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Die Gleichheit
werbsmäßigen Stellenvermittler in Zukunft gelten sollten. Die Stellenvermittlung wird von vielen Ortsgruppen selbständig bes trieben und wirkt sehr segensreich. Einzelne Ortsgruppen haben sich städtischen oder von den Städten subventionierten Nachweisen angeschlossen. An Anregungen für die Agitation hat es die Zentralstelle und das Verbandsorgan nicht fehlen lassen; die Schwierig leiten der Agitation unter den Hausangestellten sind jedoch sehr groß, namentlich weil diese nicht wie die Arbeiter in größeren Massen zusammenarbeiten. In Braunschweig , Breslau , Danzig und Jena machten die Polizeibehörden den Organisationen Schwierig feiten. Der Braunschweiger Verein wurde siebenmal angeklagt, aber ebenso oft freigesprochen. In Jena forderte die Polizei entgegen den gesetzlichen Bestimmungen, daß die unter 18 Jahre alten Mit glieder ausgeschlossen werden sollten. Die Gründung des Verbandes hatte zur Folge, daß sich„ christliche" Dienstbotenvereine eifrig um die Gewinnung der Mädchen bemühten, und daß die„ Gnädigen" mit der Bildung von Hausfrauenvereinen auf dem Plan erschienen. Die Damen lassen sich die Gründung von Hausdienstausschüssen, die Arbeitsvermittlung und die Durchführung eines bestimmten Arbeitsvertrages angelegen sein. Es ist ihnen gelungen, die Christlichen zur Beteiligung an diesem Blendwerk zu veranlassen, und gar zu gern nähmen sie auch den Zentralverband ins Schlepptau. Die Ortsgruppen sind jedoch auf Grund der gemachten Erfahrungen dringend davor zu warnen, ihrerseits auch mitzutun. Der Kassenbericht, den Genossin Hanna- Berlin gab, weist eine Einnahme von 41 662,91 Mt. darunter Zuschüsse der Generalkommission in der Höhe von 15 200 Mt. und eine Ausgabe von 88 440,98 Mt.
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Die Generalversammlung beschloß, den Monatsbeitrag der Mitglieder auf 50 Pf. zu erhöhen, von denen 50 Prozent den Ortsgruppen verbleiben. Diesen wurde überlassen, das Eintrittsgeld gleichfalls bis auf 50 Pf. zu steigern; 20 Pf. davon fallen der Haupttasse zu. Genossin Baar hielt ein Referat über„ Agitation", an das sich eine anregende Debatte knüpfte. Es wurde beschlossen, eine zweite Vorsißende für das Zentralbureau anzustellen, die Gehälter der Verbandsbeamten zu regeln, ein Merkbüchlein mit Kalender herauszugeben usw.- über„ Stellenvermitlung und Arbeitsnachweis" referierte Genossin Kähler- Hamburg. Auf Grund ihrer Erfahrungen als Leiterin des Stellennachweises der Hambur ger Organisation schilderte sie die vielfachen Bemühungen der verschiedenen Streise, die Dienstmädchen von dem Zentralverband zuzurückzuhalten. Diesen Bestrebungen müsse eine noch stärkere Propaganda für den Verband entgegengesetzt werden. Vor allem gelte es, die Mütter aufzuklären, damit sie ihre Töchter veranlassen, sich den Ortsgruppen des Zentralverbandes anzuschließen. Die Stellen nachweise müssen nicht nur Vermittlungsstellen sein, sondern auch Erziehungsstätten für den Klassenkampf. Bis die Gesindeordmungen fallen, muß der Arbeitsvertrag des Genossen Stadthagen durchgeführt werden, der den Dienstboten eine Regelung ihrer Arbeitsverhältnisse und eine gewisse persönliche Freiheit sichern will. In der Diskussion betonten die meisten Rednerinnen, daß der Verband größten Wert auf die Errichtung eigener Stellennachweise legen muß. Die paritätischen Nachweise haben in fast allen Fällen nicht die Besetzung, die dem Verband den notwendigen Einfluß auf ihre Praris sichert. Genossin Grünberg behandelte das Thema:„ Fortbil dung, Unterhaltung, Geselligkeit." Sie empfahl zur Fortbil dung der Mitglieder die regelmäßige Abhaltung monatlicher Mitgliederversammlungen mit Vorträgen über Geschichte und Sozialpolitif, über Gesundheitslehre und Körperpflege. In den fleinen Städ ten, wo sich solche Mitgliederversammlungen nicht leicht durchführen lassen, sollten Vortragskurse stattfinden, an denen mindestens sämtliche Verwaltungsmitglieder teilnehmen, damit diese selbst für die Agitation geschult würden. Außerdem könnten literarische Abende abgehalten werden, an denen schöngeistige und wissenschaftliche Werke zum Vortrag kämen. Solche Veranstaltungen seien durch eine kleine eigene Vereinsbibliothek zu ergänzen und den Anschluß an eine bestehende Arbeiterbibliothet. Die Mitgliederversammlungen könnten mit einem geselligen Beisammensein abschließen. Die Diskussions rednerinnen stimmten der Referentin in fast allen Einzelheiten zu. Sie schlugen noch vor, Wanderbibliotheken zu schaffen, Nähabende und Spiele im Freien abzuhalten und auch Vorträge über die Stel lung der Frau in der Gesellschaft halten zu lassen. Die Zentrale soll den einzelnen Ortsgruppen, je nach der Notwendigkeit, Mittel zur Einrichtung von Nähabenden zur Verfügung stellen. Genossin Baar wurde als erste Vorsitzende einstimmig wiedergewählt, der Posten einer zweiten Vorsigenden soll ausgeschrieben werden. Sizz des Ausschusses ist Hamburg , seine Vorsitzende Genossin Luise Kähler. Der nächste Verbandstag findet in 8 Jahren in Leipzig statt. Die Beitragserhöhung und die geänderten Statuten treten am 1. Juli in Straft. W. K.
