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Die Gleichheit

werden mußte, wollte man die Anhänger der Partei zusammen­halten und für den Sozialismus unter dem Volte wirken. Gefahren reizten ihn, Verfolgungen schreckten ihn nicht, und niemand konnte ihn in der Kunst übertreffen, mit gutem Humor und übermütiger Phantasie in allen Variationen auf das Sozialistengesetz zu pfei­fen. Offenburg   wurde ein wichtiger Posten der Sozialdemokratie, ein Knotenpunkt für den Vertrieb des Züricher Sozialdemokrat" in Baden   und Süddeutschland  . Ji Volksfreund" schuf Adolf Geck  das erste und lange das einzige sozialdemokratische Organ in Baden. Unter großen Mühen und Opfern hat er das tapfere Blätt= lein über Wasser gehalten, das 1897 in den Besitz der Partei über­gegangen und nach Karlsruhe   verlegt worden ist. Es ist ein großes und gutes Stück Arbeit, das Adolf Geck   als Agitator und Organi­sator in Baden   geleistet hat, ihm fügt sich hinzu sein Wirken im Offenburger   Stadtverordnetenkollegium, im badischen Landtag und von 1898 bis 1912 im Deutschen Reichstag. Auf allen Gebieten seiner Betätigung ist er eifrig für die volle Gleichberechtigung der Frau eingetreten. In der Partei, in der Gemeinde, im Staat hat er für ihre Mitarbeit manche Lanze gebrochen. Er gehört zu den frühesten und treuesten Förderern der sozialdemokratischen Frauen­bewegung. Daß der Kampf ihm nicht bloß Erfolge brachte, sondern auch Wunden schlug, ist des Kampfes Art. Unter dem Sozialisten­geset trugen ihm mehrere Prozesse anderthalb Jahre Gefängnis ein, und auch in der späteren Zeit hat es nicht an gerichtlichen Ver= folgungen gefehlt, die materiell hart trafen. Schwerere Sorgen und Kümmernisse haben Adolf Geek getroffen, wie sie niemand erspart bleiben, der der großen Sache des Sozialismus nicht bloß mit dem flugen Kopfe dient, sondern auch mit dem heißen, zuckenden Herzen. In allem äußeren und inneren Kämpfen und Ringen ist ihm ein unschätzbares Glüd geworden: eine Lebensgefährtin, die ihm eben­bürtig ist, die wie er mit glühender Seele dem Sozialismus an= hängt. Unzulänglich erscheinen alle Daten über Adolf Gecks Lebens­arbeit, abgegriffen und schaal die Lobesworte darüber, wenn man den Menschen, den Mann kennt. Es ist keine konventionelle Redens­art, es ist die reine, schlichte Wahrheit, daß die Sozialdemokratie eines ihrer Besten, Erprobtesten gedenkt, wenn sie Adolf Geck   zu seinem 60. Geburtstag wünscht, daß ihm nach vielen dunklen Tagen noch manches lichte Jahr beschert sein möge.

Von der Agitation. Noch im alten Jahre hat das Parteisekre­tariat für Schleswig- Holstein   eine umfassende Agitation durch die Unterzeichnete betreiben lassen. Es fanden teils öffentliche Frauen­versammlungen, teils Volksversammlungen in den nachgenannten Orten statt: Plön  , Neustadt, Stockelsdorf  , Bad- Oldesloe, Stel­ lingen  , Elmshorn  , Jßehoe, Heide, Marne  , Husum  , Friedrichstadt  , Kellinghusen  , Glückstadt  , Utersen- Moorege, Brunsbüttelhafen, Bü­ delsdorf  , Schleswig  , Hadersleben  , Flensburg  , Eckernförde   und Schwarta- Lübeck. Die Tagesordnung lautete: Die Notwendigkeit der politischen Mitbetätigung der Frau." Die Versammlungen waren bis auf wenige, die unter Regen, Sturm und schlechten Wegen litten, gut besucht. In manchen Orten gab es sehr volle Säle. In Ne u stadt fand nachmittags Versammlung und abends das Stiftungsfest des sozialdemokratischen Vereins statt, bei dem Genossinnen mitwirkten und die Unterzeichnete die Festrede hielt. In Marne  , Husum  , Flensburg  , Moorege, Kel­Tinghusen, Schleswig  , Izehoe fanden nach der Ver­sammlung kleine Besprechungen mit den Genossinnen statt. Man erörterte die zukünftige Agitation unter den Frauen und die zweck­mäßige Gestaltung der Leseabende. überall brachten Männer und Frauen einen frischen und opferbereiten Geist mit. Fast in jeder Versammlung wurden 10 bis 15 Mitglieder der Partei zugeführt und die Parteipresse erweiterte ihren Leserkreis. Unter dem Volke des meerumschlungenen Schleswig- Holstein   feimt und treibt die so­zialistische Ideenfaat. Sie zu pflegen, daß sie reiche Frucht trägt, dafür wird vornehmlich die treue, fleißige Kleinarbeit der Genos­fen und Genoffinnen sorgen müssen.

