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Die Gleichheit
sekretärin anzustellen. 5. In die Bezirksleitung und in den Landesvorstand ist je eine Genossin zit wählen.
Von der Bezirksleitung wurde in Aussicht gestellt, daß, wie in früheren Jahren, auch heuer eine Agitationstour durch den ganzen Bezirk veranstaltet werde. Im 6. und 4. Kreis ist zurzeit Genoffin Röh I- Berlin agitatorisch tätig. Eine Versammlung in Langebrück bei Dresden , die am Abend vor der Konferenz einberufen war, brachte uns die ersten 39 weiblichen Mitglieder für den Ort, und dieser Tage traf die Meldung ein, daß der erste, gutbesuchte Leseabend stattgefunden habe, dem regelmäßig weitere folgen sollen. Ein kleiner Beweis für die Richtigkeit unserer Bewertung der Bezirkskonferenzen: schlummernde Kräfte werden geweckt, bereits geweckte weiterentwickelt, ihnen der Weg und die Mittel für ihre Betätigung gezeigt. Mit besonderer Freude erfüllte mich die Tatsache, daß am Schlusse der Konferenz verschiedene jüngere Genossinnen, denen die Arbeitsfreudigfeit aus den Augen leuchtete, zu mir famen und ganz beglückt erklärten:„ Nun wissen wir doch, wie wir es anpacken müssen, um Gutes zu leisten und der Bewegung vorwärts helfen zu können." Es ist nicht die erste Konferenz, auf der diese oder ähnliche Worte fielen, auch wurde der Wunsch geäußert, der Vortrag möge als kleine Broschüre erscheinen. Es wird zu überlegen sein, ob ihm nicht Rechnung getragen werden kann.
"
Im alten Jahre fanden ferner noch Konferenzen statt in Hamburg , Berlin und den beiden Kreisen Nieder barnim und Teltow Beeskow. In Hamburg , das ein vorzüglich aufgebautes Bildungswesen hat, wurde der Wunsch der vertretenen Genossinnen laut, es möchten mehr Lese abende eingerichtet werden, die bei der Sch lung der Genossinnen als Vorstufe für die allgemeinen Bildungseinrichtungen der Partei dienen könnten. Von allent Seiten, auch vom Genossen Stubbe und der Unterzeich
neten, wurde weiter betont, daß ernster Wille und Ausdauer vorhanden sein müssen, wenn die Genofsinnen geistig emporsteigen wollen. Einig waren die Genossinnen ferner in dem Wunsche, daß recht oft gut vorbereitete Frauenber sammlungen zu veranstalten seien, die die Zahl der weiblichen Parteimitglieder vergrößern würden, und daß die organisierten Genossinnen sich in steigendem Maße an der Parteiarbeit beteiligen möchten.
In Berlin und seinen Vororten finden öfter Zusammenkünfte der leitenden Genossen und Genossinnen statt, meist vor einer größeren Aktion. Die Vorbereitungen zu einer solchen werden dann mit Rücksicht auf die Förderung der Frauenagitation erörtert, und es wird ihnen dadurch ein um so besseres Gelingen gesichert. Für die sechs Berliner Stadtkreise und unabhängig davon für die Kreise Niederbarnim und Teltow - Beeskow sind neben den Leseabenden auch in diesem Winter Kurse zur Schulung der fortgeschrittenen Genofsinnen eingerichtet worden. über die Konferenzen in den ersten Monaten des Jahres 1913 berichten wir demnächst. Luise Zietz .
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Das Zentralorgan der finnischen Sozialdemokratie ,, Työmies" Der Arbeitsmann in Helsingfors veröffentlicht auf Grund einer amtlichen Statistik über die Frauenarbeit in Finnland interessantes Material. Wir geben es hier wieder, weil es die wirtschaftliche Entwicklung des Landes beleuchtet.
