Nr. 2
Die Gleichheit
Ration find, wissen wir doch sehr gut, daß auch nach einem fiegreichen Strieg die Lebensfragen der Bölfer nicht gelöst werden können, baß auch ein siegreicher Krieg die tiefsten Wunden zurückläßt. Hat ber Balkankrieg etwa die mazedonische Frage gelöst? Nein, teineswegs. Wähnt ihr vielleicht, der europäische Krieg werde, nachdem die eine oder andere Seite niedergerungen worden ist, den Konflikten und Streitfragen ein Ende machen? Wir sagen nein.... Wo Solidarität und Gerechtigkeit fehlen, da kann kein Friede walten. Im Namen der Solidarität und Gerechtigkeit wollen wir, die Frauen aller Nationen, den Kriegführenden erklären: Kommt zu euch!... Macht ein Ende mit den entsetzlichen Kriegen und gebt den Völkern die Ruhe und den Frieden zurück.
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Arbeitslosigkeit der weiblichen Erwerbstätigen. Auch im Monat August 1915 war für die weiblichen Erwerbstätigen die Lage auf dem Arbeitsmarkt noch ganz unbefriedigend. Bei den Arbeitsnachweisen erhöhte sich die Zahl der weiblichen Arbeitsuchenden gegenüber dem Vormonat von 143 986 auf 145783. Da nur 88229 offene Stellen gemeldet waren, so tamen, wie schon im vorhergehenden Monat, auf 100 offene Stellen 165 weibliche Arbeitsuchende, während bei den männlichen Bersonen die ent sprechende Zahl in der gleichen Zeit nur 98 betrug. Von den angeführten Landesgebieten weist das Königreich Sachsen immer noch die geringste Verdienstmöglichkeit auf. Dort tamen im August auf 100 offene Stellen 370 weibliche Arbeitsuchende gegen 334 im Juli. Ausschlaggebend bei diesem ungünstigen Ergebnis ist der außer ordentlich schlechte Geschäftsgang in der Hutindustrie; standen doch den 19 gemeldeten offenen Stellen nicht weniger als 2597 arbeitfuchende Hutarbeiterinnen gegenüber. Weit über dem Durchschnitt stehen ferner noch die freie Stadt Bremen , Elsaß- Lothringen , die thüringischen Staaten und die Provinz Westfalen . Von den Berufsgruppen schneidet die Textilindustrie entschieden am schlechtesten ab. In dieser Industrie tamen im August auf 100 offene Stellen 337 weibliche Arbeitsuchende gegen 264 im Juli. Aber auch in der Papierindustrie, im Bekleidungs- und Reinigungsgewerbe, sowie im Gastwirtschaftsgewerbe und in häuslichen Diensten trat ein Steigen der Andrangsziffer gegenüber dem Vormonat ein, wogegen in den übrigen Industrien und Gewerben nach diesen Angaben eine Besserung der Erwerbsmöglichkeit festgestellt wurde. Aus den Ergebnissen der gewerblichen Arbeitslosenzählungen ergibt sich das gleiche Bild. Diese liegen für den Monat August 1915 von 27 Organisationen vor, die über 141 622 weibliche Mitglieder berichteten. Von diesen waren zu Ende des Berichtsmonats 13993 gleich 9,9 Prozent arbeitslos, gegen 9,7 Prozent im Vormonat. Es ist somit im August eine geringe Steigerung der Arbeitslosigkeit eingetreten. Von den ermittelten weiblichen Arbeitslosen entfallen allein 3185 auf den Hutarbeiter- und 4155 auf den Textilarbeiterverband. In letzterem Verband hat sich nunmehr seit dem Monat Juni die Zahl der männlichen arbeitslosen Mitglieder um 837 und die der weiblichen um 1137 erhöht. Es ist dies die unangenehme Folgeerscheinung der behördlich verfügten Betriebseinschränkung in der Textilindustrie. über 1000 weibliche arbeitslose Mitglieder hatten noch zu Ende August der Buchbinderverband( 1592) und der Metallarbeiterverband( 1458). Zieht man jedoch die Arbeitslosenprozentzahlen in Betracht, so stellen die organisierten Hutarbeiterinnen nun schon seit 4 Monaten mit 60 Prozent die meisten Arbeitslosen. In weiterem Abstand folgen sodann die Glasarbeiterinnen mit 41,6, die Porzellanarbeiterinnen mit 19,4, die Buchbindereiarbeiterinnen mit 14,4, die weiblichen Mitglieder des Holzarbeiterverbandes mit 12,1, die Tegtilarbeiterinnen mit 11,1, die weiblichen Mitglieder des Schuhmacherverbandes mit 10,0 und die Lederarbeiterinnen mit 8,2 Prozent Arbeitslosen. Unter 2 Prozent weiblicher Arbeitslosen hatten nur der Tabafarbeiterverband( 0,7) und der Verband der Bäcker und Konditoren( 1,6). Seit Ende Juni 1914 wird in jedem Monat festgestellt, daß in der Gesamtheit der berichtenden Verbände die Beschäftigungslosig keit der weiblichen Mitglieder größer ist als die der männlichen. Sie tritt auch Ende August wiederum hervor, und zwar stehen den 9,9 Prozent weiblichen Arbeitslosen nur 1,4 Prozent männliche Ar beitslose gegenüber. Diese Erscheinung zeigt sich auch ausnahmslos bei allen berichtenden Verbänden. In einigen Organisationen, so bei den Hutarbeitern, Schuhmachern und Buchbindern ist der Kontrast zwischen den Arbeitslosenziffern sogar sehr beträchtlich.
