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Die Gleichheit

und Erbauung, Belehrung und Ermahnung zu fittlichem, vor allem liebevollen Wandel, ein Erinnerungsmahl, sind nicht Atte des Kultes im alten Sinne, nicht Gottespflege. Damit ist aber auch alles Priestertum vollkommen aufgehoben, das auf solcher Pflege und besonderem geheimen Kultwissen beruht. Das Ur­christentum hat auch in der Tat nach den alten Berichten kein Priestertum.

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An die Stelle des Kultes also setzte der mythische, aber ganz folgerichtig gedachte Jesus   des Paulus das Gesetz der Liebe, des Erbarmens. Reich teilte deshalb durchaus noch nicht mit Arm ein etwaiger Kommunismus fonnte sich nur im engsten Kreise und auch nur so lange halten, bis das gemeinsame Ver­mögen aufgezehrt war-, aber es teilte von seinem überfluß doch reichlich mit. Die Wohlhabenden ersparten dafür ja auch die großen Opfer an die Tempel. In der ersten Zeit hielten die Brüder regelmäßige Liebesmahle( Agapen), deren Kosten wohl in der Hauptsache von den Bemittelten bestritten wurden- wurde das freilich anders, und die Mahle hörten daher auf-, und auch sonst verteilte man Gaben aus dem allgemeinen Säckel. Nicht daß das Christentum das Gebot der Menschenliebe zuerst in der Geschichte gepredigt hätte, aber wesentlich christ­lich ist der Austausch des Kultgesetzes gegen diese. Wenn mo­derne liberale Theologen das ganze Leben und die ganze Lehre des Jesus   auf diesen Gedanken hinauslaufen lassen, dann sind sie völlig im Rechte. Unrecht haben sie nur darin, daß sie meinen, mit Jesu Liebeslehre sei jetzt der Welt noch zu helfen, und sie könnten mit ihren Anschauungen noch im heutigen Kult­christentum verbleiben. Dieser ihr Jesus   hat keine neue Reli­gion, fein Christentum gestiftet, des Paulus Lehre ist keine Religion im alten Sinne mehr.

Aber wie Indien   500 Jahre früher für Buddha, war das römische Reich zu Beginn der Kaiserzeit selbst für den Christus nicht reif, der als Erlöser den herrschenden Zuständen und Anschauungen so start angepaßt war. Die Einfachheit seiner Lehre und die Billigkeit seiner Heilsmittel zog die Massen mächtig an aber

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die waren ja gerade am abergläubigften. Schon in den un­gefähr 100 Jahre nach des Erlösers angeblichem Tode ge­schriebenen Evangelien findet sich vielerlei, was zu dem pauli­nischen Grundgedanken gar nicht paßt. Auf der einen Seite macht sich der schamanistisch  - priesterliche Zug schon wieder geltend, der dem Welterlöser Krankenheilen, Kampf mit Dämonen und sonstiges Wundertun zuschreibt einen solchen Propheten" mag es wohl gegeben haben, der Chriftus des Paulus aber ist das nicht. Auf der anderen Seite ist bereits vielerlei aus den höheren, mit dem Christentum wetteifernden Erlösungsreligionen, dem Dionysos  , Mithra, Serapis und Jfiskult aufgenommen und mehrt sich immer mehr. Dazu kommen noch mancherlei Bestandteile aus dem damals bereits zersprengten Judentum - auch der Titel Messias  " stammt von dort und ferner ein Evangelium nach Johannes, eine vollkommene Verschmelzung des Christus mit der griechischen Logosidee. Alles in allem ein wirres Kunterbunt. Das aber bewirkte gerade den Sieg des Christentums über alle Nebenbuhler, daß jeder in ihm fand, was er brauchte, und hineintragen konnte, was er wollte. Wenn er glaubte, daß Jefus der Erlöser sei, durfte er in den ersten Jahrhunderten sich die Erlösung ganz in eigner Weise vor stellen. Das Christentum war in den einzelnen, durch Meere getrennten, kaum durch Straßen verbundenen Teilen des römischen Weltreichs vorerst ganz verschieden. Es glich sich erst und nur sehr allmählich zum Ratholizismus aus, nachdem es vom vierten Jahrhundert ab Staatsreligion geworden war und nachdem Duzende von großen und Hunderte von kleinen Sekten ent­standen und wieder vergangen beziehungsweise ausgerottet worden varen. Von Liebe und Erbarmen merkt man freilich nichts bei diesen Parteitämpfen, die um die wahre" Lehre geführt wurden.

