148

Die Gleichheit

sollte, vertrat sie die Schneiderinnen und Näherinnen bei den Ver­Handlungen mit den Unternehmern. Am Kampfe für volles Bürger­recht der Frau in Gemeinde und Staat hat Genossin Brockmann einen hervorragenden Anteil genommen. Ihm hat sich Genossin Berg mit ganzer Kraft und zäher Ausdauer gewidmet. Ihre Kan­didatur wird sicherlich auch viele Stimmen bürgerlicher Frauen auf sich vereinigen, die entschiedene Verfechterinnen konsequenter Demokratie und durchgreifender sozialer Reformen find. Helene Berg  , eine studierte Frau, Dr. phil.  , hat mit Sachkenntnis und Erfolg für Geseze gewirkt, die der Fürsorge für Familien, Mütter und Kinder dienen. Sie bekleidet das Amt einer Inspektorin des hauswirtschaftlichen Unterrichts in Staatsschulen und ist eine überzeugte Kämpferin für den Frieden. Als stellvertretendes Mit­glied für Dänemark   wirkt sie bei der Friedenskonferenz mit, die dank der Initiative des Amerikaners Ford in Stockholm   zu­fammengetreten ist. Sie sprach am 21. Mai bei den großen Frie­densdemonstrationen, die in Stockholm   unter dem Vorsiz des Ge­nossen Lindhagen stattgefunden haben. Große Frauenkreise hoffen, daß beide sozialdemokratische Kandidatinnen ins Parlament gewählt werden und dort Wertvolles leisten können.

Das Wahlrecht der Frauen zum Staatsparlament von Kanada   hat der Abgeordnete Bugsley gefordert, ein alter, be­währter Vorkämpfer für die politische Gleichberechtigung der Ge­schlechter. Allerdings machte er sich in seinem Antrag einer Halb­heit schuldig. Danach sollten nämlich das Wahlrecht zum Staats­parlament nur die Frauen jener kanadischen Provinzen erhalten, in denen das weibliche Geschlecht gleichberechtigt an den Wahlen zur Provinzialvertretung teilnimmt. Der Regierungsvertreter erklärte sich deswegen, und nicht grundsätzlich, gegen den Antrag. Er machte geltend, daß es untunlich und ungerecht sei und zu allerhand Schwie­rigkeiten führen würde, wenn in manchen Provinzen der Kolonie die Frauen zur Urne gehen dürften, in anderen aber nicht. Der Antrag wurde abgelehnt. Da aber seither wie wir in letter Nummer berichteten die Provinz Alberta  dem Beispiel der Provinz Manitoba   gefolgt ist und den Frauen das Wahlrecht zum Provinzialparlament verliehen hat, und da die Provinz Sastatschewan mit der gleichen Reform demnächst folgen wird, so soll der Antrag bald aufs neue im

-

-

Staatsparlament eingebracht werden. Sein Erfolg scheint dann gesichert. Der Abgeordnete Pugsley trug schon vor fast dreißig Jahren in der kanadischen Provinz Neu- Braun­ schweig   dem Kampfe für das Frauenwahlrecht das Banner voran. Die Ferderung war der unterscheidende Punkt seines poli­tischen Programms bei den Wahlen zum Provinzialparlament, und Pugsley wurde trok der Forderung gewählt, manche behaup­ten gerade wegen ihr.

Die Nolle der großen Brauereien und Brennereien im Kampfe gegen das Frauenwahlrecht in den Vereinigten Staaten  ist wiederholt von den Verfechtern voller politischer Gleichberech­tigung für beide Geschlechter gebrandmarkt worden. Nun scheint fie auch offiziell festgestellt au sein. Die" Philadelphia American" schreibt: Die Regierung hat Beweise dafür in der Hand, daß be­deutende Kapitalien der Brau- und Schnapsindustrie aufgewendet worden sind, um vergangenen Herbst die Anti- Frauenwahlrechts­kampagne in New Jersey  , Massachusetts  , New York  und Pennsylvanien finanziell zu unterstüßen." Frau Chapman- Catt, die Vorsitzende des Weltbundes für Frauen­wahlrecht, hat also mit Recht im König Alkohol" eine der Mächte erblickt, die bei der Volksabstimmung in den vier genannten Staaten die gerechte und demokratische Reform der Verfassung verhindert haben.

Soziale Fürsorge.

Frauenforderungen und Bundesratsbeschlüsse. Der nun aus dem Amte geschiedene Stellvertreter des Reichskanzlers, Dr. Del­brück, hat dem Reichstag   eine übersicht der vom Bundesrat ge­faßten Entschließungen auf Beschlüsse des deutschen   Parlaments überreicht. Damit haben auch eine ganze Anzahl von Wünschen Beschwerden verschiedener Frauenorganisationen und Frauenfor­derungen vertretender Einzelpersonen ihre vorläufige Erledigung gefunden. Drei Petitionen bürgerlicher Vereinigungen forderten die Ergänzung des Militärhinterbliebenengefeßes dahingehend, daß zu den Hinterbliebenen der an den Folgen des Strieges Verstorbenen auch die unehelichen Kinder gerech net werden. Dazu wurde beschlossen, die Versorgung der unehe­lichen Kinder von Kriegsteilnehmern durch eine Novelle zum Mili­tärhinterbliebenengesek zu regeln. Bis dahin wird durch einmalige Zuwendungen geholfen.

