Nr. 19

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24. Jahrgang

Die Gleichheit

Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen

Mit den Beilagen: Für unsere Mütter und Hausfrauen und Für unsere Kinder

Die Gleichbett erscheint alle vierzehn Tage einmal. Preis der Nummer 10 Pfennig, durch die Post vierteljährlich ohne Bestellgeld 55 Pfennig; unter Kreuzband 85 Pfennig.

-1.-e.

Jahres- Abonnement 2,60 Mart.

Inhaltsverzeichnis.

Stuttgart  

10. Juni 1914

Dritte Internationale Stonferenz sozialistischer Frauen und Arbeite­rinnenorganisationen. Gebärzwang und Gebärstreif. III. Die Entwicklung der industriellen Frauenarbeit in Sachsen  . Von Aus der Praxis der Fürsorgeerziehung. Von C. L. Fortschritte gewerkschaftlicher Mitarbeit der Frauen im Deutschen  Tertilarbeiterverband. Von Martha Hoppe. Vorbereitungs­arbeiten für die Internationale Sozialistische Frauenkonferenz zu Wien  . Aus dem klassischen Lande der Konservenindustrie. Von E. B. Aus der Bewegung: Von der Agitation. Jahresbericht über die proletarische Frauenbewegung in Schlesien  . Frauenkonferenz für den oberrheinischen Agitationsbezirt. Ferienwanderungen und Ferienspiele in Köln  - Stadt und Land. Politische Rund­schau. Bon A. Th. Gewerkschaftliche Rundschau. Die zwölfte ordentliche Generalversammlung des Deutschen Textilarbeiter verbandes. Von sk.

Notizenteil: Fürsorge für Mutter und Kind. Sozialistische Frauen bewegung im Ausland. Frauenstimmrecht.

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Dritte Internationale Konferenz sozialistischer Frauen und Arbeiterinnenorganisationen.

Im Auftrag der Vertreterinnen sozialistischer Frauen und Arbeiterinnenorganisationen all der Länder, die durch das Internationale Sekretariat sozialistischer Frauen miteinander verbunden sind, berufen die Unterzeichneten hiermit die Dritte Internationale Konferenz sozialistischer Frauen und Arbeiterinnenorganisationen

für den 21. und 22. August nach Wien   ein. Die Konferenz tagt im Französischen   Restaurant des Konzerthauses, Lothringer Straße, und wird Freitag, den 21. August, vormittags 9 Uhr eröffnet. Die provisorische Tagesordnung lautet: 1. Ronstituierung der Konferenz.

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2. Bericht der internationalen Sekretärin. 3. Der Kampf um das Frauenwahlrecht.

4. Gesetzlicher Schutz und soziale Fürsorge für Mutter und Kind.

5. Verschiedenes.

Die Referentinnen werden auf Grund der Vorschläge der Drganisationen bestimmt, die international verbunden sind.

Freitag, den 21. August, abends, findet eine Demonstrations­versammlung der Genossinnen statt, mit der Tagesordnung: Gegen Militarismus und Imperialismus, für die sozialistische Völkerverbrüderung.

Die sozialistischen   Partei- und Frauenorganisationen, wie alle auf dem Boden des Klassenkampfes stehenden Arbeiterinnen­organisationen werden dringend eingeladen, ihre Vertreterinnen oder auch Vertreter zu dieser Konferenz zu entsenden.

Die Drganisationen der einzelnen Länder bestimmen selbst den Modus, nach dem sie zu der Frauenkonferenz delegieren. Die Zahl der Delegierten ist für keine Organisation beschränkt. Entsprechend dem inneren oder auch dem organisatorischen Zusammenhang, in dem die proletarische Frauenbewegung mit der allgemeinen flassenbewußten Arbeiterbewegung aller Länder steht, faßt die Konferenz keine Beschlüsse, die für die allgemeinen Partei- und Getverkschaftsorganisationen bindend find.

