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Die Gleichheit
Das Versammlungsrecht vor dem Neichsgericht Im Wesen die gleiche Frage, die in dem oben mitgeteilten Falle vom Schöffengericht zu Halle mit einem Nein beantwortet worden ist, hat vom Reichsgericht zu Leipzig eine Bejahung gefunden. Wir haben seinerzeit darüber berichtet, daß Genosse Henneberg, ge= nannt Holzapfel, Parteisekretär in Magdeburg , vor dem dortigen Landgericht als Angeklagter erscheinen mußte, weil er durch Einberufung einer erweiterten Parteivorstandssitung sich ebenfalls des Vergehens schuldig gemacht haben sollte, eine nicht angemeldete und nicht genehmigte Versammlung veranstaltet zu haben. Das Landgericht Magdeburg war zu der nämlichen Auffaffung gekommen, wie kürzlich das Schöffengericht zu Halle. Es hatte Genossen Holzapfel freigesprochen. Für seinen Spruch war maßgebend gewesen, daß es sich nicht um eine Versammlung im Sinne des Vereinsrechts gehandelt habe, sondern um eine Zusammenkunft einer bestimt begrenzten, von vornherein festgesetten Personenzahl von 150 Beauftragten, also um eine geschlossene Gesellschaft. An der Sizung hatten außer den Vorstandsmitglie dern die Bezirksvertreter, Kassierer und 12 Gewerkschaftsbeamte teilgenommen. Auf der Tagesordnung hatten gestanden: ein Bericht des Genossen Landsberg über die damals letzte Sizung des Reichstags, freie Aussprache und Verschiedenes. Genosse Holzapfel hatte die Anmeldung der Veranstaltung unterlassen, weil sie feiner Meinung nach Charakter und Personenkreis nicht über den Rahmen einer geschlossenen Sizung hinausging. Vor dem Landgericht hatte er Recht behalten. Die Staatsanwaltschaft legte jedoch gegen das freisprechende Urteil Berufung ein. Sie bertrat dann die Ansicht, daß das Landgericht den Begriff der Versammlung verkannt habe. Es habe den Charakter der Zusammenfunft nicht berücksichtigt. Zu Unrecht sei es auch unberücksichtigt geblieben, daß sich an ihr 12 Gewerkschaftsbeamte beteiligt hätten, die kein besonderes Amt in dem sozialdemokratischen Verein befleideten. Der Reichsanwalt vertrat die Revision dieser Meinung entsprechend. Das Reichsgericht trat seiner Auffassung bei und Hob das freisprechende Urteil auf.
Für den Frieden.
Als charaktervolle Friedenskämpferin in England verdient Miß Margaret Ashton Anerkennung und Sympathie. Sie war früher hauptsächlich in der bürgerlichen Frauenstimmrechtsbewegung tätig. Seit Ausbruch des Krieges hat sie ebenso unerschrocken als unermüdlich für den Frieden gewirkt. Sie verzichtete freiwillig auf das ihr ans Herz gewachsene Amt im Vorstand des Frauenstimmrechtsverbandes, weil dieser es ablehnte, sich auf der Internationalen Frauenfriedenskonferenz im Haag offiziell vertreten zu lassen. Durch die Friedensagitation gewann sie immer engere Fühlung mit der Unabhängigen Arbeiter= partei. In ihrer Eigenschaft als Stadträtin von Man chester trat sie energisch für die Partei ein, als ihr die Stadthalle für Friedensversammlungen verweigert wurde. Sie beteiligte sich eifrig an den Rundgebungen gegen die Einführung der Dienstpflicht. Nun hat sich Miß Ashton offiziell der Unabhängigen Arbeiterpartei angeschlossen, die in ihr ein wertvolles Mitglied gewinnt, das sich mit hingebungsvoller Energie gerade der Friedenspropaganda der Partei widmet.
Frauenstimmrecht.
