Nr. 13

Die Gleichheit

und planmäßiges Regen aller Kräfte, die der proletarische Be­freiungskampf weckt und entfaltet. Wie ärmlich wirken im Gegen­jazz dazu die Bittgänge der bürgerlichen Frauenrechtlerinnen vor beschränkte Obrigkeiten und reaktionäre Politiker! Wie beschämend sticht davon das Verhalten der bürgerlichen Parteien ab! Dieses Hüben und Drüben beim Drängen nach höherer Kultur, großen Menschheitsidealen läßt das Bibelwort hell flingen von dem Stein, den die Bauleute verworfen haben, und der zum Eckstein geworden ist.

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In Scharen strömten die Frauen den Veranstaltungen ihres Tages zu, und das ist besonders wertvoll: nicht bloß in den großen Städten, auch in den kleineren und kleinsten Orten. Die Genos= finnen zogen vielfach in größeren Gruppen oder auch in geschlosse= nem Zuge nach den Versammlungssälen. Auch die Männer waren zahlreich zur Stelle, wenngleich sie sich oft genug mit einem Steh­plätzchen in drangvoll fürchterlicher Enge begnügen mußten. Feier­tags- und Kampfesstimmung über den Versammlungen, die häufig von Frauenchören eingeleitet wurden. Überall wurde der inter­nationale Charakter des Frauentags stark und unter jubelndem Beifall betont. Genossinnen waren in der Leitung der Versamm­lungen und recht oft am Rednerpult; die erprobten und bekannten Kämpferinnen und ein gutes Zeichen sehr viele, die zum erstenmal vor die Öffentlichkeit traten. Aber trotzdem so groß war die Zahl der Veranstaltungen, daß nicht wenige politische und gewerkschaftliche Führer die Forderungen der Frauen begründeten. In Groß- Berlin fanden 46 Versammlungen statt, davon 35 in den Vororten, 11 in der Stadt selbst. Obgleich Tische und Stühle entfernt wurden, waren die Säle doch ausnahmslos über­füllt, hier und da polizeilich abgesperrt. Die Ausgeschlossenen harr­ten auf der Straße, bis die Veranstaltung ihr Ende erreichte. Die Frauen famen meist in geschlossenen Gruppen und zogen ebenso ab, durch ein starkes Polizeiaufgebot geehrt und beschirmt. Nach den Versammlungen in Neukölln und Charlottenburg  wäre es fast zu Zusammenstößen zwischen den Demonstrierenden und Polizisten gekommen, einige Hochrufer auf das Wahlrecht wurden verhaftet. 15 große Säle nahmen in Hamburg   die Rechtsfordernden auf. Die Versammlungen fanden erst am Mon­tag statt, weil man mit dem Sonntag in den früheren Jahren schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Heuer waren die Säle gut besetzt, ja überfüllt. Der Frauentag war unter anderem durch ein sehr wirkungsvolles Flugblatt vorbereitet worden, das einige Tage vorher in die Wohnungen getragen wurde. Sonntag sette dann die Agitation unter den Gewerkschaftsmitgliedern ein. Schon jetzt steht fest, daß Tausende neuer Parteimitglieder und Abonnenten unserer Presse gewonnen worden sind, darunter viele Frauen. Einer präch­tigen Demonstrationsversammlung darf sich die Partei in Lübec freuen, ihr war eine erfolgreiche Hausagitation vorausgegangen. Jm Wahlkreis Kiel Neumünster fanden 15 gutbesuchte Frauenversammlungen statt, davon 4 in Kiel   selbst. Die Ver­anstaltung in Danzig   war ein schöner Erfolg, die in Königs­ berg   nach Zahl der Teilnehmenden und Wirkung desgleichen. In der Stadt Hannover   fanden zwei zahlreich besuchte Frauen­bersammlungen statt, die die Parteiorganisation stärkten und den Leserkreis des Volkswillen" erweiterten. Ein Polizeiaufgebot wie zu einer Schlacht erregte nur Heiterkeit. 16 Versammlungen mit gutem Zuspruch tagten im Wahlkreis Bielefeld   Herford  , 18 im Wahlkreis Dortmund  , 6 im Wahlkreis Altena  = Iserlohn  , 3 im Wahlfreis Hagen- Schwe I m. Vorzüglich war Besuch und Verlauf der Versammlungen in Elberfeld  = Barmen und in Düsseldorf  , wo es trotz strömenden Regens eine eindrucksvolle Straßendemonstration gab. An der Veranstal tung in Remscheid   nahmen die Genossinnen und Genossen aus den benachbarten Orten teil, Velbert   hatte eine eigene ge= lungene Versammlung. Vom besten Geist und Erfolg waren die Versammlungen in Köln   und Mühlheim a. Rh. getragen. In Magdeburg   war der Zustrom der Frauen zu dem Ver­sammlungssaal so stark, daß er dem Straßenbild sein Gepräge gab, aus Rottbus und Erfurt   wird ein begrüßenswerter Erfolg gemeldet.

Stimmung und Frucht zeichneten den Frauentag in Bremer haven aus, er war durch ein Flugblatt und das Parteiblatt wohl­borbereitet worden. In Rüstringen   und vielen Orten Olden­burgs fanden durchweg gutbesuchte Versammlungen statt. Die Trams und Straßen Leipzig 3 zeigten, daß Regengüsse die Ge­nossinnen, die Proletarierinnen nicht von ihren beiden Versamm­lungen fernzuhalten vermochten. Diese waren von herrlicher Be­geisterung durchglüht und warben der Partei viele neue Mit­glieder. In Dresden   fanden 5 stimmungsvolle Versammlungen mit größerer Teilnehmerzahl statt als in den früheren Jahren,

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das nämliche gilt von der Veranstaltung in 3ittau. Die 3 Ver­sammlungen in Chemnitz   waren überfüllt, die vielen in der Umgegend ausnahmslos gut besucht. Einen schönen Verlauf nah­men die gutbesuchten Versammlungen in Jena   und Gera  .

