Nr. 13
Die Gleichheit
Der sozialdemokratische Frauentag war in Holland von großer Wichtigkeit, nicht nur wegen seines internationalen Charakters, sondern auch, weil bei uns der Kampf für das Frauenwahlrecht in ein bedeutsames Stadium getreten ist und weil diese Forderung in den nächsten Jahren mit im Vordergrund des politischen Lebens stehen wird. Die Frauen wollen jetzt einhellig, daß bei der kommenden Verfassungsreform zugleich mit dem allgemeinen Männerwahlrecht auch das allgemeine Frauenwahlrecht in der Konstitution festgelegt werden soll. Der Frauentag hat diesem Willen unzweideutigen Ausdruck verliehen. In mehr als 70 Städten fanden Veranstaltungen statt, und soweit bis jetzt Berichte vorliegen, waren fie ein großer Erfolg. In den drei Hauptstädten des Landes waren Tausende von Frauen zusammengeströmt, um für ihr Bürgerrecht zu demonstrieren. Besonders glänzend war die Versammlung in Amsterdam . In allen Berichten wird die große Begeisterung der ihr Recht heischenden Proletarierinnen hervorgehoben und die freudige Unterstützung des Frauentags durch die ganze sozialdemokratische Partei. Das Frauenwahlrechtsblatt der Proletarischen Vrouw", schön illustriert, hatte eine Auflage von 20 000 gegen sonst 8000 und war im Nu vergriffen. Alles in allem: unser internationaler Frauentag hat den Kampf um das allgemeine Frauenwahlrecht kraftvoll gefördert. Es lebe der internationale sozialistische Frauentag! Es lebe das allgemeine Frauenwahlrecht!
Für die holländischen Genossinnen: Heleen Ankersmit. 6. In Frankreich .
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Die erste internationale sozialistische Frauendemonstration für die politische Gleichberechtigung der Geschlechter fand in Paris statt. Sie war mit mehr als 2000 Teilnehmern die Hälfte Frauen ein unerwartet großer Erfolg. Die sozialistischen Abgeordneten Compère- Morel und Brade und der Redakteur der„ Humanité" Longuet brachten den Frauen die Versicherung, daß die sozialistische Partei in Theorie und Praris die volle Gleich berechtigung des Weibes als Bürgerin verteidigen werde. Es sprachen Vertreterinnen der organisierten sozialistischen Frauen. Der internationale Charakter der Kundgebung, die Solidarität der Sozialisten aller Länder im Kampfe für das Frauenwahlrecht wurde durch die Reden russischer, deutscher, englischer, spanischer Genossinnen und Genossen unter lebhaftem Beifall hervorgehoben. Den gleichen Geist atmeten Adressen des Vorstandes der deutschen Sozialdemokratie, der internationalen Sekretärin der sozialistischen Frauen, der Genoffinnen Popp und Phillips. Mit stürmischer Begeisterung beschlossen die Versammelten die Absendung einer Sympathiekundgebung für Genossin Luxemburg , stimmten fie für eine Resolution, die zum Kampfe für den Sozialismus und die vollen politischen Rechte der Frauen verpflichtet.
Die Polizeiseelen in Deutschland werden es mit stillem Neid erfahren haben, daß der Stadthauptmann von Petersburg die Rundgebungen am 8. März kurzerhand verbieten konnte, und zwar ohne Angabe der Gründe. Wie verbrecherisch waren auch die ge= planten Versammlungen! Die Arbeiterinnen wollten dort, eines Sinnes mit ihren Schwestern anderer Länder, Berichte über ihre Lage geben und die Aufgaben und Forderungen der Arbeiterinnenbewegung erörtern. Noch kurz vorher, am 5. März, hatte die hohe Obrigkeit nicht daran gedacht, eine frauenrechtlerische Versammlung zu verhindern, in der liberale Damen und liberale Abgeordnete über das Frauenwahlrecht, die Mitarbeit der Frau an Gesetzgebung und Verwaltung usw. debattierten. Man sieht, auch in Ruß land gilt das Wort: Wenn zwei dasselbe tun, so ist es nicht dasselbe. Die deutschen Genoffinnen haben all dies Messen mit zweierlei Maß erlebt und sind damit fertig geworden, und die heldenhaften Proletarierinnen Rußlands werden es auch überwinden. Haben sie nicht schon die Feuertaufe der Revolution erhalten, bewiesen sie nicht in den gewaltigen Massenstreits der letzten Jahre, daß ihre Freiheitssehnsucht und ihr Mut ungebrochen find? Ihre Losung heißt: Vorwärts trotz alledem.
Sympathiekundgebungen.
Bei der internationalen Sekretärin der sozialistischen Frauen gingen folgende Telegramme ein:
1. Petersburg. Die sozialdemokratische Dumafraktion sendet den Proletarierinnen aller Länder zu ihrem internationalen Kampftage herzliche Brudergrüße. Der Vorsitzende: Tscheidze. 2. Petersburg. Redaktion und Mitarbeiter der Zeitung für die Arbeiter des Nordens begrüßen mit aufrichtiger Sympathie den internationalen Frauentag.
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3. Sofia . Die sozialistischen Frauen Bulgariens fenden herzliche Glückwünsche für euren Kampf um politische Frauenrechte. Euer Kampf fällt mit einem erbitterten Wahlkampf in Bulgarien zusammen, an dem die sozialistischen Frauen einen lebhaften Anteil nehmen. Hoch der Befreiungskampf des internationalen Prole= tariats! Tina Kyrkow.
