t

e

222

e

Nr. 19

Die Gleichheit

lichen Schulen. Es ist also ausgeschlossen, daß Arbeiter­finder jemals in sie hineinkommen. Aber diese Anstalten er­bringen jedenfalls den Beweis, daß der aufgezeigte Unter­richtsbetrieb möglich ist.

Nur freilich darf man sich nicht dem Wahne hingeben, daß der Staat und die besitzenden Klassen jemals solche Schulen fürs Volk einrichten werden. Denn die Demut, die Knecht­seligkeit kann so frei erzogenen Kindern so leicht nicht bei­gebracht werden. Und der Drill zu diesen Tugenden" ist ja das Hauptziel der staatlichen Volksschule. Sache der So­zialdemokratie wird es sein, solchen Unterricht für das Volk zu erkämpfen und damit einen Zustand herbeizuführen, in dem alle Anteil haben an der Bildung ihrer Zeit. J. B.

Die Verwaltungszentrale des Deutschen Holzarbeiterverbandes.

Ein Verbandshaus der deutschen Holzarbeiter wird binnen Jahresfrist in Berlin erstehen. Der zentrale Verwaltungskörper des Deutschen Holzarbeiterverbandes ist mit der ständig wachsen­den Mitgliederzahl und dem Ausbau der vielseitigen Unter­stügungseinrichtungen immer umfangreicher geworden. Es er­schien daher nicht länger ratsam, ihn in gemieteten Räumen unter­zubringen, die eine planvolle Anlage und weitere Ausdehnung der Arbeitsräume nicht zuließen und in denen ständig die Ge­fahr der Kündigung drohte. So hat denn bereits der Verbands­tag in München 1910 die Errichtung eines eigenen Verwaltungs­gebäudes beschlossen. Mit der Ausführung dieses Beschlusses folgt der Verband dem Beispiel anderer großer Gewerkschaften.

-

Das Tätigkeitsgebiet einer solchen Verbandszentrale ist um­fangreicher und ihre Arbeitslast größer, als es dem Fernstehen­den auf den ersten Blid erscheinen mag. Da ist zunächst die Ver­waltung der gewaltigen Summen der Deutsche Holzarbeiter­verband arbeitete 1911 mit 5 Millionen Mark Reineinnahme­die von rund 900 Bahlstellen zusammenströmten und deren Fluß nach den jeweils unterstützungsbedürftigen Orten geleitet werden muß. Freilich, bar Geld kommt in die Verbandszentrale fast gar nicht, das geht alles von der Post unmittelbar zur Bank, in der es zinstragend niedergelegt wird. Dafür erfordert aber die Prü­fung der Abrechnungen aller Zahlstellen sowie die Beaufsichtigung der Unterstützungsauszahlungen schon einige Kräfte, um den Mit­gliedern eine gewissenhafte Verwendung ihrer Beiträge zu ge währleisten. Die wichtigste Aufgabe der Gewerkschaften jedoch, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch die Führung von Lohnkämpfen, verlangt die ständige Beobachtung des Arbeits­marktes. Das geschieht unter anderem durch die regelmäßige monatliche Zählung der Arbeitslosen. Unumgänglich notwendig ist die Kenntnis der jeweiligen Lohn- und Arbeitsverhältnisse in den vielen einzelnen Zweigen des Gewerbes. Zu diesem Zwecke werden regelmäßig lohnstatistische Aufnahmen über ganz Deutsch­ land vorgenommen. Gegenwärtig arbeitet die Verbandszentrale der Holzarbeiter eine Lohnstatistik der Bau- und Möbeltischler aus. Eine gewissenhaft geführte Sammlung aller geltenden Tarif­berträge, zurzeit sind es deren 948, gibt jederzeit Aufschluß über deren Ablauf sowie über fällige Verbesserungen der Lohn- und Arbeitsverhältnisse und ermöglicht dem Verband die berwachung der getroffenen Vereinbarungen. Umfangreicher noch ist die Sta­tistik der Lohnbewegungen, mit der eine genaue Kontrolle sämt­licher Streitausgaben in Verbindung steht.

Der Verkehr mit den vielen Zahlstellen und den Einzelmit­gliedern sowie die Führung der Lohnkämpfe und Tarifbewegungen machen einen ausgedehnten Briefwechsel notwendig. So erreichten zum Beispiel die Posteingänge im Jahre 1912 die Zahl von rund 48 000, wobei es sich zumeist um schriftliche Mitteilungen handelt. Die Ausgänge betrugen ohne die regelmäßigen Zeitungssendungen rund 70 000 und erforderten allein einen Portoaufwand von 9858 Mart. Der Agitation dienen zahlreiche Flugschriften, die teils all­gemein gehalten find, teils sich den besonderen Branchenverhältnissen anpassen. Ihre Ausarbeitung liegt gleichfalls der Verbandszentrale ob. Die alljährliche Erneuerung der nach acht- oder zehnjähriger Benutzung nicht mehr verwendungsfähigen Mitgliedsbücher er­fordert Raum und Arbeitskräfte. Im letzten Jahre gab es deren etwa 10 000 neu auszustellen. Dazu kommt die regelmäßige Um­schreibung und Umrechnung der Bücher der vom Ausland oder von anderen deutschen Gewerkschaften übertretenden Mitglieder sowie die Erneuerung verloren gegangener Bücher. Große Vor­

