Nr. 6
Die Gleichheit
ganisation". Die Versammlungen waren überwiegend von Frauen besucht. Diese folgten dem Vortrag mit der größten Aufmerksamkeit, und viele von ihnen traten dem Verband bei.
Im zweiten altenburgischen Wahlkreis hatte die Partei in folgenden Orten Versammlungen einberufen: riebisch, Gößniz, Altenburg , Schmölln , Lada , Obern dorf, St. Gangloff , Reichenbach, Bobed, Nonneburg, Roda, Hermsdorf, Kahla, uhlstädt und Orlamünde . überall lautete das Thema: Regierung, Volt und Teuerung. Was tut die Regierung gegen die Teuerung? Alle Versammlungen waren gut besucht. Viele Frauen schlossen sich der Partei an, und für die Gleichheit wurden Leserinnen ge
wonnen.
Mit derselben Tagesordnung fanden im Spremberg - Kottbuser Wahlkreis gut besuchte Versammlungen statt in den Orten Slawen, Spremberg , Welzow , Kottbus und Peik. Zwei Drittel der Zuhörer waren Frauen, die den Worten der Rednerin gespannt lauschten. Ausschließlich von Frauen besucht waren die Versammlungen in Michelsdorf und Rödeln in der Mark Brandenburg. Diese beiden Versammlungen fanden in rein ländlichen Orten statt, die Zuhörerinnen arbeiten auf den Gütern und in Ziegeleien gegen elenden Lohn, halb als Sklavinnen behandelt, und dennoch waren über 300 von ihnen erschienen. Sie ließen manch kräftiges Wort der Zustimmung zu den Ausführungen der Referentin fallen, aus dem unsere Herrschenden sich über die Stimmung auf dem Lande unterrichten könnten, wenn anders sie belehrbar wären. Durchgehend erhielten die Versammlungen ihr Gepräge durch die Teuerung, die auf den Massen lastet. Der Besuch bewies, daß unter dem Drucke der Teuerung am härtesten die Proletarierinnen zu leiden haben, aber zugleich auch, daß diese als Urheber ihrer Not den Kapitalismus erkennen lernen. Sorgen wir dafür, daß im beackerten Boden die Saat aufgeht. Dann wird die Zukunft unser sein.
Berta Lungwit.
In Nürnberg sprach in einer gut besuchten Versammlung Genoffin Blos über„ Proletarische Mütter". Nach einem kurzen geschichtlichen Rückblick über die entrechtete Stellung der Frau entrollte die Rednerin ein Bild des Elends der proletarischen Mütter und Kinder. Sie schilderte das traurige Los der unehelichen Kleinen, die herangewachsen oft in die Prostitution hinabgestoßen werden. Aber diese wartet auf ihre Opfer nicht einmal immer, bis sie erwachsen sind. Genoffin Blos wies auf den Kinderhandel hin, der auch in Nürnberg getrieben wird. Sie zeigte, daß wer die Not der proletarischen Mütter und Kinder mit ihren Folgeerscheinungen be seitigen wolle, der müsse die Quelle dieser Not verschließen, die fapitalistische Ordnung beseitigen helfen. Der treffliche Vortrag fand reichen Beifall. In der Diskussion erinnerte Genosse Blos daran, daß, als er vor vierzig Jahren Mitglied der Nürnberger sozialdemokratischen Organisation war, diese noch nicht einmal so viel Mitglieder zählte, als Frauen der Versammlung beiwohnten. Nachdem die Frauenbewegumg sich innerhalb der Partei ihren Platz errungen habe, hätten die entrechteten und ausgebeuteten Frauen heute ihren einzigen ernsthaften Schüßer und Bundesgenossen in der Sozialdemokratie. Zum Schlusse richtete die Vorsitzende Genossin Grünberg die Aufforderung an die Frauen, sich unseren Organi sationen anzuschließen und für diese zu wirken. Eine Anzahl neuer Mitstreiterinnen trat unseren Reihen bei.
I.
