Nr. 17
Die Gleichheit
eine Gelegenheit zur Propaganda unter den Frauen ist und uns mit ihnen in Verbindung bleiben läßt. Das Preßkomitee, das Artikel für die Frauenrubrik der Gewerkschafts- und Parteiblätter liefert, hat gute Arbeit geleistet. Es hat 13 Mitarbeiterinnen. 21 Gewerkschafts- und 15 Parteiblätter erhalten regelmäßig einen Artikel. Außer einem Flugblatt für den Frauentag berbreiteten die Klubs ein anderes, das sich mit dem Gesetzentwurf zur Invaliditäts- und Altersversicherung befaßte und fich dagegen wandte, daß darin keine Witwenrente vorgesehen war. Genossin Pothuis- Smit schrieb auf Wunsch der Partei eine vorzügliche Broschüre für die Frauen, die die kommenden Wahlen behandelt. Der Verband konnte vier neue Rednerinnen ausschicken, und die bisher agitatorisch tätigen Genoffinnen wurden mehr als je zu Parteiversammlungen berufen. An allen Meetings, die die Partei veranstaltete, beteiligte sich der Verband und wirkte für die Beteiligung der Frauen an ihnen, und das mit dem besten Erfolg. Der Verband hält es für eine seiner dringendsten Pflichten, der Erziehung der Kinder im Geifte des Sozialismus die größte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die Jahresversammlung dankte der Verbandsleitung für ihre Arbeit, die von den Klubs schwer entbehrt werden könnte. Genossin Sonnes hielt ein Referat über die Selbstschulung in den Klubs und die kommenden Wahlen. Sie befürwortete die Einsehung eines großen Borstandes, in dem jedem Mitglied eine bestimmte Funktion zufällt, ferner Propagandakommissionen für die Verbreitung des Blattes, die regelmäßig Bericht zu erstatten haben. Die Mitglieder müssen sich vorbereiten, eines Tages im Vorstand der Parteiorganisationen mitarbeiten zu können. Nach dem Arbeitsplan für die bevorstehenden Wahlen sollen in den in Betracht kommenden Orten je zwei gut borbereitete öffentliche Versammlungen stattfinden, die der Aufrüttelung der Frauen dienen, die noch außerhalb der Bewegung stehen. Diese Versammlungen sind natürlich im Einvernehmen mit der Parteisektion zu veranstalten. Die Mitglieder der Klubs selbst sollen sich an allen Parteiarbeiten für die Wahl beteiligen. Es wird berichtet, wie die deutschen und österreichischen Genofsinnen bei den Wahlen arbeiten und was sie leisten. Eine der Agitatorinnen des Verbandes gab eine lebhafte Schilderung von der Arbeit der Genossinnen in ihrer Parteiorganisation bei den lezten Wahlen. Die Jahresversammlung beschloß, daß die" Prole tarische Broum" vergrößert wird. Wenn auch betreffs des Blattes Heine Wünsche geäußert wurden, so fand doch die Redaktion im allgemeinen Zustimmung und Lob. Die Vorsitzende des Verbandes, Genossin Wibaut, erstattete ein Referat über Kinderlubs und Kindererziehung". Wir können den großzügigen Vortrag leider nicht ganz wiedergeben, sondern müssen uns damit begnügen, einige Ausführungen herauszugreifen. Die Rednerin zeigte die großen Mißverständnisse, mit denen wir bezüglich unserer Jdeen über die Erziehung zu kämpfen haben. Wir befürworten die Kinderklubs als Ergänzung der häuslichen Erziehung. Genoffin Wibaut legte dar, daß die Bourgeoisie die Fa milie des Arbeiters zur Hüterin der Interessen der besitzenden Klasse erniedrigen will, die das Kind fähig und willig machen soll, herangewachsen das Joch der Ausbeutung weiterzuschleppen. Die Tugenden und Eigenschaften sollen herangebildet werden, die diesem Zwecke dienen. Wir wollen dagegen die Gefühle der proletarischen Solidarität und einer Liebe entwickeln, die die ganze Menschheit umfaßt. In der Arbeiterklasse müssen die Eltern die Liebe und die Verantwortung für ihre eigenen Kinder ausdehnen auf alle Kinder, müssen sie einander helfen und stützen, die Kinderso zu erziehen, wie wir sie herangewachsen sehen wollen: zu denkenden, selbständigen, freiheitsliebenden Menschen. Die Rednerin berichtete, was in Österreich geschieht, wo eine Organisation bon Kinderfreunden besteht, wo Kinderklubs, Bibliotheken und Elternabende eingerichtet worden sind. Sie sprach davon, daß auch bei uns die Absicht da ist, sich an die Eltern zu wenden und sie mit dem Verständnis für die hohen Aufgaben zu erfüllen, die ihnen obliegen. Es gilt die Eltern im Geiste unserer sozialistischen Auffassung für ihre Aufgabe vorzubereiten. Widmen wir uns dieser bedeutsamen Arbeit, so wird sich zeigen, daß sich dadurch biele unseren Reihen anschließen. Unsere Kinderklubs sind nur der Anfang unserer Betätigung in dieser Richtung. In der Disfussion wendete sich niemand im Prinzip gegen Genossin Wibauts Ausführungen. Es wurde eine Kommission ernannt, die sich mit der Frage beschäftigen soll und weitere Mitglieder berufen kann. Die Tagung schloß mit einer schönen Deklamation.
