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Die Gleichheit

haben, betont der Kongreß die bedingungslose Ablehnung des Krieges durch die Partei und durch das organisierte Proletariat; entbietet den türkischen Sozialisten seinen brüderlichen Gruß in dieser Stunde, in der die Sozialisten der ganzen Welt einstimmig ein Vorgehen verwerfen, das für die Systeme und Methoden der Bourgeoisie charakteristisch ist, und gibt schließlich der Hoffnung Ausdruck, daß die fortschreitende Verbreitung der sozialistischen überzeugung und Idealität auch die internationalen Fragen einer Lösung im Sinne der menschlichen Solidarität entgegenführen möge."

Vom Parteivorstand der deutschen Sozialdemokratie war folgendes Telegramm eingegangen:" Dem in Modena versammelten Partei­tag der italienischen Sozialdemokratie senden wir herzliche Brüder­grüße und wünschen seinen Arbeiten den besten Erfolg. Im Kampfe gegen den die Völker verwüstenden Imperialismus lautet der Schlacht­ruf des klassenbewußten Proletariats: es lebe der internationale Sozialismus!" In begeisterter, feierlicher Stimmung ward das Tele­gramm verlesen. Die einzelnen Fraktionen vergaßen, was sie von­einander scheidet, fie fühlten sich als die eine große Kampfespartei gegen die ganze bürgerliche Welt. Die Delegierten erhoben sich von ihren Sitzen, um dem Endziel des internationalen klassenbewußten Proletariats zuzujubeln. Die hohe Bedeutung dieser elementaren Demonstration wird auch den bürgerlichen Schichten nicht entgangen sein, die in Chauvinismus schwelgen. Möge ein Widerhall dieser Kundgebung auch bis zu den Frauen des Volkes dringen. Noch befunden sie in dieser schweren Zeit nur durch Tränen und Ver zweiflungsausbrüche ihren Schmerz über die Abfahrt ihrer Männer und Söhne nach Tripolis , ihre Empörung über den Krieg. Es muß ihnen die Erkenntnis werden, daß die Ausbeutung und Herrschaft der besitzenden Klassen ihr bitteres Los verschuldet, und daß nur der Klassenkampf der ausgebeuteten Massen dem Rüstungs- und Kriegswahnsinn Halt zu gebieten vermag.

Der Parteitag gedachte mit tiefer Entrüstung der niedergemezzelten Opfer der polizeilichen Brutalität in Langhieno während der Protest­bewegung gegen den Krieg. Unter ihnen befinden sich auch zwei proletarische Kämpferinnen, von denen die eine hochschwanger war. Noch immer hat die Frau nur das Recht", für ihre Überzeugung von den Herrschenden gemordet zu werden, jedoch das Recht fehlt ihr, politisch gerüstet als Staatsbürgerin zu kämpfen. Wer denkt dabei nicht an das Wort Olympe de Gouges : Wenn die Frau das Recht hat, die Guillotine zu besteigen, hat sie auch das Recht, die Tribüne zu besteigen!" Angelika Balabanoff.

Aus der Bewegung.

Von der Agitation. Im Lugan- Oelsniger Kohlengebiet hielt der Bergarbeiterverband vom 1. bis 9. Ottober Versammlungen ab, in denen die Unterzeichnete über die Lebensmittelteuerung" refe= rierte und den Frauen klarlegte, welches Interesse sie an der Organi­sation ihrer Männer haben. Alle Versammlungen waren überfüllt und verliefen sehr gut. In großer Zahl nahmen Frauen an ihnen teil. Das genannte Thema stand auch auf der Tagesordnung einer Volksversammlung in Gruben bei Meißen , die einen großartigen Verlauf nahm. In diesem ländlichen Bezirk hatte die Veranstaltung auch Gegner angezogen, und zwar solche, die am Biertisch weidlich über die Sozialdemokraten schimpfen, wenn diese es nicht hören. In der Versammlung meldete sich keiner dieser Herren zum Wort, trotzdem der Vorsitzende Redefreiheit zusicherte. Eine Resolution im Sinne des Vortrags fand einstimmige Annahme. Für den Gau Dresden des Holzarbeiterverbandes erstattete die Unter­zeichnete das gleiche Referat in sehr gut besuchten Versammlungen zu Deutschneudorf , Lochmühle und Marienberg . In Schön­ heide im Erzgebirge hielt der deutsche und in Markersdorf in. Böhmen der österreichische Holzarbeiterverband je eine Volks­versammlung ab. In den letzten Jahren bewirkten verschiedene Umstände, daß alle Versammlungen in Schönheide zu wünschen übrigen ließen, die letzte aber war außerordentlich stark besucht, 500 Personen nahmen an ihr teil. Es erfolgte in ihr nebenbei auch eine Abrechnung mit dem Schönheider Wochenblatt", das in der schmutzigsten Weise gegen die Sozialdemotratie und den Holz­arbeiterverband kämpft. Die an anderer Stelle so redelustigen Gegner schwiegen auch hier. Die Veranstaltung in Markersdorf­Graßlih wurde von österreichischen Genossen geleitet. Sie forderten die Anwesenden zum Zusammenschluß und zum solidarischen Handeln auf und betonten, daß in Österreich wie in Deutschland das Volk durch Hungersnot und Kriegsgefahr bedroht wird, und daß seine Einigkeit der festeste Schutzwall gegen beide Gefahren ist. Die Versammlungen haben bewiesen, daß die Zoll- und Steuerpolitik der herrschenden Klassen Wasser auf unsere Mühlen treibt.

Marie Wadwit.

