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Die Gleichheit

schaft, die älteste und bestausgebaute in Deutschland , wird von verschiedenen Seiten eine eifrige Hehe unterhalten. Bestimmie Unternehmer wühlen gegen die Tarifgemeinschaft. Die ganze bürgerliche Presse aber, ohne Unterschied der Richtung, vom bru talsten Scharfmacherorgan bis zu den Sprachrohren der Sozial­politiker, macht Front gegen den Buchdruckerverband. Und der Grund oder richtiger der Vorwand? Weil die im Gewerbe be­Stehende Sonderorganisation nicht volles Siß- und Stimmrecht in den Tarifinstanzen hat. Diese Organisation, der Gutenberg­bund, ist im Jahre 1896 entstanden, nach dem verlorenen Streit im Buchdruckgewerbe; sie erblickt ihre Aufgabe darin, den Unter­nehmern zu Dienste zu sein. Ohne Lebenskraft vegetiert sie da­Hin und versucht durch Großmäuligkeit zu ersehen, was ihr an Bedeutung fehlt. Seit längerer Zeit schon bestürmt sie die ge­famte Presse mit Notizen, in denen sie für ihr Recht" Stimmung zu machen sucht. Wiederholt ist der Gutenbergbund mit seinem Verlangen abgewiesen worden, als Tariffontrahent zugelassen zu werden und in den Tarifinstanzen Siz und Stimme zu erhalten. Vor kurzem machte er unter großem Lärm einen neuen Vorstoß mit dem gleichen Mißerfolg. Der Vorsitzende des Buchdruckerver­bandes wehrte sich entschieden gegen jene Zumutung. Er fündigte an, der Verband werde seine sämtlichen Vertreter aus allen Tarif­instanzen abberufen, falls dem Antrag der Gutenbergbündler Rechnung getragen würde, der in einigen Unternehmern Befür­worter gefunden hat. Inzwischen haben die Sonderbündler, nach­dem fie einmal vergebens bei den Hirsch- Dunderschen Unterschlupf gesucht hatten, bei der alleinseligmachenden Richtung der christ­lichen Gewerkschaften Anschluß gefunden. Ihre Mitgliederzahl ist so schwach, daß sie bei größter Weitherzigkeit im Proporzwahlver­fahren keine Vertretung in den Tarifinstanzen beanspruchen könnte. Den Boykott mußten die Arbeiter über die Zichorien­fabrik von Joseph Scheuer in Fürth verhängen. Diese Firma duldet keine organisierten Arbeiter und Arbeiterinnen in ihrem Betrieb. Das Unternehmen befißt außer in Fürth noch Be­triebe in Magdeburg und Schönebeck a. E. und war bisher auch Lieferant verschiedener Konsumvereine. Der Magdeburger Betrieb wurde von der Firma Robert Brandt erworben; hier wird insbesondere die Brandt- Bichorie hergestellt. Die Haupt­sächlichsten von der Firma vertriebenen Marken sind:

Doppelritter,

Brandtkaffee- Pfeil, Rotscheuer,

Braunschweiger, Blauroß, Neugermania,

Not- und Gelb- Ritter, Doppelzichorie,

Gestreifte, Siegelmarke, Brinzregent, ABC- Brandt, Bleibtreu.

Löwe ohne Firma, Gelbschener, Diese Zichorienmarken sind von jeder Arbeiterfrau solange zurück­zuweisen, wie die Arbeiter noch nicht zu ihrem Rechte gekommen find.

