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Die Gleichheit
ist nicht erwiesen, aber wahrscheinlich wollten die Christlichen damit dartun, daß sie die Dunkelheit mehr lieben als das Licht. Der Erfolg des Abends für uns waren 53 neue sozialdemokratische Mit glieder, davon zwei Drittel Frauen. Jede Versammlung brachte neue Streiter und Kämpferinnen für unsere Bewegung. Insgesamt wurden in den 33 Versammlungen 637 Frauen und 254 Männer für die Partei gewonnen und auch eine schöne Anzahl Leser für die Parteipresse. Wird so weiter gearbeitet, dann macht die proletarische Frauenbewegung auch in der Pfalz erhebliche Fortschritte, wo bislang noch allzusehr der Krummstab über die Frauen herrschte. Im Auftrag des Kreisvorstandes des sechsten hannoverschen Reichstagswahlkreises sprach die Unterzeichnete in Versamm lungen zu Ughusen, Leeste, Verden und Achim über:„ Die Arbeiterklasse und die kommende Reichstagswahl". Sämtliche Ver sammlungen waren sehr gut besucht, besonders die in Verden und Achim , wo die Tabakarbeiter sich seit Wochen in einem Streit zur Unterstützung der ausgesperrten Tabalarbeiter Westfalens befinden. Das Ergebnis der Versammlungen war auch hier die Gewinnung neuer Parteimitglieder, in der Mehrheit Frauen, und Leser für die Bremer Bürgerzeitung". W. Kähler.
Jm 16., 19. und 21. sächsischen Wahlkreis sprach die Unterzeichnete in den Orten Burkhardsdorf, Thalheim , Vielau, Schneeberg , Aue , Bernsbach , Schwarzenberg und Grüna über Arbeiterhaushalt und Steuerlaft". Die Versammlungen waren durchweg gut besucht. Besonders glänzend gestaltete sich die Versammlung in Thalheim, wo 600 Männer und Frauen erschienen waren, um Protest gegen die Besteuerung ihres notwen bigen Lebensbedarfs zu erheben. 70 neue Parteimitglieder, die gleiche Anzahl neuer, Gleichheit" leserinnen und eine beträchtliche Zahl Abonnenten für die örtliche Parteipresse waren das Ergebnis einer Versammlung im Strumpfwirfergebiet des Erzgebirges. Dieser glän zende Erfolg ist der gut organisierten Arbeit der Genossen und Genoffinnen am Orte und der Mithilfe der Genossin Wagner- Chemnitz zu danken. Er sollte überall zu gleicher Arbeit anspornen. In Aue war die Versammlung gut besucht, trotzdem sie zu einer Zeit stattfand, die für die Frauen ungünstig ist. Leider mußte in ihr fest gestellt werden, daß die Arbeiterschaft dieses industriereichen Ortes die Notwendigkeit der gewerkschaftlichen Organisation noch nicht begriffen hat. Die Folge ist niedrige Entlohnung. 12 bis 13 Mt. Wochenlohn erhalten Männer, die in der Metallindustrie beschäftigt sind. Um der Familie das Existenzminimum zu schaffen, müssen Frauen und Kinder diese bis zu den jüngsten herunter tätig sein. Es ist an der Zeit, daß die Arbeiterinnen und Arbeiter Aues sich ihren Berufsorganisationen anschließen, um mit deren Hilfe den reichen Fabrikanten höhere Löhne abzutrotzen und so ihren Rindern etwas Jugendglück zu verschaffen. Eine Anzahl Frauen und Männer traten auch hier der Partei bei. Das Ergebnis der ganzen Agitationstour waren 150 Aufnahmen von Mitgliedern für die Partei und ein schöner Zuwachs an Abonnenten für die„ Gleichheit" und die örtliche Parteipresse.