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Frauenstimmrecht.
Nr. 16
Die Wahlrechtsdemonstration der sozialistischen Franen in den Vereinigten Staaten hat dieses Jahr wieder wie seither am letzten Sonntag des Februar stattgefunden. Der Erfolg des Frauentags war heuer noch größer als in den vorigen Jahren. Von der Küste des Atlantischen bis zu der des Stillen Ozeans haben in der großen Republik in allen Zentren der sozialistischen Bewegung Versammlungen stattgefunden. Die Sekretärin des Frauennationalfomitees der Sozialistischen Partei wurde mit dem Ersuchen um Rednerinnen und Redner geradezu beſtürmt. Die sozialistischen Blätter hatten fast überall eine besondere " Frauennummer" herausgegeben, und auch Flugschriften und andere Veröffentlichungen dienten dem Zwecke des Tages. In Rede und Schrift ist die Forderung des allgemeinen Frauen. wahlrechts vor die breitesten Massen getragen, ist diesen aber auch flar gemacht worden, daß die politische Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts nur Mittel zum Zweck ist, und daß der Sozialismus allein die volle Befreiung aller Frauen bringt. Besonders eindrucksvolle Kundgebungen haben stattgefunden in New York und den Orten der Umgebung, ferner in Chicago , Philadelphia , Boston , Pittsburg , St. Louis , New Orleans , Denver, Los Angeles usw. In Chi cago sprach die angesehene Schriftstellerin Stetson Gil. man; in New York fanden gleichzeitig zwei imposante Ver anstaltungen statt, eine für die deutschen Frauen, in der unter anderen unsere Genossin Joos aus Gotha sprach, und eine zweite für die englisch sprechenden Frauen, in der Genossin Wood Simons zu den Rednerinnen gehörte, eine der bedeutendsten Vorkämpferinnen des Sozialismus in den Vereinigten Staaten . Auch die Kundgebungen in Brooklyn , Elisabeth und Newark waren ein Erfolg. In vielen Orten wurde der Eindruck der Feier durch künstlerische Darbietungen noch erhöht. Die Sozialistische Partei hat überall die Kundgebung kräftig gefördert und wertet sie als ein vorzügliches Mittel, breite Massen, und zwar besonders von Frauen für den Sozialismus zu ge
pinnen.
Wie wirkt das Frauenwahlrecht bei den Stadtverordneten. wahlen in Kopenhagen ? Auf diese Frage hat die Wahl vom 12. März zum zweitenmal seit Einführung des kommunalen Frauenwahlrechts in Dänemark eine Antwort gegeben. Es sei zuvor daran erinnert, daß das kommunale Wahlrecht für beide Geschlechter gleich, jedoch nicht allgemein ist. Wahlberechtigt ist nur, wer eine bestimmte Einkommensteuer entrichtet, die allerdings nicht sehr hoch ist, aber bei der niedrigen Entlohnung der Frauenarbeit gerade viele alleinstehende Proletarierinnen bon dem Besitz des Wahlrechtes ausschließt. Verheirateten Frauen wird das steuerpflichtige Einkommen ihres Gatten angerechnet. Das Stimmrecht darf nicht von Wahlberechtigten ausgeübt werden, die im letzten Jahre ihre Einkommensteuer nicht entrichtet haben. Das erste Mal sind in Dänemark die Frauen als Vollbürgerinnen in der Gemeinde 1909 zur Urne gegangen. Über ihre Beteiligung an dieser Wahl in Kopenhagen ist fürzlich eine sehr ausführliche offizielle Statistik erschienen. Danach haben von den wahlberechtigten Männern 80,5 Prozent abgestimmt, von den wahlberechtigten Frauen aber nur 69,4 Prozent. Bei den Männern wie bei den Frauen schwankt die Wahlbeteiligung mit dem Einkommen, wenn auch nicht bei beiden genau in der gleichen Weise. Von den wahlberechtigten Proletariern machten durchschnittlich 81,1 Prozent von ihrem Stimmzettel Gebrauch. Am stärksten stimmten die Arbeiter mit einem Einkommen von 1200 bia 1500 Kronen ab, nämlich au 88 Prozent, der Verhältnissat fant bei einem höheren Einkommen und betrug bei einem solchen von 2000 Kronen und darüber nur noch 83 Prozent. Am schwächsten war die Wahlbeteiligung mit 65,2 Prozent bei den Proletariern mit einem Jahreseinkommen von 800 bis 1000 kronen. 88,3 vom Hundert der wohlhabenden Fabrikanten mit einem Einkommen bon 6000 kronen und mehr übten ihr Stimmrecht aus. Was die weiblichen Wahlberechtigten anbelangt, so zählte man deren 23 165 aus der Arbeiterklasse, darunter aber rund nur 400 Unverheiratete und Witwen. Von den Unverheirateten stimmten 74,8 Prozent, von den Witwen 61,4 Prozent. Jm Durchschnitt gingen 70,1 vom Hundert der wahlberechtigten Arbeiterfrauen zur Urne, aber auch bei ihnen stieg und fiel die Beteiligung mit dem Einkommen. Bei einem solchen von 800 bis 1000 Kronen wählten nur 53,5 Prozent, bei 1000 bis 1200 Kronen 62,1 Prozent, bei 1200 bis 1500 Kronen 80,3 Prozent, bei 1500 bis 2000 Stronen 76 Prozent. Die Wahlbeteiligung der Ministerund Fabrikantenfrauen blieb im Mittel hinter der durchschnitt