Die Lehre vom Chriftus und die Unterstützung der Armen ellein hätte die Masse auf die Dauer wohl kaum zusammen gehalten, hätte sich im Christentum nicht eine bedeutsame Or­ganisation herausgebildet. Eine solche mußte geschaffen werden, um die Gaben der Liebe zu verteilen. Denn gemeinsame Mahl zeiten oder überhaupt gar ein gemeinsames Leben waren, wie

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schon erwähnt, nur im engsten Kreise durchführbar. Diese Dr. ganisation aber mit ihren Beamten wir werden uns gleich mit ihnen beschäftigen ließ die Christenheit bald als einen gewichtigen politischen Faktor erscheinen. Die um die Allein­herrschaft kämpfenden Gewalthaber des römischen Reiches, die Augufte und Cäsaren, konnten diesen Faktor für ihre Interessen und Intrigen benutzen, um ihre Nebenbuhler niederzuringen. So ward nach mancherlei Wechselfällen das Christentum end­lich Staatsreligion, und wie ihm seine Existenz gesichert wurde, so sicherte es nun seinerseits seinen Schüßern das alleinige und wenn möglich erbliche Kaisertum.

Als Konstantin zu Beginn des vierten Jahrhunderts sich für die Duldung des Christentums entschieden hatte, dachte er noch ganz als Heide, was er ja auch bis furz vor seinem Tode blieb. Ein von so vielen Tausenden verehrter Gott fonnte ja kein un­mächtiger sein, es lag im Staatsinteresse, wenn neben den heid­nischen Göttern auch der christliche Gott verehrt wurde. Sollte aber seine Macht für den Cäsar in die Wagschale fallen, so mußte diese Verehrung in Eintracht von den Christen geleistet werden. Diese fehlte freilich noch sehr. Und darum haßten der Heide Konstantin und seine Nachfolger allen kezerischen Zwie­spalt, und sie entschieden oft auf den Konzilien eigenmächtig die wichtigsten Glaubensfragen, wenn sich die Pfaffen nicht einigen konnten. Darum schrieb Konstantin auch den Wortlaut des Gebets für alle christlichen Mannschaften der Armee vor, in dem er sich selber natürlich nicht vergaß. #Staatsreligion! Pfaffen! Hatte der angebliche Jesus   nicht angeblich allen Kult aufgehoben? Wohl aber der Priester hatte sich trotzdem wieder eingestellt. Die Apostel hatten den Geist" empfangen und gaben ihn durch Handauflegen weiter. Jeder Christ fonnte ihn auf diese Art weitergeben, doch lag es in der Natur der Sache und der damaligen Gesellschaft, daß nicht jeder Sklave und Arme dies wagte. So wurde die Aus­breitung des Geistes ebenso wie die Leitung der Geschäfte über­haupt ein Monopol der Agitatoren und Vereinsvorstände. Diese sind ihren Namen nach ganz weltlichen Ursprungs. Die Apostel find Propagandisten, der Presbyter( Priester) ist der väterliche Altefte der örtlichen Gemeinde, der Diafon ist der Armenpfleger, der Episkopus( Bischof) ist ein Aufseher". Lehrer sind sie alle. Sie wurden nur teilweise gewählt, oft wurden sie ausgelost.

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Da alle diese Beamten nun auch Gaben und Opfer, zwar nicht mehr für Gott, so aber doch um Gottes willen" an nahmen, ganz gewiß auch in der Gemeinde vorbeteten, unter­schieden sie sich von den heidnischen Priestern nur noch durch Ge­danken. Je mehr die chriftliche Lehre von den Ländern griechischer Kultur und Philosophie gegen das westliche Barbarentum vor drang, desto mehr nahm sie auch wieder heidnische Vorstellungen auf; Geisterglaube und Dämonenfurcht schlichen sich wieder ein. Je mehr sich die sozialen Zustände des römischen Reiches verschlimmerten, desto mehr kam die Zuversicht, erlöst zu sein, ins Wanken und rückte die Erlösung wieder in die Zukunft. Dieser Prozeß wurde besonders durch die jüdische Apokalyptik, die Offenbarungsliteratur, unterstützt. Mit dem Alten Testa­ ment   hatte sich die ganze jüdische Legende von Adams Schuld und der Erbsünde und den Gott schuldigen Opfern wieder ein­geschlichen. Und so trat der Gedanke ganz in den Hintergrund, die christlichen Opfer seien Taten der Menschenliebe, des sich erlöst fühlenden Gemüts; die Opfer erschienen nun wieder als Gaben an Gott, um die Erlösung zu bewirken. Mit anderen Worten: Hatte einst der paulinische Glaube an die geschehene Erlösung die Werke bewirkt, so bewirkten jetzt nach jüdisch­heidnischer Meinung die Werke den Glauben an die zukünftige Erlösung. Damit aber war der jesuanisch- paulinische Gedanke gänzlich ausgeschaltet das Christentum war wieder Heiden­tum geworden. Nun wurde in Folgerichtigkeit das Erinnerungs­mahl an die geschehene Erlösung auch wieder zum zeremoniören Gottesdienst", zum Zwecke fünstiger Erlösung der Messe. Daran schloß sich wiederum all das Brimborium heidnischen Gottesdienstes, wie er auch anderwärts gebräuchlich war. Das Christentum sammelte Zeremonien aus den verschiedensten alten Kulten, so daß die christlichen Bekehrer, die viele hundert Jahre

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