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Die Gleichheit

rungs- und Organisationsarbeit unter den Arbeiterinnen in die Hand zu nehmen. Zentralvorstand und Arbeiterinnen­sekretariat verpflichten sich dabei zur Mithilfe durch die Ab­fassung von Flugblättern und Agitationsschriften sowie durch die Vermittlung von Referentinnen. Der Delegiertentag be­auftragt Zentralvorstand und Arbeiterinnensekretariat in Verbindung mit dem lokalen Bildungsausschuß und dem Bureau des Schweizerischen Bildungsausschusses in Zürich , die Bildungsarbeit unter den Arbeiterinnen zu fördern durch die Ausarbeitung eines die Verhältnisse zu Stadt und Land berücksichtigenden Tätigkeitsprogramms, das jedes Jahr neu aufgestellt wird."

über die Kriegsnotlage der Arbeiterinnen referierte die Arbeiterinnensekretärin Genossin Hüni. Der Antrag, in dem sie das Wesentliche ihrer Ausführungen zu­sammenfaßte, gelangte zur Annahme. Er lautet: Das Pro­letariat hat unter den Wirkungen des Krieges am schwersten zu leiden. Durch die internationale Ausbeutungspolitik des Großkapitals, das fortgesetzt ungeheure Profite erzielt, ist in allen Ländern die wirtschaftliche Lage der Arbeiterschaft, vor allem der Frauen, ungemein verschlechtert worden. Ihre noch schwache Organisation ist außerstande, zu einer wirksamen Selbsthilfe zu greifen. Der Delegiertentag der Arbeiterinnen fordert daher die Schweizerische Notstandskommission und die Arbeiterorganisationen auf: 1. durch statistische Er­hebungen in einzelnen Berufen und Gewerben( Schneide­rinnen, Näherinnen, Wasch- und Pubfrauen, Glätterinnen, Dienstmädchen, Bureau- und Handelsangestellte) die Notlage der Proletarierinnen aufzuzeigen; 2. bei den zuständigen Orten die Forderung nach gesetzlichen Tarifen und Minimal­löhnen für die Frauen zur Geltung zu bringen; 3. angesichts der fortwährend steigenden Teuerung die Festsetzung von Höchstpreisen für die wichtigsten Lebensmittel zu verlangen. Der Delegiertentag beauftragt Zentralvorstand und Arbeite­rinnensekretariat, in der ganzen Schweiz öffentliche Frauen­versammlungen zu organisieren, an denen die genannten Forderungen aufgestellt und begründet werden."

Ein weiterer Beschluß beauftragt den Zentralvorstand und das Arbeiterinnensekretariat, zusammen mit der schweizeri­schen Parteileitung für die Frauen und Kinder alljährlich Mai- und Frühlingsfeste zu ver­anstalten, die der Friedensidee gewidmet sind und zu denen rede- und vortragsgeübte Genossinnen zur Mit­wirkung herangezogen werden sollen. In der Stadt Zürich haben bereits in den letzten Jahren Genossinnen und Ge­nossen solche Feste mit Erfolg veranstaltet und damit gute Vorbilder für andere Orte geschaffen. Schließlich wurde fol­gende von der Genossin ni vorgeschlagene Friedens­kundgebung beschlossen: Der Delegiertentag des Schwei­zerischen Arbeiterinnenverbandes vom 11. April 1915 spricht den mutigen Vertreterinnen der Sozialistinnen aus den friegführenden und den neutralen Ländern seine wärmste Sympathie aus, die am 26., 27. und 28. März zur Internationalen Sozialdemokratischen Frauen­fonferenz in Bern sich zusammenfanden. Er fordert die proletarischen Schweizer Frauen auf, auch fernerhin im Sinn und Geist ihrer unerschrockenen Vorkämpferin, der in­ternationalen Sekretärin Klara Zetkin , unablässig zu wirken zur Herbeiführung der sozia­ listischen Gesellschaft, die mit der überwindung des Kapita­lismus den dauernden Frieden schafft, der den Weg bereitet für den ungehemmten Kulturaufstieg der ganzen Menschheit." Die nächstjährige Delegiertenversammlung des Arbeite­rinnenverbandes wird in Olten stattfinden. So hat die Tagung des Schweizerischen Arbeiterinnenverbandes einen guten Verlauf genommen, hat Gegenwarts- und Zukunfts­arbeit verrichtet. Sie reihte sich würdig den bisherigen ander­weitigen Friedenskundgebungen sozialistischer Frauen an und bekundete neuerlich, daß die schweizerischen Genossinnen von ganzer Seele in den Ruf der gesamten sozialistischen Frauen­welt einstimmen: Schafft Frieden, Frieden, Frieden!

