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Die Gleichheit
und eifrigsten Kämpen gegen die beabsichtigte Kleinhaltung der Familien unter den Bahnbrechern besserer materieller und fultureller Zustände finden.
Aus der Bewegung.
Agitation am Niederrhein . Am Niederrhein , dem hochindustriellen Westen Deutschlands habe ich immer sehr gern gearbeitet. Die Bewegung hat so etwas Kerngesundes, Frisches, Lebendiges, woran man immer aufs neue seine helle Freude hat. Eine ganze Anzahl tüchtiger, energischer Genoffinnen wirken unablässig im Dienste der Partei, und daneben vergessen sie keineswegs, ihr eigenes Wiffen und Können zu vervollständigen, um noch immer besser und erfolgreicher sich für unsere große Sache einsehen zu können.
Ihrer tüchtigen Vorarbeit und ihrer restlosen Werbearbeit in den Versammlungen war es denn auch im wesentlichen zu danken, daß bei der Mitte November dort entfalteten Agitation, bei der ich über„ Die Frauenpflichten während des Krieges" sprach, mehrere hundert neue Mitglieder gewonnen wurden.
Die Versammlung in Hagen ( Westfalen ) machte den Anfang mit einigen zwanzig Neuaufnahmen, und die Genoffinnen erklär ten mir, daß sie beschlossen hätten, jest wieder erneut ihre schulenden Frauenzusammenfünfte aufzunehmen.
Elberfeld und Barmen folgten mit 40 und 35 Neuaufnahmen. In beiden Versammlungen fand eine sehr interessante Diskussion statt, die von dem tüchtigen Können der Beteiligten Zeugnis ablegte.
Eine prächtige Versammlung, in der eine ausgezeichnete Stimmung herrschte, fand am Sonntagnachmittag in M.- Gladbach statt. 25 der anwesenden Frauen erklärten ihren Beitritt zur Partei und versprachen, an allen Zusammenfünften teilzunehmen. Von Gladbach ging es eilends nach Krefeld , wo abends im dichtbesetzten Volkshaussaal eine angeregte Versammlung tagte. Ungefähr 30 Neuaufnahmen waren auch hier zu buchen.
Essen, Duisburg und Mörs hatten leider nicht um öffent liche Versamlungen nachgesucht. An diesen Orten fanden gut be= suchte Mitgliederversammlungen statt. In Mörs versieht unsere Genoffin Müller als Stellvertreterin ihres für den Krieg eingezoge= nen Mannes mit regem Fleiß und großem Gefchick alle Parteiarbeiten für den Kreis. Mit Vergnügen hörte ich die Gespräche, die sie vor Versamlungsbeginn mit Genossinnen und Genossen hatte, die in verschiedenen Orten des Kreises die Leitung haben und ihr Bericht erstatteten.
Eine selten schöne Versammlung hatte Iserlohn in dem stimmungsvollen Saale des Palasttheaters. Das Interesse an dem Gehörten leuchtete den Besuchern aus den Augen, es wurde bekundet durch die Diskussion mehrerer Genofsinnen und durch den Eintritt von 40 Frauen in die Partei. Der Leiter der Versammlung, der Genosse Bränker, richtet jetzt auch Frauenzusammenkünfte ein, zu denen die Vorarbeiten bereits erledigt waren.
Den Reford im Besuch der Versammlung und im organisatorischen Erfolg erreichte Düsseldorf , dessen Volkshaus vor der festgesezten Zeit überfüllt war. Brächtig war die Stimmung, die einem entgegenschlug und sich im Verlauf der Versammlung noch steigerte. Emsig wie Bienen warben die tätigen Genofsinnen während der Pause Parteimitglieder und Zeitungsabonnenten, und am Schluß brachten sie glüdstrahlend 123 Neuaufnahmen an den Vorstandstisch. An diesem hatte auch die Genossin Agnes Platz genommen und bei der Kleinarbeit war sie eine der eifrigsten.
Auf Antrag einer Genoffin beschloß die Versammlung, der Genossin Bettin als der internationalen Vorkämpferin herzliche Grüße zu übermitteln. Reichlich dreiviertelhundert neue Mitglieder sind in den sieben öffentlichen Versammlungen der Partei gewonnen und, da der Niederrhein seinen weiblichen Mitgliedern die„ Gleichheit" obligatorisch liefert, ebensoviele Gleichheitleser.
Auf der Heimfahrt hatte ich dann noch Gelegenheit, in einer von 600 Frauen besuchten Versammlung in Bremerhaven zu sprechen. Immer wieder freue ich mich über die rastlose Arbeit unferer dortigen Genossinnen, die den Abend auch wiederum den Gewinn von 60 neuen Mitgliedern buchen konnten. Unsere Genossin Hilfe traf ich früher schon in eifriger Parteiarbeit im westlichen Kohlenrevier, in das sie mit ihrer Familie gezogen war, weil der Mann in der Heimat gemaßregelt worden und nirgends Arbeit finden konnte. Unsere Genoffin Jensen, die vom Holzarbeiterverband bereits als Stellvertreterin ihres Mannes ernannt ist, falls er, der Beamter dieses Verbandes, für den Felddienst eingezogen werden sollte, steht auch in gutem Andenken in Kiel , ihrem früheren Wirkungskreis für die Partei.
