Nr. 12
Aus der Bewegung.
Die Gleichheit
Die erste Frauenkonferenz für den Bezirk Leipzig hat am 18. Januar in Leipzig getagt. Sie war auf den wiederholten Wunsch der Genossinnen des Bezirkes von dem Bezirksvorstand einberufen worden, der bei der Tagung mit fünf seiner Mitglieder vertreten war. Die in Betracht kommenden Wahlkreise, der 11., 12., 13 und 14., hatten 193 Genossinnen entsendet, meist Funktionärinnen der Partei. Die Verhandlungen gingen um die Frage: Wie gewinnen und schulen wir unsere Genossinnen?" Den einleitenden Vortrag hielt Genossin Bieb, die aus der großen Fülle ihrer praktischen Erfahrungen Winke und Ratschläge gab, die den Genossinnen bei ihrer Arbeit gute Dienste leisten werden. Genossin Ziet erörterte die Bedingungen für eine erfolgreiche Voragitation für Versammlungen, für die Aufnahme von Mitgliedern in diesen, für die Hausagitation usw. Sie betonte, daß bei all dem auf die Wesenseigentümlichkeiten der Frauen und ihre Lage Rücksicht zu nehmen sei. überzeugend führte die Referentin aus, daß zu allen besonderen Veranstaltungen für die Frauen eine gute, durchgreifende Vorarbeit nötig sei, die zum mindesten nicht zurückbleiben dürfe hinter derjenigen, die für Volksversammlungen durch Flugblätter, Handzettel, Inserate usw. entfaltet werde. Sie besprach ferner eingehend die Einführung und Leitung von Lese- und Diskussionsabenden. Der Vortrag schloß mit einem packenden Hinweis auf den Frauentag und die rote Woche und die Pflicht der Genossinnen, wie in den früheren Jahren energisch zu wirken, damit diese Veranstaltungen in dem Bezirk zu einem großen Erfolg werden. Die Diskussionsrednerinnen teilten ihre Erfahrungen bei der Agitations- und Schulungsarbeit mit und stimmten den Anregungen der Referentin zu. Auch der Notwendigkeit wurde gedacht, die Jugendbewegung zu stärken und ihr die jugendlichen Söhne und Töchter zuzuführen. Genossin Zich faßte in ihrem Schlußwort die Ergebnisse der Aussprache zufammen. Sie forderte alle Genossinnen und Genossen auf, eifrig und freudig mitzuwirken, um die proletarischen Frauen immer befähigter und tüchtiger für den großen Befreiungskampf der Arbeiterklasse zu machen. Besonders wies sie zu diesem Zweck darauf hin, daß die Genossinnen die Unterrichts- und Bildungskurse der Partei besuchen, überhaupt alle von ihr gebotenen Schulungsmöglichkeiten ausnuten sollten. Mit dem Gesang des Sozialisten marsches wurde die Konferenz geschlossen. Die Konferenz hat bei allen Teilnehmern den besten Eindruck hinterlassen, ihre Wirfungen werden noch lange der Partei zum Vorieil gereichen. Der Bezirksvorstand wird sicherlich nicht bereuen, den berechtigten Forderungen der Genossinnen auf Einberufung der Konferenz Rechnung getragen zu haben. Genossinnen des Bezirks, arbeiten wir nun hingebungsvoll für unsere große Sache. Sorgen wir, daß die Zahl der organisierten Frauen eine immer größere wird und daß die Schulung der Genossinnen wächst. Es muß auch unsere Arbeit und unser Verdienst sein, wenn die Sozialdemokratie vorwärts zu Erfolgen schreitet. A. H. und A. K.
Frauenkonferenz des Bezirks Nordwest. Am 1. Februar fand in Bremen eine Frauenkonferenz für den Bezirk Nord we st statt. Außer dem Bezirksvorstand nahmen an ihr aus den fünf Wahlkreisen des Bezirks 28 Genossinnen als Delegierte teil. Der Parteivorstand wurde durch Genossin 8ie z vertreten. Aus dem Bericht des Bezirkssekretärs Genossen Waigand ging hervor, daß die Zahl der weiblichen Parteimitglieder seit dem 1. April bis zum 31. Dezember vorigen Jahres von 5726 auf 6224 gestiegen ist. Harburg und Bremerhaven Geestemünde haben besonders günstige Ergebnisse aufzuweisen. Die lebhafte Diskussion brachte in der Hauptsache einen wertvollen Austausch gesammelter Erfahrungen. Die Agitation von Haus zu Haus, die Abhaltung von Leseabenden und Vorträgen haben sich in allen Parteiorganisationen als Mittel zur Förderung der Bewegung erwiesen. Die Genossinnen betonten mit Stolz, daß die Erfolge die Frucht ihrer eigenen Tätigkeit seien. Die Gewinnung bon Abonnenten für die„ Gleichheit" war stets mit eine der ersten Aufgaben, die sie sich angelegen sein ließen. Manche örtlichen Parteiorganisationen liefern den weiblichen Mitgliedern die " Gleichheit" unentgeltlich oder gegen eine ganz geringe Entschädi gung. In Bremen wird zum Beispiel dafür pro Quartal 10 Pf. erhoben. Die Spielleiterinnenkurse sind den Veranstal= tungen für unsere Schuljugend sehr zustatten gekommen. Über den Frauentag und die„ rote Woche" sprach Genossin SimonBremen. In der Diskussion hierüber kam der lebhafte Wunsch zum Ausdruck, daß diese beiden Veranstaltungen auch durch die Gewerkschaften energisch unterstützt werden möchten. Jeder Genosse müsse dazu beitragen, den Frauen den Besuch der Versammlungen
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möglich zu machen. Bei etwas Opferfreudigkeit lasse sich viel erreichen. Den Schluß der Konferenz bildete ein lehrreiches Referat von Genossin 3ieb über die wichtige Frage: Wie gewinnen und schulen wir die weibliche Jugend?" Der lebhafte Beifall bewies die Zustimmung zu den beachtenswerten Ausführungen. In Anbetracht der vorgerückten Zeit verzichteten die Genossinnen auf eine Diskussion, versprachen aber, mit doppeltem Eifer im Sinne des Vortrags tätig zu sein. L. W.