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And der Textilarbeiterbewegung. Einen schönen Erfolg hat die Arbeiterschaft der Baumwollspinnerei Bayerlein in Bayreuth in siebenwöchigem Streit errungen. Veranlaßt wurde der Kampf durch die unwürdige Behandlung, die sich Ar­beiter und Arbeiterinnen seit längerer Zeit gefallen lassen sollten. Gemeine Beschimpfungen und Mißhandlungen waren in dem Be­trieb einigen Meistern zur lieben Gewohnheit geworden. Auf die Organisierten hatte man es besonders abgesehen. Maßregelungen folgten auf Maßregelungen. Alle Verbandsfunktionäre wurden in furzer Zeit zur Strecke gebracht. Der Streik, der anfänglich nur von 53 der 300 Arbeiter und Arbeiterinnen geführt wurde, erfaßte nach und nach fast den gesamten Betrieb. Sein Verlauf ist ein ehrenvolles Zeugnis für die Solidarität der gesamten Belegschaft. Jeder Arbeiter, jede Arbeiterin, die an Stelle der Streifenden tre­ten follten, verweigerten die ihnen zugemuteten Streifbrecher­dienste. Dafür wurden fie in allen Fällen entlaffen. Doch gerade diese glänzende Solidarität war es vor allem, die die Kapitulation der Firma erzwang. Mißhandlungen, Beleidigungen und sonstige Belästigungen der Arbeiter sind den Meistern jest streng verboten. Gegen Übertretungen dieses Verbots verpflichtet sich der Firmen­inhaber einzuschreiten. Niemand von den Streifenden darf ent­Tassen werden. Alle Arbeiter, auch die zuleht gemaßregelten, wer­den wieder eingestellt. Die Arbeiter erhalten die Kontraktbruch­strafe herausbezahlt, die ihnen einbehalten worden war. Der Er­folg ist um so höher zu werten, als gerade in Bayreuth die Or­ganisationsarbeit immer wieder Rückschläge erlitt. Die Bewegung hat dem Verband 200 neue Mitstreiter gebracht, die vom besten Geist beseelt find. Jeht gilt es in Bayreuth rührig weiterbauen, Boden ist noch genügend vorhanden.

Der Verfuch, in zwei Betrieben in Spremberg den Wochen­John um 1,65 Mt. und 1,75 Mt. zu fürzen, wurde abgeschlagen. In der Striderei von F. Landee in Berlin wurden für

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die Stricker 2 Mt. und für die Striderinnen 1,80 Mt. wöchentliche Lohnerhöhungen durchgesetzt. 45 Weberinnen in Langensalza errangen eine Erhöhung ihres wöchentlichen Verdienstes um 1,80 Mt. In der Buntweberei von Jordan in Lauban konnten die Arbeiter eine Verkürzung der Arbeitszeit um andert­halb Stunden und eine Erhöhung des Lohnes um 1 Mt. in der Woche für sich buchen. Eine Lohnerhöhung von 1,80 mt. wurde in der Tuchweberei von 8schille in Großenhain er rungen. 212 Strumpfwirter in 8eulenroda erzielten Lohnerhöhungen von 1,25 Mt. wöchentlich. In der Spinnerei von F. H. Malz in Greiz wurden eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit um 3/2 Stunden und Lohnerhöhungen von 1,40 Wt. durchgedrückt. Lohnzulagen von 2,50 Mt. in der Woche erreichte eine Abteilung in der Spinnerei Erlangen ; das Warten auf Material wird außerdem fünftig mit 30 Pf. pro Stunde bezahlt, während es bis jetzt hierfür nichts gab. Die Trikot­weber der Firma N. Haur in Ebingen errangen wöchentliche Lohnerhöhungen von 1,50 Mf., die bei Behr in Balingen von 1,20 Mt. Ein sechstägiger Streit in der Kammgarnspin­nerei zu Bietigheim feßte eine Verkürzung der Arbeitszeit um 2 Stunden in der Woche durch und wehrte Maßregelungen ab. Mit gutem Erfolg ist auch der Streit bei Berndt in Neu­ gersdorf beendet worden. Für eine Reihe Artikel wird ab 7. April ein fünfprozentiger Zuschlag gezahlt, des weiteren für schlechtes Material oder für schlechte Geschirre ein Buschlag von 33% Prozent vom Weblohn. In dem vierwöchigen Kampfe ist Tein einziger der Ausständigen zum Streifbrecher geworden, dagegen schlossen sich mehrere Arbeitswillige den Streifenden an. Sämtliche Unorganisierte sind dem Verband beigetreten. Das sei den Textil­arbeitern im ganzen Bezirk Neugersdorf besonders zur Nach­ahmung empfohlen. Denn dort in der Oberlausit gibt es noch viel zu bessern.

sk.

