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Die Gleichheit
hergestellten Häuser möglichst preiswert an seine Mitglieder gegen Ratenzahlungen verkauft.
Die Großeinkaufsgesellschaft österreichischer Konsumvereine, deren Umsatz 1914 zurückgegangen war, hat im vorigen Jahre wieder einen Mehrumsah von ziemlich 3/2 Millionen Kronen erzielt; er betrug insgesamt beinahe 30 Millionen. ( Die deutsche Großeinkaufsgesellschaft setzte 153 Millionen um!) Der Mehrumfaß wird freilich in der Hauptsache auf die hohen Warenpreise, nicht auf die Menge der Waren entfallen.
Notizenteil.
Für den Frieden.
H. F.
Die Friedensbewegung in England marschiert. Das beweist am besten die steigende Unruhe der Behörden, der nervöse Haß, mit dem die Kriegsheber den Verein für demokratische Kontrolle, vor allem aber die Führerin im Friedenskampf überschütten: die Unabhängige Arbeiterpartei. Namentlich ist es die Militarisierung Englands, die notwendige Folge der imperialisti= schen Politik, und der Kampf der Arbeiterschaft gegen das Wehrpflichtgeset, was den Friedensideen immer breiteren Boden schafft. Die sozialpatriotische Haltung der meisten Arbeiterführer kann daran nichts ändern. Die„ Morning Post" hat sich neulich bitter darüber beklagt, daß die kriegsfeindliche Gruppe der Arbeiterschaft versuche, den nationalen Arbeiterführern ihren Willen aufzuzwingen. Ihre Provinzialverbände hätten Abordnungen und Resolutionen nach London gesandt, um einen nationalen Ar= beiterkongreß zu erzwingen, der sich mit dem Wehrpflicht gesetz und anderen unliebsamen Kriegsmaßnahmen beschäftigen solle. Die Friedens- und Deutschenfreunde, wie die bürgerliche Zeitung gehässig hinzufügt, glauben einen Mehrheitsbeschluß durchfegen zu können, der den Austritt der Arbeiterver= treter aus der Regierung fordern würde. Daneben habe man beschlossen, im ganzen Lande Versammlungen gegen die Wehrpflicht abzuhalten. In den Beschlüssen dieser Versammlungen sei sofortige Burückziehung des Wehrpflichtgefehes geheischt worden. Auch habe man der Regierung vorgeworfen, daß sie keine Friedensverhandlungen mit den Mittelmächten beginne.
Wie das Organ der Unabhängigen Arbeiterpartei mitteilt, führen die Behörden einen förmlichen Krieg gegen Flugschriften, Manifeste usw., die der Friedensagitation dienen. Bu mal die Polizei in Südwales habe dabei großen Eifer an den Tag gelegt. So wurden dort Exemplare des„ Labour Leader" beschlagnahmt, die Genosse Snowdens Rede über„ Dreadnought und Dividende" enthielten. Verschiedene Mitglieder der Unabhängigen Arbeiterpartei haben Verwarnungen erhalten, dasselbe ist in Yorkshire und Schottland geschehen, wo auch Haus suchungen vorgenommen wurden. Im Londoner Hauptbureau des " Nationalen Rates gegen die Dienstpflicht" wurden ebenfalls eine Haussuchung vorgenommen und Papiere beschlagnahmt. Der „ Labour Leader" erklärt, daß die Regierung durch derartige preußische Maßregeln der Friedensbewegung nicht den Kopf eindrüden könne. Eine Friedensdenkschrift, die mit mindestens einer Million Unterschriften versehen werden soll, ist in Vorbereitung. Der„ Labour Leader" meint dazu, nur wenn mindestens eine Million unterschreiben, könne die Denkschrift ein starker Faktor für die Beschleunigung des Friedensschlusses werden. Ohne die allerzahlreichsten Unterschriften werde die Denkschrift die Regierung in ihrem Vorhaben, den Krieg zu verlängern, nur bestärken, werden sie die Jingoes, Militaristen und Reaktionäre glauben lassen, daß nur ein unbedeutendes Häuflein in England den Frieden wolle, und sie würden dann in ihrer Politik der Zerstörung fortfahren.
Inzwischen hat eine Propaganda großen Stils für die Denkschrift eingesetzt. Zwei Millionen Flugblätter sind zur Verteilung ausgegeben worden und 100 000 Formulare mit Raum für 2 500 000 Unterschriften. Die erste Versammlung in der über die Friedensadresse gesprochen wurde, hat am 3. Juni mit Genossen Snowden als Redner stattgefunden. Für den 8. und 9. Juni waren gleiche Versammlungen in Manchester und Liverpool vorbereitet, Jn Birmingham, Bristol , Glasgow , Edin burg Leicester, Southampton , Portsmouth , Swansea haben sich Propagandaausschüsse gebildet. Das Flugblatt wird auch aus ländlichen Bezirken sehr viel verlangt, wo die Landarbeiter eifrig für die Friedenssache eintreten.
