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Die Gleichheit
sind zwei linsengroße, blutunterlaufene, ver= dickte Partien usw." Fräulein B. zog es vor, die„ feine Hotelfüche" anderswo zu erlernen, sie verließ sofort die gastliche Lehrstelle und verlangte das Lehrgeld zurück sowie ein Zeugnis über ihre bisherige Tätigkeit. Dieser Forderung- kam die Hotelbesitzerin teilweise nach; da die Eltern der B. auf weitere Schritte verzichteten, so wurde ein Prozeßverfahren abgeschnitten. Frau Bunte soll nach Angabe Fräulein Bs. schon früher mit einem anderen Mädchen ähnlich schlagfertig umgegangen sein. Außer über Ohrfeigen und Kaffe zweiter Güte hat das Hauspersonal in diesem Hotel noch über Wanzen zu flagen, die es um seine sauer verdiente Nachtruhe bringen. Als Besizerin eines„ erstklassigen" Hotels sollte Frau Bunte ihre Schlagkraft lieber gegen die Wanzen als gegen ihr Personal verwenden. Aber vielleicht fürchtet sie, ohne die Wanzenplage könnten die Angestellten zu lange schlafen. Die Angestellten dieses Betriebs sollten aber nicht auf den guten Willen der Besitzerin zur Beseitigung solcher Mißstände warten, sie müssen sich im Hausangestelltenverband zusammenschließen, dann werden Ohrfeigen, Kaffee zweiter Güte und Wanzen bald aus ihren Arbeitsbedingungen verschwinden.
Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen.
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V.
Gefahrvolle Arbeit von Frauen. Alljährlich im Frühjahr zur Triftzeit fann man in der frommen Bischofsstadt Passau Frauen bei einer Arbeit beobachten, die wegen ihrer Gefährlichkeit schon längst verboten gehört. Auf der sogenannten Stromlänge, das ist bei der Einmündung der Ilz in die Donau , sind Arbeiterinnen beim Transport von Baumstämmen beschäftigt, der„ Sägeblöcher", die 3 Meter Länge haben. Alljährlich im Frühling werden die im Innern des Bayerischen Waldes gefällten Baumstämme getriftet. das heißt auf den Bächen und Flüssen nach den Sägewerfen in Passau gebracht. Trotzdem in neuerer Zeit sogenannte Waldbahnen für die Verfrachtung der Stämme gebaut worden sind, hat die Trift noch nicht an Bedeutung verloren. Auf der Jlz werden jährlich noch immer 150 000 bis 200 000 Stämme 40 000 bis 60 000 Subifmeter Holz- nach Passau angeschwemmt. Im Winter bringt man die Stämme an die Ufer der Gewässer, die sich infolge ihres geringen Wasserstandes und der Zerklüftung durch Gestein zu dieser Zeit zur Flößerei nicht eignen. Bei der Schneeschmelze im Frühjahr wird das Holz in die Wasserläufe geworfen, in denen es weiterschwimmt. An der Stapelstelle bei Passau ist der Fluß abgesperrt, hier stauen sich die angeschwemmten Holzmassen in kaum zu übersehender Menge. Aus dem Wasser gezogen, türmen sich bald die Sägeblöcher zu haushohen Haufen auf, die der Gegend ihr eigentümliches Gepräge geben. Die schwere Arbeit dee Aufstapelns der Stämme ist zum größten Teil Frauenarbeit. Eine Maschine gibt einer Kette mit Greifeisen Bewegung, das in ununterbrochenem Gange die Sägeblöcher aus dem Wasser herausholt. Je vier Arbeiterinnen nehmen einen solchen Stamm i Empfang, rollen ihn weiter bis zum Stapelplatz und dann hinauf auf den Ganter. Hintereinander befördern die Arbeiterinnengruppen auf diese Weise das Holz 10 und 15 Meter hoch hinauf bis zu Haushöhe. Mit ihrer Last oben angekommen, müssen die Frauen über all die unterdessen nachgerollten Baumstämme zurücksteigen. Schuhe können sie dabei nicht tragen, da die Bäume entrindet und glatt, infolge ihrer Nässe aber überdies schlüpfrig sind. Die Arbeiterinnen müssen daher ihr Geschäft in bloßen Füßen verrichten. Und für diese schwere und gefährliche Arbeit, die 10 bis 11 Stunden täglich getan werden muß, gibt es einen Verdienst meist noch unter 1,50 Mt., selten über diesen Betrag hinaus. Für Schutz des Leibes und des Lebens ist bei der gefahrvollen Arbeit keine Vorsorge getroffen. Wehe, wenn oben einer Arbeiterin die Kräfte versagen, mit Donnergepolter stürzen die Sägeblöcher herunter, die nachgerollten Stämme mit den Arbeiterinnen in die Tiefe reißend. Der Kapitalismus kennt keine Rücksicht auf das Menschentum, das Weibtum der Ausgebeuteten, ein Arbeiterleben wiegt für sein Profitkonto nicht einen Strohhalm, und Arbeiterinnen sind in der Passauer Gegend noch billigste Ausbeutungsobjekte. In den katholischen Arbeitervereinen sorgen die Herren Kapläne schon dafür, daß die ausgewucherten Proletarier der modernen Arbeiterbewegung ferngehalten werden. Sie sollen ihr Glend und das ihrer Frauen und Kinder nicht begreifen, sollen nicht verstehen lernen, daß es nicht ewiger Gotteswille ist, sondern wandelbares Menschenwerk.„ Selig die Armen im Geiste." Es ist ein großes Verdienst des Holzarbeiterverbandes, daß er sich der so hart ausgebeuteten Frauen annimmt. Er hat ihre Lage vor die Öffentlichkeit gebracht und fordert, daß der Staat zum Schutze der Arbeiterinnen einschreitet. Die bayerische Zen
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trumsregierung wird wohl schwerlich auf diese selbstverständliche Forderung reagieren. Wurde in Bayern doch erst vor drei Jahren das Tragen von Steinen und Mörtel auf Bauten durch Arbeiterinnen verboten. Das Rollen und Aufstapeln der Sägeblöcher ist nicht minder aufreibend und noch gefahrvoller. Es gehört unstreitig zu den Verrichtungen, die den weiblichen Organismus besonders schädigen. Es müßte also gesetzlich verboten werden. Heutzutage werden sogar nicht selten schwangere Frauen bei der ungeeigneten, gefahrvollen Arbeit beobachtet. Wieviel dauernder Schaden für Mutter und Kind ist darauf zurückzuführen. Die Zentrumsherren im Landtag und in der Regierung Bayerns preisen die„ jungfräuliche Gottesmutter" mit dem Kind, sie stiften ihrem Bilde Kerzen und kostbaren Schmuck. Für Hunderte irdischer Mütter haben sie nicht die Rücksicht, die der verständige Bauer seiner trächtigen Ruh widerfahren läßt. Der Profit des ausbeutenden Reichtums vor allem. Wie stehet doch geschrieben? An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!
