Nr. 21

Die Gleichheit

Graudenz , Jastrow usw., wo schon ein guter Stamm weib­licher Parteimitglieder vorhanden ist, können keine besonderen Frauenabende eingerichtet werden, weil es an den leitenden Kräf= ten fehlt und materielle Schwierigkeiten den Veranstaltungen im Wege stehen. Wenn die Bezirksleitung unsere Frauenbewegung so einsichtsvoll weiter fördert wie bisher, so wird die richtige Er­fenntnis auch unter wachsenden Frauenmassen in Westpreußen tagen und sie den Weg zum Sozialismus finden lassen. Käthe Leu.

Aus dem Kreise Solingen . In unserer Frauenbewegung scheint fich langsam, aber sicher eine Entwicklung zu vollziehen, die zu den besten Hoffnungen berechtigt. Einige Bezirksführe= rinnen fassen ihre Aufgabe so auf, wie es im Interesse der Or­ganisation wünschenswert ist. Man versucht die Genofsinnen zu einer intensiven Kleinagitation heranzuziehen, bei der alle mit­helfen können, um die Organisation auszudehnen und besser aus­zugestalten. Zwar ist die Zahl unserer weiblichen Mitglieder im verflossenen Geschäftsjahr zurückgegangen, von 448 auf 399 ge= funken. Doch ist betreffs der Beitragsleistung ein Fort­schritt zu verzeichnen. 346 von 448 aus den Distrikten angegebenen Genossinnen hatten die ersten drei Quartale 1911/12 voll bezahlt, 1912/13 aber haben von 399 Genossinnen, die in den Listen ge= führt wurden, 398 volle Beiträge für drei Quartale abgeführt. Im neuen Geschäftsjahr haben wir in einigen Bezirken eine gute Anzahl Neuaufnahmen zu verzeichnen, die der regen Hausagi­tation zu verdanken sind, die gewiß anderwärts Nachahmung finden wird. Jm lezten Winter hielt Genoffin Gewehr- Elber­seld hier einen Vortragskursus ab. Ohne sich nach außen sehr bemerkbar zu machen, hat er die Genossinnen sehr angeregt und ihre Arbeitslust ganz erheblich gesteigert. Auch die in diesem Frühjahr abgehaltene Frauenkonferenz für den Kreis Solingen hat in diesem Sinne gewirkt. Die Tagung hat die Genoffinnen in den einzelnen Bezirken kräftig angespornt, Schritt miteinander zu halten. Auch der Austausch der Erfahrungen war von schätzenswertem Vorteil. Eine neue Aufgabe haben sich damit unsere Genoffinnen gestellt, daß sie daran gehen, Ferien­wanderungen für die Arbeiterkinder in die Wege zu leiten. Unser bergisches Land ist reich an Naturschönheiten, und so können diese Veranstaltungen eine Quelle reicher Freude und Anregung für die kleinen Proletarier werden. Pflicht aller Mitglieder ist es, das löbliche Beginnen der Genofsinnen auf das lebhafteste zu unter­stützen. Außer den Kindern wird unsere gesamte Bewegung Nuzen davon haben. Die Ferienwanderungen dürften uns mit Prole­tariern in Beziehung bringen, die schwer für unsere politische Or­ganisation zu gewinnen sind. Ganz besonders find sie geeignet, Mütter für uns zu gewinnen, die noch kein Verständnis für den politischen Kampf zeigen. Uns muß jede Gelegenheit willkommen sein, die zu Fortschritten unserer Bewegung führt. Sie dient unserer guten großen Sache.

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-ld.

Die Frauenbewegung im 15. fächsischen Reichstagswahlkreis hat im letzten Jahre einen Aufschwung genommen. Die Zahl der weiblichen Parteimitglieder ist um 225 gestiegen; sie betrug am Schlusse des Geschäftsjahrs von neun Monaten 375. Der Zuwachs an organisierten Genossinnen ist hauptsächlich Frauenversamm­lungen zu verdanken. Ein sehr, sehr großer Abstand besteht zwischen der Zahl der weiblichen und derjenigen der männlichen Parteimitglieder: 4405. Aber nicht das allein muß uns alle- Ge­nofsinnen und Genossen zur eifrigsten Aufklärungsarbeit unter den arbeitenden Frauen anspornen. Fast noch mehr müssen das die Gedanken tun, wie groß die Zahl der ausgebeuteten Lohn­arbeiterinnen in unserem Kreise ist und wie hart die Bürde des Elends gerade auf den Frauen lastet. Unser Kreis umfaßt große Industrieorte, wo Hunderte und Tausende von Frauen und Mäd­chen durch Erwerbsarbeit ein färgliches Brot finden, Fabrikanten, Faktoren und Aktionäre aber schwer reich machen. Leider nehmen die meisten dieser Arbeiterinnen ihr bitteres Los als selbstver­ständlich und unabänderlich hin. Sie wollen nichts von Gewerk­schaft und Politik wissen und halten auch ihre Männer und Söhne tom Kampfe zurück. Doch der Unverstand der Massen" darf uns bei unserer Aufklärungs- und Organisierungsarbeit nicht schrecken. Die Ergebnisse des letzten Jahres haben gezeigt, daß es auch mit der Eingliederung der Proletarierinnen in die Partei vorwärts geht. Darum mutig an die Arbeit! M. W. Eine Frauenkonferenz des dritten württembergischen Reichs: tagswahlkreises tagte Ende Mai in Heilbronn . Die Beteiligung an ihr war ziemlich gut. Die sozialdemokratischen Ortsvereine Heilbronn , Bödingen, Nedargartach, Sont­ heim , Frankenbach und Bietigheim hatten Delegierte entsendet. Den Landesvorstand vertrat Genoffin Müller- Stutt­ gart . Auf der Tagesordnung stand ein Referat der Genossin

