Nr. 14

Die Gleichheit

Ma cha und Abgeordneter Genosse Ne me c. Außerdem fanden in 25 Provinzstädten Versammlungen statt, die überall einen sehr guten Erfolg hatten. Sie waren zahlreich besucht, und das verdient hervorgehoben zu werden: nicht nur von Frauen, sondern auch von Männern, die es für ihre Ehrenpflicht hielten, ihre Sympathie für das Frauenwahlrecht zu befunden. Einstimmig wurde bei allen Veranstaltungen die entsprechende Wahlrechtsresolution ange­nommen. In vielen Provinzorten werden noch nach dem 9. März Versammlungen für das Frauenwahlrecht abgehalten, weil es nicht möglich war, an dem einen Tage überall dort die Agitation zu entfalten, wo das nötig oder wünschenwert erschien. So sind Versammlungen festgefeht für Beraun, Holik, Kutten­ berg  , Chrudim  , Bilfen, Radnic, Tabor, Brür, Kladno  , Kolin  , Türmik, Reichenberg  , Gablonz  a. Neiße  , Schumburg, Böhmisch- Trübau, König­gräz, Pisek  , Nimburk, Pribram  , Klattau  , Taus und noch viele andere Städte. Ein besonderes Agitationsblatt war zum Frauentag nicht erschienen, aber die ganze Nummer unseres sozialistischen Frauenblattes war der Wahlrechtsfrage gewidmet. -Die Kundgebung für das Frauenwahlrecht ist eine außerordent­lich gute Gelegenheit zur politischen und sozialistischen Propaganda unter den Frauen. Sie rüttelt viele aus ihrer Gleichgültigkeit auf und klärt das Verständnis anderer, die angefangen haben, sich für die sozialistischen   Jdeen zu erwärmen. Sie trägt in jeder Be­ziehung viel dazu bei, daß die proletarischen Frauenmassen am po­litischen Leben und Kampf ihrer Klasse teilnehmen. Karla Macha, Prag  .

In Ungarn  .

Die Organisation der ungarländischen Ar= beiterinnen hat sich nach Kräften bemüht, trotz der außer ordentlich schwierigen Lage die Frauen des arbeitenden Volkes zum Kampfe gegen Ausbeutung und Unfreiheit zu rufen. Aus Anlaß des Frauentages hat sie in 50 000 Exemplaren eine Bro­schüre herausgegeben: Frauen erwachet! Die Veröffentlichung ge= hört zu den guten Anzeichen von dem Wiederaufleben der sozia­ listischen   Frauenbewegung in Ungarn  .

Aus der Bewegung.

Von unseren Frauentagsversammlungen find noch so viele Einzelberichte eingelaufen, daß es unmöglich ist, sie auch nur auf­zuzählen. Wenn wir troßdem erwähnen, daß die Veranstaltung in Mainz   besonders erfolgreich war, so geschieht es, weil es den Genoffinnen vielerorts aufgefallen war, daß in dem Gesamtbericht der Name dieses alten, guten Sizes unserer Bewegung gefehlt hatte.

Eehr viele Frauenversammlungen, die der Agitation für die volle politische Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts galten, haben noch in der Woche nach dem 2. und am Sonntag den 9. März stattgefunden. Statt von einem Frauentag fönnte man heuer von einer Frauenwoche sprechen. Die Erklärung dafür liegt auf der Hand. Diese erneute Lehre der Praxis müßte bei späteren Veranstaltungen berücksichtigt werden.

Von der Agitation. Um den politisch noch nicht organisierten Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse im sechsten sächsischen Reichs­tagswahlkreis die Notwendigkeit ihres Anschlusses an die sozialdemo­fratische Partei zu zeigen und die bereits organisierten zu neuer Werbe­arbeit anzuspornen, wurde eine besondere Agitationstour veranstaltet. Als Referentin war Genoffin Röhl, Neukölln  , tätig. Jn 24 Ber sammlungen behandelte sie das Thema:" Die Befreiung der Frau durch den Sozialismus". Die Referentin entledigte sich der ge­stellten Aufgabe in vorzüglicher Weise. In wahrhaft volkstümlicher, leicht faßlicher Art, in Worten, die den Verstand und das Herz zugleich erfaßten, schilderte sie die Gebrechen und Verbrechen der heutigen Wirtschafts- und Staatsordnung und legte dar, daß unter ihnen gerade die Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse am schwersten zu leiden haben. Wenn der männliche proletarische Staatsbürger politisch nicht viel Recht hat so betonte sie be­sonders so ist die Staatsbürgerin zurzeit noch politisch Un­mündige, nur Objekt der Gesetzgebung. Und das, obwohl auch sie für den Bestand des Staates große Opfer bringen muß. Backend wies die Referentin nach, daß die Frau im Wirtschafts­leben noch weit mehr als der Mann Ausbeutungsobjekt ist. Nur der Sozialismus vermag das gesamte weibliche Geschlecht sozial und menschlich ganz zu befreien. Er allein kann die Arbeiterklasse in die Sonnenhöhe wahrer Kultur und Menschlichkeit emporheben. Die Sozialdemokratie ist die Partei, die den Kampf zur Befreiung