Ein weiterer Sieg des Frauenwahlrechts in Kanada . Der Einführung des Frauenwahlrechts zu den Parlamenten der kanadischen Provinzen Manitoba und Alberta ist die gleiche Reform für die Provinz Saskatchewan gefolgt. Nun ist es nur noch eine Frage kurzer Zeit, daß die Frauen auch das Wahlrecht zu dem kanadischen Staatsparlament erlangen werden. Wie günstig die allgemeine Stimmung der vollen politischen Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts ist, dafür spricht es, wie der betreffende Beschluß des Provinziallandtags von Manitoba im Januar aufgenommen wurde." Als das entscheidende Votum fiel," so schrieben amerikanische Blätter, ertönte auf den dicht mit Frauen besetzten Galerien begeisterter Beifall; die Abgeordneten erhoben fich von ihren Sitzen; alle sangen gemeinsam das Nationallied:, O Kanada! Wenig Augen blieben trocken." Nebenbei: die Provinz Manitoba ist größer als die Staaten New York , New Jersey , Penn sylvanien , Delaware , Maryland , Virginien und West- Virginien
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zusammen. Sie ist mit 456 000 Einwohnern dichter bevölkert als die drei Staaten Wyoming, Delaware und Nevada zusammen. Der Kampf für das Frauenwahlrecht in Holland wird von den Frauen selbst energisch weitergeführt und von wachsenden Massen getragen. Ein Beweis dafür ist die prächtige Demon= stration zu Amsterdam vom 18. Juni. Sie ging von den bürgerlichen Frauenstimmrechtsvereinen aus, aber auch die sozia listischen Frauen beteiligten sich an ihr. Die Losung lautete: für die Gleichstellung von Frau und Mann bei der Verfassungsreform. Wie wir früher nachgewiesen haben, bedeutet das jetzt nichts anderes als: allgemeines Wahlrecht für die Frauen wie für die Männer. Die bürgerlichen Frauenstimmrechtsvereinigungen hatten die organisierten Genossinnen eingeladen, mit ihnen zusammen für die Losung zu demonstrieren. Der Verband der sozialdemokratischen Frauen* lubs war jedoch anfangs wenig zu einem gemeinsamen Borgehen geneigt. Die Genoffinnen empfanden flar und tief die grundsätzliche Kluft, die sie als Sozialistinnen von den bürgerlichen Frauenrechtlerinnen trennt, auch wenn sie jetzt, wie diese, für das Recht des Weibes eintreten. Für die Genossinnen ist auch das Wahlrecht mehr als eine bloße Forderung des weiblichen Geschlecht: eine Klassenforderung des Proletariats. Sie können in ihrer Auffassung den Kampf für das Frauenwahlrecht nicht loslösen von dem Kampf der Arbeiterklasse für volles politisches Recht; fie sind eingedent des Hauptziels, dem das Wahlrecht dienen soll: die Frauen in die Reihen der kämpfenden Arbeiterklasse zu führen und zu Verfechterinnen des Sozialismus zu machen. Der Besitz des Wahlvechts wird das Selbstbewußtsein der Frauen heben, soll die Sammlung um das sozialistische Banner und ihre Schulung als Kämpferinnen fördern. So verspürten die Genossinnen geringe Neigung, unter den bürgerlichen Frauen zu marschieren. Sie hielten es für die Pflicht der Partei, auch für das Frauenrecht als Klassenforderung kräftig einzutreten. Der Vorstand der sozialdemokratischen Arbeiterpartei war nun der Meinung, daß die Beteiligung der so zialistischen Frauen an der Demonstration dieser größere Bedeutung und Wucht verleihen werde. Er empfahl die gemeinsame Attion. Die Genossinnen beschlossen daraufhin, sich an der Demonstration zu beteiligen, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß sie eine eigene geschlossene Abteilung des Zuges bilden würden, in der der Klassencharakter ihrer Bewegung und Forderung zum Ausdruck käme. Das wurde vereinbart. Die starke Gruppe der sozia listischen Frauen sie machte ein Drittel des ganzen Demonstra tionszuges aus hatte ihre roten Fahnen, ihre eigenen Baniere mit entsprechenden Aufschriften und nachher eine besondere Tribüne, von der aus nur Sozialistinnen die sozialistische Auffassung der Wahlrechtsfrage rein und scharf darlegten.
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Die bürgerlichen Frauenstimmrechtsorganisationen aus allen Teilen Hollands waren in stattlicher Stärke, geradezu vollzählig bei der Demonstration vertreten. Die Frauenklubs der Ges nossinnen in der Provinz hatten sich dagegen darauf beschränkt, nur einige Vertreterinnen zu senden. Sie warten auf die große Verfassungskundgebung der Partei im September, bei der fie alle in Menge anwesend sein werden. Einzig der Frauenflub von Amsterdam beteiligte sich geschlossen an der Kundgebung und hatte auch die sozialistischen, die proletarischen Frauen der Stadt dazu aufgerufen. Obgleich die Zeit für die Werbearbeit zur Demonstration sehr kurz war kaum eine Woche lang konnten die Genossinnen dafür agitieren folgten die Frauen des arbeitenden Volkes in guter Zahl ihrem Rufe. Etwa 5000 Frauen marschierten im roten Zuge" der Genossinnen. Die Demonstration als Ganzes war ein großer Erfolg. Der farbenschöne Zug mit seinen Fahnen, Bannern, Standarten, bewimpelten Girlanden verfehlte seinen Eindruck nicht auf die vielen Zehntausende, die in den Straßen zusammengeströmt waren. An der Spitze des Buges ritten drei Frauen in allegorischer Ausschmückung, dann tamen Gruppen junger Mädchen in altgriechischen Gewändern, ihnen folgten die bürgerlichen Frauenstimmrechtsvereine aus dem ganzen Lande mit gegen 10 000 Demonstrantinnen, viele davon in der malerischen Tracht der Provinzen Brabant, Friesland , Drenthe usw. Über den bürgerlichen Frauenstimmrechtlerinnen flatterten weiß- gelbe Fahnen, während es feurig rot über den 5000 demonstrierenden Genossinnen wehte, aus deren Reihen die alten Kampflieder der Partei erschallten. Die Demonstration brachte zum Ausdruck, daß viele Tausende organisierter Frauen das allge= meine Wahlrecht fordern, und daß weite Kreise der ganzen Bevölferung diese Forderung unterstützen.
Verantwortlich für die Redaktion: Frau Klara Bettin( Bundel), Wilhelmshöhe, Post Degerloch bet Stuttgart .
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