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hierauf wies der Vertreter des sozialdemokratischen Parteivorstandes auf die außerordentliche Bedeutung hin, die die Frauenfrage durch die veränderte Stellung der Frau im Wirtschaftsleben genommen habe. Nun müsse die Frau aber auch bestrebt sein, sich die Anerkennung dieser Position zu erringen. Dem Tätigkeitsbericht des Landesorganisationskomitees über die ver flossenen zwei Jahre folgte ein ausführliches Referat über die Agitationsarbeit in der Zukunft, an das sich eine lebhafte Diskussion Inüpfte. Großes Gewicht wurde auf die gewerkschaftliche Organi fierung der Frauen gelegt, die in zahlreichen Betrieben als schlechtbezahlte Hilfsarbeiter an die Stelle gelernter Arbeiter getreten find. Ferner wurde die Abhaltung von Seminarien, Funktionärtursen, zwanglosen Zusammenkünften mit ernsten und unterhaltenden Vorträgen für junge Mädchen, sowie Märchennachmittage für Kinder angeregt. Bum Schlusse wurde dem sehnlichen Wunsche nach Frieden und nach einer baldigen Wiedervereinigung zu gemeinsamer Arbeit mit den Proletariern und Proletarierinnen aller Länder Ausdruc verliehen. Eine gleichzeitig tagende Landeskonferenz der sozialdemokratischen Partei hat sich ebenfalls in eingehender Weise mit dem Problem der Organisierung der Frauen befaßt.
E. G.
Die sozialistische Frauenbewegung in Norwegen hat mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, die in der Hauptsache dadurch entstehen, daß die Bevölkerung des Landes sehr zerstreut lebt. Es gibt wenig größere Städte, die Dörfer und einzelne Bauernhöfe liegen oft tageweit voneinander entfernt. Diese Umstände erschweren die Agitation und machen sie opferreich, große Versammlungen sind nur selten zustande zu bringen. Immerhin haben die sozialistischen Frauen in 67 Orten Zweigorganisationen, die zusammen 2000 Mitglieder umfassen. In den Gemeinderäten des ganzen Landes fizzen 45 Genofsinnen, im Stadtrat bon Christiania allein 4. Die organisierten Genoffinnen bilden eine Kerntruppe, die es im Dienste des Sozialismus an Energie und Opferfreudigkeit nicht fehlen läßt und steigende Erfolge erzielt. In letzter Zeit agitieren die Genossinnen besonders dafür, daß in den Bildungsplan der Hauswirtschaftliche Unterricht der Mädchen aufgenommen wird, beziehungsweise daß die Gemeinden Haushaltungsschulen errichten. Dank der Initiative der Sozialisten in den Kommunalvertretungen ist in mehreren Städten die Forderung bereits erfüllt worden. Die Stadtverordnetenversammlung von Christiania hat ein Komitee eingesetzt, das die Errichtung von Haushaltungsschulen vorbereiten soll. Vorsitzende des Nomitees ist Genossin Fernanda Nissen . Die Gründung der Schulen steht nahe bevor. Sie stehen Mädchen offen, die nicht unter 16 und nicht über 20 Jahre alt find. Unterricht und Mahlzeiten sind unentgeltlich. Die Unterweisung erfolgt in jeder Art häuslicher Arbeit, das Scheuern, Waschen usw. inbegriffen. Die Mädchen sollen nicht zu besseren Dienstboten in fremden, Häusern erzogen werden, sondern ihre eigene Hauswirtschaft gut führen lernen. Agitationstour durch Amerika . Die Deutsch sprechende Gruppe der Socialist Party in Amerika hat die russische Genossin Kollontay aufgefordert, eine Agitationstour burch Amerika zu unternehmen. Die Tour begann am 12. Oktober in Chicago und endet am 12. Januar 1916. Die Themata, die behandelt werden, sind: 1. Krieg und Arbeiterinternationale. 2. Vaterlandsverteidigung oder Klassensolidarität des Weltproletariats? 8. Strieg und Aufgaben der Arbeiterfrauen.
Frauenarbeit.
Die Frauenarbeit in England. Die Erwerbstätigkeit der Frauen hat in England auch in den letzten Jahren absolut zugenommen. Dr. Cl. Heiß hat die Ergebnisse der letzten Berufszählung im 3. und 4. Vierteljahrsheft des Allgemeinen Statistischen Archivs einer eingehenden Betrachtung unterworfen. Danach waren im Jahre 1911 in England und Wales insgesamt 4 830 752 Frauen erwerbstätig gegen 3 402 809 im Jahre 1881 und 4 171 751 im Jahre 1901. 1911 waren von 1000 Männern 839 erwerbstätig, von 1000 Frauen 325. Relativ ist die Frauenarbeit zurückgegangen. Die Zahl der Erwerbstätigen betrug auf 1000 der Gesamtbevölkerung bei den
1881. 1891.
b.
1901 1911
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Sozialistische Frauenbewegung im Ausland. Eine Konferenz der Vertrauenspersonen der sozialdemo. kratischen Frauen Ungarns fand amt 5. September in Budapest statt.
Männern 8u- bez. Abnahme Frauen 8u- bez. Abnahme 833
841
831
2
844
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+3
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837 839
+6
816
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325
+9
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In dem 30jährigen Zeitraum hat sich also die Zahl der erwerbstätigen Männer um 6 auf das Tausend vermehrt, die der erwerbs. tätigen Frauen hingegen um 16 auf das Tausend vermindert. Der stärkste Rückgang fällt in die Zeit von 1891 bis 1901, wo die er