Nr. 23
Die Gleichheit
die künftige Sicherung des Neiches. über das entscheidende Wie sagt er:
„ Dies kann nur erreicht werden durch einen Frieden, der sich gleich entschieden entfernt hält von der Kampflosigkeit der Frie densmacher um jeden Preis, wie von der Unersättlich keit, die in den Kundgebungen des AIIdeutschen Verban= des zutage getreten ist. Für diesen Frieden hat der Kanzler im März 1916 in der Rede, zu der ihn Feldmarschall v. Hindenburg beglückwünschte, die Parole ausgegeben:" Vortragung der Grenzen im Osten, reale Garantien im Westen! Ohne beides kein Frieden und kein Aufgeben der besetzten Landesteile." Aufgabe des Deutschen Nationalausschusses wird es nun sein, mit Gleichgesinnten eine einheitliche Stimmung als Grundlage für einen deutschen Frieden anzubahnen und mit ihnen den näheren Inhalt der„ Rea Ien Garantien", besonders die nähere Festlegung der Grenzen bestimmen zu helfen.... Dabei wird seine Aufgabe sein müssen, auf die Freigabe der Friedensdiskus- sion, zu der sich die Regierung noch immer nicht verstehen wollte, zu dringen, und zwar in einem Umfang, wel= cher die Sicherheit der belagerten Festung Deutschland nicht gefährdet. Inzwischen ist den eg tremen beiden Flügeln entgegenzutreten...."
Die Kriegszielforderungen des Deutschen Nationalausschusses werden mit milder Predigerstimme vorgetragen. Ihrem Wesen nach unterscheiden sie sich jedoch kaum von dem, was die konservativen und nationalliberalen Heißsporne der Annerionspolitik mit heftigen Gebärden heischen. Deshalb wird es von den feindlichen Brüdern bald genug heißen: In den Armen liegen sich beide und weinen vor Schmerzen und Freude." Wenn auch zunächst nicht auf offener Szene, sondern hübsch hinter den Kulissen. Die Parole:„ Vortragung der Grenzen im Osten, reale Garantien im Westen" ist dazu angetan, maßlose und gemäßigte Annexionspolitiker zu sammeln. Friedlich- schiedlich können sie zur Erzeugung der gewünschten„ einheitlichen Stimmung" zusammenwirken, um dem ,, extremen Flügel" der„ Friedensmacher um jeden Preis" entgegenzutreten. Das um so leichter, wenn ein Stand der Dinge andauern sollte, den die konservativen Berliner Neuesten Nachrichten" wie folgt charakterisieren:
"
„ Selbstverständlich hat jede jeweilige Regierung das Recht, ihre politischen Auffassungen in der Nation zu vertreten. Wenn aber das unter ihrer Mithilfe zustandegebrachte Werkzeug sich Nationalausschuß" nennt, wenn es im voraus für die teilweise beabsichtigte Freigabe von Kriegszielerörterungen organisiert wird, wenn es dafür im voraus eine Versammlungsfreiheit erhält, die zurzeit noch gar nicht Nechtens ist, sondern die erst gewünscht wird, so bedeutet das nicht, freie Bahn für alle, nicht , freies Wort für ein freies Volk."
Von der Einsicht und dem Willen der breitesten arbeitenden Massen wird es abhängen, ob bei der Erörterung der Kriegsziele„ das freie Wort eines freien Volkes" gehört wird oder nicht.-
Ein Blatt Geschichte.
II.
Bei der Eröffnung der folgenden Sizung hatte sich die Unruhe und der Born verdoppelt. Alle Gemüter waren von der Ahnung einer unbekannten, aber gewissen, neuen Gefahr bewegt. Die Royalisten saßen traurig und schweigsam auf ihren Bänken, unter ihren Gegnern waren tausend am Tage und abends vorher, wie am Morgen, verbreitete Gerüchte im Umlauf. Die Kavaliere sollten sich vereinigt haben; der König habe ihnen sagen lassen, sich bereit zu halten; zwei Pulverfässer und Waffen sollten vom Tower nach Whitehall gebracht worden sein. Man drängte sich um die fünf Mitglieder und überschüttete sie von allen Seiten mit Vermutungen, Nachrichten und Ratschlägen. Sie selbst wußten schon mehr. Der seit lange schon mit ihnen in geheimer Verbindung stehende französische Gesandte und die Gräfin Carlisle, wie man sagte, Pyms Mätresse, hatten sie von dem Staatsstreich, welchen man vorbereitete, benachrichtigt, sie sprachen jedoch nicht da
171
von. Plötzlich erschien Kapitän Langrish, der vor kurzem aus französischen Diensten zurückgekehrt, durch seine Verbindungen mit einigen abgedankten Offizieren in den Stand gesezt wurde, alles zu sehen. Er zeigt an, daß sich der König nähere, daß er ihn von dreihundert bis vierhundert bewaffneten Studenten, Ravalieren und Garden esfortiert, White hall habe verlassen sehen, und daß er die Angeklagten persönlich verhaften wolle. Es entsteht ein heftiger Sturm, der durch die Notwendigkeit schneller Beschlußfassung fast augenblicklich wieder beschichtigt wird. Die Kammer fordert die fünf Mitglieder zur Entfernung auf, da schon mehrere zu ihren Waffen gegriffen hatten und sich zum Widerstand vorbereiteten. Pym, Hampden, Holes und Haslerig verlassen den Saal sogleich; Strode weigert sich; man bittet und drängt; schon ist der König im Hofe; endlich stößt ihn Sir Walter Carl, sein Freund, mit Gewalt hinaus. Die ganze Kammer nimmt auf ihren Bänken Plaz.
