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Die Gleichheit

Versammlungen abgehalten, bei denen die führenden Genossinnen und sozialdemokratische Abgeordnete sprachen. Ostrau, Karwin  , Steinau  , Dombrau   und Oderberg   waren die Orte in Polnisch Schlesien, wo Versammlungen mit guter Beteiligung stattfanden. Redner waren die Genossen Reger, Kunici und die Unterzeichnete. Bei allen Veranstaltungen wurde die gleiche Resolution angenommen. Die polnischen Genossinnen in Österreich   haben den dritten Frauen­tag mit dem Bewußtsein abgehalten, ein großes Stück Aufklärungs­arbeit im Dienste des internationalen Sozialismus und in Gemein­schaft mit den Schwestern anderer Länder geleistet zu haben. Dora Klußzinska, Oderberg  .

4. In der Schweiz  .

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Unser Frauentag gewinnt von Jahr zu Jahr an Bedeutung. Partei und Gewerkschaftsbund bringen unseren Bestrebungen zu­sehends lebhafteres Interesse und mehr Unterstützung entgegen. Überall im Lande, nicht nur an den größeren Orten wie Zürich  , Bern  , Basel  , Winterthur  , Luzern  , Chur  , auch an fleineren, wie zum Beispiel Erstfeld   im Kanton Uri  , fanden bestgelungene Veranstaltungen statt im ganzen mehr als 20-, bei denen je ein Redner und eine Rednerin über Frauenwahl­recht und Frauenorganisation sprachen. Die schweizerische Ar­beiterinnenbewegung ist im Aufstieg begriffen. Die allerorts mit rührigem Eifer von den Arbeiterinnen selbst in die Hand genom­menen Vorbereitungen zum Frauentag sind ein untrügliches Zeichen hierfür. In der Presse, vorab in den Parteiblättern, ent­falteten die Genossinnen eine bemerkenswerte Agitation. An allen Demonstrationsversammlungen wurde folgender Resolution zu­

gestimmt:

Die heutige öffentliche Frauentagung stimmt mit den an mehr als zwanzig Orten zum Dritten schweizerischen Frauentag zu­sammengetretenen Frauenversammlungen ein in den Ruf der Internationale nach dem Bürgerrecht der Frau in Gemeinde und Staat.

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die Versammlung in Amsterdam   ein Saal in Balast des Volls­rechts zur Verfügung gestellt worden, wo gewöhnlich nur die größten Meetings der Partei stattfinden. Man hatte wohl daran getan. Weit über 2000 Personen, vorwiegend Frauen, füllten den großen Raum und folgten unter starken Beifallskundgebungen den Reden der Schriftführerin des sozialdemokratischen Frauenverbands und eines Vorstandsmitglieds der sozialdemokratischen Partei, nachdem erst die Vorsitzende unserer Frauenorganisation einige zündende Worte an die Versammlung gerichtet hatte. Die bis jetzt vorliegenden Be­richte beweisen, daß der Frauentag auch in anderen holländischen Städten ausgezeichnet verlaufen ist. Ohne Zweifel bedeutet er zu sammen mit seiner Vorbereitung ein großes Stück Propaganda für das allgemeine Frauenwahlrecht. Es ist dies angesichts der Situation in Holland   ganz besonders zu schäzen. Die Vorlagen der Regierung über die Verfassungsrevision sind veröffentlicht, sie ermangeln jedes Entgegenkommens an die Forderung des Frauenwahlrechts. Der Frauentag war die erste Antwort der Genossinnen und der sozial­demokratischen Partei darauf. Es war eine schöne Antwort. Helene Ankersmit, Amsterdam  .

6. In Rußland  .

Die Genossinnen in St. Petersburg   hatten für ihren Frauen­tag den 2. März gewählt. Soweit darüber bis jetzt Nachrichten vor­liegen, ist er echt russisch" eingeleitet worden. Die Polizei beschlag­nahmte die besondere Frauentagsnummer, die die Arbeiterzeitung " Lutsch" herausgegeben hatte. Gegen den Redakteur wurde auf Grund des Umsturzparagraphen 129 ein gerichtliches Verfahren er­öffnet. Den Umsturz" erblicken die Behörden in einem Briefe Bebels, in den Artikeln der Genossinnen Montefiore, Popp, Bettin usw. Die Petersburger Genossinnen sendeten an die sozia listische Fraueninternationale diesen Gruß:

Wir Mitglieder der Petersburger Frauenorganisation empfinden an dem internationalen Frauentag das innige Bedürfnis, Euch, un­seren Schwestern, unsere Solidarität zu versichern mit Euren Be­strebungen, die Ketten zu sprengen, die seit Jahrtausenden das weibliche Geschlecht drücken. Dieser internationale Frauentag ist der beste Beweis für die klare Erkenntnis der arbeitenden Frauen, daß der auf der ganzen Arbeiterklasse lastende Druck gerade für sie selbst doppelt schwer und erniedrigend ist und daß einig zusammengeschlossene und rechtsgleiche Frauen und Männer für die bessere Zukunft des weiblichen Geschlechts und der ganzen Menschheit ringen müssen. Nur als gleichberechtigtes Mitglied der modernen Gesellschaft und des modernen Staates, als gleichberechtigte Gesetzgeberin wird die Frau imstande sein, an der Beseitigung der gesellschaftlichen Zustände mitzuwirken, die die Folgen der Klassenscheidung mit ihrer Unge­rechtigkeit sind. Deshalb begrüßen wir den Frauentag als Zeichen für die Entschlossenheit der arbeitenden Frauen, der Gesellschafts­ordnung der Ungleichheit ein Ende zu bereiten."

