Nr. 25

Die Gleichheit

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die

vereine. Im Anschluß an seine Ausführungen empfahl Frau Ge­heimrat ossen von Heidelberg dringend die Mitarbeit der ka­tholischen Ordensschwestern bei der Hauspflege von Wöchnerinnen. In Bruchsal läßt der Vinzenzverein eigene Kräfte in der Wochenpflege ausbilden, die auch anderen Städten zur Verfügung gestellt werden. Der Superior des Mutterhauses der Franziskane­rinnen in Gengenbach beklagte es, daß den katholischen Schwe­stern, die doch alles Verständnis für die neuzeitlichen Auf­gaben der christlichen Caritas hätten, viel zu viel Aufopferung zu­gemutet werde. Ihre Zahl sei zu klein, weil nicht genügend geeig­nete Kräfte eingetreten wären. Die meisten Pflegerinnen des Franziskanerordens seien nun so überlastet, daß es endlich auch eine Pflicht der Caritas sei, die Frauen der Caritashilfe zu schützen. Das ist richtig. Der Gengenbacher Friedhof bringt den besten Beweis dafür. Die Zahl der frühzeitig aus dem Leben ge= schiedenen Ordensschwestern der Krankenpflege ist außerordentlich groß. Gerade wenn die Ordensschwestern zur Wöchnerinnenhaus­pflege herangezogen werden sollen, ist Rücksicht auf Gesundheit und Leistungsfrische der Pflegerinnen geboten. Denn eine vernünftige Hauspflege in armen Familien stellt hohe Anforderungen an Um sicht, Kraft und Freudigkeit der Pflegerinnen. Diese dürfen nicht abgehetzt und überangestrengt an die verantwortungsvolle Aufgabe herantreten. Was Herr Pfarrer Wecesser beklagte Überbürdung der Ordensschwestern, darauf ist übrigens oft schon in der sozialdemokratischen Presse hingewiesen worden. Dort wurde wieder und wieder der bedenklich hohe Prozentsaz des Siech tums bei den Krankenpflegerinnen im Ordenskleid hervorgehoben. Es ist dabei von unserer Seite besonders auf die ungenügende Nachtruhe, auf den Mangel einer wöchentlichen Erholungszeit und eines jährlichen Urlaubs hingewiesen worden. Die täglichen reli­giösen Übungen in und außerhalb der Kirche, zu denen die Ordens­frauen verpflichtet sind, können nicht als Ruhepausen gelten. Den Pflegerinnen müßten auch stets genügend Kleider zum Wechseln zur Verfügung stehen, da sie doch oft Leute mit übertragbaren Krankheiten warten. Ob die hermetisch abschließende Kopf­bedeckung Hygienisch und praktisch ist, möchten wir bezweifeln. Wöchnerinnen sprechen wie Kranke oft recht leise, und es anke oft recht leise, und es fönnen Mißverständnisse entstehen, die Folgen haben. Wenn die Ordensschwestern mehr zur Wöchnerinnenhauspflege verwendet werden sollen, so hört wohl auch der Übelstand auf, daß in städti­schen Krankenhäusern Pflegerinnen aus katholischen Orden unter­sagt ist, bei einer Geburt oder an einem Wochenbett Hilfe zu lei= sten. Das Verbot hat schon zu bedenklichen Situationen geführt, wenn eine von der Niederkunft überraschte Frau von der Straße weg in das Krankenhaus gebracht werden mußte, ohne daß sofort ein Arzt zur Stelle war. So oft von sozialdemokratischer Seite An­regungen für die Vervollkommnung der Krankenpflege und für den Schutz der Pflegerinnen im Ordenskleid geäußert worden sind, wie sie sich jetzt auf dem Caritastag hervorgewagt haben, war die Zentrumspresse bei der Hand, dies als Heze gegen die Religion und gegen die katholischen Orden zu verleumden. Über den Wert der Pflege der fatholischen Krankenschwestern, über die Aufopfe­rung bei der Pflege herrscht bei Ärzten und Krankenkassen nur die beste Meinung. Solange die bürgerliche Gesellschaft nicht plan­mäßig für Einrichtungen zur Pflege und Fürsorge für die Wöch nerinnen im arbeitenden Volte sorgt, werden es gewiß viele arme Mütter als begrüßenswerte Hilfe empfinden, wenn während des Wochenbetts Ordensschwestern als Pflegerinnen ins Heim fom­men. Allein es müßte dabei auch zweierlei vermieden werden, was geeignet ist, die wertvolle Pflege in sozialer Hinsicht mit sehr bedenklichen Umständen zu verknüpfen. Der gewährten Pflege müßte der bittere Beigeschmack der Wohltat, des Almosens ge= nommen werden. Das könnte durch Vereinbarungen zwischen den Gemeinden und den Vinzenzvereinen usw. geschehen. Zweitens müßten sich die Ordensschwestern gewissenhaft jeder Belehrungs­versuche" enthalten und das Maß von Toleranz gegen Anders­denkende üben, das wir ihnen und ihrem religiösen Bekenntnis entgegenbringen.

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Frauenbewegung.

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mg.