Aus der Holzarbeiterbewegung. Der Deutsche Holzarbeiter verband hat im Jahre 1912 wiederum mit großem Erfolg für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen gewirkt. Seine Jahresübersicht in der Holzarbeiter- Zeitung" ergibt, daß der Verband im Jahre 1912 bei Lohnbewegungen 51449 Personen ins Treffen geführt hat. Vei 576 von insgesamt 961 Lohnbewegungen genügte jedoch schon die Macht des friegsbereiten Verbandes, um eine Verständigung mit den Unternehmern ohne Stampf herbeizuführen. Infolgedessen er­rangen rund 36700 in der Holzindustrie Beschäftigte Erfolge, ohne daß sie erst die Arbeit niederlegen mußten. Hierunter befanden sich auch 1121 Arbeiterinnen, während weitere 729 Frauen in die offenen Kämpfe verwidelt wurden. Das Gesamtergebnis der Lohnbewegungent ist recht erfreulich. Für 81382 Beteiligte wurde eine Verkürzung der Arbeitszeit um durchschnittlich zwei Wochenstunden und für 37982 eine durchschnittliche Lohnerhöhung von 2,04 Mt. in der Woche durchgefeht. Da es sich dabei in vielen Fällen mm.bie gleichen Personen handelt, die also gleichzeitig an der Arbeitszeit verkürzung wie an der Lohnerhöhung teilhaben, so bedeutet dieser Erfolg für die Betreffenden, daß sie nach Eintritt aller Verbesserungen im Laufe eines Jahres 104 Stunden oder etwa zwei Wochen weniger zu arbeiten haben und doch rund 100 Mt. mehr verdienen als vor­dem. Die Mühen und die Opfer für den Verband haben sich gut gelohnt! In den genannten Verbesserungen erschöpft sich aber der Erfolg der Lohnbewegungen noch lange nicht. Andere Zugeständ­nisse der Arbeitgeber dürfen auch nicht unterschätzt werden, wie zum Beispiel die Lohngarantie bei Affordarbeiten, höhere Aufschläge für Aberstunden und das Mitbestimmungsrecht bei der Leistung von Überstunden und anderes mehr.

Für die Durchführung seiner Lohnkämpfe hat der Verband aber allein 876000 Mt. an Streifunterstützung aufwenden müſſen. Das ist allerdings weniger als im Vorjahr, das 1660000 Mt., also das Doppelte hierfür erforderte. Freilich ist zu den Summen, die für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Abwehr von Verschlechterungen ausgegeben wurden, auch ein erheblicher Teil der Arbeitslosenunterstügung hinzuzurechnen. Die Erfahrung lehrt immer wieder, daß gerade diese Unterstügung geeignet ist, das Unter bieten am Arbeitsmarkt hintanzuhalten. Indem sie dem Arbeits­Tosen wenigftens das Allernotwendigste zum Leben sichert, bewahrt fie ihn vielfach vor der Notwendigkeit, zu jedem Preis Arbeit suchen zu müssen. Die Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung find aber im Deutschen Holzarbeiterverband im letzten Jahre infolge der Verschlechterung der wirtschaftlichen Konjuftir ganz erheblich gestiegen. Reichten noch im Jahre 1911 insgesamt 1108 000 Wt. zur Deckung der diesbezüglichen Anforderungen aus, so bedurfte man im letzten Jahre 1529000 Mt. für Arbeitslosen- und Reiseunter­ftügung, also fast um die Hälfte mehr. Die übrigen Ausgaben für Unterstützungen sind entsprechend dem Wachstum des Verbandes ge­

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