Nr. 3
Die Gleichheit
träge auf Abänderung des Programms und die Resolution des geschäftsführenden Ausschusses wurden zurückgezogen, die Resolution Voß- 3ieß gelangte mit starker Majorität gegen etwa 30 Stimmen„ Unversöhnlicher" zur Annahme. Nur vorübergehend wurde die rührende Familienstimmung des Sich- gefunden- habens leicht getrübt. Das war zunächst, als Herr Rechtsanwalt Klöppel- Dresden ebenso unverblümt wie richtig erklärte:„ Räme der Antrag des geschäftsführenden Ausschusses zur Annahme, so würde das die Partei bis auf die Knochen blamieren." Und im weiteren Verlauf der Debatten, als der schwäbische Volksparteiler Konrad Hauß mann bewies, daß er zur Frage nichts gelernt und nichts vergessen hat.
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Die genügsamen linksliberalen Frauenrechtlerinnen feiern das magere Ergebnis als großen Sieg. Das kam in der Generalversammlung der weiblichen Mitglieder der Volkspartei zum Ausdruck, die im Anschluß an den Parteitag stattfand. Sie stand, so schreibt Frau Voß Ziez in der Frauenrundschau des Berliner Tageblatts", noch unter dem Eindruck des errungenen Sieges. Mit Freuden machte man Pläne für die weitere Arbeit und erklärte mit großer Majorität, von jeder Gründung liberaler Frauenvereine absehen zu wollen." Diese Freude läßt einen Rückschluß auf das Hangen und Bangen zu, mit dem die Frauenrechtlerinnen der Entscheidung entgegengeharrt hatten. In richtiger Einschätzung des geschichtlichen Verständnisses und der Zuverlässigkeit ihrer freisinnigen Parteifreunde ntußten sie befürchten, daß der Antrag des geschäftsführenden Ausschusses zur Annahme gelangte.
Aber haben die Damen nicht trotz allem Grund, von einem Erfolg zu reden? Ja und nein zugleich, so widerspruchsvoll das klingt. Ja, denn sie haben eins erreicht: in Mannheim ist eingehender und ernster, zumeist auch einfichtsvoller und sympathischer über die Frauenrechtsfrage verhandelt worden, als dies beim Linksliberalismus je zuvor möglich gewesen wäre. Die agitatorische Wirkung davon ist nicht zu unterschätzen. Nein, denn die Frauenrechtlerinnen haben das ganz bestimmte Ziel nicht erreicht, das sie der Mannheimer Ta gung gesteckt hatten, ja mehr noch, sie haben es zunächst aus dem Kampfe zurückgezogen. Es verbietet sich nach der Sachlage von selbst, den Wert der angenommenen Resolution zu überschäßen. Sie ist nichts weiter als eine tönende Umschreibung des berüchtigten§ 8, gleich dehnbar und bindungsschwach wie er. Zudem hüten sich die linksliberalen Mannen mit rührender Gewissenhaftigkeit vor dem Rufe,„ Konse quenzenmacher" zu sein. So wird sich auch nicht ein frauenrechtsfeindlicher Volksparteiler durch das geduldige Stück Papier der Resolution verpflichtet fühlen, tatkräftig für die volle staatsbürgerliche Gleichberechtigung der Geschlechter einzutreten. In welchem Maße und Tempo sich diese Forde rung beim Linksliberalismus durchsetzen wird, hängt nicht einmal in erster Linie von dem Arbeiten und Drängen seiner Parteigenossinnen ab. Die wichtigste treibende Kraft dafür ist der Kampf des Proletariats unter Führung der Sozialdemokratie für die Demokratisierung des politischen Lebens in Deutschland , ist der Kampf, dessen beherrschender Mittelpunkt zunächst das Wahlrechtsringen in Preußen ist.
