90

Die Gleichheit

Gesetz aufrecht halte und für seine Abschaffung agitieren werde, falls es zur Annahme gelange, was in­zwischen geschehen ist. Es heißt in dem betreffenden Beschluß weiter, daß Ministerversprechen, die nicht als Verpflichtungen in das Gesetz aufgenommen würden, wertlos feien. Schließlich wer­den die weiblichen Erwerbstätigen aufgefordert, eine Nachepolitik der Herrschenden gegen die Arbeiterklasse dadurch unmöglich zu machen, daß sie sich weigern, die sogenannten bevorzugten Stellen von Männern einzunehmen, die ungerechterweise entlassen wer­den. Was die Stellungnahme zum Kriege anbelangt, so for­derte die Konferenz die Regierung Großbritanniens   auf, ihre Friedensbedingungen bekanntzugeben, und alles zu tun, um den Krieg zu beendigen. Sie sprach sich außerdem für die Errichtung eines internationalen Schiedsgerichts aus. über die anderen Be­schlüsse und Arbeiten der Konferenz berichten wir in nächster Nummer,

Sozialistische Frauenbewegung im Ausland.

Julie Romm t. Ein großes, gütiges Herz hat aufgehört zu schlagen, ein Herz, das in glühender Begeisterung und freudiger Opferwilligkeit ganz dem internationalen Sozialismus, dem Be­freiungsringen der Enterbten gehörte. In New York   ist am 8. Ja muar an Influenza Genossin Julie Romm verstorben, eine ge­borene Deutsche, die mit einem Russen verheiratet war, der zu den ersten durchgebildeten Bekennern des Margismus" in seiner Heimat gehörte. Julie Romms Tod ist ein außerordentlich herber Verlust für die sozialistische Bewegung der Vereinigten Staaten  und insbesondere für die sozialistische Frauenbewegung dieses Landes, der sie wichtige Förderung auch dadurch angedeihen ließ, daß sie fünf Jahre lang die Frauenseite" der New Yorker Volks­zeitung redigierte. Und vorzüglich redigierte, ganz vom Geist des wissenschaftlichen Sozialismus erfüllt, der ihr Wirken, ihr per­sönliches Leben beherrschte. Wir werden versuchen, in nächster Nummer unseren Leserinnen ein Bild von der Persönlichkeit und der sozialistischen   Betätigung Julie Romms au sfizzieren. Mit ihr ist eine Frau geschieden, deren lichtvoller, reicher Geist dem edlen Herz ebenbürtig war, deren Tun im schönsten Einklang stand mit ihrer überzeugung, bei der die tiefgewurzelte Weltanschauung lebensgestaltend wirkte.

" 1

Der Frauentag in Oesterreich   und Ungarn  . So wie die öster­reichischen Genossinnen haben auch die Genoffinnen Ungarns  beschlossen, den Frauentag 1916 in möglichst großem Umfang ab= zuhalten. In Österreich   wird der Frauentag vor allem von den deutschen Sozialdemokratinnen überall veranstaltet werden, wo keine unüberwindlichen behördlichen Schwierigkeiten, wie im sogenannten engeren Kriegsgebiet" usw., vorhanden sind. In Wien   werden vom 12. bis 26. März einundzwanzig Beranstal­tungen stattfinden und die Propagandaschrift Der Frauen­tag" wird schon anfangs März erscheinen. In Ungarn   wird in der Hauptstadt Budapest   im großen Saal des alten Parlaments eine würdige Veranstaltung abgehalten, ebenso in Preßburg  und anderen Städten. Auch das Agitationsblatt Der Frauen­tag" wird herausgegeben. Um die internationalen Beziehungen wenigstens zwischen Österreich   und Ungarn   praktisch zu betätigen, wurde Genoffin Popp eingeladen, in Preßburg   und Buda­ pest   Vorträge zu halten; beide Bersammlungen haben in letter Zeit stattgefunden und waren gut besucht.

a. p.

Den vorstehenden wie den bereits veröffentlichten Mitteilungen über den Frauentag in Österreich   können wir noch dieses hin­zufügen. Der Beschluß zu der Veranstaltung geht von dem Frauenreichstomitee unserer Genossinnen aus. Da öffentliche Versammlungen wegen des Ausnahmezustandes nicht möglich sind, soll der Frauentag in Vereinsversammlungen,§ 2 Versammlungen, das heißt Versammlungen, zu denen eine persön­liche Einladung erfolgen muß, und Festveranstaltungen abgehalten werden. In allen Veranstaltungen wird das Thema behandelt: Der Frauentagim Kriege. Wie in früheren Jahren soll die Frauenwahlrechtsschrift erscheinen: Der Frauentag". Eine Umfrage hat ergeben, daß die Mehrheit der Organisationen diese Veröffentlichung wünscht. Die österreichischen Genossinnen sind sich über die Hindernisse flar, gegen die sich ihr Frauentag durchsetzen muß. In der Wiener Arbeiterinnenzeitung" heißt es: " Genossinnen! Wir unterschätzen die Schwierigkeiten nicht, wir kennen sie vollauf; dennoch kann unsere Parole nur lauten: Faßt alle Kräfte zusammen, rafft eure Energie auf, ermuntert euch zur alten Begeisterung! Gerade in schweren Zeiten muß sich die Bedeutung und der Wert der sozialdemokratischen Organisation zeigen. Es gilt auch heute, für alle unsere Jdeale einzutreten; am Frauentag rüden wir sie in den Vordergrund im treuen Ge­

Nr. 12

denken an die große Aufgabe, die wir haben, nicht zu wanken und nicht zu weichen, trotz Sturm und Gefahren."

