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Nr. 13

Die Gleichheit

in Berlin   genommen und ihrer ganzen zielflaren überzeugung ent­sprechend auf dem linken Flügel der Partei gekämpft hat. Was ihr Herzenssache gewesen war und blieb, das hat ihr ein scharfer Verstand in grundsätzlicher Durchsichtigkeit und unerschütterlichkeit zu eigen gemacht. Ein scharfer proletarischer Klasseninstinkt, der sich fast nie in der Einschätzung der Dinge und Menschen täuscht, hat es ihr erleichtert, sich auch in Zeiten der Wirrungen und Irrungen rasch und sicher zu orientieren, die Tagesaufgaben des Proletariats rich­tig zu sehen, ebenso die Mittel und Wege zu dem großen soziali= stischen Endziel. So trotzig und unerschrocken, wie sie den Kampf aufnahm, als das Sozialistengefeß die deutsche Arbeiterklasse Inebelte, hat sie ihn weitergeführt, als noch das vormärzliche preußische Vereinsrecht der Betätigung der Frauen im öffentlichen Leben harte Fesseln anlegte. Und sie war unter den ersten und Entschiedensten, die mit hier!" antworteten, als es galt, sich in den Tagen des großen Umlernens" um das Banner des inter­nationalen Sozialismus zu sammeln und sich zu seinen Idealen durch die Tat zu bekennen. Auch die Zukunft wird Margarete Wengels   nie unter den Staatsweisen" finden, die mit bürger­chen Zielen und Parteien opportunistisch liebäugeln; nie unter den Rechnungsträgern, die nach allen Richtungen ihre Kußhändchen werfen; nie unter den Neunmalflugen, die sich erst entscheiden, wenn sie wissen, wo die Mehrheit steht. Sie wird stets als revolu= tionäre Proletarierin auf dem Boden des Klassenkampfes bleiben und den Mut ihrer überzeugung haben, unbekümmert darum, ob sie oben oder unten anstößt, ob sie Zustimmung oder Wider­spruch erntet. Wir wünschen Margarete Wengels  , die ebenso auf­recht und treu in der Freundschaft wie im Kampfe ist, noch viele glückliche Jahre. Glückliche Jahre, das bedeutet für sie nicht Jahre der Ruhe, vielmehr Jahre des Kampfes, des erfolgreichen Kampfes für die Befreiung ihrer Klasse.

In Halle fand in der zweiten Hälfte des Februar eine vom Sozial­demokratischen Verein einberufene öffentliche Frauenversamm­lung statt. Sie war von gegen 400 Frauen besucht, die mit größter Aufmerksamkeit dem Vortrag des Arbeitersekretärs Genossen Seleeis folgten. Behandelt wurde das zeitgemäße Thema: Die Krieger­familie im öffentlichen Recht." Der Vortragende machte die Zu hörerinnen mit den geltenden Bestimmungen des Miets, Familien-, Erb- und Vormundschaftsrechts bekannt und erläuterte sie durch viele Beispiele.

Notizenteil. Frauenstimmrecht.

Das Frauenwahlrecht im preußischen Abgeordnetenhaus. Für volles Bürgerrecht der Frau in Reich, Staat und Gemeinde ist die Sozialdemokratie kürzlich abermals im Preußischen Abgeord­ netenhaus   eingetreten. Ihr Redner, Genosse Paul Hoffmann, fam auf die Zweifel zurück, die Genosse Ströbel in der vorhergehenden Sigung an der Neuorientierung geäußert hatte und erhärtete jie durch Tatsachenmaterial aus der Zeitgeschichte. So führte er unter anderem aus: Man hat gesagt, in Deutschland   herrsche seit andert­halb Jahrhunderten uneingeschränkte Freiheit der öffentlichen Mei­ming. Nach den Gesetzen vielleicht, in der Praxis sieht es ganz anders aus. Meine Parteifreundin Luxemburg   hat wegen freier Meinungsäußerung noch vor kurzem ein Jahr im Gefängnis fizen müssen. Wer die Wahrheit kennt und sagt sie frei, der wandert fürwahr in die Stadtvogtei."

An seine Kritik der geltenden Pragis knüpfte Genosse Paul Hoff­mann die demokratische Wahlrechtsforderung. Zum Frauenwahlrecht sagte er: Man hat hier den Frauen großes Lob wegen ihrer Tüchtigkeit ausgesprochen. Warum verweigert man ihnen dann aber den politischen Einfluß in Reich, Staat und Gemeinde. Gleiche Pflichten erfordern auch gleiche Rechte. Unter 18 Millionen Erwerbstätigen   in Preußen waren vor dem Kriege 6 Millionen weiblichen Geschlechts, und im Kriege hat diese Zahl noch gewaltig zugenommen. Die Frauen zahlen doch ebenso direkte und indirekte Steuern wie die Männer. Da ist es die höchste Zeit, daß man ihnen politische Rechte nicht länger vorenthält. Wir fordern auch für die Frauen das all­gemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für alle gesetzgeben­den Körperschaften. Hier ist eine Neuorientierung sehr notwendig." Diese Ausführungen wurden von sozialdemokratischer Seite durch lebhafte Zustimmungsrufe unterstrichen. Sein einziger bürgerlicher Abgeordneter hat dagegen irgendwelche Sympathie für die Forde rung des Frauenwahlrechts bekundet. Die Ausführungen des Ge­noffen Paul Hoffmann über die Dringlichkeit der Wahlrechtsreform in Preußen wurden von dem konservativen Führer, Freiherrn  