Im Parlament haben der Liberale Ponsonby sowie Genosse Ramsey Macdonald an die Regierung Fragen über Gerüchte
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Nr. 21
gestellt, nach denen Großbritannien einen Vertrag geschlossen haben soll, den Krieg so lange fortzusehen, bis Konstantinopel für Rußland erlangt fei. Die Regierung bermied es in ihren Ausführungen sorgfältig, auf diese Fragen zu antworten. Der„ Labour Leader" hält dieses Schweigen für die Bestätigung des Gerüchts. Er fragt, ob das britische Volk erlaube, daß diese Haltung der Negierung fortgesetzt werde, ob es erlaube, daß Tausende von Leben geopfert würden für ein Ziel, das gerade jene Grundsätze verlege, für deren angebliche Verteidigung man die Söhne des Volkes zu den Fahnen rufe? Die Unabhängige Arbeiterpartei führt einen mutigen Kampf, bei dem sie sich nicht auf parlamentarische Mittel beschränkt, sondern diese verbindet mit der Mobilisierung des Friedenswillens in den Massen. Ihr Kampf beweist, wie in England das arbeitende Volk nach und nach seiner historischen Aufgabe bewußt wird, dem imperialistischen Blutbad Einhalt zu gebieten. Je kräftiger es im Dienste seiner Aufgabe handelt, desto mehr zwingt es die Regierung, durch ihr reaktionäres und gewalttätiges Verhalten selbst dazu beizutragen, daß die wohlflingenden Phrasen von Freiheit, Demokratie und Kultur fich in eitel Dunst und Lüge auflösen, wodurch ihrerseits wieder die Friedensbewegung gestärkt wird. So schafft eine tatkräftige Aftion die Vorbedingungen ihres endgültigen Sieges, und jedes Opfer, jede Verfolgung trägt dazu bei, ihren grimmigsten Feind den Zweden der Verfolgten dienstbar zu machen.
Eine Bekundung des Friedenswillens australischer Frauen berdient Beachtung, weil sie sich scharf und unzweideutig gegen die imperialistische Politik der Landes- und Reichsregierung erklärt. Eie geht von der Frauen- Friedensarmee Austra= liens aus, die dem australischen Ministerpräsidenten, der fich zurzeit in London aufhäit und als Kriegsheber betätigt, den nachstehenden Brief schickte:
„ Geehrter Herr! Wir senden Ihnen anbei eine Abschrift der Bedingungen, die nach der Meinung des Internationalen Frauenfongresses, der April- Mai 1915 im Haag abgehalten worden ist, und der Frauen- Friedensarmee Australiens die Grundlage eines planmäßigen, dauerhaften Friedens bilden sollten.
Es ist uns unglaublich erschienen, daß unsere erwählten Vertreter im Bundesparlament ihre Pflicht gegen das Volt so weit bergessen haben sollten, um Ihnen zu gestatten, Australien ohne jede Instruktionen über die Wünsche des Volkes zu verlassen, den Frieden betreffend und die gesamten maritimen und militärischen Verpflichtungen unseres Staatenbundes gegen die kaiserliche Regierung
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Mit aller gebührenden Höflichkeit und Achtung halten wir es für unsere selbstverständliche Pflicht, Ihnen zu erklären, daß wir als Wortführerinnen der großen Mehrheit der wahren Demokraten unseres Landes- wie uns aus öffentlichen Versammlungen, der demokratischen Bresse und unserer Korrespondenz bekannt ist uns vollständig loslösen von der grausamen, erbarmungslosen, undemotratischen, antichristlichen Politik des Militarismus und Imperialismus was gleichbedeutende Ausdrücke find- zu der Austra= lien von der Regierung, der Presse und den Finanzkapitalisten des Landes getrieben wird.
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Wir ersuchen Sie, geehrter Herr, obgleich Sie im vollen Gegenfaz zu unserer Auffassung stehen werden, diese Auffassung und die erwähnten Friedensbedingungen der Reichskonferenz zu unterbreiten als die Meinungsäußerung, wenn auch nicht der Mehrheit, so doch wenigstens einer sehr starken Minderheit des australischen Volkes.
Hochachtungsvoll
Für die Frauen- Friedensarmee Australiens : Vida Goldstein , Vorsitzende. Cecilia John , Schriftführerin. Adela Pankhurst , Drganisatorin."
Der tapfere offene Brief ehrt die bürgerlichen Frauen, die ihn schrieben; er ist auch ein ehrenvolles Zeichen für die politische Freiheit des Landes, in dem er veröffentlicht werden durfte.
Nachtrag zur Notiz ,, Von einer Franenkundgebung in Lon don gegen die Reichsverteidigungsakte, das Munitionsgeseh und das Wehrpflichtgeset" in Nr. 17 der„ Gleichheit". Manche Leserin dürfte es überrascht haben, daß in London ein Fräulein Bauthurst energisch für die Beendigung des Weltfriegs eintritt. Ist doch bekannt, daß Mrs. Pankhurst und ihre Tochter Christabel Pankhurst , die Führerinnen der kämpfenden Suffragettes" umgelernt" haben, und vom Beginn des Krieges an die Regierung unterstützen, die, sie bis dahin heftig angegriffen hatten. Die Friedensfreundin ist Frau Pankhursts zweite Tochter, Sylvia . Sylvia Pankhurst ist die Herausgeberin der Zeitschrift " The Womans Dreadnought"( Das Frauen- Dreadnought), das Organ der„ East London Federation of the Suffragettes", das ent