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Die Gleichheit

1912

1913

1914

1915

Witwenrenten

3811 8474

9836

Witwenkrankenrenten.

110

Waisenrenten

18 962

303 25 919

Witwengelder

4118

108

386 30240 8082 10273 460 887

11804 637 107995 34877 1408

Waisenaussteuer

Die Zunahme der Witwenrenten ist immerhin nur eine geringe. Die Witwenrente wird zunächst nur den dau­ernd erwerbsunfähigen Witwen gezahlt, und zwar sofort vom Tode des Mannes an oder vom Eintritt ihrer eigenen dauernden Invalidität an, auch wenn dieser erst später erfolgt. Die Witwenkrankenrente wird hingegen auch den nicht dauernd erwerbsunfähigen Witwen gewährt, nachdem sie ununterbrochen während 26 Wochen invalide ge­wesen sind. Die Witwen der gefallenen Kriegsteilnehmer be­finden sich in der Regel in einem Alter, in dem Invalidität berhältnismäßig selten ist. Als Zahl der Waisenrenten gilt die Zahl der Waisenstämme", das ist die Zahl der Fa­milien, in denen es rentenberechtigte Waisen gibt. Die Zahl der einzelnen Waisen ist etwa zweieinhalbmal so groß. Ge­rade diese Renten haben sich durch den Krieg start vermehrt, weil die durch ihn hinweggerafften Männer meist Kinder unter 15 Jahren besitzen.

Das Witwen geld ist nur eine einmalige Abfindung; es wird nur den Witwen gewährt, die noch nicht erwerbs­unfähig sind und daher noch keine Rente bekommen. Bedin­gung ist, daß sie selbst für ihre Person Beiträge zur Inva­lidenversicherung bezahlt haben, und zwar so viel, daß sie bei dem Tode des Mannes selbst Anspruch auf Invalidenrente haben, also in der Hauptsache 200 Marken entrichteten. Die Waisenaussteuer ist ebenfalls eine einmalige Abfin­dung. Sie wird den Waisen gewährt, die das 15. Lebensjahr überschreiten. Voraussetzung dafür ist, daß die Witwe zur Zeit des Todes des Ernährers die( eben beschriebene) anspruchs­reife Anwartschaft besessen oder eine solche erworben hat, be­bor die Waise das 15. Lebensjahr vollendete. Die einmalige Auszahlung des Witwengeldes und der Waisenaussteuer find eingeführt worden als Ersatz für die früheren( iegt gänzlich weggefallenen) Beitragsrückerstattungen in Heirats- und Todesfällen.

Von den bis Ende des Jahres 1915 festgesetzten 34 861 Witwen und Witwenkrankenrenten bestanden am 1. Januar 1916 noch 31 609, von den festgesezten 178 116 Waisenrenten noch 167 752. Die durchschnittliche Dauer der Renten wird voraussichtlich nur eine kurze sein. Die Renten fallen weg bei der Witwe mit deren Tode oder deren Wieder­verheiratung( lekterenfalls ohne jede Entschädigung oder Ab­findung), bei den Waisen mit der Vollendung des 15. Lebens­jahres.

über die Höhe der Renten dürften folgende Ziffern bon Interesse sein. Es betrug nach den letzten Mitteilungen des Reichsversicherungsamtes der Durchschnittsbetrag einer Wit­wenrente 78,85 M., einer Witwenkrankenrente 79,61 Mt., einer Rente für einen Waisenstamm 78,12 Mt., einer Rente für eine einzelne Waise 32,68 Mt. Alles natürlich pro Jahr! Es bedarf nicht erst eines Beweises, daß bei Renten von solcher Höhe die Empfänger verhungern müßten, wenn nicht noch andere Quellen des Unterhalts vorhanden wären. Der durch­schnittliche Betrag eines Witwengeldes ist 78,18 Mr., der einer Waisenaussteuer 22,41 Mt. Naturgemäß sind es meist betagte Frauen, die Anspruch auf den Bezug einer Witwen­rente haben. Von 1000 der bewilligten Witwenrenten ent­fielen 235 auf die Altersklasse der Witwen von 60 bis 64 Jahren, 185 auf die Klasse von 55 bis 59 Jahren, 180 auf die Klasse von 65 bis 69 Jahren usw. Anders ist das Verhältnis bei den Waisenrenten. Hier stellt sich das Alter des verstor­benen Ernährers zur Zeit der Rentenbewilligung wie folgt: Von 1000 Waisenrenten war in 163 Fällen der verstorbene Ernährer 35 bis 39 Jahre alt, in 157 Fällen 40 bis 44 Jahre, in 149 Fällen 30 bis 34 Jahre usw. Bei den Witwengeldern ist das Verhältnis ähnlich wie bei den Witwenrenten.