Um den Wahlkampf in Mittelbaden einzuleiten, wurden in Rastatt , Mühlburg , Boders weier, Obertirch, Achern , Mörsch, Dos, Gaggenau , Daglanden, Größingen, Berg hausen , Durlach , Dillstein, Heidelsheim und Ettlingen Boltsversammlungen mit dem Thema abgehalten:„ Die Frauen und die Reichstagswahlen", über das die Unterzeichnete referierte. Trotzdem die größere Zahl der angeführten Orte in den schwärzesten Winkeln Badens liegt, waren die Versammlungen mit zwei Ausnahmen überaus gut besucht. In Oberkirch war der schlechte Besuch auf das Wirken der schwarzen Sendboten des Zentrums zurückzuführen; unseren Genossen wird dort die Aufklärungsarbeit sehr erschwert. Sehr bedauerlich war die sehr geringe Beteiligung an der Versammlung in Durlach , einem großen industriellen Vorort von Karlsruhe . Wenn nicht eine Anzahl Genofsinnen und Genossen aus Karlsruhe anwesend gewesen wären, so hätte das Referat vor. einem leeren Saale gehalten werden müssen. Um so mehr Freude bereitete die Versammlung in Dillstein, die am Abend des gleichen Tages, einem Sonntag, stattfand. Hier war das Lokal bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Geist, der in allen Versammlungen herrschte, legte Zeugnis davon ab, daß die arbeitende Bevölkerung Badens auf den Tag der Reichstagswahl wartet, um endlich Abrechnung mit den Volksausbeutern zu halten. Hoffentlich reicht die Macht der Gegner nicht aus, die Hoffnungen der Genossen zu vernichten. Die Versammlungen brachten 160 Beitrittserklärungen zur Sozialdemokratie. Das ist ein Beweis für die wachsende Erkenntnis der süddeutschen Proletarier, daß die Partei, die für die höchsten Jdeale fämpft, nicht nur ideell, sondern auch materiell unterstützt werden muß.
Im Balkreis Holzminden beschäftigten sich einige Versamm lungen gleichfalls mit dem Thema: Die Frauen und die Reichs
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tagswahlen". In Holzminden leidet unsere Bewegung infolge einiger ergebnislofer gewerkschaftlicher Kämpfe unter einer gewissen Flauheit. Die bevorstehende Reichstagswahl scheint jedoch wieder fräftigeres Leben zu entfachen. Das zeigte der Besuch der Ver sammlung. In Stadtoldendorf ist es unseren Genossen erst vor furzem gelungen, ein Lokal zu bekommen. Der Andrang zu der Vers sammlung war groß und sprach für das Bedürfnis nach Aufklärung. Auch in Eschershausen war das Lokal überfüllt. Die Hälfte der Erschienenen mußte stehen. Die freudig getragene Unbequemlichkeit befundete den Ernst der Gesinnung. Viele der Anwesenden hatten bei schlechtem Wetter weite Wege zurückgelegt, um die Versamme lung zu besuchen. Die Sozialdemokratie tann auch in der Holz mindener Gegend auf gute Erfolge hoffen. Minna Bollmann .
