234 Die Gleichheit Nr. 15 Anser internationaler Frauentag. 1. In Schweden  . In letzter Nummer hatten wir bereits von der großen Frauen» tagsveranstaltung in Stockholm   berichtet. Wie uns GenossinLind« Hagen   seither mitgeteilt hat, haben außerdem in verschiedenen Gegenden des Landes noch mindestens 20 Versammlungen statt­gefunden. Nach den vorliegenden Berichten mit gutem Erfolg. 1912 und 1913 konnte der internationale Frauentag nur an wenigen Orten begangen werden. In diesem Jahre dagegen hat die Feier gezeigt, daß ihr Grundgedanke auch die schwedischen Genossinnen mit wachsender Kraft erfaßt und fester mit den sozialistischen   Frauen anderer Länder zusammenschließt. Die zur Annahme gelangte Re­solution gipfelt in der Forderung, daß die Zuerkennung des Wahl­rechts an die Frauen nicht länger hinausgeschoben werden darf, son­dern baldigst erfolgen muß. 2. In Bosnien  . Kber den Frauentag in Sarajewo   wird uns noch dieses ge­schrieben: Unser erster internationaler Frauentag ist durch eine Woche intensiver Agitation vorbereitet worden. Die Genossinnen hielten zu diesem Zwecke zwei Zusammeirkünfte ab. Am Morgen des 8. März gingen sie durch die Arbeiterviertel, mit roter Schleife geschmückt, die die Inschrift trug:Sozialdemokratischer Frauentag". Sie trugen Flugblätter ans, die zum Besuch der Abendversammlung aufforderten. Keine Arbeiterfamilie blieb ohne ein solches Flugblatt. Die ganze Stadt kam in Bewegung. Abends war der große Saal des Ar­beiterheims überfüllt. Arbeiterinnen aller Art und jeden Alters nahmen in sehr großer Zahl an der Versammlung teil, gegen 300 von ihnen wurden für die Organisation gewonnen. Zum erstenmal sprach in Bosnien   eine Frau bei einer großen sozialistischen   Ver­anstaltung: Genossin Tamel. Die Begeisterung war außerordent­lich groß, und sie hat angehalten. Der Frauentag hat wie ein zün­dender Funke gewirkt. Seither haben schon mehrere Zusammenkünfre und Versammlungen von Arbeiterinnen stattgefunden und ihr ge­werkschaftlicher Zusammenschluß macht Fortschritte. Die Dienstboten organisierten sich, 30 traten dem Verein sofort bei, andere folgten diesem Beispiel. Auch die Arbeiterfrauen beginnen sich zu rühren und suchen Anschluß an die Organisation. So haben die tätigen Genossinnen alle Hände voll zu tun. Ihre jetzige Arbeit gilt der guten Vorbereitung der Maifeier. Der schöne Erfolg des Frauen­tags muß weitere Fortschritte bringen. Aus der Bewegung. Von der Agitation. Dierote Woche" ist vorüber. Ihr schöner Erfolg im Bezirk Ehcninitz zeigt, wie groß die Arbeit, Energie und Opferwilligkeit unserer Genossinnen und Genossen gewesen sein muß. Die erste gut besuchte Agitationsversammlung fand in Mittelbach statt, einem typisch sächsischen Dorfe, dessen Einwohner fast aus­schließlich Frörikarbeiter sind. Die Frauen und Töchter müssen init- verdienen. Die einen gehen in die Strumpf- und Handschuh­fabriken, die anderen nehmen die Arbeit in ihr Heim. Anders kann die Familie nicht auskommen; die Löhne sind niedrig, die Lebensmittel teuer, und die Bedürfnisse der Proletarier beginnen zu steigen. Recht viele Frauen klagten bitter über die schwere Ar­beit: Kinder, Haushalt, Erwerb, wie soll man allem gerecht wer­den? Eine Genossin aus Grüna wandte sich mit warmen Worten an die Frauen und empfahl ihnen, die bürgerliche Presse aus dem Hause zu schaffen und die Partcizeitung zu abonnieren. Bei der Frauentagsversammlung in Chemnitz   war trotz des sehr un­günstigen Wetters der große Saal dicht besetzt. Die Frauen waren besonders zahlreich erschienen. Eine feierliche Stimmung herrschte, man fühlte, es warunser Festtag". Genossin Winkler leitete d:e Veranstaltung durch einen Prolog würdig ein. Genossin Potschke ergriff in der Diskussion das Wort, und Genossin Hösel führte den Vorsitz. Die Versammlung ehrte das Gedächt­nis Bebels und endete mit einem Hoch auf die Genossin N. Luxem­burg und auf die Internationale. In Limbach war der große Saal von Frauen dicht gefüllt, unter ihnen viele junge Gesichter. Die Stimmung war erwartungsvoll und festlich, reges Interesse und scharfe Aufmerksamkeit lag auf den Zügen. Den Vorsitz führte sehr geschickt Genossin M e i n i n g. In der Diskussion sprachen die Genossinnen Wünsch und Polacz, beide Textilarbeiterinnen, die mit Wärme und Begeisterung redeten. Die jungen Kräfte wachsen heran I An anderer Stelle berichten wir einiges über die Arbeitsbedingungen der Frauen und Mädchen, die in Limbach dem Kapital tributpflichtig sind, ebenso wie über die Verhäl' sse in Lugau  , wo die nächste Versammlung stattfand. Es war ein trauriger, regnerischer Tag. Die Versammlung war jedoch auch hier gut besucht. Die vielen anwesenden Frauen