Nr. 14

23. Jahrgang

Die Gleichheit

Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen

Mit den Beilagen: Für unsere Mütter und Hausfrauen und Für unsere Kinder

Die Gleichbeit erscheint alle vierzehn Tage einmal. Preis der Nummer 10 Pfennig, durch die Poft vierteljährlich obne Bestellgeld 55 Pfennig; unter Kreuzband 85 Pfennig. Jabres- Abonnement 2,60 Mart.

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Inhaltsverzeichnis.

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Stuttgart 2. April 1913

Internationale Pflicht. Von der Tagung der christlichen Heim­arbeiterinnen. Von G. H. Luise Otto- Peters . Von Mathilde Wurm. ( Schluß.) Bezirks- Frauenkonferenzen. IV. Von Luise Zieg. Überstundenunfug in der Textilindustrie. Von Martha Hoppe. Der sozialdemokratische Frauentag: In Rußland . Von Alexandra Kollontay . In Böhmen . Von Karla Macha. In Ungarn . Aus der Bewegung: Der sozialdemokratische Frauentag in Deutsch­ land . Von der Agitation. Aus den Organisationen. Von der proletartschen Frauenbewegung im Kreise Waldenburg . Von M. Ansorge. Politische Rundschau. Von H, B.- Gewerkschaft­liche Rundschau. Aus der Textilarbeiterbewegung. Von sk. Aus der Angestelltenbewegung. Von F. O. Genossenschaftliche Notizenteil: Frauenarbeit auf dem Gebiet der Industrie, des Handels­und Verkehrswesens. Sozialistische Frauenbewegung im Aus­land. Frauenstimmtecht. Die Frau in öffentlichen Ämtern.

Rundschau. Von H. F.

Familienrecht.

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Internationale Pflicht.

Was nach den Gesetzen der kapitalistischen Ordnung ge­schehen mußte, das geschieht. Aus der Hölle des Balkankriegs steigen die Furien neuer Rüstungen für die Völker Europas empor. Der Kapitalismus kann heute nicht anders, er muß die Verlängerung seiner Lebensdauer vom Imperialismus verlangen, ohne Krieg und Wettrüsten droht ihm der Atem auszugehen. Wo er zur Herrschaft gelangt ist, da genügt seinem Ausbeutungsbedürfnis der Boden und das Volk der Heimat nicht mehr. Er muß als Eroberer über den Erdball schreiten, muß die von ihm beherrschten Staaten in Händel miteinander verstricken, die den Weltkrieg in ihrem Schoße tragen, muß den Rüstungswahnsinn ausbrüten, der dem Völkermorden vorbeugen soll und der doch nur näher zum internationalen Menschenschlachthaus" führt. Noch ehe daß auf dem Balkan der letzte Schrei von Niedergemeßelten und Berstümmelten verhallt ist, noch ehe daß dort die europä­ ischen Diplomaten neue Grenzen zwischen den Staaten ge­zogen haben, fährt in anderen Ländern der Militarismus mit eisengepanzerter Faust den Völkern fordernd an die Gurgel.

Zuschriften an die Redaktion der Gleichbett find zu richten an Frau Klara Zetkin ( 3undel), Wilhelmshöhe, Post Degerloch bet Stuttgart . Die Expedition befindet sich in Stuttgart , Furtbach- Straße 12.

In Holland und Belgien , in Dänemark , Schweden und Norwegen ist das Wettrüsten mit großen Schritten voran­gegangen und drängt weiter vorwärts. Normales Dasein ist in der kapitalistischen Welt, was als Wahnsinn, als furcht. bare Seuche im Leben der Völker erscheinen fönnte. Aller großen Ideale bar, ohne Rücksicht auf die Gebote der Mensch­lichkeit und Kultur stößt der Kapitalismus in unseren Tagen die Völker zwischen Tollhaus und Schlachthaus hin und her. Die Klassen, die seine Nußnießer sind, denken nicht daran, dem imperialistischen Wüten Einhalt zu tun. Nach ihnen, die jetzt genießen, die Sintflut! Wie phantastisch auch immer die Opfer an Gut und Blut sein mögen, die das Wettrüsten in einem Lande jeweilig fordert: es findet sich eine Mehrheit bürgerlicher Politiker, die sie bewilligt.