In allen Ländern, wo der Kapitalismus an den wertschaffen­den Proletariern sein versklavendes Ausbeutungswerk ausübt, wächst mit der Entfaltung der Großindustrie die Frauen- und Kinderarbeit. In den Schweizer   Fabriken allein kommen auf 211 077 Männer 117 764 Frauen: auf zwei Arbeiter mehr als cine Arbeiterin. Von insgesamt 51 155 Fabrikkindern im Alter von 14 bis 18 Jahren stehen 23 469 Knaben 27 686 Mädchen gegenüber. Und erst die Heimarbeit! Wieviel Menschenkraft und Menschenglück wird durch sie vernichtet! Angesichts der Armut, der Not und des Hungers, der stummen Anklage, die aus diesen Zahlen redet, erhebt der Dritte schweizerische Frauentag lauten Protest gegen die heutige Ordnung" im Staate, die Tausende und aber Tausende von schuß- und wehrlosen Kindern und Müt­tern dem Würger Kapitalismus in die mordgierigen Arme treibt. Er fordert die Verbände und Organe der Partei wie ihre Ver­treter in den Behörden mit Nachdruck auf, in Nachlebung des Be­schlusses des Parteitags in Neuenburg ungesäumt und mit Ent- Der notwendige Neberblick über den Frauentag zwingt uns, schiedenheit jede Gelegenheit zu nußen zur Einführung des Frauenstimmrechts zu Kommunal- und Staatsbehörden. Zur Erwerbspflicht das politische Recht!

Denn nur ein auf dem Boden uneingeschränkter politischer Gleichberechtigung beider Geschlechter stehendes Proletariat wird mit Hilfe der eroberten Staatsgewalt imstande sein, im Klassen­kampf dem Sozialismus zum endgültigen Siege zu verhelfen: Das Privateigentum an den Produktionsmitteln umzuwandeln in gesellschaftliches, in Gemeineigentum, wodurch alle Klassenunter­schiede auf immer beseitigt und dem Aufstieg der Menschheit die Wege zu höherer Kultur bereitet sind."

Marie Walter, Zürich  .

5. In Holland  .

Obgleich in diesem Augenblick noch nicht von allen unseren Ver­anstaltungen Berichte eingetroffen sind, kann man doch jetzt schon mit Bestimmtheit sagen: Der internationale Frauentag der hol­ländischen Genossinnen ist wieder ein großer Erfolg gewesen. Wie im vorigen Jahr ist er von ihnen wieder durch intensive Arbeit vorbereitet worden. Durch eifrige Hausagitation hatten sie ent­sprechenden Flugblättern weite Verbreitung gegeben, die sozial­demokratische Partei ihrerseits ließ durch ihre Zweigorganisationen im ganzen Lande ein Manifest verteilen, auch dort, wo keine Frauen­tagsversammlung abgehalten wurde. Die künstlerisch ausgestaltete und agitatorisch gehaltene Festnummer der Proletarische Vrouw" enthielt unter anderem Artikel sozialdemokratischer Führer über das Frauenwahlrecht. In 30 Städten fanden am 9. März Versamm lungen statt. Dem Wunsche der Genossinnen gemäß war ihnen für

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sämtliche Berichte Aus der Bewegung" für nächste Nummer zurückzustellen.

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Politische Rundschau.

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Die gewaltigste Militärvorlage, die das deutsche Volk je crlebt hat, ist im Werden. Selbst die große Verstärkung des Heeres um rund 70 000 Köpfe im Jahre 1893, die umfangreichste unter den vielen Vermehrungen der stehenden Truppe, die seit 1872 vor­genommen wurden, verblaßt gegen die kommende. Denn um min­destens 100 000 Mann andere Meldungen versichern sogar um soll die Friedenspräsenzstärke erhöht werden. Das be­deutet, daß das stehende Heer, die Schar der bei den Fahnen Ste­henden auf weit über 700 000 Mann gebracht, daß das stehende Heer gegen 1872, wo es 359 000 Mann start war, mehr als ver­doppelt wird. Die Bevölkerung des Reiches aber ist von einer Ver­doppelung in diesem Zeitraum noch weit entfernt, sie ist von etwa 40 Millionen auf rund 65 Millionen gestiegen. Der Militarismus kennt keine Grenzen mehr. Zu schwindelnder Höhe türmt er die Pyramide der Rüstungen auf und achtet der Einsturzgefahr nicht. Und wie die Pharaonen des alten Ägypten, die Millionen von Menschenleben für ihre nublosen Riesenbauten geopfert haben, fordert er bedenkenlos das Blut und den Schweiß und das Mark von Millionen für die Vollendung seines kulturmörderischen Werkes, ohne nach ihren Leiden zu fragen.

Der Militarismus, das ist das unpersönliche System. Die Träger dieses Systems aber, die Verantwortlichen für seine verheerenden