bekundeten ein lebhaftes Interesse für die behandelten Fragen, besonders für unsere Forderungen zur Mutterschafts- und Säuglingsfürsorge usw. Aue im Erzgebirge   ist wieder eine Fabrikstadt, aber hier überwiegt die Metallindustrie. Der Lohn der Metallarbeiter ist niedrig, nicht wenige verdienen nur 27 bis 3S Pf. die Stunde; da müssen die Frauen täglich miterwerben, viele tun daS als Heim­arbeiterinnen. Die Männer sind gewerkschaftlich gut organisiert, auch wächst die Zahl der Parteimitglieder, doch die Frauen sind noch sehr schwer zu gewinnen. Im Saale, der 800 Menschen fast, drängen sich viel mehr Männer als Frauen. In Markersdorf  , ganz in der Nähe von Chemnitz  , war meine letzte Versammlung. Hier trug alles das Gepräge der ausgebeuteten Lohnarbeit. Zu den zahlreichen Anwesenden stellten die Textilarbeiterinnen ein starkes Kontingent, junge Mädchen, alte Mütterchen. Eine gehobene Stim­mung beseelte die Versammlung, die Aufmerksamkeit war groß. In allen erwähnten Orten gewann die Sozialdemokratie eine statt­liche Zahl neuer Mitglieder; der Leserkreis unserer Presse er­weiterte sich. Es muß betont werden, daß die Parteiorganisation in den meisten Orten eine Gruppe weiblicher Mitglieder hat. Wo die Genossinnen sich aktiv am Leben der Partei beteiligen, werden Leseabende für die Frauen abgehalten, und es wird eifrig unter diesen agitiert. Besonders erfreulich ist es, daß man in den kleinsten Städtchen und Dörfchen opferwillige und geschulte Ge­nossinnen antrifft, die ihre letzte freie Stunde der Parteiarbeit widmen und Tag für Tag die schwierige, aufreibend« Kleinarbeit leisten. Überall zeigt sich, daß die Frauen der Arbeiterklasse zum Bewußtsein ihrer menschlichen Würde und ihrer sozialen Pflichten als Glieder des Proletariats erwachen. Sie, die früher bloße Schat­ten ihrer Männer waren, reifen durch den Klassenkampf zu eigenen Persönlichkeiten heran. Dieser Kampf erzieht sie zu höheren Idealen und Bestrebungen. Diejenigen, die die rote Woche arbeitend mit­erlebt haben, werden die ermutigenden Eindrücke noch lange in ihrem Gedächtnis halten. Die Arbeits- und Festtage waren von der revolutionären Stimmung des wachsenden proletarischen Klassen­bewußtseins durchglüht. ,1. X. Die zweite sozialdemokratische 5?ra»en?onferrnz für die Provinz Pommern fand am 22. Februar zu Stettin   mit der Tagesordnung statt: 1. Stand der Frauenbewegung in Pommern  , 2. Frauenagitation: s. Frauentag, b. Rote Woche, 3. Die Mit­arbeit der Frauen in der Jugendbewegung, 4. Anträge und Ver­schiedenes. An der Konferenz nahmen 43 delegierte Genossinnen teil, Vertreter lokaler Parteivorstände und des Bezirksvorstandes, außerdem waren zahlreiche Gäste anwesend. Die Tagung war nicht nur zahlreicher beschickt als die vorjährige, sondern die Verhand­lungen standen auf einer weit höheren Stufe. So hatten wir den Beweis, daß die sozialistischen   Lehren immer mehr Frauen er­fassen, daß aber auch eine wachsende Schulung und Vertiefung der Genossinnen erfolgt. Die Konferenz fand gerade am 74. Geburts­tag unseres tief betrauerten Genossen Bebel statt, dessen Büste, von Lorbeeren umgeben, das Tagungslokal zierte, Genosse Horn, der als Bezirkssekretär die Konferenz eröffnete, gedachte in dank- erfüllten Worten der unsterblichen Verdienste, die sich Bebel um die Arbeiterklasse und ganz besonders auch um die Gleichberechtigung der Frauen erworben hat. Die Leitung der Verhandlungen lag in den Händen der Genossinnen. Über den Stand der Frauenbewegung in der Provinz Pommern berichtete Genosse Horn. Er stellte fest, daß die politische Organi­sierung der Frauen keine numerischen Fortschritte gemacht hat. Gewinn und Verlust an weiblichen Parteimitgliedern gleichen sich aus. Dagegen ist deren Schulung bemerkenswert vorangcschritten. Die Genossinnen sind zu einer vertieften Auffassung der sozia- listischcn Ideen vorgedrungen und praktisch leistungsfähiger ge­worden. So zeigt sich, daß der ausgestreute Samen reiche Früchle gezeitigt hat. Genossin Baaders Referat über Frauen- agitation war eindrucksvoll und reich an trefflichen Finger­zeigen für die Betätigung der Genossinnen. Ihm folgte eine leb­hafte Diskussion, an der sich Genossinnen und Genossen beteiligten. Namentlich die Ausführungen zum Frauentag und der Roten Woche brachten viele wichtige Winke, wie die Genossinnen in der Provinz zu arbeiten Hütten, damit Erfolge erzielt würden. Der Wert der FrauendiSkussionSabcnde für die theore­tische und praktische Bildung der Genossinnen wurde rückhaltlos anerkannt. Wo es irgend möglich ist, sollen solche Abende einge­führt werden, denn unser Kampf zur Befreiung der Menschheit bedarf geschulter Proletarierinnen, über»Die Frau als Mit,