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der Arbeiterklasse durch den Sozialismus führt. Ihr müssen sich auch die proletarischen Frauen und Mädchen anschließen, die ihrer Ausbeutung und Unterdrückung müde find. Mit den Männern ihrer Klaffe zusammen haben sie den Kampf gegen die bürgerliche Ordnung aufzunehmen. Die geforderten Opfer an Zeit, Kraft und Geld dürfen sie dabei nicht schrecken. Jahraus, jahrein nehmen Reich, Staat und Gemeinde Hunderte von Mark in Form von di­rekten und indirekten Steuern und Abgaben aus den Taschen der Frauen, aus der Kaffe der Arbeiterfamilie. Da darf sich die Prole­tarierin nicht bedenken, freiwillig die wenigen Groschen auszu­geben, die die Organisation fordert, um den Kampf für Freiheit und Recht zu führen. Der Besuch der Versammlungen litt hier und da unter der Ungunft des Wetters. Trotzdem können wir mit dem Erfolg der Agitation durchaus zufrieden sein. Sind doch 335 Frauen der Parteiorganisation beigetreten. Außerdem ist manche Frau, die zum erstenmal in einer Versammlung anwesend war, zum Nachdenken angeregt worden. Wir erhoffen daher noch weitere Erfolge bei der Hausagitation, die im Anschluß an die Versamm lungen veranstaltet wird. Wir werden die neugewonnenen Ge­nofsinnen an unsere Organisation zu fesseln suchen und sie zu zielbewußten Kämpferinnen schulen. Dazu gehört auch, daß sie die Aufgabe erfüllen, die nachfolgende Generation im Sinne des Sozialismus zu erziehen. Nur durch fortgesetztes Agitieren und Studieren werden auch die Frauen dahin kommen, daß sie politisch gleichberechtigt am öffentlichen Leben teilnehmen und über die Ge­staltung der gesellschaftlichen Zustände mit entscheiden. Auch für sie muß die Losung heißen: Vorwärts! Dem Ziele entgegen!

Hedwig Kurt.

Im Herzogtum Anhalt fanden im Monat Februar 22 Volfs­versammlungen statt, in denen die Unterzeichnete das Thema bes handelte: Der Kampf der Arbeiterklasse um Freiheit und Brot". Folgende Orte waren von dieser Agitation erfaßt: Cöthen  , Großmühlingen  , Bernburg  , Hedlingen, Son­dersleben, Nienburg  , Gusten  , Neundorf, Gern­ rode  , Jlberstadt, Frose  , Dessau  , Alten, Roßlau, Raguhn  , Pötnik, Kleinfühnen, Jeßniz, 3erbst, Joniz und Coswig  . Die Versammlungen waren durchweg gut besucht, überwiegend von Frauen. Es gelang auch in den meisten Orten, eine Anzahl Mitgliederaufnahmen für die Partei zu machen. So dienten die Versammlungen dem Zwecke, neue Mitglieder zu gewinnen und alte in ihrer überzeugung zu feftigen. In Dessau   und Umgegend wurde in der Diskussion besonders auf die noch junge Ortsgruppe des Verbandes der Haus­angestellten hingewiesen, die zu organisieren fich Genoffin Ehnert zur Aufgabe gemacht hat. Sie bedarf noch der tatkräf­tigen Unterstübung besonders durch unsere Genofsinnen, wenn die junge Organisation fich ebenbürtig den anderen Bereinigungen der Arbeiterklasse anreihen soll. Daß die Lage der Hausangestellten verbesserungsbedürftig ist, unterliegt auch in Anhalt wie ander­wärts keinem Zweifel. Besonders schlecht entlohnt werden die ver­heirateten Frauen, die in fremden Häusern Sauberkeit und Ord­nung schaffen. Sechs Mark Monatslohn für tägliche zweistündige Dienstleistungen sind keine Seltenheit. Linchen Baumann. Auf einer Versammlungstour durch die Provinz Hannover   be­handelte die Unterzeichnete das Thema:" Der Kampf der Haus­frauen und Mütter gegen Teuerung und Kriegsgefahr". Ver­sammlungen fanden statt in folgenden 22 Orten: Nieder­ sachswerfen  , Bad Lauterberg  , St. Andreasberg  , Barbis, Herzberg  , Uslar  , Einbed, Ahlfeld, Groß- Rhüden, Osterode  , Lasfelde  , Göttingen  , Weende  , Bovenden  , Geismar, Förste  , Gronau  , Salzdetfurth  , Sarstedt  , Helgen, Gleidingen   und Hahndorf. Im allgemeinen waren die Bersammlungen gut besucht, hauptsächlich von Frauen. Allerdings war gerade in einigen Orten, in denen eine verhältnismäßig große Anzahl ge­werkschaftlich Organisierter vorhanden ist, wie zum Beispiel in Göttingen   und Osterode  , der Besuch schlecht. Offenbar besteht viel­fach der Glaube, es genüge, wenn man gewerkschaftlich organisiert sei, und es sei überflüssig, öffentliche politische Versammlungen zu besuchen. Hinzu kommt, daß zurzeit das politische Leben nir­gends start pulfiert, nach dem letzten Wahlkampf herrscht immer noch Nuhebedürfnis rer. In einigen Orten waren außerdem das trifft besonders auf Göttingen   zu die Versammlungen mangelhaft bekannt gemacht worden. Von den aufgeführten 22 Orten haben nur einzelne eine mehr oder weniger starke Jn­dustrie, die kleineren Orte tragen alle mehr ländlichen Charakter. Es muß aber gefagt werden, daß die Schwerfälligkeit der länd­lichen Bevölkerungsschichten politischer Regsamkeit, felbft bei den Frauen, zu weichen scheint. Ja in den ländlichen Orten waren

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