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Die Gleichheit
Weiter unten berichten wir ausführlich über den erfolgreichen Ausgang des Streits in der Dresdener Schokoladen- und Zuckerwarenindustrie. Der erste Tarifvertrag in der Zigarrenindustrie konnte in Breslau mit einer Firma abgeschlossen werden. Er kommt 500 Arbeiterinnen zugute, die Zulagen von 20 bis 50 Pf. pro Mille erhielten.
Als neue Konzentration gewerkschaftlicher Kräfte ist die Angliederung des Stuffateurverbandes an den Bauarbeiterverband zu melden. In einer Urabstimmung erklärten fich 63 Prozent der Mitglieder dafür.
Ein hartes Streiturteil wird aus Erfurt gemeldet. Bei der letzten Metallarbeiteraussperrung hatten sich drei Streifende zu Tätlichkeiten gegen Arbeitswillige hinreißen lassen. Diese Herren waren in der Folge auch nicht eine Stunde arbeitsunfähig gewesen. Trotzdem wurden zwei der Angeklagten zu 6 Monaten beziehungsweise 5 Monaten 3 Wochen Gefängnis verurteilt, der dritte„ Sünder", der erst 18 Jahre alt ist, kommt für 2 Monate 2 Wochen hinter Schloß und Riegel. Von Rechts wegen! Denn in der kapitalistischen Ordnung gilt Kapitalistenrecht.
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Der erfolgreiche Ausgang des Streiks der Schokoladenund Zuckerwarenarbeiter und-arbeiterinnen in Dresden ist nach sechzehntägiger Dauer zu verzeichnen. Da die Streifenden ge schlossen und treu im Kampfe standen, so befürchteten die Herren Fabrikanten, daß der Kampf ungeschwächt noch einige Wochen fortdauern werde. Als der Oberbürgermeister Dr. Beutler einen Ginigungsversuch anbahnte, so lehnte der Verband der Schokolade fabrikanten wohl dessen Vermittlung ab, erklärte sich aber bereit, selbst mit der Streifleitung zu verhandeln. Die in letzter Nummer mitgeteilten Forderungen der Arbeiter blieben die Grundlage der Verhandlungen, auf der es schließlich zur Einigung fam. Wenn auch die Kämpfenden sich etwas von den geheischten Verbesserungen abhandeln lassen mußten, so haben sie doch eine begrüßenswerte Hebung ihrer Arbeitsbedingungen durchgesetzt. Die Stundenlöhne für Arbeiterinnen bis zu 16 Jahren wurden auf 15 bis 17 Pf., die für Arbeiterinnen über 16 Jahre auf 17 bis 22 Pf. festgesetzt; die betreffenden Löhne der Arbeiter betragen 17 bis 20 Pf. beziehungsweise 22 bis 32 Pf. Gelernte und Spezialarbeiter erhalten bis 40 Pf. pro Stunde. Leider sträubten sich die Unternehmer aus prinzipiellen" Gründen, sich zur allgemeinen Festlegung des 91 stündigen Arbeitstags zu verpflichten, immerhin versprachen sie, für dessen Einführung in den Fabriken zu wirken, wo er noch nicht besteht. Am 1. November sollten die Betriebe wieder voll in Tätig keit gesetzt und die Streitenden alle eingestellt werden. Versamm Iungen der Streifenden beschäftigten sich mit den Einigungsvor schlägen und traten ihnen entgegen erhobener Opposition mit überwältigender Majorität bei. Die Arbeiter und Arbeiterinnen der süßen" Industrie in Dresden haben durch ihren energischen und wohldisziplinierten Kampf die Anerkennung ihrer Organisation durch die Fabrikanten erzwungen. Dieser Fortschritt und die materiellen Erfolge des Kampfes pro Woche 1,20 bis 2 Mt. Lohnerhöhung und andere wichtige Zugeständnisse noch werden die Lohnsklaven der Schokolade- und Zuckerwarenindustrie fester mit ihrem Verband zusammenschließen. Die Arbeiterinnen haben sich beim Streitposten stehen und Flugblattverteilen als tüchtige Rämpferinnen bewährt, ebenso in der Treue, mit der alle von ihnen aushielten. Mögen sie nun auch in der Arbeit für die Ausdehnung und den Ausbau des Verbandes nicht nachlassen. Daß sie einsichtsvolle Gerwerkschafterinnen bleiben, ist eine Vorbedingung fünftiger Siege.