Der König hatte den großen Saal von Westminster zwischen einem doppelten Spalier seiner Diener durchschritten, und seine Garde stieg mit ihm allein die Treppe zur Kammer hinein. Er erscheint, verbietet den Seinen bei Todesstrafe ihm weiter zu folgen und tritt ein mit entblößtem Haupte. Alle Mitglieder nehmen die Hüte ab und stehen auf. Der König wirft im Vorübergehen einen Blick auf den Platz, welchen Pym sonst einzunehmen pflegte, und schreitet, da er Pym nicht sieht, auf den Sprecher zu.„ Mit Eurer Erlaubnis, Herr Sprecher, werde ich auf einen Augenblick Euren Sessel leihen." Er steigt hinauf, läßt seine Augen über die Kammer schweifen und sagt: Ihr Herren, es tut mir leid, daß mich ein solcher Anlaß hierher führt; ich habe Euch gestern einen Wappenherold zugeschickt, einige, auf meinen Befehl des Hochberrats angeklagte Personen zu verhaften. Ich habe voir Euch Gehorsam, nicht aber eine Botschaft erwartet. Rein König von England hat mehr darauf gesehen, Eure Privilegien zu bewahren, als ich es tun werde, aber Ihr sollet wissen, daß es im Falle des Hochverrats für keinen ein Vorrecht gibt. Ich komme, um zu sehen, ob der eine oder andere von den Angeklagten hier ist. Solange diese hier sizen, kann ich nicht hoffen, daß Ihr den rechten Weg, auf dem ich Euch aufrichtig wünsche, einschlagen werdet. Ich sage Euch, daß ich sie haben will, wo sie sich auch befinden mögen. Herr Sprecher, wo sind fie?"
Der Sprecher fiel auf seine Anie: Geruhen Eure Majestät, ich habe hier nur Augen um das zu sehen, und nur eine Bunge um das zu sprechen, was mir die Kammer, deren Diener ich bin, vorschreibt. Ich bitte Eure Majestät demütig, mir zu verzeihen, wenn ich keine andere Antwort auf das, was fie mich zu fragen geruht, geben kann."-" Nun, ich sehe, daß die Vögel ausgeflogen sind. Ich erwarte von Euch, daß Ihr mir sie schicken werdet, sobald sie zurückkehren. Ich versichere Euch auf mein königliches Wort, daß ich nie die Absicht gehabt habe, Gewalt anzuwenden, und daß ich auf gesetzlichem Wege gegen fie verfahren werde. Da ich das nicht tun kann, was mich hergeführt hat, werde ich Euch nicht weiter stören, aber ich wiederhole Euch, daß ich darauf rechne, daß Ihr sie mir, sobald sie den Saal wieder betreten, senden werdet; wo nicht, so werde ich Mittel ergreifen, um sie zu finden." Alfo sprach der König. Er verließ den Sessel, immer noch mit dem Hute in der Hand. Die Kammer blieb stumm und unbeweglich, aus den Winkeln des Saales erhob sich im Augenblick seines Fortgehens jedoch der Ruf: Immunität, Immunität!"
Sobald Karl I. fich entfernt hatte, vertagte sich die Kammer, ohne weiter etwas zu tun oder auch nur etwas anzufündigen, auf den folgenden Tag. Alle Mitglieder zerstreuten sich, denn es drängte sie zu erfahren, wie weit die Pläne des Königs gegangen seien, und welche Stimmung darüber im Volke herrsche. Sie fanden draußen auf der Treppe, in dem großen Saale, an den Türen von Westminster, unter der sie erwartenden Dienerschaft und dem zusammengelaufenen Volke eine nicht weniger lebhafte Bewegung als die ihre. Man sprach von nichts als den Beleidigungen und Drohungen der