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Die Gleichheit
Sympathielundgebungen für Genoffin Zetlin zum Ausdrud gefommen. Viele deutsche Gruppen der Sozialistischen Partei haben entsprechende Erklärungen angenommen. Vom sozialistischen Geist erfüllte Solidaritätsbekundungen sendeten unter anderem die organifterten Genossinnen und Genossen von Dover , in New Jersey , Toledo in Dhio, Denver in Kolorado , Peabody in Massachusetts , der sozialistische Verein„ Vorwärts" und das Deutsche Frauen- Agitationsfomitee, beide in der Stadt New York .
Das selbständige Auftreten des russischen Proletariats wäh: rend des Kriegs. Der Sozialdemokrat", das Zentralorgan der, russischen sozialdemokratischen Arbeiterpartei( Bolschewitsche Richtung) veröffentlicht einen Bericht über die wachsende revolutionäre Bewegung in Rußland , insbesondere über die Arbeit des Petersburger Parteikomitees. Wir entnehmen daraus folgende Tatsachen:
März: Große Verhaftungen in Petersburg und anderen Orten unter den Anhängern beider sozialdemokratischen Parteien. Das neugegründete illegale Organ," Die proletarische Stimme", wird unterdrückt.
April: Große Proteststreits am Jahrestag des Arbeiterblutbads an der Lena. Jn Petersburg werden 400 Mann verhaftet.
Mai: Am 1. Mai streifen 35 000 Arbeiter. 300 werden verhaftet. Juni: Jn Petersburg wirtschaftliche Streiks, insbesondere unter den Metallarbeitern. Es streiken 15 000 Arbeiter, 400 verhaftet, 300 wieder freigelassen, die anderen bestraft. 30 in die Front gesandt.
In Kostroma Textilarbeiterstreit. Das Militär schießt. 14 Arbeiter getötet, viele verwundet. In Moskau Unruhen. 20 Personen getötet und verwundet.
Juli: Die Bewegung bekommt ausgesprochen politischen Cha rafter. In Jwano Wosnesenst Streits mit großen Demonstrationen unter Vorantragung von roten Bannern, Absingen revolutionärer Lieder usw. 100 Getötete, 40 Verwundete.
August: Großer Proteststreit gegen die Mezeleien in Jw an o- Wosnesenst. Jn Petersburg streifen 10 000 Arbeiter. Der Versuch der Bourgeoisie, die Industrie zwecks Munitionserzeugung zu„ mobilisieren", hat große Versammlungen in den Munitionsfabriken zur Folge, an denen bei Butiloff 15 000, bei einer 6000 bis 7000 Arbeiter teilnahmen. Die Arbeiter lehnen es mit großer Mehrheit ab, in die„ Kriegskomitees" einzutreten. Vor der Auflösung der Dumasession fanden zahlreiche Verhaftungen unter den Arbeitern überhaupt, den Krankenkassenbevollmächtigten insbesondere statt. Auf die Nachricht von der bevorstehenden Unterbrechung der Dumasession beginnen neue politische Streiks, die nach Bertagung der Duma noch verstärkt werden. Nicht„ Wiedereinberufung der Duma", sondern„ Nieder mit der Regietung!" ist die Losung. Der Streit war für drei Tage proklamiert worden. Nachdem aber der Kommandeur von Petersburg gedroht hatte, er werde die Streifenden vor das Kriegsgericht stellen, erklärte das Petersburger Komitee, daß der Ausstand noch einen Tag länger dauern werde. In Petersburg streiften 150 000 Mann( nicht 15 000, wie bürgerliche Blätter angaben), in Nishnij Nowgorod 20 000. Auch in Moskau, Chartow, Etaterinoslaw nahmen die Streiks einen großen Umfang an.
Das rasche und starte Anschwellen der revolutionären Welle in Rußland ist nicht bloß die Folge der Niederlagen der zarischen Truppen, der Kopflosigkeit der Bourgeoisie und der Fehlgriffe der berſtockten Regierung. Daß die Bewegung des Proletariats so start und ziebewußt heranwächst, ist nicht zum mindesten eine Folge ber entschiedenen Haltung, die die russische Sozialdemokratie von Anfang an bewahrt hat.
Arbeitslosigkeit der weiblichen Erwerbstätigen. Arbeitslosigkeit im Monat September und gewerkschaftliche Dilfe im dritten Quartal 1915. Für die weiblichen Erwerbstätigen hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt im Laufe des Monat September entschieden verschlechtert. Nach den Berichten der ArBeitsnachweise erhöhte sich die Zahl der weiblichen Arbeitsuchenden Don 145783, Ende August, auf 154 808 Ende September, während die Zahl der offenen Stellen mit 91 258 gegen 88229 nur um 3029 gugenommen hat. Von den gemeldeten offenen Stellen konnten nur 69249 im Laufe des Monats besetzt werden. Es blieben demnach Im September rund 85500 Arbeitsgesuche von Frauen und Mädchen anberücksichtigt; im Monat vorher hatte deren Zahl nur 80300 betragen. Auf 100 offene Stellen tamen im Berichtsmonat 170 weibche Arbeitsuchende, gegen 165 im Vormonat. Die entsprechenden Berhältniszahlen für männliche Arbeitskräfte betrugen dagegen nur
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89 und 98. Von den Berufsgruppen schneidet, wie schon im Vor monat, die Textilindustrie am schlechtesten ab. Hier tamen im September auf 100 offene Stellen 372 weibliche Arbeitsuchende, gegen 337 im August. Eine Steigerung der Andrangziffern gegen den Vormonat trat ferner noch ein bei den Metallarbeiterinnen, Lederarbeiterinnen, Tabatarbeiterinnen, Schneiderinnen, Fabrikarbeiterinnen, sowie bei weiblichem Soch- und Dienstpersonal. Nach Landesgebieten geordnet, steht das Königreich Sachsen mit 326 weiblichen Arbeitsuchenden auf 100 offene Stellen immer noch an der Spize aller 23 Staaten oder Landesgebieten.