Unabweisbar, zwingend ist in der Folge von alledem die Aufgabe für die Arbeiterklasse aller Länder, mit dem äußer­sten Kraftaufwand wie die Kriegsheze so auch den Rüstungs­wahnwitz zu bekämpfen, wo und mit welchen Forderungen er auftritt. Soweit es noch eine bürgerliche Opposition gegen den Imperialismus gibt, mag sie sich an dem kindischen Spiel genügen lassen, mit diesem gewalttätigen Gesellen um ein paar Millionen Mark mehr oder weniger zu feilschen, die er verschlingt. Unter der Führung der Sozialdemokratie muß dagegen das Proletariat mit ihm um das Ganze ringen. Das gebeut die Not der Stunde, aber auch der Ausblick auf das Zukunftsziel des proletarischen Klassenkampfes. Mag es sich darum handeln, wie in Frankreich die Dienstzeit wieder zu verlängern oder wie in Deutschland neue Zehntausende unter den Korporalstock zu bringen: durch die Verhältnisse selbst wird die Forderung des sozialdemokratischen Pro­gramms in den Vordergrund geschoben: Abschaffung der stehenden Heere und Einführung der Volksbewaffnung. Mit dem Kapitalismus hat der Militarismus eine Stufe der Entwicklung erreicht, die diese unsere Forderung zur beherr­schenden Losung gegen den Rüstungswahnsinn macht.

In den bevorstehenden schweren Kämpfen wird sich nie­mand freudiger unter dieser Losung um das Banner des Sozialismus in allen Ländern scharen, als die erwachten, denkenden Frauen der werftätigen Massen. Sind sie es nicht, die fargen und die Ihrigen entbehren sehen müssen, nur damit Zölle und Steuern dem Militarismus die tiefe Schüssel bis zum überlaufen füllen? Und wie hart trifft sie die Blutsteuer der Söhne, Brüder und Gatten! Der Kasernendienst reißt den jungen Mann jahrelang aus seiner Berufstätigkeit und verwandelt ihn aus einer Stüße der Familie in ihre große Sorge. Die Anforderungen des Drills und die Unvernunft und Brutalität von Vorgesetzten können seine gesunde Kraft brechen, che daß der Krieg sie vernichtet. Die Organisation des Heeres und ihr Wesen Widerspiege­lungen des Kapitalistenstaates entfesseln verdummende und vertierende Einflüsse, die den Geist stumpf werden lassen, das Gemüt verrohen, den Charakter zermürben. Die Freude am buntglänzenden Waffenrock wird dem Sohne des Volkes durch den düster drohenden Schatten von bestialischen

Den Deutschen wird eine neue Wehrvorlage beschert, die so ziemlich den legten waffentüchtigen jungen Mann in die Raserne sperrt und die Kosten unserer Rüstungen zu solch schwindelnder Höhe ansteigen läßt, daß das Wunder der Wunder sich ereignen soll: das Reich will die Besitzenden zur einmaligen Opfergabe" heranziehen. In Frankreich steht die Wiedereinführung der dreijährigen Militärdienstzeit vor der Tür. Großbritannien will sich zwar bis auf weiteres" an der Macht seiner Dreadnoughts genügen lassen, allein ,, das weitere" kann sich unter Umständen schnell finden, und einst­heilen nüßen Kriegsheber die Pause, um zur Ausgestaltung des Landheeres zu treiben. Das halb bankrotte Österreich bergeudet Hunderte von Millionen in neuen Rüstungen, andere Riesensummen und zahlreiche Menschenleben dazu, indem es an seinen Grenzen die Kriegsbereitschaft gegen Serben, Bulgaren , Montenegriner und Russen aufrecht hält. Im russischen Reiche wird fieberhaft daran gearbeitet, die mörderische Macht von Heer und Flotte zu stärken. Obligator. Nebenorgan zum Textilarbeiter" für Frauen, die wie ihre Männer Mitglieder des Deutschen Textilarbeiter- u. Arbeit.cinnen- Verb. find.

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