Die österreichischen Genossinnen dürfen überzeugt sein, daß ihr Beschluß von den Sozialistinnen aller Länder mit den herzlichsten Wünschen für den Erfolg begrüßt wird.

Frauenmonat nud Frauentag in Holland  . Der außerordent­liche Kongreß der sozialdemokratischen Arbei­terpartei der Niederlande  , der Anfang Januar getagt hat, beschloß eine umfassende und allgemeine Aktion für das all­gemeine Frauenwahlrecht. Den äußeren Anstoß dazu gab die Regierungsvorlage zur Verfassungsreform, über die wir bereits berichtet haben. Sie schiebt die Frage des Frauenwahlrechts aufs neue in den Vordergrund, Unsere holländischen Genosjinnen erkannten mit sicherem Blick, wie nötig und nüßlich es für die Partei sein würde, im Kampf um das Frauenwahlrecht führend veranzugehen. Sie drängten deshalb zu einem Vorstoß und fanden bei der Partei Verständnis. Auf dem außerordentlichen Kongres der niederländischen Sozialdemokratie erstattete Genossin Wi­baut, Vorsitzende des Verbandes des sozialistischen   Frauen­Klubs, Bericht zur Frage des Frauenwahlrechts und forderte den Willen zur Tat. Die Tagung bekundete ihre Zustimmung zu den Ausführungen durch lebhaften Beifall und Beschlüsse. Die Partei soll danach die Forderung des allgemeinen Frauenwahlrechts nicht nur im Rahmen ihrer allgemeinen Aktion für eine volle demokra­tische Verfassungsreform nachdrücklich vertreten. Es soll auch ein besonderer Frauenmonat festgesetzt werden, in dem jede Parteiorganisation eine öffentliche Versammlung für das Frauen­wahlrecht abzuhalten hat. Den Abschluß dieser Agitation wird dann ein großer Frauentag bilden. Die Genofsinnen sind eifrigst und mit großer Begeisterung am Wert, um die großzügige Auf­rüttelungs- und Werbeaktion durch Wort und Schrift vorzube reiten. Mit größter Sympathie blicken die Sozialistinnen aller Länder dem Kampf der holländischen Genossinnen entgegen, die sich flar und bewußt find, daß sie auch in diesem Ningen das Banner des internationalen Sozialismus tragen.

Arbeitslosigkeit der weiblichen Erwerbstätigen.

Die befürchtete Verschlechterung des Arbeitsmarkts ist erfreu licherweise im Monat Dezember 1915 nicht eingetreten. Es hat vielmehr die schon im November eingesetzte Belebung weiter angehalten. Nach den Berichten der Arbeitsnachweise tamen in Monat Dezember auf 100 offene Stellen 151 weibliche Arbeit­suchende gegen 179 im Vormonat und 182 im Oktober. Troßdem ist der Andrang von weiblichen Arbeitsuchenden zu den Arbeits­nachweisen immer noch bedeutend stärker als der der männlichen, denn im vierten Quartal 1915 tamen im Durchschnitt nur 89 oder 90 männliche Arbeitsuchende auf 100 offene Stellen. Am stärksten war im Monat Dezember der Andrang von weiblichen Arbeit­suchenden im Handelsgewerbe. In dieser Gewerbegruppe standen je 100 offenen Stellen 263 weibliche Arbeitsuchende gegen über. Die Dezemberziffer wird noch übertroffen in der Textilindu­strie, Metallindustrie, in der Fabrikarbeit ohne nähere Bezeich­nung im Bekleidungs- und Reinigungsgewerbe, in der Papier  - und Nahrungs- und Genußmittelindustrie. Eine Vermehrung des Andrangs der Arbeitsuchenden gegen den Vormonat November trat nur ein bei den Metallarbeiterinnen, Textilarbei­terinnen und Buchdruckereiarbeiterinnen.

In Übereinstimmung mit den Arbeitsnachweisen gehen die ge­werkschaftlichen Arbeitslosenzählungen. Nach diesen waren im Monat Dezember 1915 von 138 481 befragten weiblichen Mitglie= dern 11 047 gleich 8,0 Prozent arbeitslos gegen 8,5 im November und 10,0 Prozent im Oktober. Eine nennenswerte Zunahme von weiblichen arbeitslosen Mitgliedern wurde nur von den Verbänden der Porzellanarbeiter, Metallarbeiter und Fa= britarbeiter gemeldet. Verhältnismäßig die meisten weib­lichen Arbeitslosen stellte der Porzellanarbeiterber band. In dieser Organisation waren zu Ende Dezember 38,8 Pro­zent der weiblichen Mitglieder ohne Beschäftigung. In weiterem Abstand folgen sodann die organisierten Glasarbeiterinnen mit 29,6, die Lederarbeiterinnen mit 21,8, die weiblichen Mitglieder des Christlichen   Holzarbeiterverbandes mit 19,3, die Hutarbeiterinnen mit 14,2, die Textilarbeiterinnen mit 12,7, die weiblichen Mit­glieder des freien Holzarbeiterverbandes mit 9,1, die Buchbinderei­arbeiterinnen mit 8,6 und die weiblichen Mitglieder des Tapezierver­bandes mit 8,5 Prozent Arbeitslosen, Die wenigsten weiblichen Ar­beitslosen wurden im Tabatarbeiterverband mit 0,9 Prozent festge­stellt. Eine Gegenüberstellung der für die weiblichen und männlichen Verbandsangehörigen errechneten Verhältnis zahlen ergibt wieder