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Die Gleichheit

im fernen Often des Reiches, Köln  , Düsseldorf  , Bremen  , Essen, Dortmund   im Westen, Hamburg   und Berlin  im Norden, München  , Nürnberg  , Stuttgart  , Rarls= ruhe im Süden. Die Parteiorganisationen in Dresden  , Leipzig  , Chemnik, Plauen   hatten Genossinnen dele­giert, ebenso die von Magdeburg  , Halberstadt   und an­deren Orten. An den Arbeiten des Parteitags nahmen außerdem teil: Genossin 8iet als Beifißerin im Parteivorstand, Genossin Bettin als Mitglied der Kontrollkommission, Genossin Baader als Vertreterin des Frauenbureaus. Der Parteitag wählte die letztgenannte als Schriftführerin in das Bureau, Genossin Bollmann- Halberstadt in die Mandatprü­fungsfommission. Genoffin Wulff befürwortete bessere tünstlerische Ausgestaltung der Neuen Welt". Genossin Fah renwald sprach zum Reorganisationsentwurf und unterstüßte den Vorschlag, das Frauenbureau aufzuheben und der Gleich berechtigung der Frauen in der Partei dadurch Ausdruck zu geben, daß statt der Beisigerin eine Sekretärin dem Parteivorstand an­gehören müsse. Zur Frage der Kinderschutzkommission hielt Ge= noffin Demming eine gute Jungfernrede". Genossin Bieb griff als Vertreterin des Parteivorstandes wiederholt in die Debatte ein. Sie empfahl dem Parteivorstand den Antrag des Ge­noffen Rosenfeld zu überweisen, den Frauentag nächstes Jahr wieder auf einen früheren Termin zu legen, und behandelte eine Reihe von Anträgen, die sich auf die Ausgestaltung unserer Bresse und Agitationsliteratur bezogen. So wies sie die Forderungen zurüd, die Gleichheit" solle inhaltlich weniger hoch gehalten sein und die Kinderbeilage möge abgesondert von dem Hauptblatt ab­gegeben werden. Sie teilte mit, daß das Erscheinen einer Mode­aeitung oder richtiger eines praktischen Ratgebers für Proletarie­rinnen ins Auge gefaßt sei und daß der Verlag Vorwärts" eine Broschürenserie herausgebe, die besonders für die Schulung der Genosfinnen bestimmt sei und gleichsam eine kleine Frauen­bibliothek bilde. Sehr wirksam begründete sie eine strenge und verstärkte Durchführung des Schnapsboykotts. Genossin Bettin übersetzte die Ansprache des Vertreters der Sozialistischen Partei Frankreichs  , des Genossen Ta chin, und sprach in der Debatte über den Ausschluß Hildebrands. Da der Vorschlag der Kom­mission zur Reorganisation Annahme fand, so wurde Genofsin 8ie nicht wie seither als Beisiberin, sondern als Sefre tärin in den Parteivorstand gewählt, Genossin Bettin gehört wieder der Kontrollfommiffion an. In Verbindung mit dem Parteitag fand eine Besprechung der Genossinnen statt, über die wir in nächster Nummer berichten.

Jahresbericht der Genoffinnen Hamburgs. Die Frauen­bewegung Hamburgs   hat im letzten Jahre prächtige Fortschritte gemacht. Die Zahl der weiblichen Parteimitglieder ist in den letzten drei Jahren erheblich gestiegen. Im Geschäftsjahr 1908/09 zählte die Partei 4817 weibliche Mitglieder; 1909/10: 5024, ein Mehr von 207; 1910/11: 5895, ein Mehr von 871( 25,8 Prozent); 1911/12: 8004, ein Mehr von 2109( 41 Prozent). Hiervon ent­fallen 1639 auf den dritten Hamburger Wahlkreis, der räumlich am ausgedehntesten ist. Ist der rasche Aufschwung in der Zahl der weiblichen Mitglieder 1911/12 auch mit Freuden zu begrüßen, so kann er uns doch noch keineswegs befriedigen. Im Verhältnis zur Gesamtmitgliedschaft von 60 929 machen die 8004 weiblichen Mitglieder doch erst rund den siebenten Teil aus. Vieles bleibt noch zu tun übrig. Nicht nur die numerische Stärkung der prole­tarischen Frauenbewegung darf der Zwed unserer Mühen sein. Es gilt auch überzeugte, opferfreudige klassen­fämpferinnen, erziehungstüchtige Mütter zu bilden. Diesem Zwecke dienten 61 Frauen- Bildungs- und Diskutierabende, die seit Dezember vorigen Jahres in den verschiedenen Stadtteilen bestehen und in denen ein guter Stamm arbeitsfreudiger und lerneifriger Genofsinnen herange­bildet wurde. Aus ihren Reihen sind die zehn weiblichen Be= stellkommissionen entstanden, die durch unermüdliche Kleinarbeit nicht zum wenigsten mit an dem starken Mit­gliederzuwachs im letzten Jahre beteiligt sind. Diese Bestellkom­missionen luden durch 12 500 Handzettel regelmäßig die weiblichen Parteimitglieder zu den Frauenagitationsversammlungen ein, die in den verschiedenen Distrikten und Stadtteilen monatlich ſtatt­finden. Im letzten Jahre tagten 35 solcher Versammlungen. Viele Mitglieder und Gleichheit" abonnenten sind bei diesen Gelegen­heiten gewonnen worden.