Der Frauentag wurde in München   durch 9 sehr stark besuchte begeisterte Frauenversammlungen begangen, auf die unter anderem ein packendes Plakat aufmerksam gemacht hatte. Nürnberg   be­hauptete mit 10 erfolgreichen Versammlungen seinen alten Ruhm als Sit einer kraftvollen proletarischen Frauenbewegung. Hier er­klärten sich in einer Versammlung auch die bürgerlichen Frauen­rechtlerinnen für die sozialdemokratische Wahlrechtsresolution. Es ist das der einzige Fall dieser Art, über den bis jetzt berichtet worden ist. Überfüllte Frauenversammlungen gab es in Augs­ burg   und Lechhausen, die in Fürth  , Schweinfurt  und Schonnungen erfreuten sich guten Besuchs. Schöner Er­folg zeichnete den Frauentag in Mainz   aus. In Karlsruhe  fand eine imposante Versammlung statt, die gleichzeitig in An­knüpfung an den Prozeß der Genossin Luxemburg   dem Protest gegen Militarismus und Krieg diente. Sehr gut besuchte Frauen­versammlungen werden aus Bruchsal   und einigen Nachbar­orten gemeldet. Stuttgart   hatte eine glänzende Frauentags­versammlung mit starkem Erfolg für die Parteiorganisation und Presse. Gutbesuchte Versammlungen haben in Cannstatt  , Münster  , Fellbach  , Waiblingen  , Ludwigsburg  , Kornwestheim  , Marbach  , Bödingen, Nedargar­tach, Gltingen, Weilimdorf   und vielen anderen Orten stattgefunden, die Veranstaltungen in Göppingen  , Gmünd  und Schorndorf   waren überfüllt. In allen Versammlungen im Reich gelangte diese Resolution zur Annahme:

Die gewaltige Entwicklung des Kapitalismus enthüllt in immer stärkerem Maße seinen beutegierigen Charakter und treibt die Ar­beiterklasse in immer schwerer und schärfer werdende Kämpfe. An­gesichts dieser Tatsache empfinden die Frauen der Arbeiter um so tiefer das bittere Unrecht und die brennende Schmach, als politisch Waffenlose inmitten dieser Kämpfe zu stehen. Pochend auf ihre Leistungen im kapitalistischen   Arbeitsprozeß, auf ihre opferbolle Pflichtleistung der Mutterschaft und ihr häuslichen Walten, fordern fie ihr volles Bürgerrecht: das allgemeine, gleiche, direkte und ge­heime attive und passive Wahlrecht für alle Staatsbürger bom vollendeten 20. Lebensjahr an für sämtliche gesetzgebenden und Verwaltungskörperschaften.

Die Frauen sind sich bewußt, daß das Wahlrecht eine unentbehr­liche Waffe für sie ist, eine Waffe im Kampf um Reformen und in dem Ringen um politische Macht zum Zwecke der Beseitigung der Klassengegensätze und der Sozialisierung der Gesellschaft.

Durch den Sozialismus ist allein die Befreiung der Frau möglich. Die Sozialdemokratie ist die einzige politische Partei, die grund­fäßlich und energisch die Gleichberechtigung der Frauen fordert und für sie kämpft.

Die Frauen versprechen deshalb, den Kampf um ihr Recht mit verstärkter Kraft und glühender Hingabe in den Reihen der So= zialdemokratie weiterzuführen.

Sie versprechen ferner, unermüdlich und jede Gelegenheit nußend für die Ausbreitung der sozialistischen   Ideen und für die Stärkung der sozialdemokratischen Organisationen wirken zu wollen."

2. Jn Desterreich.

Glänzend gelungen ist die Demonstration für die politische Gleich berechtigung der Frauen. In Wien   fanden diesmal 13 Versamm lungen statt. Alle waren gut, einige ausgezeichnet besucht. Nicht gerne haben die Genoffinnen auf die einheitliche Kundgebung ver­bunden mit Straßendemonstration verzichtet, aber aus mancherlei Gründen hatten sie sich heuer für die gewählte Form entschieden. In einigen Bezirken haben die Versammlungsteilnehmerinnen trop des unaufhörlichen Regens an der Straßendemonstration festgehalten, in stattlichem Zuge zogen sie an den neugierig stehenbleibenden Bassanten vorüber. Wie immer haben die österreichischen Genos­sinnen auch diesmal das Propagandablatt: Der Frauentag" heraus­gegeben. 30000 Exemplare wurden gedruckt und rasch vergriffen. In der Provinz Niederösterreich   fanden 36, in Steiermart 33 Versammlungen statt. In Oberösterreich  , Tirol, Vorarl berg, Mähren   und Schlesien   wurde überall in Versammlungen demonstriert, die zum Teil sehr groß waren. In Deutsch- Böhmen  fanden gegen 100 Versammlungen statt. Hier war die Frauentags­versammlung vielfach mit einer eindrucksvollen Demonstration ver­bunden. Selbst ein Facelzug leitete eine Abendveranstaltung ein. Die meisten Versammlungen wurden mit einem Freiheitslied er öffnet, vielfach von Frauenchören, aber auch von Männern gesungen. Die Wiener   Versammlungen waren außerdem festlich geschmückt,