeiterinnen, besonders die Plätterinnen, in den Färbereten und chemischen Reinigungsanstalten Ham­ burgs   schon seit Jahren den Organisationsgedanken erfaßt. Die Folge davon ist, daß diese Arbeiterinnen imstande sind, mit ihren Arbeitgebern Tarifverträge zu vereinbaren. So hat fürzlich die Verbandsleitung eine Regelung der Afford- und Stundenlöhne der Schneiderinnen und Plätterinnen bei der Färberei und chemischen Reinigungsanstalt von 2.Brandt erzielt. Hiernach beträgt jezt der Einstellungslohn für Schneiderinnen pro Stunde 22 Pf., steigt nach einem halben Jahre auf 25 Pf. und nach ein jähriger Beschäftigung auf 80 Pf. Plättlehrlinge werden mit einem Stundenlohn von 15 Pf. eingestellt, der nach sechswöchiger Beschäftigung auf 25 Pf., nach halbjähriger Beschäftigung auf 80 Pf. erhöht wird. Gelernte Plätterinnen, welche noch nicht auf Garderobe gearbeitet haben, erhalten einen Einstellungslohn von 25 Pf., nach sechswöchiger Beschäftigung von 30 Pf. pro Stunde. Der Stundenlohn für perfette Plätterinnen stellt sich auf 30 Pf. Für die zurzeit beschäftigten Schneiderinnen und Plätterinnen wird die zurückgelegte Beschäftigungsdauer angerechnet. Überstunden werden mit 5 Pf. Aufschlag zum Stundenlohn vergütet. Die bes stehenden Akkordsätze wurden geregelt und teilweise um 3 und 5 Prozent erhöht. Dieser Vertrag gilt auf zwei Jahre.

Einen noch günstigeren Tarifvertrag auf drei Jahre haben die Arbeiter und Arbeiterinnen der Färberei und chemischen Reinigungsanstalt von J. H. C. Karstadt   in Billwärder abgeschlossen. Die Plätterinnen des Betriebes waren mit der Firma 1909 einen Vertrag bis Februar dieses Jahres eingegangen. Nun galt es, weitere Verbesserungen ihrer Lage zu erringen. Die Arbeiterinnen kündigten den Vertrag und unterbreiteten der Firma einen neuen Tarif. Eine aus den Reihen der Plätterinnen gewählte Kommission unterhandelte mit dem Vertreter der Firma und setzte eine durchschnittliche Erhöhung der Alfordfäße um 10 Prozent durch. Es wurde beschlossen, die vereinbarten Akkordsätze mit in den Ver­trag einzufügen, der im Juli zwischen dem übrigen Betriebsperfonal und der Firma vereinbart werden sollte. So ist es geschehen. Auch dieser Erfolg ist dem Klassenbewußtsein und der geschulten Soli­darität der Arbeiterschaft dieses Betriebes gutzuschreiben. Der Ein­stellungslohn für Arbeiterinnen beträgt nach dem Tarif pro