Auf Wunsch der Genossinnen wurde im März dieses Jahres bon der Zentralkommission für das Arbeiterbil­dungswesen ein literarhistorischer Vortragszyklus von drei Vorträgen für die Frauen veranstaltet, der Heinrich Heine   und

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das junge Deutschland  " dem Verständnis der Genossinnen näher brachte. Diese Vorträge, für die die Genoffinnen den Vertrieb der Karten à 10 Pf. übernommen hatten, wurden stark und regel­mäßig, fast nur von Frauen, besucht; 577 Einlaßkarten wurden verkauft. Dem Wunsche der Genossinnen nach Wiederholung solcher Vortragszyklen wird in nächster Zeit Rechnung getragen werden. Jn 19 öffentlichen, zum Teil überfüllten Frauenver­sammlungen wurde im Oktober vorigen Jahres wuchtiger Pro­test gegen die Lebensmittelteuerung erhoben; und 17 öffentliche Frauenversammlungen fanden zum diesjährigen Frauentag statt. Beide Veranstaltungen brachten einen er­heblichen Mitgliederzuwachs. In den Teuerungsversammlungen wurden allein 235 Gleichheit" abonnenten gewonnen. Auch den schwierigen erweiterten Aufgaben innerhalb der Kinderschutz­fommissionen haben sich eine Anzahl Genossinnen zum Teil mit großer Hingabe gewidmet. Doch muß die weibliche Mitarbeit auf diesem Gebiet wachsen. Auch in der Jugendbewegung find einzelne Genossinnen mit gutem Erfolg als Leiterinnen tätig; doch läßt auch hier noch die Zahl der weiblichen Funktionäre zu wünschen übrig. Dennoch liegt kein Anlaß zu Kleinmut vor. überall lassen kräftige Anfäße auf eine fruchtbringende Zukunft schließen. Hat sich die Proletarierin erst zur klaren Erkenntnis ihrer Lebens- und Klassenlage durchgerungen, so gehört sie mit Leib und Seele dem proletarischen Befreiungskampf. Die Ham burger Genossinnen gehen mit erhöhtem Mut an die Arbeit. e. g. Tätigkeitsbericht der Genoffinnen des elften badischen Reichs. tagswahlkreises. Auch in diesem Jahre herrschte reges Leben unter den politisch organisierten Frauen unseres Kreises. Die Zahl der weiblichen Parteimitglieder stieg von 584 bis auf 866. Diese ber­teilen sich auf 13 Orte, und zwar gehören 639 dem Ortsverein Mannheim   an. Es wurden im Berichtsjahr acht Sizungen des Agitationskomitees abgehalten und 18 öffentliche und 41 Mit­gliederversammlungen veranstaltet. In diesen Versammlungen sprachen Genossinnen und Genossen aus unserem Kreis und von auswärts. In den Mitgliederversammlungen sprachen unter an deren Genoffin Kehl   über:" Die Frau und der Sozialismus" und Genoffin Hoffmann über das Kinderschutzgesetz"; ferner wurden behandelt: Das Wohnungselend der Großstadt"," Mo­dernes Jrrenwesen"," Die Frau in Wahrheit und Dichtung"," Das Invalidengeset" und" Die Entwicklung Deutschlands  ". Auch auf den Landorten fanden lehrreiche Vorträge statt. überfüllt waren die öffentlichen Versammlungen, in denen Genosse Dr. Fried. mann über Ansteckende Krankheiten und ihre Verhütung" sprach, und die uns 50 neue Parteimitglieder brachten. Anläßlich der Bürgerausschußwahl im Herbst 1911 wurden in allen Be­zirken Versammlungen veranstaltet. Die Genossinnen Blase und Kehl   sprachen über die Frage: Welches Interesse haben die Frauen an der Gemeindepolitik?" Zahlreiche Genoffinnen be­teiligten sich an den Arbeiten für die Wahl, deren Ergebnis in einem glänzenden Erfolg für die Sozialdemokratie bestand. Am 15. Dezember veranstalteten wir ein Kinderfest, bei dem 500 Kindern beschert wurde. Bei der Reichstagswahl trugen auch unsere Genossinnen ihr Teil zu dem schönen Siege bei, in­dem sich 50 von ihnen für die Wahlarbeiten zur Verfügung stellten. Zum Frauentag am 12. Mai waren die Vorbereitungen in genügender Weise getroffen worden, doch wurde der Besuch der Versammlungen durch das herrliche Frühlingswetter beeinträch­tigt. Zu der ersten badischen Frauenkonferenz am 23. Juni in Karlsruhe   wurden aus unserem Kreise neun Genossinnen als Vertreterinnen entsandt. Hervorragend betätigten sich unsere Genossinnen auch für die Dienstbotenorganisation und in der Kinderschuhkommission. Dem neugegrün­deten Bildungsausschuß gehört gleichfalls eine Genossin an. In die städtischen Kommissionen, denen auch Frauen angehören müssen, wurden von uns vier Genoffinnen entsandt, und zwar gehören an: der Armenkommission Genossin Blase, der Schulkommission Genossin Hoffmann, der Schul­speisungskommission Genossin Pflügner und der Krankenhaus­kommission und dem Arbeitsamt Genossin Kehl  . Um der Gleich­heit" mehr Leserinnen unter den Genossinnen zu gewinnen, hat der Vorstand beschlossen, diese Beitschrift für 5 Pf. zu liefern. Ferner wurde die Broschüre der Genoffin Ziez: Die Frau und der politische Kampf" an alle weiblichen Parteimitglieder unent­geltlich verteilt. In der Generalversammlung am 29. Juli wurde Genossin Blase als erste Vorsitzende und Genossin Wehner. als zweite Vorsitzende wiedergewählt; an Stelle der Genossin Kehl  , die ihr Amt wegen Arbeitsüberlastung niederlegte, wurde Genoffin offmann zur Schriftführerin gewählt. Mit Be­friedigung können die Genossinnen auf ihre Tätigkeit zurück­