Nr. 4

Die Gleichheit

lich ein. Eine Arbeitszeit von 54 und weniger Wochenstunden hatten das nordbayerische Gebiet Nürnberg- Fürth- Zirndorf­Schopfloch, dann die Großstädte Berlin , Leipzig , Hamburg , Riel mit nur geringer Bürstenindustrie, sowie Ohligs- So­ lingen , Grünstadt , Lauterberg und Birkenfeld . Demgegen­über bestand aber eine mehr als 60stündige Arbeitszeit noch in Schönheide - Stüßengrün im Erzgebirge , Jauer, Kolmar i. E., Frankfurt a. D., Bromberg , Hanau , Weddersleben , Neuwied , Eibau und Osnabrück . Soweit sich hierunter fortge­schrittene Orte befinden, handelt es sich zumeist nur um ver­einzelte Kleinbetriebe. Die Orte in der Umgegend von Todtnau mit ebenfalls zurückgebliebenen Verhältnissen sind von der Statistik leider nicht erfaßt worden. Die durch­schnittliche Wochenarbeitszeit aller Beteiligten betrug 57,1 gegen 59 Stunden, die bei der letzten Verbands­statistik im Jahre 1906 ermittelt wurden.

Während die Arbeitszeit in der Regel für männliche und weibliche Arbeiter völlig gleich ist, treten beim Arbeits Iohn erhebliche Unterschiede zutage. Die Statistik ergab für die erwachsenen männlichen Beschäftigten einen durch­schnittlichen Wochenverdienst von 22,18 m., für die weib­lichen aber nur von 11,65 Mr. und für die Jugendlichen 9,83 Mk. Von den männlichen Arbeitern erzielte die kleine Branche der Mischer( Borstenmischer) mit 25,21 Mr. den höchsten Durchschnitt, ihr folgen die Pinselmacher mit 25,16 M., während die Zurichter 23,89, die eigentlichen Bürstenmacher 23,62 Mt. hatten. Der Durchschnitt sinkt dann für die Arbeiter der 14 Spezialbranchen dieser Industrie bis auf 19,48 Mr. bei den Bürsten­polierern und 17,84 mr. bei den Hilfsarbeitern.

Die vorwiegende Art der Entlohnung ist die des Akkor- des. Von allen Personen, die von dieser Statistik erfaßt wurden, standen 62 Proz. unter dieser Art Lohnberechnung, bei den Arbeiterinnen sogar 68 Proz. In einzelnen Spar­ten ist das Verhältnis noch weit höher, so bei den Bechern 91 Proz., den Arbeitern auf Zahnbürsten 83 Proz., den Mischern 82 Proz. Der niedrigste Durchschnittsver­dienst eines Ortes wurde festgestellt in den Bürstenhölzer­fabriken in Freyung im Bayerischen Wald mit 11,82 Mr., der höste Ortsdurchschnitt mit 31,61 Mr. in Hamburg . Freyung ist erst seit ganz kurzer Zeit der gewerkschaftlichen Organisation erschlossen, die infolgedessen bis zur Aufnahme der Statistik noch keine Wirksamkeit entfalten konnte.

Von den Arbeiterinnen haben 2886 verwertbare Angaben über die Höhe ihres Lohnes gemacht; sie erzielten durchschnittlich 11,65 Mr. die Woche. 1966 dieser Arbeiterin­nen schafften in Afford und brachten es auf 11,93 m., 920 standen im Zeitlohn und verdienten 11,03 Mr. Der höhere Verdienst der ersteren Gruppe kommt daher, daß es sich bei ihnen um die eingearbeiteteren und länger in den Betrieben beschäftigten Arbeiterinnen handelte. Bei Zeitlohn stellte sich der durchschnittliche Stundenverdienst der Arbeiterinnen

nur auf 22,2 Pf., während er bei den männlichen Hilfsarbei­tern 32 Pf., den Hölzermachern 38,6 Pf. und den Bürsten­machern 42,7 Pf. betrug, immer soweit diese Arbeiter in festem Rohn beschäftigt sind. Am häufigsten waren bei den Arbeiterinnen Stundenlöhne von 19 bis 30 Pf., doch gab es auch 81 Löhne über und 299 unter diesen Sätzen. Bei der Vorherrschaft der Affordarbeit haben aber die Stundenlöhne nur bedingte Bedeutung. Die Akkordverdienste sind jedoch nicht so hoch, daß sie jenes Minus wieder einigermaßen aus­gleichen könnten.