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In der Holzindustrie konnte in den letzten Wochen und Monaten trotz der vorgeschrittenen Jahreszeit eine erhebliche Anzahl Lohnbewegungen mit recht günstigem Erfolg zu Ende geführt wer den. So zum Beispiel ein Streit der Schreiner in Worms , der 22 Wochen gedauert hatte, und ein solcher in Parchim in Mecklenburg nach 20 wöchiger Dauer. In letterem Orte wurde die Arbeitszeit von 59 auf 571/2 Wochenstunden herabgesetzt, und die Stundenlöhne steigen während der Dauer des neu abgeschlossenen Vertrags um 5 Pf. Der Durchschnittslohn wurde auf 38 Pf. bemessen und erhöht sich am 1. Mai 1912 auf 40 Pf. Ein dreitägiger Streif brachte den Arbeitern einer größeren Tischlerei in Göthen 2 Stunden Arbeitszeitverkürzung und insgesamt 8 Pf. Lohnzulage pro Stunde. Die Stockarbeiter in Zerbst konnten einen elfwöchigen Ausstand beenden, der ihnen die Zusicherung einer Lohnerhöhung auf verschiedene Arbeiten brachte. Einen recht schnellen Sieg errangen die 66 Arbeiterinnen und 10 Arbeiter einer Stuhl. rohrfabrik in Bremen . Diese traten in den Streit, weil der Unternehmer Änderungen an der Arbeit vornahm, aber die dadurch entstehende Mehrarbeit trotz wiederholten Vorstelligwerdens nicht bezahlen wollte. Schon nach wenigen Tagen Arbeitsruhe bewilligte
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er 10 Proz. Zulage auf die betreffenden Afforde. Einigkeit macht start! - Der Riesentampf im Hamburger Holzgewerbe ist be endet. Die Arbeiter der Tischlereibetriebe, die 32 Wochen im Ausstand verharrten, gehen jetzt als Sieger aus dem heißen Ringen hervor. Die Arbeitgeber, die sich derzeit vom Rahardtschen Arbeitgeberverband für das deutsche Holzgewerbe losgesagt hatten, glaub ten jetzt unter dem Schuße des noch mehr scharfmacherischen„ Ar beitgeberverbandes Unterelbe " den organisierten Holzarbeitern ihre Bedingungen diktieren zu können. Vor allem galt ihr Kampf dem paritätischen Arbeitsnachweis. Sie verlangten gleich den Bauprogen und den Metallindustriellen die Arbeitsvermittlung für sich. Es half ihnen nichts, daß sie sich einen gelben Arbeiterverein schufen, dessen Arbeitsnachweis mit Unternehmergeld in aller Welt Streit brecher suchte. Gegen eine solch geschlossene Phalang, wie die der im Kampfe geschulten Hamburger Holzarbeiter, mußte sich jener Ansturm als vergeblich erweisen. Jetzt haben sich die Hamburger Arbeitgeber wieder dem Rahardtschen Schutzverband angeschlossen und über diesen die Brücke zu den Arbeitern gesucht. Das zentrale Schiedsgericht, das bei der Frühjahrsbewegung den letzten Rest der Streitigkeiten entschied, wurde zu Ende Oftober nach Berlin zusammenberufen. Vor ihm kam ein Schiedsspruch zustande, dem beide Parteien am 3. November in ihren Versammlungen zugestimmt haben. Der von den Unternehmern so schwer befämpfte paritätische obligatorische Arbeitsnachweis wird von neuem eröffnet und bildet einen Bestandteil des Tarifvertrags. Für ihn gilt in der Haupt sache das Regulativ des Berliner Arbeitsnachweises. Es müssen also alle neu einzustellenden Arbeitskräfte dorther bezogen werden. Die Stundenlöhne werden während der