Jahresbericht der Braunschweiger Genoffiuuen. Das letzte Berichtsjahr war auch für uns eine Periode reger Tätigkeit im Dienste der Partei. Im Wahlrechtstampf standen wir an der Seite der Genossen. Und waren bei der Landtagswahl erst wenige Genofsinnen tätig, so beteiligten sich an der Arbeit für die Reichstagswahl bereits eine stattliche Zahl. Schon Monate vorher entfalteten die Genossinnen eine emfige Tätigkeit. Ein Teil ging zur Agitation aufs Land, andere bearbeiteten die Bezirke in der Stadt. Von einer Versammlung zogen wir in die andere, hier an der Disfussion teilnehmend und den gegnerischen Ausführungen entgegentretend, dort ein paar anfeuernde Worte an die Frauen richtend. Anfang Januar fand eine überfüllte öffentliche Frauenversammlung statt, in der Genoffin Blos Referentin war. Ebenso glänzend verlief die Versammlung am Frauentag, obwohl dieser in eine höchst ungünstige Zeit fiel; ließen doch an ihm die zahlreichen hiefigen Konservenfabriken arbeiten. Im September sprach in einer Versammlung der weiblichen Mitglieder Genossin Schulz- Braunschweig über das Genossenschaftswesen; sie forderte die Genofsinnen auf, sich eifriger an den Arbeiten im Konsumverein zu beteiligen. In diesem Jahre werden unsere Diskussionsabende von der hiesigen Parteileitung unterstützt. Diese Veranstaltungen find von den Genofsinnen selbst ins Leben gerufen worden. Sie finden
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wöchentlich Montagabend statt; es werden dabei Broschüren vorgelesen, Tagesfragen besprochen und Vorträge gehalten, woran sich eine lebhafte Diskussion anschließt. Besucht werden die Diskussionsabende durchschnittlich von 25 bis 30 Genoffinnen, von denen schon manche den Vortrag für diese Abende übernahm, wie denn überhaupt fast alle unsere tätigen Genoffinnen ihre Schulung durch sie empfangen haben. Genosse Brenner hat sich in all den Jahren den Genossinnen in selbstloser Weise als Leiter der Veranstaltung zur Verfügung gestellt. Auf Anregung der an den Diskussionsabenden teilnehmenden Genossinnen sind auch die Ferienausflüge für Schulkinder geschaffen worden. Wir wollten der freudearmen Jugend des Proletariats die Möglichkeit verschaffen, wenigstens an einem Tag der Woche aus den Straßen der Stadt hinaus ins Freie zu kommen. Die Ausflüge fanden in den großen Ferien wöchentlich einmal statt, und zu jedem von ihnen stellten sich 1000 bis 1200 Kinder ein. In Abteilungen getrennt und jede Abteilung wieder in Gruppen von 25 bis 30 Kindern geteilt, zogen wir hinaus in den Wald. Dort wurden die Kinder mit Kaffee und Kuchen bewirtet, den der Allgemeine Konsumverein unentgeltlich geliefert hatte. Außerdem gab es Erfrischungsbonbons und abends Himbeerlimonade. Nachdem sich alle gestärkt hatten, wurde gruppenweise unter Aufsicht der Führerinnen gespielt. Abends ging es mit Gesang nach Hause. Auf diesen Ausflügen schlossen sich uns zahlreiche Frauen mit kleineren Kindern an, die nicht zu uns gehörten, die wir aber dann für unsere Partei gewannen. So haben die Ferienausflüge nicht nur zum Segen der Kinder gewirkt. Die Gründung einer Kinderschußkommission ist bereits in Angriff genommen. Alles in allem können wir mit Befriedigung auf dieses Jahr zurückblicken. Der Vern- und Kampfeseifer der hiesigen Genoffinnen bürgt dafür, daß wir auch in Zukunft fruchtbringend für unsere große Bewegung wirken werden. Anna Menge.
Politische Rundschau.
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Auf dem wichtigsten Kampfplatz des Balkankrieges, an der Tschataldschalinie, war schon seit einiger Zeit Ruhe eingetreten. Aber eine grausame Würgerin, die der Krieg geweckt hat, setzt das Werk des Massenmords fort: die Cholera wütet in den türkischen wie in den bulgarischen Reihen und sie stimmte die Staatsmänner des Balfans friedlich. Der Waffenstillstand ist zustande gekommen und ihm wird voraussichtlich der Frieden folgen. Die allgemeine Erschöpfung der Finanzen und der Streitkräfte die Bulgaren haben schon die 17jährigen Jünglinge zur Fahne berufen, außerdem droht ihnen eine Auseinandersetzung mit Rumänien , das„ Kompensationen" verlangt trägt zu dieser Friedenstimmung im Lager der Verbündeten nicht minder bei als die Choleragefahr. Die Türken haben zwar noch frische Truppenteile, die erst jetzt aus dem Innern Seleinafiens an die Front kommen, doch ist ihr Friedensbedürfnis nicht minder start als im feindlichen Lager- sie haben schon zu viel verloren, um sich noch Hoffnungen machen zu können. Sind die Bul garen erschöpft und müssen das Ende eines Krieges herbeisehnen, der ihnen riesige Opfer auferlegt, ihren„ Verbündeten" zwischen Bul garen und Griechen ist es schon zum Zant über Salonifi gekommen aber mühelose Erfolge in den Schoß wirft, so sind die Serben dem Friedensschluß deswegen geneigt, weil ihr Konflikt mit Österreich sich ständig verschärft hat. Die Serben sind bis an das Adriatische Meer vorgedrungen und haben den albanischen Hafen Durazzo besetzt. Die Albanier, die sich für unabhängig erklärt haben, rufen den Schutz der Großmächte, insbesondere Osterreichs- Ungarns und Italiens gegen die serbischen Eroberungspläne an. Die beiden letzteren Mächte stellen sich denn auch Serbien als Hüter des Rechts der Nationalität entgegen, obschon sie die ersten sein werden, der albanischen„ Unabhängigkeit" bei passender Gelegenheit den Stragen umzudrehen. Da Serbien mit Ausnahme Nußlands von keiner Großmacht in seinem Anspruch auf den nördlichen Teil Albaniens den südlichen Teil hatten sich die Griechen vorbehalten stützt wird, so wird es diesen Anspruch wohl fallen lassen. Es wird ihn höchstens soweit aufrecht erhalten können, als es albanischen Gebiets für seinen Zugang zum Meer bedarf. In diesem Punkt aber, in der Forderung eines Hafens an der Adria , denkt Serbien trotz der drohenden Haltung seines mächtigen Nachbarn ÖsterreichUngarn nicht ans Nachgeben. Von einer mächtigen Strömung in Rußland wird es zum Widerstand ermutigt, während die offizielle russische Politif jegliche Einwirkung auf Serbien in diesem Sinne entschieden in Abrede stellt. Da das Lügen aber zum offizielleit Beruf der Diplomatie gehört, so will eine solche Versicherung wenig besagen, zumal wenn sie vom Zarismus gegeben wird, der in der äußeren Politik mit ebenso barbarischen Mitteln arbeitet wie im Innern. Allerdings intrigieren innerhalb der russischen Regierungssippe
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