Z.

Notizenteil. Burgfrieden.

Nr. 18

Die Internationale" unter Präventivzenfur. Für die von den Genossen Franz Mehring und Rosa Luxemburg heraus­gegebene Monatsschrift Die Internationale " wurde vom stellvertretenden Generalfommando in Münster die Präventiv durch den Inhalt des ersten Heftes der Burgfrieden gröblich zensur angeordnet. Als Grund gab die Militärbehörde an, daß verletzt worden sei. Das Heft werbe für den Friedensschluß und enthalte die an Landesverrat grenzende Aufforderung an ge­wisse Partei- und Bevölkerungsgruppen, über die Köpfe der ver­fassungsmäßig berufenen Stellen hinweg den Abschluß eines Frie dens herbeizuführen". Ferner sei das Blatt dazu bestimmt und geeignet, die zuversichtliche Stimmung des Voltes zu beeinträc;- tigen, indem es ungünstige Mutmaßungen über die nach dem Kriege sich ergebenden wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse Deutschlands als wissenschaftliche Tatsachen" vor­trage. Die Maßnahme der Militärbehörde hat die Herausgeber veranlaßt, folgende Benachrichtigung in Vorwärts" zu veröffent­lichen:

Durch die Verhängung der Vorprüfung ist der von uns her­ausgegebenen Zeitschrift der Lebensfaden vorläufig zerschnitten. Wir werden ihr zweites Heft deshalb erst am Tage nach der Auf­hebung des Belagerungszustandes veröffentlichen. Die Erfah­rungen, die das erste Heft troß seiner kurzen Lebensdauer gemacht hat, haben uns in erfreulicher Weise bewiesen, daß wir richtig verstanden worden sind, wo wir verstanden sein wollten."

Für den Frieden.

Der Friedens- Frauenkongreß im Haag. Vom 27. bis 30. April tagte im Haag ein internationaler Frauenfongreß. um für den Frieden, gegen den Krieg zu protestieren. Einen aus­führlichen Bericht der Verhandlungen und Beschlüsse werden wir in der nächsten Nummer geben. Wie die Vorsißende Frau Dr. Jakobs( Haag) mitteilte, hatte der Kongreß die Aufgabe, zu beraten, wie Kriege fortan zu verhindern seien.

Dem Kongreß lagen fünf Resolutionen vor gegen den Krieg und Waffenlieferungen, für Völkerversöhnung und Kindererziehung in pazifistischem Sinne. Alle internationalen Streitigkeiten sollen einem Schiedsgericht oder einer Vermittlung unterstellt werden.

Einer der mächtig­

sten Faktoren, um den Wiederausbruch eines Krieges zu ver­hindern, ist der zusammenwirkende Einfluß der Frauen aller Länder.

Je länger der Kongreß dauerte, desto klarer wurde er eine aus­gesprochene Kundgebung für den Völkerfrieden und das Frauen­stimmrecht. Unter tosendem Beifall erklärte Anita Augspurg ( Deutschland ), daß es ebensowenig, wie es eine Vergewaltigung der Religion gibt, eine Vergewaltigung der Nation geben dürfe. Dem Kongreß wurde auch eine Entschließung vorgelegt, die ver­langt, daß auch die Frauen zu den Friedensverhand­Iungen herangezogen werden. Starken Eindruck machte in der Sitzung vom 30. April das Erscheinen der Vertreterinnen Belgiens . Einige Stimmen wandten sich gegen eine zu enge Ver­quidung von Friedensbestrebungen und Frauenstimmrecht. Nicht mit Unrecht wurde davor gewarnt, alles Heil vom Frauenstimm­recht zu erwarten. Es gebe Frauen genug, die den Krieg geradezu berherrlichen. Schließlich wurde doch eine Resolution angenommen, die verlangt, daß die Mächte bei den Friedensverhandlungen die Einführung des Frauenwahlrechts in allen Ländern als Not­wendigkeit erklären sollten.

Die Bedeutung des Kongresses liegt weniger in den Einzelheiten der Resolutionen, als in dem Geiste des Friedens und der Ver­ständigung, von dem die Frauen beherrscht waren. Die um ihre Gleichberechtigung im Staate kämpfenden Frauen werden not­wendig zu Befürwortern der Demokratie und zu Trägern eines internationalen Gemeinschaftsgefühls, da es überall die herrschenden Klassen sind, die der Emanzipation der Frau die größten Schwie­rigkeiten bereiten. Das Proletariat schenkt dem Kampfe der