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Grünberg Nürnberg über" Die politische Werbe­tätigkeit der Frau". Die Rednerin gab in ihrem einstün­digen Vortrag eine Fülle von wertvollen Fingerzeigen und Rat­schlägen, wie die Propaganda unter den Frauen, besonders den industrietätigen, erfolgreich betrieben werden könne. Eine kurze Aussprache schloß sich an das Referat an. Genossin Blos- Cann­fiatt behandelte dann Schulfragen. In ihrem Vortrag verstand sie es, die Entwicklung der Schule bis auf die heutige Beit zu schil­dern sowie die Stellung der Volksschule als Aschenbrödel des Staates. Ihre Ausführungen fanden wie die der Genoffin Grün­berg reichen Beifall. Ihnen folgte eine rege Diskussion, an der sich die Genofsinnen aus sämtlichen vertretenen Orten beteiligten. Die Konferenz beschloß, das Referat solle unverkürzt im Partei­organ des Wahlkreises veröffentlicht werden. Ferner gelangte ein Antrag zur Annahme, der die Abhaltung einer Frauen­landeskonferenz für Württemberg fordert, die vor der Landesversammlung stattfinden sollte. Zwei weitere Anträge wünschen eine Frauen- beziehungsweise Jugendbeilage zum Par­teiorgan des Kreises und einen Unterrichtskurs für die dort tätigen Genoffinnen. In den Kreisausschuß wurde als Vertreterin der Genossinnen wieder Genossin Schwan gewählt. Politisch or­ganisierte Genofsinnen werden im Wahlkreis 450 gezählt, wovon auf Heilbronn allein 280 entfallen. Die Konferenz hat sicher den Genossinnen neue Anregungen und frischen Mut zur kräftigen Mitarbeit in der Partei gegeben. Sie werden eifrig sein, um immer mehr Proletarierinnen in die Reihen der Klassenkämpfer einzugliedern, die für die Ausgebeuteten und Beherrschten volle Freiheit, ganzes Recht erstreben. Für den Sozialismus zu wirken, ist heilige Pflicht jeder proletarischen Frau. 2. Schwan.

Ueber das Wirken der Kinderschutzkommission im Kreise Teltow- Beeskow- Charlottenburg liegen jetzt die Ergebnisse für die neun Monate vom 1. Juli 1912 bis 30. April 1913 vor. Die nach= folgenden Angaben beziehen sich nicht mit auf Neukölln, das für sich allein sehr viel Kinderelend aufzuweisen haben dürfte. Von den 25 Orten des Kreises, wo Kinderschutzkommissionen be= stehen, berichteten 11 über 107 Fälle von übertretungen des Kinderschutzgesetzes, außerdem gelangten 18 Fälle von Mißhand­lung, Vernachlässigung beziehungsweise Verwahrlosung zur Kennt­nis der Kommission. In 61 von 107 Fällen konnte Abhilfe ge= schaffen werden. Von den 18 Fällen von Mißhandlung, Vernach­lässigung usw., die die Kommission aufdeckte, wurden 12 mit Er­folg weiter verfolgt. Die gesetzwidrige Beschäftigung der Kinder bestand meist im Austragen von Zeitungen, Frühstück, Milch usw. vor dem Schulbeginn. In einigen Fällen wurden die Kinder beim Handel mit Kurzwaren und Zündhölzchen angetroffen, andere hal­fen auf dem Kohlenplay; auch Aufwartedienste und Botengänge gaben mehrfach Anlaß zum Einschreiten der Kommission. Das Alter der ungefeßlich beschäftigten Kinder schwankte im allge­meinen zwischen 8 und 13 Jahren, doch wurde vereinzelt auch die Erwerbsarbeit 6- und 7jähriger Kinder festgestellt. In den weit­aus meisten Fällen war bitterste Not in der Familie die Ursache, weshalb Kinder schon im zartesten Alter mitverdienen" mußten. Manche Eltern beziehungsweise Pflegeeltern kannten die geset= lichen Bestimmungen über die Kinderarbeit gar nicht, andere wie­der verkannten die schweren gesundheitlichen und sittlichen Ge­fahren, denen ihre Kleinen beim Erwerb ausgesetzt waren. Daß in zwei Dritteln der festgestellten Fälle von Vernachlässigung usw. Wandel geschaffen werden konnte, wurde zum Teil durch ein Hand­inhandarbeiten mit den Schulrektoren, Armen- und Waisen­pflegern wie auch durch die Hilfe gemeinnüßiger Vereine erheblich erleichtert. Zum Schlusse können wir nicht verschweigen, daß unsere Genofsinnen und Genossen der Kommission bei Ausübung ihrer schweren und verantwortungsvollen Tätigkeit mehr als einmal sich mit dem Unverstand der Eltern auseinandersetzen mußten. Und unter den einsichtslosen Eltern befanden sich auch organisierte Arbeiter. Möge die Feststellung dieser Tatsache genügen, daß alle, die unsere Ideale teilen, ihr Bestes tun, um den Bestrebungen der Kinderschutzkommissionen in den Kreisen der Proletarier wach­sendes Verständnis zu sichern, das zu tatkräftiger Unterstübung führt. Nur durch immer umfangreichere Aufdeckung des Kinder­elends wird es uns gelingen, weitere gesetzgeberische Maßnahmen gegen die Ausbeutung des proletarischen Nachwuchses zu er zwingen, Elfriede Ryned, Treptow - Baumschulenweg.

Politische Rundschau.

Das große vaterländische Werk" ist vollendet, der Reichstag hat die Wehr- und Deckungsvorlagen angenommen. Dem deutschen Volt ist die neue schwere Last aufgebürdet, und die Volksvertreter