Zuschriften an die Redaktion der Gleichheit sind zu richten an Frau Klara Zetkin  ( Zundel), Wilhelmshöhe, Post Degerloch bei Stuttgart  . Die Expedition befindet sich in Stuttgart  , Furtbach- Straße 12.

Die Delegierten sind sobald als möglich und spätestens bis 15. Juli bei der unterzeichneten internationalen Sekretärin anzumelden.

Genossinnen in allen Ländern! Sorgt dafür, daß die Konferenz gut beschickt wird und erfolgreich das Werk grundsätzlicher Auf­klärung und praktischer Arbeit fortzusetzen vermag, das die Konferenzen zu Stuttgart   und Kopenhagen   begonnen haben. Mit sozialdemokratischem Gruß

Im Auftrag:

Klara Zetkin  , Wilhelmshöhe, Post Degerloch bei Stuttgart  , internationale Sekretärin.

Luise Zietz  , Berlin  , Adelheid Popp  , Wien  , Anna Boschek  , Wien  , Mitglieder des vorbereitenden Komitees. Die Arbeiterpresse wird um Abdruck gebeten.

Gebärzwang und Gebärstreik.

III.

Der große Abstand zwischen der Fruchtbarkeit in den Kreisen der Besitzenden und der Nichtbesitzenden ist seit langem durch statistische Feststellungen bezeugt. Am auffälligsten tritt er in der Kinderarmut der Sehrreichen und dem Kinderreichtum der Sehrarmen zutage. Der Franzose Bertillon   hat durch Untersuchungen für Paris  , Berlin  , Wien  , London   die Tat­fache ziffernmäßig bewiesen, daß die Zahl der Geburten auf 1000 Frauen im Alter von 15 bis 50 Jahren mit dem Grade der Wohlhabenheit der Stadtbezirke sant. In diesen vier Groß­städten entfiel übereinstimmend die höchste Geburtenziffer mit 108, 157, 200, 147 auf die Frauen von sehr armen Bezirken, und sie sank in den armen, wohlhabenden, sehr wohlhabenden und reichen Bezirken gleicherweise von Stufe zu Stufe, bis sie endlich in den sehr reichen Bezirken mit 34, 47, 71 und 63 Geburten auf 1000 Frauen ihren tiefsten Stand erreichte.

Wissenschaftliche Studien haben für verschiedene Länder oder einzelne Städte die gleiche Erscheinung aufgezeigt. Stiaer hat auf Grund der Berliner   Volkszählung vom Jahre 1885 die eheliche Fruchtbarkeit in dem reichen Bezirk- Dorotheenstadt und Friedrichswerder und dem armen Bezirk Luisen­ stadt   berechnet. Aus seinen Feststellungen ergibt sich die größere Fruchtbarkeit in den ärmeren Volksklassen, sie stellt sich unzweifelhaft auch dann heraus, wenn man das hier üb­liche frühere Heiratsalter berücksichtigt, sowie die ihm entspre­chende längere Ehedauer. Nach einer Ehedauer von 25 Jahren waren in dem ärmeren Berliner   Stadtteil 8,2 Prozent, in dem reicheren aber 11,7 Prozent aller Ehen kinderlos. Die Familien mit 1 Kind oder 2 Kindern machten in der Luisen­stadt nur 15,2 Prozent aller Ehen aus, in der Dorotheenstadt  Dagegen 20,2 Prozent; von den Ehen waren 37,4 Prozent in dem armen Bezirk mit 7 und mehr Kindern gesegnet, in dem reicheren Bezirk traf nur auf 22,6 Prozent der Familien ein so starker Nachwuchs. Kurz, wir dürfen es als erwiesen an­nehmen, daß der Kinderreichtum mit dem Besitz sinkt.

Früher war man oft geneigt, die Kinderarmut der Reichen und Sehrreichen einzig und allein als die Folge präventiven