Wie in den anderen Industrieländern, so hat der Kapita lismus auch in Finnland bewirkt, daß die Frau gleich dem Manne ihre Arbeitskraft als Marktware verkaufen muß, und zwar billiger als der männliche Arbeitsgenosse. Gerade die Billigkeit der Frauenarbeit ist als ein Grund dafür anzusehen, daß die Frauenarbeit von Jahr zu Jahr wächst. Das Kapital hat sich in der Frau gewissermaßen ein Mittel mutzbar gemacht, um die Arbeitskraft so schomungslos wie nur möglich ausbeuten zu können. Auf den Verdienst angewiesen, ent
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wickelt die Frau weniger Widerstand und Kampfesenergie als der männliche Arbeitsgenosse; sie steht sowohl wirtschaftlich wie auch physisch hinter dem Manne zurück, und diese ihre natürlichen und geschichtlich gewordenen Schwächen mußt das Kapital in der Weise aus, daß es auf dem Arbeitsmarkt die Frau zur Schmußkonkurrentin des Mannes macht. Nach der amtlichen Statistik hat sich die Frauenarbeit in der finnländischen Industrie seit 1886 wie folgt entwickelt:
Jahr
1886.
1896.
1906.
1908.
1909.
.
Arbeiterinnen
Prozent der Gesamtarbeiterschaft
7943
19,0
15465
21,2
•
28009
24,7
24,9
28,0
31603 35 102*
Wir sehen also, daß die Zahl der beschäftigten Frauen int Verhältnis zu der industriellen Gesamtarbeiterschaft von Jahr zu Jahr steigt. In einigen Gewerben bilden die Arbeiterinnen die Mehrzahl der Arbeiterschaft, in anderen machen sie gerade die Hälfte davon aus, in den meisten Berufen befinden sie sich noch in der Minderheit. Namentlich in der Tabakindustrie überwiegt die Frauenarbeit bei weitem; in der Tertilund Zündholzindustrie hat sie einen solchen Umfang erreicht, daß die Zahl der weiblichen Arbeitskräfte die der männlichen bald übertreffen wird. Das nachstehende Zahlenbild zeigt das genau. Es wurden 1909 Frauen beschäftigt:
Tabakindustrie Textilindustrie Zündholzindustrie Bäckereigewerbe Getränkeindustrie Bekleidungsgewerbe Papierindustrie Baugewerbe
78 Prozent
50
.
50
44
M
37
37
=
24
M
M
11,4=
Auch in hier nicht angeführten Beschäftigungsarten ist die Frauenarbeit sehr verbreitet, namentlich auch in der Landwirtschaft. Man kann daher mit Fug und Recht sagen: Die Berufsarbeit der Frau ist auch in Finnland zur allgemeinen Erscheinung geworden.
Über die Löhne der Arbeiterinnen macht die amtliche Statistik folgende Angaben: Der Verdienst der Schneiderinnen bctrug in den verschiedenen Städten pro Tag:
In 8 Fällen.
=
=
40 bis 50 Penni
75
15
=
2
=
60
M
"
28
75
M
M
9
99
=
95
100
0
41
M
125 V
:
12
F
126
149
=
= 123
=
150
M
31
175
A
19
=
225
=
68
250
=
=
=
Der mittlere Tageslohn für Schneiderinnen beträgt:
B Abo
#
=
Wiborg Tammerfors
M
Wasa
0
den übrigen Städten
.
2,00 finnische Mart
•
1,67
=
1,50
•
2,00
1,50 1,25***
=
V
* Bei der Beurteilung dieser Zahlen ist zu beachten, daß die Gesamtbevölkerung Finnlands 1886 nur 2,2 Millionen betrug, und daß sie jetzt 3 Millionen erreicht hat. 1900 stellte sich die Einwohnerschaft auf 2712562 Köpfe; davon gehörten 1572344 zur landwirtschaftlichen Bevölkerung, während auf die Industrie nur 288343 Perfonen entfielen. Als Arbeiter bei gelegentlicher Beschäftigung wurden über 429000 Leute bezeichnet, die in der Hauptsache noch zur landwirtschaftlichen Bevölkerung gerechnet werden müssen.
** Die Getränkeindustrie umfaßt in Finnland vor allem die Her stellung gegorener und ungegorener Malzgetränke, von denen die legteren ant meisten konsumiert werden. An erster Stelle steht das „ Stalja", ein säuerliches Getränke aus Korn, ohne Alkohol, dem " Dünnbier" in den Ostseeprovinzen ähnlich. Es werden auch viel Fruchtlimonaden, Selterswasser usw. fabriziert.
*** 1 finnische Mart gleich 100 Penni ist gleich 80 deutsche Pfennig.