Nr. 5

Zu einem wuchtigen Protest gegen den Lebensmittelwucher ge­stalteten sich die Versammlungen, die die Parteileitung des fiebten sächsischen Reichstagswahlkreises in der Zeit vom 15. bis 25. Oftober in Robschütz, Meißen , Brockwiß, Weinböhla , Grödel, Weida , Okrilla , Großenhain , Merschwitz und Miltig veranstaltete. In allen Versammlungen sprach die Unters zeichnete über Die Lebensmittelteuerung und ihre Ursachen". Die tätigen Genossen und Genossinnen hatten allerorts tüchtige Vorarbeiten geleistet, und der Besuch der Versammlungen war deshalb sehr gut. In Meißen und den umliegenden Ortschaften, in denen die Industrie vorherrscht und zahlreiche Frauen in den Fabriken arbeiten müssen, waren besonders viel Arbeiterinnen unserem Rufe gefolgt. Der Hunger und die Empörung haben sie erweckt, so daß sie in Scharen zu den Versammlungen strömten. Aber auch in den rein ländlichen Orten, wie in Miltig und Merschwig, waren außer den Männern zahlreich Frauen erschienen. Das ist erklärlich, denn auf dem Lande machen sich die verheerenden Folgen der Lebensmittelteuerung ebenso bemerkbar wie in der Stadt. Das Elend ist besonders in Merschwitz groß, wo die meisten Frauen und Männer für den Gutsbesitzer arbeiten müssen. Dieser not leidende Agrarier" sorgt eifrig dafür, daß seinen Lohnsklaven die ,, Kompottschüssel" nicht überläuft. Die für ihn frondenden Männer bekommen bei 13 bis 14 stündiger Arbeitszeit den fürstlichen Lohn von 1,80 bis 2 Mt. pro Tag. Zum Schaden noch den Spott! Zynisch- brutal hat der gnädige" Herr erklärt, es würde noch so weit kommen, daß die Arbeiter Schuhsohlen essen müßten, die wären noch gut genug für sie. Auf diese Gemeinheit werden die Arbeiter hoffentlich bei der nächsten Gelegenheit die richtige Antwort geben. Wie wär's aber, wenn der Herr es inzwischen einmal mit den Schuhsohlen versuchte? In allen Versammlungen folgten die Zuhörer mit großer Aufmerksamkeit dem Vortrag. überall machte sich heftige Erbitterung über die Ausplünderungspolitik der herrschenden Klassen geltend. Kein Zweifel, daß die Arbeiter dafür den bürgerlichen Parteien bei den Wahlen die richtige Quittung ausstellen. Dem Verdienst seine Krone. 273 Mitglieder wurden bei diesen Versammlungen für unsere Partei gewonnen. Hoffen wir, daß sie sich als treue, tätige Mitglieder bewähren und ihre ganze Kraft einsetzen, am 12. Januar den siebten sächsischen Reichstags­wahlkreis der Reaktion zu entreißen. Margarete Raschewski.

Die Leitung des Wahlkreises Merseburg - Querfurt berief in Raßniz, Modelwig- Hänichen, Merseburg und Keuschberg Bolts- und Frauenversammlungen ein, in denen Genoffin Bach Weißenfels über das Thema sprach: Kriegshetze und Hungersnot". Der Besuch der Versammlungen war sehr gut. Gespannt folgten die Anwesenden den Ausführungen der Rednerin, die aus ihren Darlegungen die Schlußfolgerung zog, daß sich alle Arbeiter und Arbeiterinnen politisch und gewerkschaftlich organisieren und bei den kommenden Reichstagwahlen kräftig für die Vertreter der Sozialdemokratie agitieren müssen, wenn sie der Kriegsgefahr und der Hungersnot entgegenwirken, wenn sie ihre Lage verbessern wollen. Regierung und bürgerliche Parteien müssen von den Massen die Abrechnung über ihre Politik und ihre anderen Schandtaten er­halten. Überall wurden neue Parteimitglieder gewonnen, in Raßniz die ersten weiblichen. Möge es den vereinten Anstrengungen der Genossen und Genoffinnen gelingen, die proletarische Frauenbewegung auch in diesem Wahlkreis immer fester einzubürgern.

eb.

Der Berliner Jugendausschuß ein politischer Verein, diese Entdeckung ist das neueste Blatt, das Herr v. Jagow seinem Ruhmestranz im Kampfe gegen die Arbeiterjugend eingeflochten hat. Zwar hatte der Polizeigewaltige von Berlin schon vor einem Jahre die Arbeiterjugendbewegung durch Auslösung der freien Jugendorganisation totschlagen wollen, aber trotzdem schien sie ihm doch noch nicht tot genug. Er rückte darum jetzt dem Jugend­ausschuß von Groß- Berlin auf den Leib. Nun, da es ihm ge­lungen ist, auch diesem den Garaus zu machen, kann's ja nicht fehlen, nun muß die Berliner Arbeiterjugendbewegung wirklich mausetot sein!

Vor einem Jahre ungefähr forderte Herr v. Jagow den Vor­fizzenden des Berliner Jugendausschusses, Genossen Dr. Rosen­feld, auf, die Sagungen und das Mitgliederverzeichnis dieser Körperschaft einzureichen, da der Jugendausschuß für Groß- Berlin als Verein im Sinne des§ 3 des Reichsvereinsgefeßes anzusehen sei. An und für sich ist der Jugendausschuß überhaupt kein Verein im Sinne des Vereinsgesetzes, außerdem besagt§ 3 ausdrücklich: Jeder Verein, der eine Einwirkung auf politische Angelegen­heiten bezweckt, muß einen Vorstand und eine Sagung haben usw." Da beide Voraussetzungen auf den Jugendausschuß nicht zutrafen, dem Jugendausschuß jede Einwirkung auf politische Angelegen­heiten fernliegt, unter 18 Jahre alte Personen ihm nicht angehören,