a. r.
Sozialistische Frauenbewegung im Ausland. Folgenden Gruß der italienischen Sozialistinnen an die aus dem Kriege heimkehrenden Soldaten veröffentlicht die tapfere ,, Difesa delle Lavoratrici":" Wären wir an den Bahnhöfen, wenn von den blutigen Schlachtfeldern der afrikanischen Küste unsere überlebenden Brüder der Arbeit, des Kampfes, des Strebens zurückkehren, so würden auch wir ihnen unseren Gruß entbieten und Worte unseres Glaubens an sie richten. Wir würden ihnen also sagen: Seid gegrüßt im Namen des Sozialismus, der diesen Krieg nicht gewollt hat und der alle Kriege verabscheut. Niemand hat wie wir das Recht und die Pflicht, euch zu grüßen, die ihr von einer Stätte zurückkehrt, wohin euch die nackte Gewalt mit Hilfe der eisernen Strenge eines Gefeßes geschleppt hat, das ohne euch gemacht worden ist. Wenn andere als Sozialisten euch jetzt die Hände schütteln, euch grüßen und die Luft mit ohrenbetäubendem Hochrufen erfüllen, so wißt, daß sie nichts anderes als Heuchler sein können. Ihr jungen Proletarier, die ihr heute noch Fremdlinge im Vaterlande seid, die ihr stets verachtet werdet, wenn ihr an der Seite eurer Väter, Mütter und Brüder auf dem Schachtfeld der Arbeit kämpftet, um ein wenig mehr Brot, Frieden und Gerechtigkeit zu erobern: ihr werdet nun und nimmer das verräterische Tun jener Pfaffen und Bourgeois vergessen, die sich gestern gegen euch und eure Angehörigen verbündet hatten und die heute euch in den Himmel erheben möchten. In euch muß die Erinnerung des Schmerzes lebendig sein, der euch durchwühlte, als die Einberufungsorder kam, als ihr wußtet, daß ihr zu einem Kriege gezwungen werden solltet, gegen den wir Sozialisten wuchtigen Protest erschallen ließen. Ihr lebtet in eurem Heim, die Freuden und Leiden der Eurigen teilend. Ihr begehrtet nichts als Gelegenheit, eure Arme und eure Intelligenz in ehrlicher Arbeit für den Preis eines bescheidenen Brotes zu gebrauchen. Die Arbeit, die stetige fruchtbare Arbeit für das Wohl aller war der Traum eurer Tage. Die Goldgier der Bourgeoisie, der Mordpatriotismus säbelrasselnder Maulhelden, der Profit der Banca di Roma der Pfaffen: sie haben euch aus dem einfachen, arbeitsreichen und ruhigen Leben der Felder, Werkstätten und des Heims gerissen; sie zogen euch den ehrenvollen Kittel des Arbeiters und Handwerkers aus und steckten euch in den bunten Soldatenrock; sie schlugen euch alle edlen Werkzeuge der Arbeit und des Lebens aus der Hand und zwangen euch Waffen auf, Werkzeuge des Schreckens und des Todes. Ihr zoget fort, und eure Schmerzenstränen vermischten sich mit den Schmerzenstränen eurer Lieben. In der Ferne, auf dem glühenden, mörderischen Wüstensand habt ihr eure Pflicht getan. Das erfären alle, und wir glauben es. Wir glauben es, denn wir wissen, daß ihr tapfere und ehrliche Arbeiter seid; nachdem euch die nackte Gewalt inmitten des Kugelregens gestoßen hatte, mußtet ihr auch tapfere Soldaten sein. Nun erfüllt Zufriedenheit und Freude eure Brust. Inmitten von tausend Gefahren hat euch der Tod verschont und ihr kehrt in euer Heim zurück, um euren Bräuten und Frauen, euren Kindern und Eltern Trost und Freude zu bringen. Was aber von den Tausenden sagen, die nicht wiederkehren, die nie mehr zurückkehren wer= den? In ihren Hütten wird die Not und in den Herzen der Ihrigen der Schmerz ewiger Gast sein. Euch, die ihr die Heimat grüßt, euch fällt zusammen mit uns eine große Pflicht zu, zusammen mit uns, denn bald werden wir auf den Feldern und in den Werkstätten wieder beieinander sein. Die Pflicht, daß wir alle unsere Kampfes posten in Reih und Glied der sozialistischen Bewegung einnehmen, um die Schönheit und Kraft der proletarischen Solidarität zu erweisen und in naher Zukunft die gewaltige und menschenwürdige