Helene Antersmit, Schriftführerin, Amsterdam . I. K. Das zehnjährige Bestehen des Vereins sozialdemokratischer Frauen und Mädchen in Oesterreich konnte am 22. April gefeiert werden. Es war dies die erste Frauenorga
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nisation in Österreich , die einen politischen Charakter trug. Der Verein wurde gegründet, nachdem die Christlichsoziale a in Wien ihren Frauenbund für die Zwecke der politischen Agita tion mit Erfolg verwendet hatten. Nach wiederholten Abweisungest bewilligte schließlich die Statthalterei die Statuten des Vereins sozialdemokratischer Frauen und Mädchen. Schot der Name brachte den Zweck des Vereins zum Ausdruck, für die Sozialdemokratie zu wirken, obwohl es im§ 2 des Statuts heißt, daß Politik und Religion von der Betätigung ausgeschlossen sind. Was der Name ankündigte, wurde im Statut abgeschworen. A::- ders wäre die behördliche Genehmigung des Vereins nie zu ezreichen gewesen, da ja Frauen die Bildung oder Zugehörigkeit gu politischen Organisationen nicht gestattet ist. Die Bedeutung d: 3 Namens hatten die Behörden übersehen. on be evil Tatsächlich hat der Verein eine durchaus politische Wirksamkeit entfacht. In den zehn Jahren seines Bestehens hat er 4600 Frauen als Mitglieder aufgenommen. Allerdings fonnte er sie nicht alle halten, aber er hat doch sehr viele Frauen mit den Zielen der Sozialdemokratie bekannt gemacht. Bei jedem Wahlkampf in Wien hat die Organisation auf das intensivste mitgearbeitet. In Favo riten war es, wo die Proletarierinnen die christlichsozialen Agitatoren mit Spülcimern und Scheuerlappen empfingen, u ihnen die Lust zur Beeinflussung der Arbeiterfrauen zu vertreiben. Die Genofsinnen haben gute Pionierarbeit geleistet, und mit Recht konnte Genosse Dr. Adler in der Festversammlung davon sprechen, wie viel die Partei auch den Frauen verdankt. Die Festversammlung gestaltete sich zu einer begeisterten Rundgebung für die politische Organisation ber Frauen. Die Reben der Vorfißenden Genossin Pölzer, der beiden Abgeordneten für Fate riten Dr. Adler und Neumann und der Genofsinnen Schlesinger und Bopp lösten Beifallsstürme aus. a. p.
I. K. Eine angeklagte Frauenorganisation in Desterreid. Eine Entscheidung bon prinzipieller Bedeutung für die politische Organisierung der Frauen in Österreich ist am 24. April von einem Richter in Niederösterreich gefällt worden. Die freie politische Frauenorganisation eines Ortes, ton Wilhelmsburg , war angeflagt, daß sie einen ungefeßlichen, weil von der Behörde nicht genehmigten Verein bilde. Fünf Ccnofsinnen hatten vor Gericht zu erscheinen, und alle Organisationsbehelfe, wie Parteilegitimation, Arbeiterinnenzeitung, Otganisationsstatut, lagen als Belastungsmaterial dem Gericht vor. Der Verteidiger, Genosse Winter, beantragte, Genoffin Popp als Sachverständige über die Organisation zu vernehmen, das Gericht beschloß dementsprechend. Genossin Bopp bewies nun durch Anführung der Beschlüsse von Parteitagen und Frauenfonsorenzen, daß es sich bei der freien Frauenorganisation um feia Vereinsgebilde handle, sondern um Frauen, die durch die Leistung von freiwilligen Beiträgen und durch Abonnieren einer sozialdemokratischen Zeitung ihre sozialdemokratische Gesinnung zum Ausdrud bringen. Die Angeklagten feien feine Vereinsfunktio närinnen, sondern Vertrauenspersonen der sozialdemokratischen Partei. Ihre Aufgabe sei es nicht, die Geschäfte eines Vereins zu führen, sondern sozialdemokratische Anschauungen zu verbreiten. Genosse Dr. Winter beantragte, auf Grund dieser Aussagen die Angeklagten freizusprechen, da sämtliche politischen Parteien in Österreich ihre Organisation in der gleichen Weise aufgebaut hätten und man alle verurteilen müsse, wenn die angeklagten Frauen schuldig gesprochen würden. Das Gericht schloß sich diesen Anschauungen an und sprach die fünf Genofsinnen frei. Damit wurde die freie politische Frauenorganisation als den Geseken nicht widersprechend anerkannt. Für ihre Entwidlung bei uns ist diese Entscheidung nicht unwichtig, da das Herrenhaus merkwürdig lange zögert, dem vom Abgeordnetenhaus beschlossenen Geseh gu zustimmen, das den Frauen das Recht der politischen Organisation gibt.
Frauenstimmrecht.
a. p.
Der Kampf der englischen Suffragetten hat immer wahnwißigere Formen angenommen, seitdem im englischen Parlament der letzte Borstoß zur Einführung des Frauenwahlrechts ergeb nislos geblieben ist. Das Bertrümmern von Fenstern und Spiegel. scheiben genügte diesen Frauenrechtlerinnen nicht mehr. Sie ber nichteten durch Säuren und Feuer den Inhalt von Brieffästen; fie griffen zur Brandstiftung und zur Bombe; dem Kampfe mit Fäusten, Schirmen und Hutnadeln gegen die Polizei folgten Attentate wider einflußreiche Gegner des Frauenwahlrechts. Eine der letzten und sinnlosesten Taten ist die Einäscherung des Schule Hauses zu Ashley. Die hervorragenden Führerinnen der Su