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v. Zedlig, unter den schärfsten Ausfällen gegen die Sozialdemo= fratie als Argument gegen die Beseitigung des Dreiflassenwahlrechts angegriffen. Nach dieser Rede scheinen die Konservativen nicht die geringste Neigung zum Umlernen" zu verspüren. Sie bleiben, die sie waren. In der Frage des Frauenwahlrechts im besonderen be­steht aber sicher bei allen bürgerlichen Parteien feine Neigung, den alten Spießbürgerstandpunkt zugunsten einer Neuorientierung fahren zu lassen. Die Frauen sollen sich an den billigen Lobsprüchlein über ihre Leistungen genügen lassen. Nirgends und niemals wird eben ein politisches Recht als Belohnung für Wohlverhalten gewährt. Es muß erkämpft werden. Deshalb: Frauen heraus zur Forderung eures Bürgerrechts!

Gleiches, volles politisches Recht für Mann und Weib in Braunschweig  . Den sozialdemokratischen Grundsatz von der Rechts­gleichheit beider Geschlechter in die Praxis umzusetzen, fordert der Bezirksvorstand der sozialdemokratischen Partei für das Herzogtum Braunschweig  . Er hat am 25. Februar der Landesversammlung des Herzogtums eine Eingabe zu­gehen lassen, in der er an diese das dringende Ersuchen stellt, die Landesregierung zu veranlassen, womöglich noch in dieser Legislaturperiode der Landesversammlung eine Gesetzesvorlage über die Einführung eines demokratischen Wahlrechts zu machen. Die Vorlage soll für alle braunschweigischen Staatsbürger und -bürgerinnen, die das 20. Lebensjahr vollendet haben, das allge­meine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht für die Wahlen zum Landtag festsetzen. Hoffentlich lassen die Männer und Frauen des werktätigen Volfes in Braunschweig   keinen Zweifel darüber, daß sie entschlossen hinter dieser Forderung stehen. Den Lastenträgern der bürgerlichen Gesellschaftsordnung das Recht zur Mitentschei­dung über die Politik dieser Ordnung! Den Frauen wie den Män­nern dieses Recht, denn die Politik kommt zur Mutter und Haus­frau in die engen vier Pfähle, wie zur Arbeiterin in der Fabrik und zur Angestellten in Bureau und Laden.

Eine Petition für das allgemeine, gleiche, direkte, geheime Wahlrecht der Frauen zum Reichstag ist vom Deutschen Frauen­stimmrechts bund beim Reichstag eingereicht, im Januar dem Reichskanzler als Material überwiesen worden. In England find während des Krieges immer mehr Stimmen laut geworden, die es als ein Ding der Unmöglichkeit erklären, daß nach dem Kriege die Frauen weiter vom politischen Wahlrecht ausgeschlossen bleiben. In Deutschland   hat man sich zwar zum Begräbnis erster Klasse für die Frauenwahlrechtspetitionen durchgerungen, aber es bleibt doch beim Begräbnis. Wie lange noch? t. b.

Sozialistische Frauenbewegung im Ausland.

Der sozialistische Frauentag in der Schweiz  . Die Frauen­tagsversammlungen finden an den drei Sonntagen des 19. und 26. März und des 2. April statt. Die Tagesordnung der Versamm­lungen lautet: Gleiches politisches Recht für Mann und Frau! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!" An den Werktagen, die zwischen dem 19. März und dem 2. April liegen, wird eine planmäßige Hausagitation unter den Frauen durchgeführt. Wo es gewünscht wird, sollen auch an Wochentags­abenden Versammlungen stattfinden. Der schriftlichen Agitation für die wirtschaftlichen und politischen Frauentagsforderungen wird eine Sondernummer der Vorkämpferin" dienen. Der Schwei­zerische Frauentag soll selbstverständlich die Solidarität der Inter­essen stark betonen, die die Proletarierinnen aller Länder und ihre kämpfende Vorhut, die sozialistischen   Frauen, in den Forderungen gleichen wirtschaftlichen und politischen Rechtes miteinander ver­bindet. Ebenso wird er zum Ausdruck bringen, daß diese Frauen eins sind in dem heißen, ernsten Friedenswillen und in ihrer über­zeugung, daß es die Pflicht der arbeitenden Massen ist, die Brüder­lichkeit der Völfer zum Siege zu tragen. Die schweizerischen Sozia listinnen nehmen im Geiste und von ganzem Herzen an den Frauentagsveranstaltungen außerhalb ihres Landes teil. Sie kön= nen davon überzeugt sein, daß ihrem eigenen Frauentag die Wünsche und die begeisterte Zustimmung der Genossinnen der an­deren Staaten nicht fehlen wird.

Das Frauenwahlrecht in den Vereinigten Staaten  . Die mächtig vorandrängende Frauenwahlrechtsbewegung in den Ver= einigten Staaten Nordameritas hat sich anfänglich darauf be­schränkt, in den einzelnen Bundesstaaten die politische Gleichberech tigung der Geschlechter zu erkämpfen. Das ist ihr auch in einer Reihe von Staaten zumal im Westen gelungen. In den Oststaaten