Eine Entgegnung auf den Bericht über die Frauenversammlung in München , in der Frau Dr. Wegscheider über„ die beste Frauenarbeit" sprach, ist notwendig, damit ein objektives Bild davon erhalten wird. Der Schreiber des Berichtes in Nr. 10 unterstellt den Ausführungen der Genossin 3 ahnweh einen ganz anderen Sinn, als wie sie tatsächlich hatten. Genossin Zahnweh trat den Ausführungen der Referentin mit folgenden Worten entgegen: Warum will man uns Arbeiterfrauen gerade das Bier verwehren, warum sollen wir uns davon enthalten und weshalb verlangt man denn das nicht von den Reichen? Schadet denen der Alkohol denn nichts usw.?" Meiner Ansicht nach verficht man mit solchen Sätzen nicht den konsequent sozialistischen" Standpunit, sondern man verteidigt das Biertrinken mit kleinlichen Ausreden, wie man sie von denen gewöhnt ist, die sachlich nichts gegen die Forderung der Abstinenz sagen können und zu schwach sind, auf ihr geliebtes Bier zu verzichten. Frau Dr. Wegscheider führte gleich am Anfang ihres Vortrages aus, daß dieser für organisierte, aufgeflärte Frauen bestimmt sei. Daher war auch der Vorwurf der Genossin Zahnweh überflüssig, daß man die Frauen vor allem über wirtschaftliche Verhältnisse aufklären solle. Daß Genossin Zahnweh nicht richtig verstanden worden sein soll, scheint ziemlich unwahrscheinlich. Im Gegenteil kann man wohl annehmen, daß Genossin Zahnweh die Referentin nicht richtig verstanden hat. Es ist unbestreitbare Tatsache, daß der Alkohol ein großer Feind unserer Aufklärungsarbeit ist. Within fann wohl jeder„ fonsequente Sozialist" mit dem übereinstimmen, was die Referentin sagte, nämlich:„ der Kampf gegen den Alkohol ist gegenwärtig eine der besten Frauenarbeiten innerhalb unserer Arbeiterbewegung". Es wäre wünschenswert, wenn öfters Vorträge wie der umstrittene für die Frauen gehalten würden. V. Gärtner- Lohr. Der Entgegnung zur Antwort. Zu Genossin Gärtners Ausführungen sei folgendes festgestellt: Ich habe schon hervorgehoben, daß Genossin 3 ahnweh nicht von allen richtig verstanden wurde. Da sie teine geübte Versammlungsrednerin ist, so gelang es ihr nicht, ihren Gedanken ganz klar zum Ausdruck zu bringen. Aber darüber ließen ihre Ausführungen keinen Zweifel: nicht die von Genossin Gärtner zitierten Säße waren die Hauptsache davon. Ihr Kern bestand vielmehr darin, daß die Aufklärung der Frauen über wirtschaftliche, politische Fragen allem vorangehen müsse und die wichtigste und beste Arbeit sei, die von den Genossinnen ge= leistet werden könne. Mit großer innerer Erregung wies Genossin Zahnweh auf die in München herrschende Arbeitslosigkeit hin und zeigte an diesem Beispiel, wie bitter not es tut, die Frauen über solche Erscheinungen zu belehren. Ich habe vor der Einsendung meines Berichtes Genossin Zahnweh befragt, und sie hat meiner Auffassung ihrer Nede zugestimmt. Ich habe auch mit einem Mitglied der Parteileitung über den Vortrag der Frau Dr. We g= scheider gesprochen. Dieser Genosse erklärte mir, man habe einen anderen Vortrag erwartet und nicht gewußt, welche Gedanken unter dem Thema entwickelt würden. Die Versammlung war veranstaltet worden vom Bildungsausschuß, den Vorsitz führte der Vorsitzende des Arbeiterabſtinentenbundes in München , die aufgelegten Broschüren beschäftigten sich nur mit der Frage der Abstinenz.
Mein Bericht war nicht etwa von innerer Gegnerschaft wider die Enthaltsamkeit vom Alkohol diktiert. Ich habe die Diskussions= ausführungen der Genossin Zahnweh deshalb besonders hervorgehoben, weil auch ich der Meinung bin, daß für die Arbeiterklasse der Sozialismus und nicht die Abstinenz das wichtigste Problem ist und daß die aufgeklärte, bewußte, organisierte Führung des Klassenkampfes ihre Hauptaufgabe bleibt. So Wertvolles für diesen Kampf die Abstinenz- und Mäßigkeitsbewegung leisten kann, so ist sie doch nicht sein A und O. Die Abstinenzbewegung will den Genuß des Alkohols seiner Schädlichkeit wegen beseitigen. Ich billige gewiß die Aufklärung über diese Schädlichkeiten und ihre Folgen. Jedoch sie allein genügt nicht. Sie muß dadurch ergänzt werden, daß man in den Menschen Bedürfnisse nach anderen, höheren Genüssen wachruft und die Möglichkeit schafft, sie zu befriedigen. Der Alkoholteufel wird am erfolgreichsten durch den Klassenkampf der Arbeiter niedergerungen, der bessere Lebensbedingungen für die Ausgebeuteten schafft. Der Arbeiter, der zu