Jm Wahlkreis Hanau- Bockenheim- Gelnhausen- Orb unters nahm die Genoffin Juchacz- Rixdorf eine mehrwöchentliche Agi tationstour. In fast allen Orten, wo uns Lokale zur Verfügung stehen, sprach sie in öffentlichen Versammlungen über:" Teuerung und Kriegsheye im Zeichen der Reichstagswahlen". Die Veranstal tungen nahmen einen guten Verlauf. Die lebhafte Zustimmung, welche den Darlegungen der Referentin allerorts zuteil wurde, war der beste Beweis dafür, daß diese sich ihrer Aufgabe in wirksamer Weise entledigte. Wenn auch die Versammlungen in erster Linie für die Aufklärung der Frauen bestimmt waren, so erhielten doch auch die zahlreich erschienenen Männer eine fräftige Anfeuerung zum Wahlkampf, der in unserem Wahlkreis ein äußerst scharfer ist. Die Aussaat sozialistischer Jdeen in unserem durchweg ländlichen Wahl freis mit seinen vielen Ortschaften erfordert naturgemäß einen großen Aufwand an Zeit, Kräften und Geld. Um so höher muß dann der Erfolg gewürdigt werden, wie ihn auch die Versamm lungen der Genoffin Juchacz brachten. Als solchen können wir außer der Festigung und Neubelebung unserer Frauenbewegung auch die Rekrutierung neuer Mittämpferinnen bezeichnen. Ihre Zahl konnte nach der steten und intensiven Agitation der letzten Jahre natürlich nicht die Höhe erreichen, wie bei erstmaligen Frauenversammlungen, doch bilden die 166 neugewonnenen Mitglieder 108 Frauen und 58 Männer einen erfreulichen Gewinn. Auch Abonnenten für die Parteipresse wurden geworben. Die Entwicklung der Frauenbewegung in unserem Wahlkreise zeigen folgende Zahlen an. Unsere Organisation zählte an weiblichen Mitgeiedern: Am 1. Januar 1905 in 5 Orten 177, am 1. Januar 1910 in 27 Orten 840, am 1. Januar 1911 in 88 Orten 1264, am 1. Dezember 1911 in 43 Orten 1560. Jn 16 von diesen 43 Orten steht uns jetzt leider kein Lokal zur Abhaltung einer öffentlichen Versammlung zur Verfügung. Doch auch diese Schwierigkeit muß
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wie so viele andere überwunden werden. Wir stehen in einem harten Wahlkampf. Die politische Rechtlosigkeit wird die Frauen nicht abhalten, dabei ihre Pflicht zu erfüllen. Sie müssen mithelfen, die Sache des Proletariats zum Siege zu führen. R. D.
Die sozialdemokratische Partei Badens hatte für die Zeit vom 1. bis 25. November in folgenden Orten Versammlungen einberufen: Schopfheim , Rheinfelden , Maulburg , Thiengen, Grenzach , Freiburg , Waldkirch , Emmendingen, Lahr, Radolfzell , Volkmarshausen , Stockach , Singen, Konstanz , Hausen, Rohrbach, Brombach, Heidelberg , Eppelheim , Schöna , Ziegelhausen und Handschuhsheim. In all diesen Versammlungen sprach die Unterzeichnete über„ Die Frauen und die kommenden Reichstagswahlen". Der Besuch und Verlauf der Versammlungen war durchweg sehr gut, namentlich befanden sich viele Frauen unter den Zuhörern. In einzelnen Versammlungen waren auch bürgerliche Frauen anwesend. In allen Versammlungen waren unsere politischen Gegner erschienen, hier und da in großer Anzahl. In feiner Versammlung fehlten wohl Liberale und Zen trümler, manchmal ergänzt durch Anhänger des Bundes der Land wirte. Die Gegner waren meist in der freundlichen Absicht gekommen, die Versammlung zu stören, was ihnen jedoch nie gelang. In Thiengen erschienen zwölf schwarze Brüder. Sie wurden aufs gefordert zu reden, schwiegen aber wie die Mäuschen. Die Verfammlung in Boltmarshausen wurde mit dem Besuch des ehemaligen Arbeiterkandidaten von Zentrums Gnaden beehrt; dieser hatte allem Anschein nach die feste Absicht gehabt, tüchtig gegen die Sozi loszuschlagen. Aber auch er schwieg beharrlich, trozdem Freunde den sonst so redeluftigen Herrn zum Sprechen ermunterten und die Versammlungsleitung ihm volle Redefreiheit zusicherte. Es wäre ihm auch äußerst schwer gefallen, etwas Stichhaltiges vorzubringen. Die Rednerin hatte nämlich die niedrigen Löhne i: der Spinnerei und Weberei angeführt, in der der Herr Arbeiterkandidat schon jahrelang Meister ist, und sich zum Zeugen für die Richtigkeit ihrer Ausführungen auf ihn berufen. In Voltmars, hausen, Waldkirch , Singen, Lahr , Stockach und Ziegels