In gewerkschaftlichen Veranstaltungen sprach die Unterzeichnete ebenfalls in letzter Zeit. So für die Zahlstelle Dresden   des Deut­schen Tabatarbeiterverbandes in Fabrikversamm lungen, die dem festen Zusammenschluß der Zigarettenarbeiterin­nen und-arbeiter in der Gewerkschaft dienen sollten. Die Ver­sammlungen waren bis auf eine im Hauptgeschäft der Firma E&- stein& Söhne recht gut besucht. Arbeiterschutz und Wohl­fahrtseinrichtungen der Unternehmer" war das behandelte Thema. Nach dem Referat sette oft eine sehr lebhafte Debatte ein. Es wurde festgestellt, daß es auch in den Dresdener   Zigarettenfabriken Wohlfahrtseinrichtungen mit vielen Wenn und Aber gibt. Eine Fabrik bedenkt sogar mit Erstlingswäsche. In einer Versammlung für die Filialarbeiterschaft Neustadt der Firma Eckstein& Söhne versuchte eine Arbeiterin, den Christlichen   Verband in

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empfehlende Erinnerung zu bringen. Dieser glaubt nämlich, in Dresden   Schäfchen locken zu können. Fräulein Trautmann war mit vorgedruckten München  - Gladbacher Märchen ausgerüstet über die Migwirtschaft in unseren Organisationen, die hohen Ge­hälter der Angestellten, die völlige Unfreiheit und Zurücksetzung der weiblichen Mitglieder in Gewerkschaften und Krankenkassen. Aber ,, man kennt die Weise, man kennt den Text"! Die Gladbacher Fa­brik hatte natürlich Fräulein Trautmann nicht vorbereiten fön­nen, sich mit dem Referat zu befaffen. Die gegen die Dresdener Krankenkassen und Genossen Fräßdorf im besonderen erhobe­nen Verleumdungen veranlaßten diesen, in der Dresdener Volks­zeitung" unter der überschrift zu antworten:" Freche Lüge". Selbstredend war der Vertreterin christlicher Wahrhaftigkeit auch schon in der Versammlung gedient worden. Wir wünschen, daß wir öfter Gelegenheit hätten, uns so eingehend mit unseren Gegnern auseinanderzusetzen. Für die Zigarettenarbeiterinnen war das Redetournier sehr lehrreich. Zwei Betriebsversammlungen wur­den von dem Fabritarbeiterverband Dresden   einberufen, zwei öffentliche Holzarbeiterversammlungen im Erz­ gebirge   und zwei vom Gewerkschaftskartell Olbernhau  . Das Be­dürfnis, die Arbeiterinnen aufzuklären und zu organisieren, macht sich überall stark geltend. Marie Wad wit.