Vertragsdauer um 6 Pf., die Mindestlöhne sogar um 7 Pf. erhöht. Die letteren steigen somit für Tischler auf 65 Pf., Bauanschläger auf 75 Pf. und für Parkettleger auf 80 Pf. pro Stunde. Die Arbeitszeit wird um 1 Stunde verkürzt und beträgt sodann 51 Stunden pro Woche. Die Arbeiter haben damit alles erreicht, was sie von Anfang an forderten. Die Ausständigen haben in dieser langen Zeit große Opfer gebracht, mancher hat zum Wanderstab gegriffen, um den heimischen Arbeitsmarkt zu entlasten. Die in Arbeit Stehenden zahlten außerordentlich hohe Extrabeiträge, um die Unterstützungen ausbessern zu können. Jetzt ist ihnen der Erfolg für ihre Ausdauer geworden, und sie danken der Organisation, die ihnen diesen Sieg erst ermöglichte. Am 6. November konnte die Arbeitsaufnahme ers folgen. Trotzdem wird es noch für längere Zeit viele Arbeitslose in Hamburg geben, da die Aufträge erst wieder herangeholt wer den müssen. Der Zuzug Arbeitslustiger muß deshalb vorerst noch eine Zeitlang unterbleiben.
Die oft langwierigen Arbeitskämpfe, die durchgefochten werden, erweisen, daß die Organisation der deutschen Holzarbeiter die für notwendig erachteten Verbesserungen der Arbeitsbedingungen trog allen Widerstandes durchzusetzen vermag. Von der Wertschäzung dieser vereinten Kraft zeugt es, daß immer wieder Lohnbewegungen -selbst umfangreiche ohne Arbeitsniederlegung durchgeführt werden können. So wurde auf diese Weise erst jetzt wieder in der bedeutenden Klavierindustrie Stuttgarts ein neuer Tarif vertrag abgeschlossen. Er verkürzt die wöchentliche Arbeitszeit von 54 auf 53 Stunden und erhöht die Affordlöhne um 6 Prozent. Noch fürzer, nämlich 52 Stunden, ist die Arbeitszeit nach dem neuen Tarifvertrag für die Arbeiterschaft der großen Zimmermannschen Klavierfabrik in Leipzig . Die Mindestlöhne sind dort für Tischler auf 56 Pf., für Maschinenarbeiter auf 51 Pf. nors miert worden. Auch in Klavierfabriken zu Meißen und in Dress den erreichten die Arbeiter Verbesserungen ihrer Lage.
Welchen Wert man gerade in der Holzindustrie auf eine kurze Arbeitszeit legt, zeigt der Umstand, daß der Mitte Oktober abge= schlossene Tarifvertrag mit den Berliner Modellfabriken eine solche von 51 Stunden vorsieht, wobei Modelltischler und Modelldrechsler, sofern sie über 21 Jahre alt sind, mindestens 75 Pf. Stundenlohn erhalten müssen. Selbst in Düsseldorf konnten die Modelltischler jetzt eine Herabsegung von 60 auf 57 Stun den nebst Lohnerhöhung durchsetzen.
Der durch die Fleischteuerung begünstigte stärkere Fischversand ist für die Korbmacher in Wulsdorf bei Bremerhaven zum Segen geworden. Die starke Nachfrage nach Fischtörben ermöglichte ihnen, eine alte Scharte auszuwegen und sich etwas bessere Akkordpreise zu sichern. Dieser Erfolg rückt den Vorteil einer starken, jederzeit schlagfertigen Organisation in helles Licht. In der langen un günstigen Zeit hatten die Korbarbeiter ihrem Verband die Treue bewahrt, dadurch nur war es ihnen jetzt möglich, die günstige Si tuation schnell ausnüßen zu können.
Um den Angehörigen der einzelnen Berufe, die im Deutschen Holzarbeiterverband vereinigt find, Gelegenheit zu geben, ihre be