Das Steigen der Arbeitslosigkeit tritt noch deutlicher bei den gewerkschaftlichen Arbeitslosenzählungen zutage. Nach diesen waren im Monat September von 146782 befragten weiblichen Gewerkschaftsmitgliedern 14 680 oder 10,1 Prozent arbeitslos, gegen 9,9 im August und 9,7 im Juli. Die anhaltende Zunahme ist auf die größere Arbeitslosigkeit in der Textilindustrie zurückzuführen. Stieg doch im Textilarbeiterverband die Zahl der weiblichen arbeitslosen Mitglieder von 3737 Ende Juli auf 5350 Ende September, also um 1613. Beträchtliche Zunahmen von weiblichen Arbeitslosen melden noch die Verbände der Porzellanarbeiter, Sattler und Portefeuiller, Lederarbeiter und Tabatarbeiter. Zieht man jedoch die Arbeitslosenprozentzahlen in Betracht, so stellen im September die organisierten Hutarbeiterinnen mit 56,4 Prozent die meisten Arbeitslosen. Fast in der gleichen Reihenfolge wie im Vormonat folgen sodann die anderen Verbände. Durch die ansteigende Arbeitslosigkeit der weiblichen Mitglieder wird die Spannung zwischen den Arbeitslosenziffern der beiden Geschlechter immer größer. So standen im September den 10,1 Prozent weiblichen Arbeitslosen nur 1,2 Prozent männliche Arbeitslose gegenüber, im August betrugen die betreffenden Zahlen 9,9 und 1,4.
Auch die für das dritte Duartal ermittelten Zahlen lassen ein Anschwellen der Arbeitslosigkeit erkennen. Es wurden gezählt:
146782
Jm
+ mehr od.- weniger gegenüber dem
2. Quartal 1915
1835 +268
Jm
8. Quartal 2. Quartal 1915 1915 148617 25952
11098
- 735
231890
+4563
132699
+7710
Befragte weibl. Mitglieder. Fälle von Arbeitslosigkeit. 26220 Unterstützte weibl. Mitglieder 10863 Unterſtügungstage.
236453
Unterſtügungssumme in Mart 140409
Trotz der verringerten Mitgliederzahl sind im dritten Quartal 1915 insgesamt 26220 Fälle von Arbeitslosigkeit oder 268 mehr als im Borquartal gezählt worden. Auf 100 weibliche Mitglieder berechnet ergibt das einen Prozentsatz von 17,8 gegen 17,5 im zweiten Quartal. Einen Rüdgang hat, wie die Übersicht zeigt, nur die Zahl der unter stützten weiblichen Mitglieder erfahren, während die Zahl der Unterstügungstage und die Unterstüßungssumme gestiegen ist. Das Steigen der Unterstügungssumme kommt noch deutlicher bei der Berechnung des durchschnittlich ausgezahlten Unterstüßungsbetrags zum Ausdruck. Dieser stieg nämlich von 11,96 Mt . im zweiten Quartal auf 13,55 Mt. im dritten Duartal. Das ist ein Beweis mehr dafür, daß die Gewerkschaften, sobald die Zahl der zu unterstüßenden Mitglieder abnimmt, die Unterstützungssäge sofort wieder erhöhen, um die durch den gemeingefährlichen Lebensmittelwucher verschärfte Not der Arbeitslosen zu mildern. Von dieser Praxis sticht die einer Anzahl Gemeinden recht unvorteilhaft ab, die die weitere Gewährung von Zuschüssen an die Arbeitslosen mit der Begründung abgelehnt haben, es solle angeblich keine Arbeitslosigkeit mehr vorhanden sein. Diese Gemeinden zur Pflichterfüllung anzuhalten, wäre Aufgabe des Staates, zumal die Mittel zur Unterstützung der Arbeitslosen schon längst zur Verfügung gestellt sind. Letzten Endes steht es jedoch bei den Arbeitslosen und ihren Mehrwert schaffenden Brüdern und Schivestern selbst, Reich, Staat und Gemeinde zu veranlassen, den bittersten Nöten der Arbeitslosigkeit zu steuern. Sie müssen volles Recht fordern, statt sich mit Brosamen und Almosen zu begnügen. b.
Frauenstimmrecht.
Die Einführung des allgemeinen Frauenwahlrechts in Hol land enthält die Gesegesvorlage, die die Regierung zur Abänderung des Staatsgrundgesetzes in der Zweiten Kammer eingebracht hat. Nach ihr soll Artikel 80 des Grundgesezes so gefaßt werden, daß die seitherigen Beschränkungen des allgemeinen Wahlrechts wegfallen. Das Wahlrecht wird den männlichen und weiblichen Niederländern vom dreiundzwanzigsten Lebensjahr an zuerkannt. Bemerkenswert ist in diesen Zeiten der verfallenden Demotratie die Begründung der Wahlrechtsreform. Es heißt in dem Regierungsschriftstück, daß die Merkmale von Befähigung und gesellschaftlichen Besitz leine Verteidigung mehr finden können, wenn es