Nr. 6
Genossinnen Hoffmann und Lange, die in Sachsen unermüdlich die Ideen des Sozialismus verbreiten und praktische Parteiarbeit verrichten halfer, hatte ich vor Jahren bereits auf einer Dresdener Frauenkonferenz fennen gelernt und war freudig überrascht, sie nun hier mit dem Eifer und der Hingebung, die man an ihnen kennen gelernt, tätig zu finden. Aber daneben auch alle die andern lieben, prächtigen Menschen, die einheimischen und zugezogenen Frauen, die mit der bekannten nordischen Gründlichkeit und Treue in der Bewegung schaffen, verdienen nicht weniger Anerkennung. Es ist mir immer aufs neue eine herzliche Freude, fie unermüdlich am Werke zu sehen und zu beobachten, wie ihre strahlenden Augen und bekenntnisfreudigen Lippen überall Begeisterung und den Willen zur Tätigkeit wecken.
Mit dem innigen Wunsch, daß allerorts so agitiert werden und solch lebhafter Anteil am Parteileben genommen werden möge wie im Rheinland und in Bremerhaven , fuhr ich, befriedigt von dem Luise Ziez. Ergebnis der Agitationsarbeit, heim.
Notizenteil. Burgfrieden.
Verbotene Bücher. Auf Grund des Gesetzes über den Belage rungszustand hat das stellvertretende Generalfommando in Stettin den Vertrieb und das Halten( 1) folgender Flugschriften verboten: 1. Das Papst tum und der Weltfriede von Gerichtsassessor Dr. Hans Wehberg , 2. sämtliche im Verlag Neues Vaterland, Berlin W 50( 2. Jannasch) erschienenen und noch erscheinenden(!) Flugschriften, 3. Die sozialdemokratischen Frauen und der Krieg von Luise Zieh, Verlag J. H. W. Diek Nachf. Stuttgart .
Verschärfung des Belagerungszustandes in Berlin . Durch Bekanntmachung des Oberkommandos vom 8. November sind auch alle nichtöffentlichen Versammlungen politischer Vereine sowie alle jene Versammlungen, in denen öffentliche Angelegenheiten erörtert werden, schriftlich bei der Polizeibehörde anzuzeigen. Eine Beantwortung der vorgeschriebenen Anzeige ist nicht erforderlich.
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Die Internationale " unter Anklage. Wie der Vorwärts" mitteilt, ist gegen die Genossinnen Dr. Rosa Luxemburg und Klara Zetkin wie auch gegen die Genossen Franz Mehring , Peter Berten und Heinrich Pfeiffer wegen Herausgabe und Druck legung des Heft 1 der Internationale Anklage erhoben worden. Es ist Anklage erhoben wegen angeblicher Aufreizung zum Klassenhaß, Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze und zur Begehung strafbarer Handlungen.
Für den Frieden.
Louise Saumoneau verhaftet. Wieder hat eine führende Genossin in der sozialistischen Frauenbewegung die persönliche Freiheit ihrer Überzeugung zum Opfer bringen müssen. Louise Saumeneau, die Sekretärin des Pariser Aktionskomitees für den Frieden und gegen den Chauvinismus wurde, wie wir aus dem Organ der Unabhängigen Arbeiterpartei Englands, dem„ Labour Leader" erfahren, am 2. Oktober in Paris verhaftet. Die Anklage lautet auf antimilitaristische Propaganda.
Genossin Saumoneau ist seit mehr als einem Jahre Sekretärin der Sektion der sozialistischen Frauen von Paris . Der„ Labour Leader" teilt weiter mit, daß die sozialistische Presse Frankreichs die Verhaftung vollständig ignoriert habe, daß die sozialistischen Abgeordneten in der Kammer feine Anfrage wegen der Verhaftung gestellt hätten, daß keiner der sozialistischen Minister, soweit zu sehen sei, irgend etwas getan habe, um ihre Befreiung herbeizuführen. Ja, man soll der Genoffin Saumoneau im Arrest die Freilassung versprochen haben für den Fall, daß sie bereit war, ihre Propaganda gegen den Krieg aufzugeben. Die Genossin soll das berweigert haben. Sie werde seitdem wie eine gewöhnliche Verbrecherin behandelt. Sie sei solange aller Privilegien der wegen politischer Vergehen Verhafteten beraubt, bis sie vor das Kriegsgericht gestellt wird.
Wie der„ Labour Leader" in einer späteren Notiz mitteilt, soll ein Mitglied der französischen Parlamentsfraktion die Verteidigung der Genossin Saumoneau übernommen und vor kurzem auch ihre Überführung in die Abteilung für politische Gefangene durchgesetzt haben. Weiter wird vermutet, daß der Zensor es gewesen sei, der die Mitteilung der Verhaftung in der sozialistischen Presse verhin dert habe.
Die Verhaftung der tapferen Genoffin Saumoneau und die halbherzige Art, wie sich der offizielle, nationalgesinnte Teil der