295

räte an Mitgliedsbüchern, Beitragsmarken, Formularen, Adressen­verzeichnissen, Plakaten, Handzetteln und sonstigem Verwaltungs­material lagern auf der Zentrale und kommen regelmäßig zum Versand an die Zahlstellen. Ferner führt der Holzarbeiterverband eine eigene Versandbuchhandlung, die den Bedarf der Mitglieder und der Bahlstellenbibliotheken in allen Literaturerzeugnissen deden tann. Dem Verbandsbureau angegliedert sind Redaktion und Erpe­dition der beiden Verbandszeitschriften. Es sind dies das wöchent­lich erscheinende Verbandsorgan, die" Holzarbeiterzeitung", und das Fachblatt für Holzarbeiter", Monatsheft für fachtechnische Fortbildung. Das Verbandsorgan hat gegenwärtig eine Auflage bon 187 000 Exemplaren und wird allen Mitgliedern frei geliefert. Weibliche Mitglieder können auf Wunsch statt seiner die Gleich­heit" erhalten, von der für diesen Zweck gegenwärtig über 6000 Exemplare regelmäßig bezogen werden. Dagegen wird das illu strierte Fachblatt für Holzarbeiter" nur im Abonnement zu dem allerdings sehr billigen Preise von 1 Mt. pro Vierteljahr abge­geben. Das Fachblatt" hat es in den sechs Jahren seines Be­stehens auf eine Auflage von 10 000 Exemplaren gebracht und gilt besonders für solche, die sich in der Tischlerkunst weiterbilden wollen, als ein gutes Lehrmittel. Es wird in der Druckerei J. H. W. Diez Nachfolger in Stuttgart hergestellt, die auch die Gleichheit" druckt, während die Holzarbeiterzeitung" und die meisten anderen Drucksachen des Verbandes aus der Vorwärts". buchdruckerei in Berlin hervorgehen. Wenn erst das Verbands­haus fertiggestellt ist, soll dort eine eigene Buchdruckerei erstehen, die dann alle die bedeutenden Druckaufträge des Verbandes ausführt.

Schon dieser flüchtige Blick über die Tätigkeit der Verbands­zentrale läßt den Umfang der zu bewältigenden Arbeit erkennen. Als der deutsche Holzarbeiterverband im Juli 1893 seine Tätig­feit aufnahm, führten 5 Mitglieder die Arbeiten an der Zentrale beruflich aus, heute sind es 25, zu denen noch 2 Schreibmaschi­nistinnen und 3 Pader sowie gelegentlich einige Aushilfskräfte kommen. Allerdings hat der Verband in dieser Zeit seine Mit­gliederzahl mehr als verachtfacht.

Das neue Verbandshaus wird am Köllnischen Park gegenüber dem Märkischen Museum im Zentrum von Berlin errichtet wer­den. Die 1266 Quadratmeter Grund und Boden sind Ende März für 357 000 Mt. erworben worden. Die Kosten des ganzen Baues sind auf rund 900 000 Mt. veranschlagt. In die unteren Räume wird später das ebenfalls schon ziemlich umfangreiche Bureau der 28 000 Mitglieder umfassenden Berliner Verbandszahlstelle gelegt werden. Noch verfügbarer reichlicher Raum soll zunächst für Woh­nungen dienen und ermöglicht die später etwa notwendige Aus­dehnung der Bureaus.

Aus Anlaß der gerichtlichen Auflassung des neu erworbenen Grundstückes an den Deutschen Holzarbeiterverband oder genauer an die für ihn zeichnende G. m. b. H. Verlagsanstalt des Deut schen Holzarbeiterverbandes" wirft die Holzarbeiterzeitung" einen Rückblick auf die Entwicklung der Verbandszentrale. Einige Daten daraus dürften auch hier interessieren. Ein besonderes Verwal­tungsbureau hat bereits der Vorgänger der heutigen Organi­sation, der Deutsche Tischlerverband, seit dem Jahre 1884 be­sessen, zu dessen Beginn der im Jahre 1908 verstorbene Genosse Karl Kloß das Amt als besoldeter Verbandsvorsitzender antrat. Damals und noch lange nachher genügte als Verwaltungsbureau ein Zimmerchen in Kloß' Wohnung in Stuttgart , für das man 120 Mt. Jahresmiete auswarf. Die Verbindung von Woh­nung und Bureau blieb selbst noch aufrechterhalten, als am 1. Juli 1893 der Deutsche Holzarbeiterverband ins Leben trat und nun gar bald neben den Tischlern und Drechslern auch die Korbmacher, Stellmacher und Bürstenmacher umfaßte. Erst im Jahre 1896 wurde das Verbandsburau abgetrennt und hat seitdem noch ebenso häufig sein Heim wechseln müssen wie früher mit der Wohnung des Vorsitzenden. Die vielen Umzüge waren stets durch das Wachsen der Organisation bedingt. Nachstehende Zahlen mögen diese Entwicklung des Verbandes veranschaulichen:

Jahr

Mitglieder

Bahlstellen

Insgesamt weibliche

Gesamt­einnahme Mr.

1893. 1894. 1896 1900.

356

.

404

23774 26144

118938

401

194770

476

37816

458

821 669

568

70630

755

1108954

660

105386

635

1813515

1908.

811

144259

3024

8871260

1911.

874

182750

6349

4948666

1904