Allein, je dürftiger gerade vom frauenrechtlerischen Standpunkt aus das positive Ergebnis ist, das die linksliberalen Damen aus Mannheim nach Hause getragen haben, um so schärfer beleuchtet es mit seinem Drum und Dran einen bedeutsamen Entwicklungsprozeß, der sich in der bürgerlichen Frauenbewegung vollzieht. Diese wird mehr und mehr„ politisiert". Die bürgerlichen Frauenrechtlerinnen schließen sich je nach ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht den verschiedenen bürgerlichen Parteien an. Damit aber empfängt das frauenrechtlerische Credo der unpolitischen, unbefleckten Vertretung von Nichts- als- Fraueninteressen den Todesstoß. Die grundsäßlichen Frauenforderungen müssen dem Gebot parteipolitischer Zweckmäßigkeit weichen. über der vielbesungenen einen großen Schwesternschaft erscheint
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ziel- und richtungweisend die Klasse, vertreten durch die politische Partei. Klasseninteresse geht vor Frauenrecht, das ist die Prinzipienerklärung, die statt der beantragten frauenrechtlerischen Formel deutlich aus den fortschrittlichen Verhandlungen flingt. Wie oft haben uns Frauenrechtlerinnen gescholten, wenn wir auf ihren Phrasennebel das nüchterne Licht dieser geschichtlichen Tatsache fallen ließen. Was aber hörte man heuer in Mannheim ? Fräulein Bäumer erklärte:„ Wir stehen hier als Anhängerinnen der Partei und nicht als Frauenrechtlerinnen." Und Fräulein Lange betonte:„ Wir sind nicht des Frauenstimmrechts wegen zur Fortschrittlichen Volks partei gekommen. Wenn wir nur das Frauenstimmrecht wollten, so wären wir alle zur Sozialdemokratie gegangen.... Wir sind ehrlich überzeugte liberale Frauen." Allerdings hat Fräulein Bäumer auf der Generalversammlung des Bundes deutscher Frauenvereine in Gotha schwungvoll ihre Hoffnung bekannt, die steigende„ Politisierung" der bürgerlichen Frauen werde sich mit der politischen Neutralität der Frauenorganisationen vertragen. Diese Hoffnung ist jedoch nur ein liebliches Blendwerk". In allen großen, entscheidenden Fragen muß die Neutralität in die Brüche gehen, sobald die bürgerlichen Frauen als Mitglieder politischer Parteien auf bestimmte Programmforderungen verpflichtet sind und sich für scharf umgrenzte Ziele einsetzen müssen. Das Aufrollen der Wahlrechtsfrage allein schon wirkt wie Dynamit, das die ganze schöne Neutralität der bürgerlichen Frauenbewegung in die Luft sprengt.
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In Verbindung mit dem aufgezeigten Entwicklungsprozeß tritt aber eine Erscheinung zutage: Der rasche Abmarsch der bürgerlichen Frauenrechtlerinnen nach rechts! Mit welch heiligen Eiden haben die Damen nicht ihre Aufgabe bekräftigt, den Liberalismus zu verjüngen. Nun aber, bei dem ersten Versuch, ihm den Feuertrank einer großen, grundsäßlichen Forderung zu kredenzen, lassen sie sich von seiner Greisenhaftigkeit anstecken.„ Der Tod ergreift das Leben", das ist das geschichtliche Verhängnis der befizenden Klassen. Das Rechtsumkehrt der linksliberalen Frauenrechtlerinnen kündet sich ja nicht bloß in der löblichen Unterwerfung, mit der sie -wie Frau Voß- 3iet sagte auf einen wichtigen Teil ihrer grundsätzlichen Anschauungen verzichtet haben". Noch bezeichnender dafür ist, daß von der Kernfrage der ,, staatsbürgerlichen Gleichberechtigung der Frauen", von der Wahlrechtsfrage in Mannheim überhaupt nur sehr beiläufig und gemeinpläßlich geredet worden ist. Keine führende Frauenrechtlerin hat dort unzweideutig das allgemeine Wahlrecht geheischt, keine hat Herrn Mommsens Erklärung zurückgewiesen, der preußische Wahlrechtskampf dürfe nicht mit der Forderung des Frauenwahlrechts belastet" werden. eine In Gotha war es Fräulein Lüders vorbehalten Anhängerin der aufrechten Demokratin Frau Cauer, den Punkt auf das i zu sehen und für das allgemeine Wahlrecht einzutreten. Nach dem uns vorliegenden Bericht haben ihre Ausführungen bei der Mehrzahl der Delegierten fein Echo ausgelöst. Wie wäre das auch möglich gewesen? Der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht wird seit Jahren von inneren Rämpfen erschüttert, die um die Forderung des allgemeinen Wahlrechts gehen. Und gerade in jenen Tagen hatte der Beirat dieser Organisation- wie an anderer Stelle zu lesen ist in einer Sigung zu Weimar vor den„ Gemäßigten" kapituliert. Wenn das am grünen Holze geschieht!...
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Die proletarischen Frauen können mit Gelassenheit zusehen, daß das Gros der Frauenrechtlerinnen sich zur Rechten schlägt. Sie verzeichnen diese Erscheinung ohne schmerzliche Enttäuschung, denn sie haben von den Damen nie etwas erhofft, aber auch ohne Groll, denn sie wissen, daß diese den geschichtlichen Gesezen ihrer Klasse untertan sind. Sie würdigen den Vorgang als einen Teil des unvermeidlichen Zersehungsprozesses, der angesichts der blinkenden Speere der proletarischen Selassenkämpfer den alten Liberalismus zerstört und die Angehörigen der bürgerlichen Klassen ohne Unter