Sie rühren sich. Der Vereinigung konservativer Frauen" werden die offenen und versteckten Angriffe des Bundes zur Bekämpfung

der Frauenemanzipation allmählich lästig. In der ersten Zeit

ließ sie den Antibund" ruhig schimpfen und flagen, denn sie hatte ein gewisses Verständnis für seine Bedrängnis. Die Grün­dung einer politischen Organisation fonferva­tiber Frauen mußte von den Gegnern der Frauenbewegung wie ein Keulenschlag empfunden werden, und mitleidigen Her­

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zens ließen die konservativen Frauen ihren Gesinnungsbrüdern Zeit, sich auszutoben und dann eine möglichst günstige Rückzugs­linie zu gewinnen. Auf die Dauer ist ihnen aber die Gegnerschaft der Antis" wohl doch zu arg geworden, denn die Vereinigung" sieht sich genötigt, in der Kreuzzeitung " eine Erläuterung der Auf­gaben zu veröffentlichen, die sie sich gestellt hat. Bei dieser Ge­legenheit sagt sie dem Antifrauenrechtsbund" in aller Freund­schaft die Meinung.

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Der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation"- oder wie er oft treffend genannt wird: der Oberlehrerbund gegen die Frauen" regt sich bekanntlich ganz schrecklich über die zu­nehmende Berufstätigkeit des weiblichen Geschlechts auf. Er jam­mert über die Berdrängung der Männerarbeit, über die Herab­würdigung des teutschen Mannes, der es als Schmach empfinden müsse, als Lehrer usw. unter der Leitung von Frauen zu wirken. Nach ihm darf die Frau nur einen Beruf kennen: Mutter zu sein. Man kennt die Weise, man kennt den Tegt! Mit seiner Auf­fassung steht der Bund im Lager der Konservativen nicht allein; ähnliche Ansichten werden bei jeder sich bietenden Gelegenheit von konservativen Politikern vorgetragen. Im Reichstag haben sich oft genug die Abgeordneten der Rechten übrigens auch solche der bürgerlichen Linken zu dieser Oberlehreranschauung be­kannt. Die konservativen Herren erwarteten deshalb wohl von vornherein, daß auch die konservativen Frauen wenigstens in dieser Frage an einem Strang mit dem Antibund" ziehen wür­den. Hatten es diese Damen doch nach ihren eigenen Worten als ihre Aufgabe bezeichnet, konservative Gedanken verbreiten zu wollen". Allein trop allem hat in dieser einen Beziehung die Hoffnung getäuscht. In dem erwähnten Artikel der Kreuz­ zeitung " heißt es klipp und klar:" So lebhaft auch der Wunsch bei allen fonservativ denkenden Frauen ist, die ganze Erziehung aller Mädchen auf den Beruf der Frau und Mutter vorzubereiten, so wenig ist das möglich bei der großen Zahl von jungen Mädchen, die nicht heiraten und doch ihre Stellung und Unterhalt im Leben suchen müssen.... Und wenn man nun bedenkt, daß in allen Schichten Millionen von Frauen gezwungen sind, um ihre Lebens­existenz zu kämpfen, ist es dann nicht Pflicht der in besserer Lage fich befindenden Frauen, nach Möglichkeit die Verhältnisse, in denen jene arbeiten müssen, zu verbessern und ihre berechtigten Wünsche zu vertreten? Es ist doch nicht zu leugnen, daß die Gegner der Frauenbewegung bisher teine wirt. samen Mittel angegeben haben, um die be= stehenden Notstände aus der Welt zu schaffen." Das ist deutlich, und die Oberlehrer Langemann und Siegis­mund nebst ihren Freunden werden von dieser Antwort auf ihre Anzapfungen nicht gerade entzüdt sein. Noch weniger wird es, ihnen aber gefallen, wie sich die konservativen Frauen zum kirchlichen und kommunalen Wahlrecht stellen. Nicht etwa, als ob sie einfach forderten: wir müssen unsere Gleich­berechtigung in Kommune und Kirche erhalten. So weit sind die Herren Konservativen heute noch nicht, daß sie eine solche For­derung ruhig hinnehmen würden. Sie müssen erst langsam an den Gedanken gewöhnt werden, daß selbst die Frauen ihrer Kreise zu der Überzeugung gelangt sind, sie dürften sich nicht ganz vom öffentlichen Leben ausschließen lassen. Deshalb treten auch die fonservativen Damen als die bescheidensten unter den bescheidenen bürgerlichen Frauen auf. Sie verwerfen unbedingt, wozu sie sich stolz bekennen müßten: die Forderung des politischen Wahl­rechts für die Frauen. Gerade in ihrer Bekämpfung sehen wir eine unserer wichtigsten Aufgaben," heißt es in dem Artikel. E3 gebe andere Dinge, deren Vertretung für viele Konservative von größerer Wichtigkeit seien als die Wahlrechtsfragen. Das glauben wir gern: Wucherzölle auf Getreide, Bich, Fleisch usw., mehr Offizierstellen und Lieferungen für Kasernen. Immerhin erklärt jedoch der Artikel: Es wird aber nicht zu vermeiden sein, um dem dringenden Wunsche vieler konserva= tiver Frauen gerecht zu werden, daß auch das kirchliche und fommunale Wahlrecht mit tonservativen Politikern gründlich be­sprochen wird, um Klarheit darüber zu gewinnen, ob solche For­derung der Frauenbewegung mit fonservativen Grundsäßen und fonservativer Weltanschauung vereinbar sei oder aus welchen Gründen nicht. Nur einer durch solche Aussprache erlangten flaren überzeugung ist es dann möglich, auch hierüber konserva­tiven Grundsätzen innerhalb der Frauenwelt Geltung zu ber­schaffen." Es wird angeregt, ob man nicht vielleicht zunächst die Arbeitskommissionen der Kirchlichen und städtischen Verwaltungen ,, berpflichten" tönne, Frauen als Sachverständige hinzuzuziehen. Heute könnten sie ihre Wünsche nicht an den Stellen anbringen, bei denen die Entscheidungen liegen, und das müsse anders werden.

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