Nr. 19

Der Verein Frauenwohl in Berlin   bat, das Gesek betreffend Unterstübung von Familien in den Dienst ge= tretener Mannschaften dahin abzuändern, daß die Lage der Eltern und der ohne Schuld geschiedenen Ehefrauen verbessert wird. Darauf hat der Bundesrat der schuldlos geschiedenen Ehe­frau die Unterstübung zugebilligt; dem Antrag wurde jedoch nicht entsprochen, Eltern, die mehrere Söhne im Felde haben, auch für mehrere Söhne die Kriegsunterstübung zu geben. Das ist eine große Härte in den Fällen, wo die Söhne vereint die alten Eltern unterhielten.

Der Magistrat in Lauban   bat im Sinne vieler Frauen um Ab­änderung des Kriegsunterstübungsgesetzes 1. hinsicht lich der Lage der Bedürftigkeit, 2. der Berücksichtigung der Ange­hörigen von Mannschaften, die zur Erfüllung ihrer aktiven Dienst­pflicht dienen und 3. hinsichtlich der unehelichen Kinder. Der Be­griff der Bedürftigkeit" ist bei der Gewährung der Kriegsunter­stützungen von jeher ein sehr wunder Punkt gewesen, weil er oft gar zu engherzig nach den Gewohnheiten der Armenpflege aus­gelegt wurde, obwohl die unablässig steigende Teuerung den Be­ginn der Bedürftigkeit allmählich immer weiter ausdehnt. Trotz­dem hat der Bundesrat dem Antrag, ohne Rücksicht auf die be­sondere Bedürftigkeit Familienunterstüßung zu gewähren, nicht stattgegeben. Dagegen wurden die unehelichen Kinder im Sinne der Petition berücksichtigt. Zum Nachweis der Vaterschaft ist eine gerichtliche Anerkennung nicht mehr nötig. Auch ein nicht formge­rechter Nachweis, zum Beispiel ein Brief, genügt jetzt als Beweis. Unerledigt blieb der zweite Punkt der Laubaner Petition, obwohl seit bald zwei Jahren ein bitter beklagter Notstand vorliegt, der schnelle Abhilfe gefordert hätte. Die Angehörigen von Mann­schaften, deren aktive Dienstzeit während des Krieges eintritt, er­halten erst nach Ablauf dieser Dienstzeit eine Unterstüßung. Eine Unterstüßung der bedürftigen Angehörigen aller aktiv dienenden Mannschaften soll erst später in Aussicht genommen werden.

Zwei Petitionen hatten beantragt, der Gewährung von Wo che n- hilfe rückwirkende Kraft beizulegen und sie auf alle Frauen aus­zudehnen, die während des Krieges entbunden haben. Eine Rüd­wirkung bis auf die Zeit des Kriegsbeginns wurde vom Bundes­rat nicht gewährt. Gewisse Härten, die entstehen, wenn eine arme Wöchnerin noch Schulden für Arzt, Hebamme, Arznei, Pflegerin und dergleichen hat, sollen Unterstützungen bis zur Höhe von 50 Mt. für den Einzelfall abhelfen. Im übrigen sollen die Wochen­hilfe nur die minderbemittelten Wöchnerinnen erhalten, die mit dem Ehemann zusammen ein Gesamteinkommen von höchstens 2500 Mt. oder nach dessen Einberufung von 1500 Mt. und 250 Mt. für jedes schon vorhandene Kind unter 15 Jahren haben. Damit glaubt der Bundesrat dem Bedürfnis auf Ausgestaltung der Wochenfürsorge während des Krieges ausreichend genügt zu haben". M. Kt.

Die Frau in öffentlichen Aemtern.

Ein beratender Ausschuß für die steigende Verwendung weiblicher Arbeitskräfte in England ist von dem Handels­ministerium und dem Ministerium des Innern geschaffen worden. 3wed der Körperschaft ist die Erteilung von Ratschlägen und Gut­achten in Fragen, die infolge der Notwendigkeit auftauchen, die im Heer stehenden Industriearbeiter in wachsender Zahl durch Frauen zu ersehen, damit das Wirtschaftsleben ungestört seinen Gang weitergeht. Dem Ausschuß gehören vier Frauen an.

Der Verband der Hausangestellten, Ortsgruppe  Hamburg, sucht zum 1. September eine erfahrene

Geschäftsführerin

die zugleich die Kassengeschäfte übernimmt und in allen agitatorischen und schriftlichen Arbeiten bewandert ist. Schriftliche Bewerbungen sind bis 8. Juli dieses Jahres unter Bewerbung" an das Bureau des Verbandes,  Hamburg, Besenbinderhof 57 IV zu richten. Gehalt nach Übereinkunft.

Berantwortlich für die Redaktion: Frau Klara Bettin( Bundel), Wilhelmshöhe, Post Degerloch bet   Stuttgart.

Truck und Berlag von J. H. W. Diez Nadf. G.m.b.$. in   Stuttgart.