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Nr. 17

Auch um die Hinterbliebenenrenten ist mit­unter ein harter Kampf zu führen. Namentlich um die Wit­wenrenten. Im Jahre 1915 wurden 55 000 Anträge auf Bewilligung einer derartigen Rente gestellt. Hiervon wurden nur 11 300 bewilligt, das sind etwa 21 Prozent. In 38 601 Fällen rund 70 Prozent wurde ein sogenannter ,, Rentenanwartsbescheid" erteilt. Auf diesem ist die Rente zwar berechnet, aber noch nicht bewilligt. Sie erwecken meist bei den Witwen den Eindruck, als könnte die Rente schon abgehoben werden. Das kann jedoch erst geschehen, wenn die Witwe mög­licherweise einmal invalid im Sinne des Gesetzes werden sollte. In den übrigen rund 4000 Fällen 7 Prozenter­folgte glatte Abweisung des Anspruchs.

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Einfacher liegt die Sache bei den Waisenrenten. Hier wurden 111 311 Anträge gestellt, von denen 107 995 etwa 97 Prozent bewilligt wurden. Im Jahre 1914 wurde für die ganze Hinterbliebenenversicherung der Betrag von rund 7 Millionen Mark ausgezahlt. Davon trägt noch das Reich einen erheblichen Teil. Im Jahr 1915 ist der Betrag viel­leicht zwei bis dreimal so hoch. Immerhin sind diese Aus­gaben noch sehr niedrig. Darf man doch nicht vergessen, daß um dieser neuen Hinterbliebenenfürsorge willen die Inva­Hidenversicherungsbeiträge mit Einführung der Reichsver­sicherungsordnung erhöht worden sind, wodurch schon im ersten Jahr eine Mehreinnahme von 80 Millionen Mark er­zielt wurde. Durch die Abschaffung der Beitragsrüderſtat­tungen ersparte man 11 Millionen Mark.

Zurzeit ist bekanntlich eine Novelle zur Reichsversiche­rungsordnung in der Bearbeitung, durch die die Waisen­renten ein wenig erhöht werden sollen. Wir werden darauf F. Kl. zurückkommen.

Aus der Bewegung.

Wilhelm Bock zum 70. Geburtstag. Der gegenwärtige Ab­schnitt der sozialdemokratischen Parteigeschichte, der teuerste Illu­fionen grausam vernichtet hat, läßt vorsichtig mit Werturteilen und targ mit Lob werden. Um so wohltuender empfindet man es, wenn man angesichts einer Persönlichkeit und ihres Wirkens mit vollem Herzen sagen kann: ein ganzer Mann, ein treuer Mann, ein ein­heitliches Lebenswert, von unerschütterlicher überzeugungskraft ge­tragen. Aus solchen Empfindungen heraus grüßen wir noch nach­träglich Wilhelm Bock zu seinem siebzigsten Geburtstag. In ihm verkörpert sich ein gutes Stück Parteigeschichte, das aber nicht bloß auf den Umfang, sondern auch auf den Inhalt bezogen. Denn Wil­ helm Bock gehört zu den ersten, eifrigsten und erfolgreichsten Er­bauern der Sozialdemokratie und der Gewerkschaftsbewegung, und wir finden ihn unter denen, die, unbeirrt durch die widerspruchs­vollen und doch so gefeßmäßigen Erscheinungen der kapitalistischen Entwicklung auch heute durch Wort und Tat bekunden, daß die überzeugungstreue kein leerer Wahn ist, daß der Sozialismus ber­pflichtet. Wilhelm Bocks Werden und Wirken ist in der deutschen Arbeiterbewegung beschlossen; sie zu kraftvoller Entfaltung zu bringen und mit sozialistischem Geist zu erfüllen, das ist allzeit das Ziel seines Lebens und Strebens gewesen. Er hat diesem Ziel ohne Schachern und Feilschen gedient, hat ihm all die reichen Gaben hingegeben, mit denen die Natur das arme Kind der Liebe in dem thüringischen Porzellinerort Großbreitenbach beschenkt. An diesem Ziel ist er aber auch emporgewachsen an Geist und Charakter zu einem vorbildlichen Vertreter und Führer des kämpfenden Proletariats. Weitlings Schriften brachten dem jungen wandernden Schuh­machergesellen zuerst sozialistische Gedanken nahe. In Hamburg wurde Bock durch den edlen Geib zum begeisterten Anhänger von Lassalles Lehren. Kaum zweiundzwanzigjährig begann er, sich in der Arbeiterbewegung zu betätigen, dabei unablässig bemüht, den Sozialismus immer tiefer und klarer zu erfassen. Von 1869 an war die geliebte thüringische Heimat Bods Hauptwirkungsfeld. Was er hier in ebenso geduldig aushaltender als leidenschaftlich borwärtsdrängender Arbeit geleistet hat, um die werktätigen Massen zum großen Teil als Heimarbeiter Ärmste der Armen dumpfer Verzweiflung zu hoffnungsstarter Zielflarheit zu weden, zu sammeln und zu schulen, das lebt wirksamer als auf papierenen Blättern in den Herzen und Hirnen vieler Tausenden fort.

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aus

Wilhelm Bock hat allezeit die Einheit der Arbeiterbewegung am Herzen gelegen, aber die Einheit einer sozialistisch gesteuerten Ar­