Aus der Bewegung.
Von der Agitation. Die Unterzeichnete hielt im Auftrag des ersten braunschweigischen Kreises Vorträge in Blankenburg , Hüttenrode , Timmenrode , Hasselfelde , Neuwerk , Cattenstedt , Heimburg , Ben zingerode , Braunlage , Borge, Hohegeiß , Wieda , Rühme , Querum , Klein- Schöppenstedt , Veltenhof, Braunschweig , Riddagshausen , Lehndorf , Wenden, Vechelde , Rüningen , Gliesmarode , KleinStödheim, Broißen, Nautheim, Bienrode. Die Versammlungen waren im allgemeinen gut besucht, und es wurden einige hundert Genossinnen und Genossen für die Parteiorganisation geworben. Die Agitation bildete zweifellos einen guten Auftakt zu der roten Woche, zum Erfolg haben in den meisten Orten gute Vorbereitungsarbeiten beigetragen. In den Harzorten war die Vortragende von dem Agitationsleiter des Bezirkes begleitet, in den Niederungen standen ihr ständig zwei treue Braunschweiger Genossinnen zur Seite. Die Mitwirkung des Agitationsleiters und eingesessener Genofsinnen bei Agitationsversammlungen scheint uns sehr empfehlenswert. Sie trägt dazu bei, recht lebendige Fühlung zwischen den Agitierenden, Organisierenden und der Zuhörerschaft zu schaffen und erhöht dadurch, wie noch durch manche andere Seite den Erfolg. Regina Ruben.
Eine rege Agitations- und Organisationsarbeit wurde im Monat Februar in Mecklenburg betrieben. Die Unterzeichnete wirkte dabei als Vortragende in Volksversammlungen mit, die in folgenden Orten stattfanden: Gadebusch , Rehna , Schlutup , Stern berg , Brüel , Warin , Kröplin, Neubucom, Brunshaupten, Doberan , Warnemünde , Rostoc , Gehlsdorf, Kessin und Schwann. In Schlu tup , Warnemünde , Schwann und Brunshaupten nahmen je über 300 Personen an der Versammlung teil, in Rostock war der große schöne Saal des Volkshauses mit seinen Galerien bis auf den letzten Platz besetzt. Die Männer und Frauen des werktätigen Volkes werden in der Zeit der Arbeitslosigkeit und der Teuerungspreise zum Kampfe um Brot und Recht vorwärtsgepeitscht. In Brunshaupten hatte ein Konservativer einen Redner verschrieben, der der Referentin entgegentreten sollte. Dieser Held zog es jedoch vor, in der Versammlung nicht zu erscheinen. Als das bekannt wurde, erweckte es die große Heiterkeit der Versammelten. Die Herren des Geldsacks und ihre Lakaien drücken sich, wenn sie vor dem ausgebeuteten Volke den Wahnsinn der heutigen Ordnung und die Schandtaten der kapitalistischen Klassenherrschaft gegen die Sozialdemokratie verteidigen sollen. Hintendrein sind sie im Schimpfen und Verleumden um so großmäuliger. Die werktätigen Männer und Frauen haben ihre Lehren daraus gezogen, wie sie auch dem Vortrag volles Verständnis entgegenbrachten. Die Partei und ihre Presse dürfen sich so eines schönen Erfolges freuen, desgleichen auch die Verbände der Land- und Fabrikarbeiter. Es geht borwärts, und wir wollen hoffen, immer schneller. Die Ausgebeuteten sehnen sich nach einer besseren Zukunft. Marie Wadwig.
In Berlin fand unter außerordentlichem Andrang eine Protestversammlung gegen das neueste Kabinettsstüd bornierter Gesetzgebung statt, dem von Abgeordneten aller bürgerlichen Parteien eingereichten Gesetzentwurf, der durch das Verbot des Vertriebs empfängnisverhütender Mittel dem Geburtenrüdgang entgegenwirken will. Wir haben dieses Machwerk bereits in letter Nummer gekennzeichnet. Referenten in der Versammlung waren die Genossen Reichstagsabgeordneter Brey, Stadtverordneter Dr. Silberstein und Genossin 3ieß. Vom sozialpolitischen und ärztlichen Standpunkt aus zerpflückten sie die Gründe, die die Väter des Entwurfes geltend machen, wie die einzelnen Bestim= mungen des Antrags. Genoffin 3ieb nahm sich insbesondere Herrn Naumann vor, die Leuchte des deutschen Liberalismus, dessen Name ebenfalls unter dem Dokument prangt. Eine einstimmig angenommene Resolution faßt die Ausführungen der drei Referenten also zusammen:
Die am 3. März in, Obligos Festsälen' Versammelten erheben den schärfsten Protest gegen, den Entwurf eines Gesetzes betreffend den Verkehr mit Mitteln zur Verhinderung von Geburten'.
Sie sehen in dem geforderten Gesetz einen unerträglichen Eingriff in die persönliche Freiheit des einzelnen, der sich zudem in der Pragis zu einer scharfen Klaffenmaßregel gegen die Befiẞlosen gestalten würde. Die geforderten Gesetzesbestimmungen werden