Scheiden wir die Orte mit weniger als 5 beschäftigten Arbeiterinnen aus, weil es sich da möglicherweise um be­sondere Dienstleistungen handelt, so ergibt sich dann, daß die niedrigsten Ortsdurchschnitte im Wochenverdienst vor­handen waren in Gräfinau 6 Mt. bei 10 Arbeiterinnen, 7,47 Mr. in Jauer in Schlesien bei 12 und 8,09 m. bei 43 Arbeiterinnen in Frankenstein. Die höchsten Durchschnitts­verdienste fanden sich in Berlin mit 14,37 Mt. bei 16 Ar­beiterinnen, Hamburg 14,08 mr. bei 6, Lübeck 13,52 Mt. bei

53

61, Nürnberg 13,48 mt. bei 861 2ohnangaben. Über 12 Mr. Wochenverdienst im Durchschnitt wiesen außerdem die Orte Harburg ( 8 Angaben), Leipzig ( 18), München ( 253), Schmölln ( 113), Schwelm ( 20) und Unna ( 9) auf.

Wie diese Feststellungen zeigen, ist die Entlohnung sowohl der männlichen wie der weiblichen Beschäftigten der Bürsten­und Pinselindustrie eine außerordentlich niedrige. Und das, obgleich die Löhne durch die gewerkschaftliche Organisation bereits eine wesentliche Verbesserung erfahren haben. Be­trug doch der bei den vorgenommenen Verbandsstatistiken ermittelte durchschnittliche Wochenverdienst:

1893

1902

Der Arbeiter.... 15,78 Mt. 18,52 Mt. Der Arbeiterinnen. 8,83

.

1912

22,18 Mr. 11,65

In Wirklichkeit ist die Lohnsteigerung eine weit höhere, als sie in den vorstehenden Ziffern zum Ausdruck kommt. Heute faßt die Statistik viel weiter als 1893 und 1902 und kommt damit auch mehr an die schlecht entlohnten Schichten der Arbeiterschaft heran, so daß dadurch der Durchschnitt ge­senkt wird. Das stellt sich heraus, wenn man die Entwicklung in den einzelnen Orten verfolgt. So zeigt sich zum Beispiel in den Orten, die schon längere Jahre der Organisation er­schlossen sind, folgendes Bild von den Arbeitsbedingungen der erwachsenen männlichen Personen:

Drt

Freiburg in Baden Lübeck. München

.

Neuruppin Nürnberg . Halle. Erlangen .

Arbeitszett

Wochenverdienst

1893 1912 Stunden Stunden

1893 Mt.

1912

Mr.

63

60

15,00

23,57

72

55,7 15,00

25,33

63

55

16,30 27,04

66,5

59,1

12,60

18,42

60

52,5

16,40 26,11

66

55,9 14,50 22,81

3233

65,1 58,5 13,50 22,61

Selbst in dem erst seit 1906 der Organisation gewonne nen Bezirk Schönheide ist seitdem die Arbeitszeit von 65,2 auf 60,8 Wochenstunden gesunken und der Durchschnitts­verdienst von 14,23 Mr. auf 16,94 Mr. gestiegen. Es will dies bei den dortigen Verhältnissen viel besagen under­klärt auch die Abneigung der Fabrikanten gegen den Verband.

Wenn die Lohn- und Arbeitsverhältnisse in der deutschen Bürsten- und Pinselindustrie noch allgemein hinter denen vieler anderer Berufe der Holzindustrie zurückstehen, so hat das seinen Grund gerade in dem verschiedenen Grade der gewerkschaftlichen Organisierung. Als der Deutsche Holz­arbeiterverband gegründet wurde, waren nur 983 Bürsten­und Pinselmacher organisiert, und die Zahl der Organisier­ten des Gewerbes war bis Ende 1905 auch erst auf 2870 an­gewachsen. Am Schlusse des Jahres 1912 betrug sie zwar bereits 4443, darunter 1508 weibliche, aber damit war doch

erst ein kleinerer Teil der 18 750 in den Betrieben der Pinsel­und Bürstenindustrie beschäftigten Personen zum Verband gestoßen und nur die Hälfte der 10 000 von der vorliegenden Statistik erfaßten Arbeiter und Arbeiterinnen. War es schon mit einem so fleinen Prozentsatz Organisierter möglich, die Entwicklung in der geschilderten Weise zu beeinflussen, wie müßte erst der Erfolg sein, wenn sie alle, alle sich ihrer Kraft bewußt würden?

fk.

Verbandes für Frauenstimmrecht zu Eisenach . Fünfte Generalversammlung des Deutschen

Der letzten Generalversammlung des Deutschen Ver­bandes für Frauenstimmrecht zu Eisenach kommt eine höhere Bedeutung zu, als sie die meisten frauen­rechtlerischen Tagungen beanspruchen dürfen. Sie stand im Zeichen heftiger Auseinandersetzungen um die Art des Wahlrechts, zu der der Verband sich bekennen, für die zu kämpfen er seine Mitglieder verpflichten soll. In unseren