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Für den Tegtilarbeiterverband agitierte die Unter­zeichnete in Oberbaden und im Elsaß  . Versammlungen fanden statt in: Freiburg  , Lörrach  , Tiengen  , Säckingen  , Burgfelden  , Hü­ ningen  , Mülhausen  , Sennheim  , Pfastadt, Dornach, Thann  , Geb­weiler, Sulz  , Kolmar  , Bühl  , Erstein   und Bischweiler. Die ge­plante Veranstaltung in Erzingen   wurde wegen der Maul­und Klauenseuche" verboten; in manchen Orten trug die Agita­tion einen allgemein gewerkschaftlichen Charakter, sie wendete sich an die Arbeiter und Arbeiterinnen aller Industrien. Der Ver­sammlungsbesuch war im großen ganzen gut, nur in einigen Crten ließ er trop fleißiger Vorbereitung der Agitation zu wün­schen übrig. So zum Beispiel in Freiburg  , wo es die Textil­arbeiterschaft dringend nötig hätte, durch den Zusammenschluß ihre elenden Lohn- und Arbeitsbedingungen zu heben. Wir wer­den später an anderer Stelle Proben dafür anführen wie auch Tatsachen, die das Textilarbeiterelend in Tiengen  , Thann  und Kolmar   beleuchten. In der gut besuchten Versammlung zu Gebweiler hatte sich auch ein Fabrikdirektor eingefunden, wahrscheinlich in der Absicht, durch seine Anwesenheit die Arbeiter und Arbeiterinnen einzuschüchtern, weder Mißstände zur Sprache zu bringen, noch der Organisation beizutreten. Der Millionär und Landtagsabgeordnete Schlumberger beschäftigt am Ort in einer Weberei und Nähfadenfabrik 1600 Arbeiter und Arbei­terinnen. Als er um proletarische Stimmen warb, versprach er, sich der Arbeiterinteressen anzunehmen. In seinen Betrieben zu Gebweiler verdienen Männer, Familienväter 2,50 Mt. den Tag, die Frauen 1,80 bis 2 Mt. Eine besondere Art, ein feierliches Versprechen einzulösen. In Erstein   hat sich die Textilarbeiter­schaft noch nicht so viel aus Elend und Gleichgültigkeit aufgerafft, um eine Organisation zu schaffen. Der Gauvorstand des Ver­bandes hat es an Ermunterung dazu nicht fehlen lassen, doch hält slavische Furcht die ausgemergelten Textilproletarier von Versammlungen und Organisation fern. Unsere Agitation hat dem Verband neue Mitglieder gebracht. Mögen sie in vollem Umfang ihre Pflicht tun. Dazu gehört auch, daß sie die Werbe­arbeit unter den noch schlafenden Lohnsklaven des ausbeutenden Kapitals eifrig weiterführen. Sie müssen ihnen Klarmachen, daß der einzelne dem Unternehmer gegenüber machtlos ist, dem Stroh­halm gleich, den der Wind fortfegt. Gerade in der Textilindustrie tut der Zusammenschluß der Arbeiterschaft dringend not. Mit rücksichtsloser Grausamkeit schreitet hier der Kapitalismus über Menschenleben hinweg. Gebieterisch rufen die Arbeitsbedingungen den Ausgebeuteten zu: Organisiert euch! Therese Blase.

Ferienspaziergänge für Arbeiterkinder in Heilbronn  . Der Mangel an geeigneten Kinderspielpläßen hatte schon 1912 die or­ganisierte Arbeiterschaft bestimmt, für die Schuljugend Ferien­spaziergänge zu veranstalten. Mitglieder der Frauengruppe unseres sozialdemokratischen Vereins stellten sich bereitwillig für solche Ver­anstaltungen zur Verfügung. Ihre Arbeit hat sich als recht erfolg­reich erwiesen. Die Spaziergänge vereinigten schon 1912 eine gute Anzahl von Volksschülern und fanden den Beifall der Eltern, zu mal der Mütter, die ihre Kinder gut versorgt wußten. 1913 hat sich die Zahl der Teilnehmer verdoppelt und damit auch die Arbeit und Verantwortlichkeit der Genossinnen. Es fanden 13 Spazier gänge statt, 1912 waren es nur 10 gewesen. Von dem Sammelplat in der Allee aus zogen die Kinder mittags 1/2 Uhr mit Gesang und Fahnen die das Gewerkschaftskartell lieh- durch die Stadt

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